Wir wollen keine nutzlosen Schattengefechte gegen das Wort „Werkvertrag“ führen. Wir wollen echte Veränderungen erreichen. Wir wollen Arbeitsbedingungen, die durch ein starkes Arbeitsschutzrecht sozial ausgewogen und geprägt sind. Deshalb begrüßen wir, dass unser Sozialminister Heiner Garg die Arbeitsschutzkontrollen deutlich verstärkt hat. Wir wollen, dass die auswärtige Unterbringung von Werkvertragsarbeitnehmern auch dann unter das Arbeitsschutzrecht fällt, wenn private Mietverträge bestehen. Es kann ja wohl nicht sein, dass durch einen simplen Winkelzug das Arbeitsschutzrecht ausgehebelt wird.
Wir wollen Arbeitnehmerrechte auch für Werkvertragsarbeitnehmer, damit alle Betriebsangehörigen auch durch einen Betriebsrat vertreten werden. Wir wollen, dass die Arbeitszeit manipulationssicher durch Erfassung nachgewiesen wird. Gleichheit vor dem Recht ist wichtig, damit der Ehrliche nicht der Dumme ist.
Lassen Sie mich das noch zum Schluss sagen: Wir wollen endlich die geforderte Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Arbeitsminister zu diesem Thema. Dann können wir uns nämlich weitere Runden wie diese sparen. Die Debatten zu diesem Thema sind geführt. Es sollte jetzt zügig zur Umsetzung der geplanten Verbesserungen kommen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manch einer braucht offenbar erst eine Pandemie, um sich der mitunter unhaltbaren Zustände in der Fleischindustrie bewusst zu werden. Dabei sind die allermeisten Probleme schon seit Jahren bekannt. Aber durch die Coronakrise und die daraus folgenden erhöhten Infektionszahlen fällt es jetzt natürlich noch schwerer, hiervor die Augen zu verschließen. Doch wie dem auch sei: Der SSW begrüßt ausdrücklich, dass sich auf Bundesebene endlich etwas bewegt.
Aus unserer Sicht ist insbesondere der Schritt, Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischindustrie gesetzlich zu verbieten, mehr als überfällig.
Weil das Verfahren zum Arbeitsschutzkontrollgesetz derzeit durch Lobbyinteressen ausgebremst wird, können wir den Antrag der SPD natürlich unterstützen.
Wie erwähnt, wissen wir nicht erst seit diesem Jahr, dass auch bei uns im Land in Teilen der Fleischindustrie so einiges schiefläuft. Was in den vergangenen Jahren so alles ans Licht der Öffentlichkeit drang, hat uns doch alle gemeinsam empört. Seit Jahren kritisieren wir diese teilweise unzumutbaren Zustände. Uns allen sollte also längst bewusst sein, und den Eindruck habe ich hier auch, dass die Arbeits-, Wohn- und Lebensbedingungen in der Fleischindustrie für viele Beschäftigte unzumutbar sind.
Doch passiert ist trotz allem denkbar wenig. Im Gegenteil: Wir müssen feststellen, dass die Selbstverpflichtung der Fleischwirtschaft für bessere Arbeitsbedingungen bis heute nicht erfüllt wird. Sie ist faktisch gescheitert, und auch kleinere Verschärfungen des Regelwerks haben leider nicht zu nennenswerten Verbesserungen der Arbeitsbedingungen geführt.
Die Tatsache, dass es gerade im Zusammenhang mit Werkverträgen und Subunternehmen erhebliche gesetzliche Lücken gibt, ist hinlänglich bekannt. Die Liste der Kritikpunkte ist lang. Wir reden über Verstöße gegen Hygiene-, Abstands- und Arbeitsschutzbestimmungen sowie Missachtung des Mindestlohn- und Arbeitszeitgesetzes.
Ganz ehrlich: Wenn Teile des Lohns für persönliche Schutzausrüstung, Miete oder für Fahrten zur Arbeitsstätte einfach einbehalten werden oder wenn
Beschäftigte 16 Stunden ohne Pause arbeiten müssen, dann ist doch gehörig etwas faul, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Noch dazu finden diese Verstöße nicht irgendwo weit weg und außerhalb unseres Einflussbereichs statt, sondern auch bei Unternehmen in Deutschland und hier in Schleswig-Holstein. Doch unsere Behörden stehen mehr oder weniger hilflos daneben und können kaum eingreifen. Ich denke und hoffe daher sehr, dass wir uns einig sind, diese Zustände nicht länger hinnehmen zu wollen.
Es ist also mehr als überfällig, das Arbeitsschutzkontrollgesetz zu verschärfen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Unternehmen der Branche stärker kontrolliert und im Zweifel auch sanktioniert werden müssen. Die hierfür nötige bessere Zusammenarbeit der zuständigen Behörden, wie Zoll, Arbeitsschutzverwaltungen, Berufsgenossenschaften sowie der kommunalen Ordnungs- und Gesundheitsämter, ist ausdrückliches Ziel der Novelle. Das ist gut und folgerichtig. Es ist genauso überfällig wie die geplante engere Kontrolldichte und die Vorgabe, nach der im Bereich der Schlachtung, Zerlegung und der Fleischverarbeitung in einem Unternehmen kein Fremdpersonal mehr eingesetzt werden darf.
Außerdem begrüßen wir es, dass die Arbeitszeit künftig elektronisch erfasst werden soll und dass für die Unterbringung von Beschäftigten in Gemeinschaftsunterkünften in Zukunft Mindestanforderungen gelten sollen.
All diese schönen theoretischen Regelungen müssen jetzt endlich auch praktisch umgesetzt werden. Nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Unternehmen selbst müssen wissen, woran sie sind. Sie brauchen Rechts- und Planungssicherheit.
Hier sage ich für den SSW ganz deutlich: Es geht nicht darum, diese Branche zu gängeln, sondern es geht darum, Geschäftsmodelle, die Ausbeutung ermöglichen, zu unterbinden.
Dieses Ziel erreichen wir aber nur, wenn das vorliegende Arbeitsschutzkontrollgesetz nicht doch noch aufgeweicht wird. Die erwähnten Punkte, wie etwa das Verbot der Leiharbeit, die transparente Zeiterfassung und die verbindliche Kontrolldichte, müssen Teil der gesetzlichen Regelung bleiben. Nur so
kommen wir hoffentlich schnell und flächendeckend zu humaneren Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Fleischindustrie. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nach der Anhörung, Herr Kalinka, die wir in Schleswig-Holstein gehabt haben, stellen Sie sich hier hin und sagen: Schleswig-Holstein zeigt, wie es geht. - Haben Sie nicht gehört, was der DGB gesagt hat, was der Schutzkreis Kellinghusen gesagt hat, was die Kirchen gesagt haben über die Bedingungen hier in Schleswig-Holstein, wie die Menschen hier leben, wie sie ausgebeutet werden, wie schwierig die Situation ist?
Und haben Sie hier im Landtag nicht den Bericht des Landwirtschaftsministeriums zur Kenntnis genommen, wonach Selbstverpflichtungen und Ehrenkodex nicht wirken, nicht ziehen, letztendlich sogar nicht kontrollierbar sind? Und haben wir nicht im Landtag seit dem Jahre 2014 darüber geredet, dass es dringend bundesweite Lösungen geben muss? Denn wir reden von Fleischindustrie; wir reden nicht vom Handwerk, ausdrücklich nicht vom Handwerk.
An dieser Stelle, Herr Kalinka, immer wieder meine Bitte: Herr Laumann, der Minister in NordrheinWestfalen, CDU-Mitglied, hat ganz klar erklärt: Die Zeit der Fleischbarone muss vorbei sein. Die Zeit der Ausbeutung in der Fleischindustrie muss vorbei sein. - Das ist auch unser Appell. Warum ist das nicht Ihre Richtschnur?
Eines noch einmal ganz klar: Das Arbeitsschutzgesetz ist auf Bundesebene notwendig, denn es muss bundesweit geregelt werden. Darüber sind wir uns doch alle einig.
Die erste Lesung ist im Bundestag gewesen. Die Anhörung ist auch gewesen. Und es ist die CDU/ CSU-Fraktion, die die zweite Lesung verweigert. Das ist doch genau der Punkt; da liegt doch das Problem. Darum geht es in unserem Antrag und um nichts anderes.
Diese Vermengung von Schweinestau und Werkverträgen geht gar nicht. Das sind zwei Dinge, die jetzt zusammenpassen: Corona und Schweinepest sowie der Stau in den Schlachtbetrieben. Dafür muss es eine Lösung geben, darüber haben wir in diesem Hause gesprochen. Wir haben einen Schweinegipfel gefordert, weil sich an dem Punkt nämlich noch ganz andere Dinge auswirken als nur die Werkverträge in der Fleischindustrie.
Herr Rickers, Sie haben am 3. November 2020 in der Presse erklärt, dass die Ansiedlung von Tönnies vor fünf Jahren von allen politischen Parteien begrüßt worden sei. Ich darf aus meiner Pressemitteilung vom Februar 2015 zitieren: Die Ansiedlung von Tönnies erfüllt uns mit Sorge; denn dann droht Schleswig-Holstein noch tiefer in den Konzentrationsprozess der fleischverarbeitenden Industrie zu geraten. Und bei solchen Konzentrationen sind die landwirtschaftlich produzierenden Betriebe klar im Nachteil. - Genau das erleben wir gerade.
Noch ein Wort zur AfD. Ihr Aufruf zur Hausschlachtung hilft in Schleswig-Holstein wirklich nicht weiter. Das ist abzulehnen; das ist keine Lösung für nichts und niemanden.
Meine Herren und Damen von der CDU, Frau Klöckner hat heute den Liebe-Freunde-Brief verschickt und ruft zu fairem Umgang mit der Landwirtschaft auf. Im Sinne dieses fairen Umgangs sorgen Sie dafür, dass die Werkverträge in der Fleischindustrie endlich abgeschafft werden. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kalinka, lieber Werner, du bist ja als CDA-Sprecher und Vorsitzender in Schleswig-Hol