Protocol of the Session on October 14, 2015

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Lehrkräftebesoldung

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/3380

(Minister Dr. Robert Habeck)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Ministerin für Schule und Berufsbildung, Britta Ernst.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ministerium für Schule und Berufsbildung hat einen Entwurf zur Reform der Lehrkräftebesoldung auf den Weg gebracht, der Ihnen vorliegt. Die Kernpunkte des Gesetzentwurfs sind:

Erstens. Alle neuen Lehrkräfte an weiterführenden Schulen in Schleswig-Holstein werden künftig als Einstiegsgehalt A 13 bekommen. Lehrkräfte für das künftige Sekundarschullehramt sollen damit genauso besoldet werden wie die bisherigen Realschullehrkräfte. Lehrkräfte für das neue Sekundarschullehramt mit zwei Sek-II-Fächern sollen wie die heutigen Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer mit A 13 eingestuft werden und eine Stellenzulage erhalten.

Zweitens. Die früheren Hauptschullehrkräfte an Gemeinschaftsschulen sollen von A 12 zu A 13 wechseln können.

Drittens. Die Besoldung der Grundschullehrkräfte wird nicht verändert.

Dies ist ein großer Reformschritt. An allen weiterführenden Schulen erhalten neu ausgebildete Lehrkräfte künftig mindestens A 13.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Damit drückt sich auch in der Lehrerbesoldung das Bekenntnis zu zwei starken weiterführenden Schulen aus, dem Gymnasium und der Gemeinschaftsschule, wie wir es in dieser Wahlperiode im Schulgesetz verankert haben.

Wir gehen noch einen zweiten großen Schritt. Wir stellen die jetzigen A-12-Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen gleich, indem wir ihnen die Möglichkeit des Aufstiegs nach A 13 bieten. Auch eine solche Reform gibt es nicht in jedem Bundesland.

Wie ist die Situation heute? - An den Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein arbeiten zurzeit Lehrkräfte mit unterschiedlicher Ausbildung. Sie verdienen auch unterschiedlich. Die Lehrkräfte für Grund- und Hauptschulen verdienen A 12, die Realschullehrkräfte A 13 und die Gymnasiallehr

kräfte A 13 mit Zulage. Künftig werden Sekundarschullehrkräfte dazukommen.

Wir wollen, dass die künftigen Sekundarschullehrkräfte mit ihrer veränderten Ausbildung ebenfalls A 13 verdienen, so wie auch die früheren Realschullehrer, und dass sie, wenn sie zwei Sek-II-Fächer unterrichten, die Studienratszulage bekommen.

Wir wollen den rund 2.400 mit A 12 besoldeten Lehrkräften an den Gemeinschaftsschulen die Chance geben, eine höhere Besoldung zu erhalten und damit das Gleiche zu verdienen wie ihre Kolleginnen und Kollegen, die die Ausbildung zur Realschullehrkraft gemacht haben, oder wie diejenigen mit der neuen Ausbildung. Das wird ihrer Arbeit gerecht. Daher schaffen wir für diese Gruppe die Möglichkeit des Wechsels nach A 13. Das soll durch eine neue Bestimmung der Lehrerlaufbahnverordnung ermöglicht werden, an der wir zurzeit arbeiten.

Diese Überleitung der A-12-Lehrkräfte soll in einem Zeitraum von längstens acht Jahren erfolgen. Sie führt zu Mehrkosten von über 11 Millionen €. Unter Berücksichtigung der Vorsorge sind es aufwachsend rund 30 Millionen €. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist, so finde ich, eine große Summe angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen in Schleswig-Holstein.

Diese Finanzierung geht nicht zulasten der Unterrichtsversorgung. Mit dem Finanzministerium ist vereinbart, dass die finanziellen Auswirkungen im Rahmen der Eckwerte und der Aufstellung der Finanzplanung abbilden werden.

Vonseiten der Gewerkschaften wurde nun kritisiert, dass diese Überleitung nicht voraussetzungslos erfolgen soll. Ich appelliere daran, Maß zu halten. Der Schritt von A 12 nach A 13 ist eine Beförderung. Wir wissen auch, dass es bei den Lehrkräften viel Bedarf an Fortbildung gibt - zur Stärkung der Fachlichkeit, aber auch im Bereich der Inklusion. Daher halte ich unser Vorgehen, die Überleitung nach A 13 an eine Fortbildung zu knüpfen, für völlig vertretbar. Im Übrigen halten wir die Teilnahme an einer Fortbildung nicht grundsätzlich für eine Last, sondern durchaus für eine Bereicherung. Das Angebot der Angleichung von über 2000 Lehrkräften ist ein kräftiges Signal der Landesregierung, auf das wir stolz sind.

Meine Damen und Herren, die Besoldung der Grundschullehrkräfte wird, wie ich eingangs sagte, nicht angehoben. Das fällt uns nicht leicht. Aber die Besoldung richtet sich auch nach den unterschiedlichen Tätigkeiten in den einzelnen Lehräm

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

tern. Das Grundschullehramt hat einen deutlichen pädagogischen Schwerpunkt im Bereich der jüngeren Altersgruppe, während der Unterricht in den Sekundarstufen die Zugangsberechtigung zu den Hochschulen ermöglichen soll und Berufsorientierung vermittelt. Auch der Aufwand für die Vorund Nachbereitung des Unterrichts, für Korrekturen und die Teilnahme an den Abschlussprüfungen ist unterschiedlich.

Wir haben uns die Besoldung für das Grundschullehramt in den anderen Bundesländern angesehen und festgestellt: In allen Bundesländern werden Grundschullehrkräfte mit A 12 besoldet. Dass das finanzschwache Schleswig-Holstein, das zudem ein Nehmerland im Finanzausgleich ist, hier vorprescht, halte ich nicht für vertretbar. Dennoch können wir uns perspektivisch auch für die Grundschullehrkräfte eine andere Bezahlung vorstellen. Darüber sollte es aber eine Verständigung mehrerer Bundesländer geben. Darüber werde ich das Gespräch suchen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Volker Dornquast [CDU])

Die neue Besoldungsstruktur soll zum 1. Februar 2016 in Kraft treten. Dann werden die ersten Absolventinnen und Absolventen des Grundschullehramtes in den Vorbereitungsdienst gehen. Wir haben damit zügig die notwendigen Neuerungen angepackt.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben einen klaren Kurs. Wir bleiben bei der Priorität der Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Die Entscheidungen über die Verwendungen der BAföG-Mittel und der Bundesmittel für die Flüchtlinge haben das gezeigt. Vieles andere Wünschenswerte können wir uns nicht gleichzeitig leisten. Wir behandeln die Lehrkräfte in beiden Säulen der weiterführenden Schulen künftig gleich. Daher soll die Eingangsbesoldung bei A 13 liegen. Wir machen einen großen Schritt für die Angleichung der Besoldung an den weiterführenden Schulen, um die Lehrkräfte gerechter zu besolden. Wir sorgen auch damit ein wenig für größeren Schulfrieden in den Kollegien. Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Zu Ihrer Information teile ich Ihnen mit, dass die weiteren Redner eine Redezeit von je 6 Minuten zur Verfügung haben,

da die Ministerin die vereinbarte Zeit um 1 Minute überschritten hat.

Das Wort hat nun die Kollegin Heike Franzen von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin, vor gut einem halben Jahr sind Sie mit Ihrem Vorhaben zur Lehrerbesoldung ganz groß rausgekommen. Das kann man wohl so sagen. Die Aufmerksamkeit der Lehrerinnen und Lehrer in diesem Land war und ist Ihnen an dieser Stelle sicher. Ich will Ihnen einige treffende Kommentare dazu nicht vorenthalten. In den „Lübecker Nachrichten“ konnte man dazu lesen:

„Grundschullehrer gehen leer aus - Unsozial … Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Die frühkindliche Bildung stärken? Die Phrasen der selbsternannten Hüter der sozialen Gerechtigkeit zerschellen an der Wirklichkeit. Sozial kann Politik nur sein, wenn sie solide finanziert ist.“

Der GEW-Chef Matthias Heidn sprach damals von einem „Höchstmaß an Geringschätzung, wie wir es so nicht für möglich gehalten hätten“: „Der Grundsatz ‚gleiches Geld für gleichwertige Arbeit‘ scheine für die Sozialdemokratie in Schleswig-Holstein nur ein Füllsatz für das eigene Wahlprogramm zu sein.“

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Hört, hört!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die „Kieler Nachrichten“ möchte ich an dieser Stelle gern kurz zitieren:

„Ihre Pläne für die Lehrerbesoldung kosten einerseits Millionen, die für eine bessere Unterrichtsversorgung fehlen. Die Zeche für eine etwas einheitlichere und ein bisschen gerechtere Entlohnung der Pädagogen zahlen somit letztlich die Schüler.“

Das war vor einem halben Jahr. Daraus hätte man schließen können, dass es Veränderungen gibt und dass man darüber nachdenkt, welche Kritik es gibt. Jetzt liegt Ihr Gesetzentwurf dem Landtag vor, und an Ihren Plänen hat sich nichts geändert. So sieht also Ihre neue Gerechtigkeit an dieser Stelle aus. Dabei sind es insbesondere die jetzigen Grund- und Hauptschullehrer, die Sie benachteiligen. Denn sie alle sind gleich ausgebildet, ob sie an der Grundschule oder an weiterführenden Schulen unterrichten. Die, die jetzt an den Grundschulen unterrichten werden, werden keine Chance haben, nach A 13

(Ministerin Britta Ernst)

aufzusteigen, während diejenigen, die an den weiterführenden Schulen - das sind in der Regel die etwas älteren Kollegen - jetzt Jahre warten und sich auch noch qualifizieren müssen, um die Chance zu haben, auf A 13 zu steigen. Dann verdienen sie genauso viel wie die jungen Kollegen, die gerade von der Uni kommen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Gerechtigkeit.

(Beifall CDU und PIRATEN)

Herr Habersaat hat in einer Presseerklärung verlautbart - das zitiere ich -:

„Dass ein gleich langes Studium auch zu gleicher Besoldung führen sollte, klingt fair.“

Herr Habersaat, ich gebe Ihnen recht. Auch Frau Erdmann hat im letzten Jahr hier im Landtag gesagt - auch das möchte ich gern zitieren -:

„Das eine ist, dass vergleichbare Studienabschlüsse zu einer vergleichbaren Besoldung führen müssen. Das ist für uns ganz klar.“

Aussage von Frau Erdmann, liebe Kolleginnen und Kollegen, und gar nichts ist klar.

Diese Reform der Lehrerbesoldung sorgt eben nicht dafür, dass vergleichbare Studienabschlüsse zu einer vergleichbaren Besoldung führen. Diese Besoldung bringt keine Ruhe, sondern sie bringt eine Zweiklassengesellschaft im Lehrerzimmer. Ich will Ihnen auch sagen, zu welchem Preis. Auch hier möchte ich gern noch einmal zitieren, und zwar in diesem Falle den Philologenverband, der ganz klar sagt:

„Die Folgen sehen wir bereits jetzt täglich: ungebremster Unterrichtsausfall, Lehrermangel, Fluktuation, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Frustration, Abwanderung.“

Das sind nicht meine Worte, sondern die Worte des Philologenverbandes.