Protocol of the Session on July 15, 2015

Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne den Präsidenten unsere Partnerregion Pays de la Loire, Herrn Jacques Auxiette, und eine Delegation sowie den französischen Generalkonsul Monsieur Serge Lavroff. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Es ist für uns eine große Ehre, dass Sie uns hier im Landtag besuchen. Wir freuen uns jedes Mal, wenn Sie da sind. Kommen Sie gern immer wieder.

Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne auch Mitglieder der EuropaUnion, Ortsverein Norderstedt und Wirtschaftsund Politikreferendare des IQSH Schleswig-Hol

(Lars Harms)

stein. - Seien auch Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Außerdem begrüße ich Mitglieder der Frauen Union und den Vorstand und Mitglieder des Landespflegerats Schleswig-Holstein. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, dass die beiden gesetzten Tagesordnungspunkte nacheinander abgearbeitet werden. Das bedeutet abweichend von den vorangegangenen Überlegungen, dass zunächst der gesetzte Tagesordnungspunkt Regierungserklärung abgeschlossen wird. In der Reihenfolge der Beratung hat jetzt der nächste Redner, der sich zu Wort gemeldet hat, das Wort. Das ist Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda von der Piratenfraktion. - Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure es sehr, dass der Herr Ministerpräsident nicht da ist, denn ich möchte seine anrührende Geschichte von der Familie von Matthias, Katrin, Lisa und Hendrik fortsetzen, die nämlich nicht immer nur schön und glücklich ist. Sie kann auch manchmal schräger und mit ein bisschen mehr Pech verlaufen. So geschieht es hier auch:

In Elmshorn kommt morgens die Post mit der Kündigung wegen Eigenbedarf. Da hilft der Familie Hansen auch die Mietpreisbremse nicht. Man guckt in die Zeitung und stellt fest: Wir können uns die Wohnungen, die angeboten werden, als vierköpfige Familie überhaupt nicht leisten.

Der Name Hansen verrät uns, dass diese Familie vielleicht aus Nordfriesland stammen könnte, und so ist es auch. Man überlegt, zu den Großeltern zu ziehen. Dort gibt es ein großes Haus, ein großes Anwesen mit viel Platz. Dort wird man auch begeistert empfangen, weil Opa Hansen nämlich vor einem Jahr einen Schlaganfall hatte. Dieser hat zu einer Behinderung geführt, und zwar deshalb, weil er dort nicht in einer Stroke Unit versorgt werden konnte, wie es zum Beispiel in Lübeck in einem Radius von 800 m zweimal möglich gewesen wäre. Nun gut, Opa Hansen hat heute Morgen im Offenen Kanal die Sitzung des Landtags verfolgt.

(Zurufe)

- ParlaTV geht nicht, weil das Breitband dies in dem Dorf nicht hergibt.

(Beifall PIRATEN, vereinzelt CDU und Bei- fall Dr. Heiner Garg [FDP])

Er war ziemlich erschüttert darüber, dass in der Erklärung des Ministerpräsidenten zum Regieren die Menschen mit Behinderung nicht an einer Stelle mit einer Silbe erwähnt worden sind. Das finde ich unmöglich.

(Beifall PIRATEN, CDU und Dr. Heiner Garg [FDP])

Das mag aber auch daran liegen, dass die dafür zuständige Ministerin derzeit anderweitig ausgelastet ist. Wie wir vom Kollegen Kubicki erfahren haben, ist die Stabschefin durch das Fertigen von Pressemitteilungen ja auch in irgendeiner Weise abgelenkt.

Die Lösung, nach Nordfriesland zu ziehen, ist für Katrin Hansen auch nicht so glücklich und lässt den Familiensegen etwas schräg hängen. Sie ist nämlich schwanger, und ihr Gynäkologe hat ihr gesagt: Mädchen, du hast eine Risikoschwangerschaft. Da sagt Katrin: Das will ich hier gar nicht, ich habe hier keine Geburtshilfestation. Hebammen sind auch nicht mehr da. Ich müsste nach Flensburg gehen und dort ein Boarding-In machen, weit weg von Zuhause.

Das ist nicht ganz kompatibel mit der Lebenssituation von Sohn Hendrik, denn der hat einen Schulweg von einer Stunde, den der Vater auch noch überbrücken müsste. Das wiederum passt gar nicht zusammen mit der Tochter Lisa, die ein durch Autismus behinderter Mensch ist und keine Schulbegleitung hat. Diese ist nämlich ungeregelt. Man weiß gar nicht, wer zuständig ist. Planungssicherheit gibt es an dieser Stelle auch nicht.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Vater Matthias ist ziemlich bedrückt. Alle seine Planungen gehen nicht auf. Er ist richtig bedrückt. Der ländliche Raum, in den er sich begeben hat, ist infrastrukturell komplett abgekoppelt. Das schulische Angebot für seine beiden verschiedenen Kinder ist nicht so, dass er beiden Kindern gerecht werden kann und dass altersgerecht etwas angeboten werden kann. Die Tatsache, dass seine schwangere Frau nun zwangsverkammert wird, tröstet ihn auch nicht.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass sie eine Pflegefachkraft ist.

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

(Zuruf SPD: Sie ist Versicherungsangestell- te!)

Das zweisprachige Ortsschild nimmt er eher so wahr, dass es ein Zeichen dafür ist, dass der normale infrastrukturelle Bereich von Schleswig-Holstein an dieser Stelle aufhört.

(Beifall PIRATEN, CDU und vereinzelt FDP)

Die Einkaufsmöglichkeiten sind so schlecht, dass er sich anders informieren wollte. Er wollte über das Internet ein Fahrrad kaufen. Dieses wäre verrostet, denn bis sich das Bild von dem Fahrrad aufgebaut hätte, wäre es schlecht geworden. Er überlegt sich: Das kaufe ich im Bauhaus. Dort will er, um von all diesen Kümmernissen abzulenken, für seinen Sohn ein Fahrrad kaufen, denn das ist vorgestern gestohlen worden. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Für die Piratenfraktion hat jetzt die Frau Abgeordnete Angelika Beer das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Namen meiner Fraktion, der PIRATEN im Schleswig-Holsteinischen Landtag, und damit auch im Namen der Piratenpartei Schleswig-Holstein verwahre ich mich gegen die verleumderische Behauptung des Kollegen Lars Harms vom SSW gegen seine heutige Aussage - ich zitiere -:

„Minderheitenpolitik ist für die PIRATEN keine Menschenrechtspolitik.“

Es ist mir völlig unbegreiflich, wie im Rahmen einer Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein eine solche beabsichtigte Entgleisung geschehen kann.

Werte Kolleginnen und Kollegen, mir stellen sich zwei Fragen:

Erstens. Was verleitet den Vorsitzenden der SSWFraktion, eine solche wissentlich falsche Behauptung in den Raum zu stellen? Herr Kollege Harms, ich fordere Sie auf, das hier vor diesem Haus zu erklären oder sich für die Behauptung zu entschuldigen.

Zweitens. Wenn wir den Horizont der heutigen Debatte, der bis ins Jahr 2030 reicht, gekoppelt mit der Diffamierung einer Fraktion dieses Landtages, nämlich der PIRATEN, für sie sei Minderheitenpo

litik keine Menschenrechtspolitik, betrachten, wem nützt dann eine solche Aussage?

Die Antwort auf die zweite Frage, Herr Kollege Harms, gebe ich Ihnen gern persönlich: Es ist das erste Anzeichen für den kommenden Wahlkampf. Ihre Aufkündigung des Konsens zur Minderheitenpolitik dient weder der Demokratie in unserem Land noch den Minderheiten.

(Beifall PIRATEN, Dr. Heiner Garg [FDP] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Das Wort hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Kollege Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu drei Aspekten der Debatte von heute Vormittag etwas sagen:

Erstens. Die Pressemitteilung vom 7. Juli 2015 zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses ist in der Pressestelle des SPD-Landesverbandes erarbeitet und nach Abstimmung mit den Koalitionspartnern veröffentlicht worden. Darin enthalten waren aus dem Sozialministerium zugelieferte Zahlen, die den Beratungen zugrunde lagen. Daran ist nichts zu beanstanden. Das machen Koalitionen so. Jeder Abgeordnete, auch der Kollege Kubicki, kann im Ministerium Zahlen anfragen, um diese als Grundlage für seine Entscheidung zu nutzen.

Der Fehler dieser Pressemitteilung liegt darin, dass mit den Zahlen auch ein Dokument weiterverwendet wurde, um den Gesamttext mit all den anderen Einzelheiten zu erstellen. Das ist ein formeller und technischer Fehler der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landesgeschäftsstelle. Dafür übernehme ich die Verantwortung. Zu einem Skandal taugt das nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zweitens. Was Lübeck angeht, will ich deutlich sagen: Autonomie der Beschlussfassung in der Bürgerschaft hin und her, man wird in der Sache klar seine Meinung äußern dürfen. Ich halte diese Entscheidung für falsch. Sie schadete dem Ruf der Stadt, und Ihnen ist das ja auch peinlich, weil Ihre Parteifreunde dort mitgestimmt haben. Ich glaube tatsächlich - dazu bekenne ich mich -: Auch aus der Bürgerinitiative sind rassistische Äußerungen getätigt worden wie diese: Frauen könnten nicht mehr

(Wolfgang Dudda)

einkaufen gehen, Kinder könnten nicht mehr zur Schule gehen. - So etwas weise ich zurück.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich glaube, dass den realen Brandsätzen häufig rhetorische Brandsätze vorausgehen. Wir haben nämlich eine Verdopplung der Anschläge auf Asylbewerberheime in Deutschland. Das ist das Problem und nicht eine Debatte darüber, wenn rassistische Äußerungen fallen. Das will ich hier in aller Klarheit sagen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)