Protocol of the Session on July 15, 2015

Was die Beschilderung angeht, wissen wir nun aber auch, dass, wenn Minderheitenpolitik Geld kostet, sich auch die PIRATEN schnell vom Acker machen. Nette Worte spricht man vonseiten der PIRATEN gern, richtige Taten folgen von ihnen aber nicht.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, damit reihen Sie sich in die Reihe derer ein, die Minderheitenpolitik nicht als Menschenrechtspolitik ansehen. Dänen, Friesen, Sinti und Roma scheinen bei Ihnen keine Partner mehr zu haben. Das ist das Eigentliche, was an dieser Debatte schade ist, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW] - Widerspruch PIRATEN)

Glücklicherweise haben die Minderheiten aber in unserer Küstenkoalition einen verlässlichen Partner. Wir haben eine Sprachenpolitik auf den Weg gebracht, die die bei uns in Schleswig-Holstein beheimateten Sprachen wirklich schützen und fördern soll. Wir haben die Schulen der dänischen Minderheit besser gefördert. Wir haben den Unterricht in Niederdeutsch massiv ausgeweitet, ähnliches haben wir auch mit dem Friesisch-Unterricht in Nordfriesland und auf Helgoland vor. Und wir unterstützen die Sinti und Roma in ihrer Arbeit wesentlich stärker als je zuvor.

(Beifall Jette Waldinger-Thiering [SSW] und Birte Pauls [SPD])

All das ist erst der Anfang. Genauso wie wir wollen, dass alle von unserem Minderheitenmodell lernen sollen, wollen auch wir von anderen Minderheiten lernen.

(Vereinzelter Beifall SSW und SPD)

Eine zweisprachige Beschilderung ist einer der wichtigsten Standards in der Minderheitenpolitik in Europa, und auf diesem Feld haben wir noch etwas aufzuholen. Mit der zweisprachigen wegweisenden Beschilderung in Nordfriesland machen wir hier einen ersten Schritt.

Meine Damen und Herren, um einmal zu verdeutlichen, wie ernsthaft eine solche Maßnahme ist: Das Nordfriesische ist im Atlas der bedrohten Sprachen der UNESCO als ernsthaft gefährdet klassifiziert. Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker stuft das Nordfriesische in seinem Menschenrechtsreport vom März 2010 als stark gefährdet ein.

Ähnlich wie bei aussterbenden Arten in Fauna und Flora muss auch bei aussterbenden Sprachen und Kulturen gegengesteuert werden. Vor diesem Hintergrund ist es staatliche Aufgabe, dieses kulturelle und sprachliche Erbe nicht nur zu erhalten, sondern auch den Gebrauch dieser Sprachen zu schützen und zu fördern. So kommt auch der zweisprachigen Beschilderung eine wichtige sprachfördernde Funktion zu. Dadurch dass man bei einer durchgehenden zweisprachigen Beschilderung immer wieder auf die friesischsprachigen Ortsnamen trifft, ist es

(Lars Harms)

leichter, diese Ortsnamen in der Sprechergruppe weiterzugeben.

Weiter führen diese friesischsprachigen Beschilderungen auch dazu, dass mehr Menschen angeregt werden, sich überhaupt mit der Sprachenvielfalt zu beschäftigen und sich mit ihr zu identifizieren. Das ist eine der Grundlagen dafür, dass diese Sprache von ursprünglich nicht friesischsprachigen Menschen erlernt wird. In diesem Sinne hat also auch eine zweisprachige Beschilderung einen sprachfördernden Effekt. Und - auch das ist nicht zu unterschätzen - durch diese Maßnahme machen wir Nordfriesland, machen wir Schleswig-Holstein, ein bisschen unverwechselbar. Auch touristisch wäre eine sichtbare Zweisprachigkeit ein Gewinn. Deshalb ist unsere Initiative ein wichtiger Teil unserer Sprachenpolitik und ein Gewinn für die Region und das Land.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Ein Gewinn für das Land ist auch, dass Kulturpolitik im Land endlich wieder eine Rolle spielt. Das spiegelt sich auch in den Maßnahmen wider, die wir beschlossen haben. Das Wikingermuseum in Haithabu ist eines der herausragenden Elemente der deutsch-skandinavischen Geschichte. Haithabu hat auch und gerade eine besondere Bedeutung in der gemeinsamen Geschichte mit Dänemark und dem skandinavischen Raum. Deshalb soll das Museum bis 2018 instandgesetzt werden.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Ergänzend zur Instandhaltung des Museums Haithabu wird das Freilichtmuseum in Molfsee weiterentwickelt. Eine neue Ausstellungshalle auf dem Gelände des Freilichtmuseums Molfsee ist zentraler Bestandteil dieser Maßnahme und soll dort insbesondere die schleswig-holsteinische Zeitgeschichte aufzeigen. Die Erweiterung der Museumsinfrastruktur in Molfsee mit einem neuen Ausstellungs- und Eingangsgebäude ist ein wichtiger Schritt, damit Molfsee zu einem ganzjährig nutzbaren Museumskomplex weiterentwickelt werden kann. Auch das hat eine touristische Relevanz. Auch das bringt Geld ins Land.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus ist vorgesehen, den Zuschuss zum laufenden Betrieb der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf schrittweise zu erhöhen. Dann wird es auch dort möglich sein, dass das Marketing intensiviert und Sonderausstellungen angeboten werden können. Auch hierdurch

wird die Attraktivität des Angebots der Landesmuseen verbessert.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Eine weitere Säule der kulturellen Zielsetzungen ist die Stärkung des Bibliothekswesens in SchleswigHolstein. Grundlage hierfür ist die Schaffung eines Bibliothekengesetzes, das im Übrigen wieder einmal in einer beispiellosen, wirklich tollen Art und Weise im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammen erarbeitet worden ist.

Ein besonderer Fokus wird auf die möglichst vollständige Archivierung aller digitalen Veröffentlichungen und auf die Zugänglichmachung dieser Veröffentlichungen für die Allgemeinheit gelegt, also ein echter skandinavischer Ansatz.

Weiter wird auch die Dänische Zentralbibliothek mit dem deutschen Bibliothekswesen gleichgestellt werden. Die Aufgaben und deren Finanzierung werden in einer Ziel- und Leistungsvereinbarung mit der Dänischen Zentralbibliothek beschrieben. Neben der allgemeinen Bibliotheksarbeit sollen insbesondere das Archiv der Bibliothek und dessen Digitalisierung abgesichert werden.

Für all diese Maßnahmen im kulturellen und minderheitenpolitischen Bereich werden wir in den nächsten drei Jahren 13,8 Millionen € aufwenden. Im Bereich der Kultur ist das eine imposante Summe, von der man ehemals, vor drei Jahren, noch nicht einmal zu träumen wagte, als wir noch einen Kulturminister der FDP hatten. Auch im Bereich der Kultur setzt die Küstenkoalition Maßstäbe.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe am Anfang deutlich gemacht, dass wir auch und gerade diejenigen unterstützen wollen, die die eigentlichen Leistungsträger unserer Gesellschaft sind: die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien. Schon ganz am Anfang unserer Regierungszeit haben wir deshalb ein Mindestlohngesetz, ein Korruptionsregistergesetz und ein Tariftreuegesetz beschlossen, die fairen Wettbewerb und vernünftige Bezahlung für diese Menschen absichern. Wir werden in dieser Landtagstagung noch über ein Gesetzespaket sprechen, weil die CDU diese Gesetze ja wieder abschaffen will. Aber eines hierzu ganz deutlich: Ohne das Tariftreuegesetz würden Busfahrer in Dithmarschen jetzt nur noch lausig bezahlt werden. Ohne das Tariftreuegesetz würde auch Bahnpersonal an der Westküste jetzt weniger als bisher verdienen. Ohne dieses Gesetz wären Menschen akut von Arbeitslo

(Lars Harms)

sigkeit bedroht. § 5 Tariftreuegesetz garantiert die Personalübernahme bei einem Betreiberwechsel.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Die Menschen und deren Familien - Herr Kollege Kubicki, hören Sie sich das genau an! - können froh und glücklich sein, dass wir regieren. Die Opposition findet miese Tarife und eine Hire-and-Fire-Politik gut. Wir aber nicht. Die Menschen und deren Familien können sich weiter auf uns verlassen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Gegenteil sind wir auch der Auflassung, dass viele Tätigkeiten im öffentlichen Bereich nicht gut genug bezahlt werden. Wir wissen alle, dass die Polizistinnen und Polizisten einen sehr verantwortungsbewussten und körperlich oft harten und gefährlichen Beruf ausüben. Deshalb muss dieser Beruf gut bezahlt werden, damit er attraktiv bleibt, aber eben auch, damit diese besonderen Erschwernisse angemessen berücksichtigt werden. Wir haben es gerade eben gehört: Herr Günther geißelt das als unnützen Konsum. Für uns aber ist das soziale Gerechtigkeit.

(Beifall SSW und SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das!)

Da gibt es sicherlich viel zu tun. Der wichtigste Schritt ist hier, dass die Eingangsbesoldung von A 7 auf A 8 erhöht wird. Gleiches tun wir auch beim Eingangsamt A 6 im Bereich der Justiz und der Steuerverwaltung. Auch hier wird um eine Stufe auf A 7 erhöht. Wir meinen, dass hierdurch die Wertschätzung des Landes für seine Bediensteten zum Ausdruck kommt. Wir schätzen unsere Mitarbeiter, und das drückt sich bei uns auch in der Bezahlung aus.

Am Anfang habe ich gesagt, dass wir für diejenigen etwas tun wollen, die wir als eigentliche Leistungsträger der Gesellschaft ansehen. Wir wollen diesen Menschen finanzielle Sicherheit, gute Bildungsund Ausbildungschancen und gute kulturelle Rahmenbedingungen geben. Das kennzeichnet unsere rot-grün-blaue Koalition. Die Opposition kennzeichnet die Tatsache, dass sie gegen gute Bildung, gegen Nachhaltigkeit, gegen Kultur und gegen faire Löhne ist.

(Volker Dornquast [CDU]: Das ist Quatsch!)

Wir sind für Bildung, für Nachhaltigkeit, für Kultur, für soziale Gerechtigkeit und für faire Löhne. Das ist in der Tat der Unterschied zwischen Ihnen

und uns. Gut, dass Schleswig-Holstein bei uns in guten Händen ist.

(Anhaltender Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben jetzt noch eine Restredezeit von 42 Minuten plus der Restredezeit des SSW von 11 Minuten. Wir liegen bei deutlich über 50 Minuten.

Mir liegen noch zwei Wortmeldungen vor. Meine Frage ist, ob wir die Debatte nach der Mittagspause fortsetzen

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Nein!)

oder ob wir sie jetzt zu Ende führen. Gibt es weitere Wortmeldungen? - Es gibt weitere Wortmeldungen; also ist der Bedarf da. Alle Fraktionen haben einmal das Wort erhalten. Die Frage ist, ob wir die Debatte jetzt unterbrechen oder fortsetzen, solange sie dauert.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ja, unterbrechen! - Zuruf SPD: Das entscheidet der Präsident!)

- Klar ist, dass das meine Entscheidung ist. Wenn es aber Widerspruch gibt, nehme ich darauf Rücksicht. - Offensichtlich wird es akzeptiert.

Ich unterbreche die Sitzung für eine Mittagspause bis 15 Uhr. Dann werden die Restredezeiten abgearbeitet und danach der gesetzte Tagesordnungspunkt beraten.

(Unterbrechung: 12:58 bis 15:07 Uhr)

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet.

Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne den Präsidenten unsere Partnerregion Pays de la Loire, Herrn Jacques Auxiette, und eine Delegation sowie den französischen Generalkonsul Monsieur Serge Lavroff. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!