Halten wir in Sachen Entlastung für Familien fest mal wieder gut gemeint, aber schlecht gemacht und vor allem ein tolles Wahlgeschenk der SPD.
Kommen wir zu der nächsten finanziellen Wohltat für die angeschlagene Wissenschaftsministerin, den zusätzlichen Mitteln für die Hochschulen. Selbstverständlich begrüßen wir die geplante Aufstockung der Grundfinanzierung der Hochschulen. Ich beglückwünsche Frau Ministerin Alheit ganz ehrlich. Frau Alheit hat es geschafft, mehr Mittel für die Hochschulen des Landes herauszuschlagen, als es der Ministerin vor ihr gelungen ist. Dass die Ministerin nach dem Friesenhof-Skandal dringend positive Botschaften brauchte und das Geld insofern vielleicht ein bisschen lockerer saß als vor dem Stolperstein Friesenhof, sei an dieser Stelle dahingestellt, jedenfalls hat sie hier einen Krisenherd weniger.
Auch das muss man zweifelsohne anerkennen: Die Ministerin hat es geschafft, einen Konsens mit den Hochschulen zum Schnäppchenpreis zu ergattern. Zusätzlich 10 Millionen €, in den nächsten Jahren insgesamt 25 Millionen € bis einschließlich 2019. Der Konsens war deutlich preisgünstiger zu haben,
als es zunächst den Eindruck machte. Herr Kipp hat uns im Rahmen der letzten Anhörung zu dem Thema vorgerechnet, dass allein für die Christian-Albrechts-Universität 14,5 Millionen € benötigt würden, wenn man den Stand zu Beginn dieses Jahrtausends halten wolle.
25 Millionen € zusätzlich pro Jahr war seinerzeit noch das Minimum; darüber war man sich unter den Hochschulen einig. Diese Förderung wurde nicht nur einmal lautstark artikuliert.
Dass plötzlich alle mit der präsentierten Lösung zufrieden sind und sie mitunter geradezu frenetisch feiern, finde ich sehr irritierend.
So sehr mich diese kostengünstige Lösung als Finanzpolitiker im ersten Augenblick freut, so sehr habe ich meine Zweifel, dass sie trägt. Wenn ich mir anschaue, was von den Extramillionen alles finanziert werden soll - bessere Betreuungsrelation, Masterstudienplätze, Verbesserung der Serviceleistung für Studierende und einiges mehr -, drängt sich mir die Frage auf, wie das Geld für all die geplanten Maßnahmen ausreichen soll.
Abgesehen davon, dass es ganz toll wäre, wenn die Landesregierung statt warmer Worte auch einmal konkrete Konzepte vorlegen würde. Verbesserung der Qualität von Forschung und Lehre - was soll das genau bedeuten? Können das die Hochschulen letztendlich nicht nur selbst, sofern die Rahmenbedingungen stimmen? Wie wollen Sie das mit der ausreichenden Zahl von Masterstudienplätzen machen? Was heißt überhaupt „ausreichend viele Plätze“? In welchen Disziplinen? Bei den Lehrern tut sich die Landesregierung ja schwer, das fächerscharf zu prognostizieren. Wir sind sehr gespannt darauf, welche Zahlen Sie uns vorlegen werden, und vor allem darauf, wann.
Prosaische Ankündigungen reichen nicht, werte Landesregierung. Damit gewinnt die Ministerin kein Vertrauen bei den Menschen in diesem Land zurück. Sie müssen auch einmal liefern und Ihren warmen Worten Taten folgen lassen.
Das gilt genauso für den stark gebeutelten Innenminister. Nur den Geldhahn aufzudrehen und das Geld munter fließen zu lassen, wird ihm nicht helfen. So sehr ich mich für die Polizeibeamten und angehenden Justizvollzugsbeamten freue und ihnen 100 € mehr im Monat gönne, stellt sich mir als Finanzpolitiker die Frage, ob derartige Entscheidun
gen - genauso wie das Outsourcing von Aufgaben die Zielsetzung des Stellenabbaupfads und die damit einhergehende Kostensenkung nicht eher konterkarieren.
Bleiben wir beim Geld und kommen damit zu dem für mich als Finanzpolitiker mitunter relevantesten Aspekt bei der Frage: Können wir uns all das leisten? So schön all Ihre Vorhaben sein mögen und zum Teil auch ohne Zweifel sind: All das kostet Geld, von dem wir zum aktuellen Zeitpunkt nicht ansatzweise sagen können, ob es überhaupt da ist. Denken wir an die vergangene Plenartagung zurück. Ich höre Frau Heinold noch von ihrer grundsoliden Haushaltspolitik sprechen, höre ihre Kritik gegenüber der Opposition, die mit ihren Änderungsanträgen zum Nachtragshaushalt weitere millionenschwere Ausgabenpakete schnüre, während sich Grün-Rot-Blau diszipliniert und schnörkellos auf das Wesentliche konzentriere.
Wenn man sich den Haushaltsentwurf anschaut und Ihre Regierungserklärung, Herr Albig, anhört, entsteht langsam, aber sicher völlige Verwirrung ob dieser offensichtlichen Diskrepanz.
Zur Erinnerung: Das Wesentliche war vor einem Monat die humanitäre Hilfe, die Versorgung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen. Mehrfach wurde vonseiten der Finanzministerin betont, dass man nicht wisse, ob die veranschlagten Mittel - knapp 300 Millionen € - ausreichen würden, dass vielleicht noch mehr finanzielle Aufwendungen nötig werden könnten. Das war vor einem Monat das, was sich das Land explizit leisten konnte. Mehr Mittel für Hochschulen wurden explizit abgelehnt.
Plötzlich, ein Monat später, sind neben Geldern für Hochschulen auch millionenschwere Wahlgeschenke für Familien, Kitas, Hochschulen und Polizei & Co. drin, also genau das, was man einen Monat zuvor noch für unmöglich gehalten hat.
Völlig außer Acht gelassen bei den Plänen der Landesregierung wird das Risiko HSH Nordbank. Kein Wort findet man dazu in der Regierungserklärung. Auch gestern in der Pressekonferenz äußert sich Finanzministerin Heinold nur auf Nachfrage zum größten Haushaltsrisiko des Landes, ich zitiere sinngemäß: Ob und wann welche Belastung auf das Land zukommt, dazu konnte und wollte Frau Heinold allerdings nichts sagen. - Ich sage an dieser Stelle: Wenn die EU die Garantie abschließend als
unzulässige Beihilfe einstuft, wird uns der Haushalt der Regierung schneller um die Ohren fliegen als uns allen lieb sein kann. So viel ist sicher.
Und was ist mit dem UKSH? - In diesem Haus glaubt doch wirklich keiner mehr daran, dass die Effizienzrendite so wie prognostiziert eintreten wird. Wir wissen doch alle hier im Hause, dass wir dem UKSH spätestens in ein paar Jahren unter die Arme greifen müssen, weil das so tolle Rechenmodell dann urplötzlich nicht aufgeht.
Und was ist mit der Schuldenbremse? Anfang Juni war zu lesen, dass die Finanzministerin bereit sei für eine Abkehr vom strikten Sparkurs der Landesregierung. Die Finanzministerin nahm seinerzeit Abstand von der Schuldenbremse, um nur einen Tag später, nachdem unser Antrag vorlag, der sich gegen die Aufweichung der Schuldenbremse wendet, zu betonen, dass die Schuldenbremse nicht aufgeweicht werde. Spätestens 2020 werde das Land einen ausgeglichenen Haushalt haben, wie es die Verfassung vorschreibt.
Diese Aussage wiederum wurde gestern wieder kassiert, als die Finanzministerin verlautbarte, dass man sich für den Fall, dass der Bund seine Mittelzusage im Hinblick auf die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge nicht einhalte, eine erneute Änderung des Ausführungsgesetzes zur Schuldenbremse offenhalte.
Im Zweifel würde man Teile - da komme ich zum Ehrenamt - für die Ausgaben im Flüchtlingsbereich verwenden, und dass spätestens 2020 ein ausgeglichener Haushalt vorliege, revidierte die Finanzministerin gleich mit. Die schwarze Null sei abhängig von Steuerschätzungen, sie könne früher, aber auch später kommen. Ich vermute, unter Grün-RotBlau kommt sie nie.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie ein Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Habersaat?
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass es bei der Schuldenbremse zum einen eine Regelung gibt, die bei uns Verfassungsrang hat - das ist die Schuldenbremse an sich -, und dass das Ausführungsgesetz darunter geregelt ist und das nichts mit der eigentlichen Schuldenbremse, sondern nur mit dem Weg zur Schuldenbremse hin zu tun hat?
Herr Kollege Habersaat, ich habe das in der letzten Plenartagung ausgeführt. Ich halte es für fatal, wenn wir eine Schuldenbremse mit Verfassungsrang haben, dass wir, je nachdem, wo der Schuh drückt und wie die Ausgabenlage ausgelegt wird, das Ausführungsgesetz jederzeit ändern können. Das konterkariert doch die Schuldenbremse.
Wir sollten lieber klare Spielregeln im Ausführungsgesetz haben, die nicht nach politischer und finanzieller Lage geändert werden.
(Vereinzelter Beifall PIRATEN - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD] - Lars Winter [SPD]: Mann, oh Mann! - Beate Raudies [SPD]: Mann, Mann, Mann!)
Jedenfalls ist dieser finanzpolitische Schlingerkurs Gift für die Zukunft von Schleswig-Holstein. Der Haushalt ist alles, aber nicht solide. Es gibt kein Netz, keinen doppelten Boden, auch wenn die Finanzministerin diese Bilder immer wieder gern bemüht.
Das, was die finanzpolitische Irrfahrt dieser Landesregierung vornehmlich stützt und schützt, sind immer noch die günstigen Rahmenbedingungen. Die Zinsen sind so gering wie lange nicht mehr, die Konjunktur läuft wie am Schnürchen, daraus macht noch nicht einmal Frau Heinold ein Geheimnis. Ob es um die Neuverschuldung, den Abbau des strukturellen Defizits oder die Einhaltung der Schuldenbremse geht: Fortwährend betont die Finanzministerin, dass all die Prognosen davon abhängen, dass alles in geordneten Bahnen verläuft.
Ich frage mich, was passiert, wenn die Konjunktur einbricht, wenn die Zinsen weiter steigen, wenn Gelder für die HSH Nordbank und das Universitätsklinikum benötigt werden, wenn - wie von der Finanzministerin oft erwähnt - die bisher eingeplanten Mittel für die Flüchtlinge nicht ausreichen,
wenn das Prinzip Hoffnung nicht mehr greift. Spätestens dann wird die Landesregierung eingestehen müssen, dass sie genau das nicht kann, was sie stets und ständig verlautbart: regieren.
- Herr Kollege, was mein Vorschlag ist? - Ich finde ja Ihre Maßnahmen wirklich gut. Die Frage ist, ob wir uns die zum jetzigen Zeitpunkt wirklich alle leisten sollten.