Aber wie immer ist so etwas bei Sozialdemokraten, Grünen und SSW vollkommen legitim; denn wir haben ja in den vergangenen drei Jahren gelernt, dass Sie der festen Überzeugung sind, Sie seien die wahren und einzigen Vertreter Schleswig-Holsteins. Dass bei Beschlüssen des Koalitionsausschusses nur noch parteipolitische Vorteile generiert werden und es maximal in zweiter Linie um das Land geht, hat der sozialdemokratische Landesvorsitzende Dr. Stegner in der Landespressekonferenz vergangene Woche eindrucksvoll bestätigt.
„Jetzt ist vom ‚Krippengeld‘ die Rede … 100 Euro pro Kleinkind bis drei Jahre soll es geben - unabhängig vom Einkommen der Eltern oder eines Alleinerziehenden. Weitere Entlastungen folgen später. ‚Eine klare Basis für die Wahl‘ 2017 seien solche Vorhaben, so Stegner ohne Umschweife.“
Um in dieser Frage auch bloß keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, twitterte Stegner am 7. Juli 2015 in die digitale Welt - es ist sehr schön, dass wir das auch einmal mitlesen können -:
„Opposition gegen verbesserte Familienförderung in Schleswig-Holstein: Da wächst doch die Vorfreude auf den Landtagswahlkampf“.
Und der Ministerpräsident verkündet heute pflichtschuldig ebendiese Beschlüsse, die für die Landtagswahl für SPD, Grüne und SSW Positionsgewinne bringen sollen. Damit werden die Wahlkampfschlager regierungsamtlich präsentiert. Das ist eines schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten, der seinem Bundesland und nicht seiner Partei verpflichtet ist, absolut unwürdig;
denn Sie haben sich mit dieser Regierungserklärung, Herr Ministerpräsident, vom Pressesprecher Peer Steinbrück zum Pressesprecher Ralf Stegners gewandelt. Ob das jetzt ein Karriereschritt ist, wage ich zu bezweifeln.
Das empört mich in besonderer Weise, weil ich diesem Landtag schon lange angehöre und die Vergangenheit Schleswig-Holsteins ziemlich gut kenne.
Doch damit nicht genug. In der Pressemitteilung, die durch die Pressestelle des SPD-Landesverbandes am vergangenen Dienstag im Namen von SPD, Grünen und SSW versandt wurde und in der die Ergebnisse des Koalitionsausschusses verkündet wurden, finden wir in den Dokumenteneigenschaften einen interessanten und wahrscheinlich schwerwiegenden Hinweis. Dieser Hinweis - das stelle ich vorweg - lässt tief blicken in das Verhältnis zwischen den regierungstragenden Parteien und der Exekutive. Als Verfasserin dieser pdf-Datei, Herr Kollege Dr. Stegner - ich habe einen Screenshot hier - wird nämlich in den „Eigenschaften“ die Stabsleiterin des Sozialministeriums genannt, ausdrücklich nicht als Privatperson oder als Parteimitglied, sondern als Mitarbeiterin des Sozialministeriums. Das heißt konkret, Ministerialbeamte machen offenbar aktiv Parteiarbeit für die Landesverbände von SPD, Grünen und SSW, etwas, was wir aus der Vergangenheit heraus unterbinden wollten. Dem werden wir noch weiter nachgehen.
- Ich habe es hier. Gerade vor dem Hintergrund der Friesenhof-Diskussion wäre es wahrscheinlich sinnvoller gewesen, die junge oder ältere Dame hätte sich darum gekümmert, dort ihre Aufsicht besser
wahrzunehmen, statt sich mit parteipolitischen Überlegungen zu beschäftigen. Das wäre für die Kinder und Jugendlichen im Friesenhof wahrscheinlich deutlich besser gewesen.
Ich erwarte von der Landesregierung hier schnellstens Aufklärung darüber, welchen Beitrag Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien und der Staatskanzlei für die Landesparteien SPD, Grünen und SSW geleistet haben. Im Interesse der Landesregierung und der beteiligten Parteien muss der Verdacht rechtswidriger Aktivitäten dringend ausgeräumt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen im Land merken genau, dass diese Landesregierung ihnen deutlich mehr verspricht, als sie zu halten imstande ist. So ist es überhaupt nicht überraschend, dass der Ministerpräsident innerhalb kurzer Zeit vom beliebtesten Politiker Schleswig-Holsteins das war er einmal - zum mit Abstand unbeliebtesten Ministerpräsidenten in ganz Deutschland geworden ist. Das kann ja eigentlich nur heißen, dass das, was die Menschen im Land wollen, nicht dem entspricht, was Sie ihnen bieten. Ein wenig mehr Selbstkritik, Herr Dr. Stegner, wäre deshalb vielleicht angebracht. Wir werden mit Freude in den Landtagswahlkampf 2017 ziehen, weil ich sicher bin, dass die Menschen die Märchenstunden, die Herr Albig hier uns und Ihnen immer wieder präsentiert, nicht mehr ertragen können. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Albig, wenn ich Ihre Regierungserklärung zusammenfassen darf, dann muss ich sagen: PIRATEN wirken.
Dass Digitales zur Chefsache in der Regierung erklärt wird, begrüßen wir ausdrücklich. Erstens kann der Ministerpräsident tatsächlich einmal politische Weichen stellen, und zweitens gibt es da noch viel zu tun. Ich bin sehr gespannt auf Ihre E-Govern
ment-Strategie. Schleswig-Holstein war seinerzeit mit seinem E-Government-Gesetz einer der Vorreiter. Das war ein guter Anfang. Sich allerdings darauf auszuruhen, wäre fatal.
Das Internet und der digitale Wandel schreiten rasant voran. Wir Politiker sind in unseren Entscheidungen leider immer diejenigen, die dem Trend hinterherrennen. Ich finde es klasse, dass Sie unseren strategischen Vorschlag zum Breitbandausbau aufgegriffen haben. Wenn wir es wirklich schaffen, flächendeckend alle Schulen mit Glasfaser zu versorgen, wäre das nicht nur für die Regierung, sondern vor allem für die Schülerinnen und Schüler der nachfolgenden Generation in diesem Land ein großer Erfolg.
Es wäre nicht zuletzt eine sehr gute Basis dafür, den Breitbandausbau flächendeckend in ganz Schleswig-Holstein voranzubringen. Das Beste daran: Unsere Kinder müssen sich dann nicht mehr einen ISDN-Anschluss in der Schule teilen, um für ihr Referat zu recherchieren.
Wer die Medienkompetenz junger Menschen fördern möchte, muss ihnen einen vernünftigen Zugang zum Internet bereitstellen. 200.000 € wollen Sie für digitales Lernen ausgeben. Ich finde, das ist eine tolle und super Sache. Auch hier haben wir PIRATEN die Entwicklung in Schleswig-Holstein ganz stark vorangetrieben. Hier zeigt sich: Gute Oppositionsarbeit zahlt sich doch irgendwann einmal aus.
Die Chance für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung ist da. Herr Albig, Sie haben hier eine sehr große Aufgabe vor sich. Die PIRATEN werden Sie dabei konstruktiv unterstützen. An Ihrer Stelle würde ich diese Chance nutzen und neue Wege gehen, zum Beispiel bei der Landesplanung. Wir haben wirklich sehr gute Beispiele direkt vor der Haustür, wenn wir zum Beispiel nach Kiel schauen. Schauen Sie sich einmal den Online-Stadtplan der Stadt Kiel an. Da können Sie sämtliche Bebauungspläne einsehen. Sie sehen sogar alle Bäume, die in Zukunft gefällt werden sollen, und zwar mit Begründung, warum ein Baum gefällt werden muss, und zusätzlich einem Link zu Wikipedia, damit Sie auch gleich sehen können, was das für ein Baum ist, inklusive des lateinischen Namens des Baumes. Viele Dinge werden in der Landesplanung in Zukunft geregelt werden, und es sind extrem viele Informationen vorhanden. Folgen Sie der Stadt Kiel, sorgen
Was ich ein bisschen vermisse, wenn Sie von digitaler Entwicklung sprechen - gerade die sozialdemokratische Partei sollte da Vorreiter sein -, ist die Feststellung, dass die Digitalisierung und der technische Fortschritt unsere ganze Gesellschaft stark verändern werden. Es wird wieder dazu kommen, dass extrem viele Berufe aussterben werden. Wie sieht zum Beispiel die Zukunft von Taxifahrern aus, wie sieht die Zukunft von Lkw-Fahrern aus, und wie sieht es mit der Zukunft des Baus aus? Zukünftig werden 3-D-Drucker Häuser bauen, und es wird dort weniger Menschen geben. Ganze Berufe werden sich ändern. Das wird schneller gehen, als uns lieb ist. Wenn wir von 2030 reden, wird da schon ein Riesenwandel sein. Hier müssen wir politische Antworten finden, gerade in einem Land, in dem sehr viele Handwerker unterwegs sind, und gerade in Städten wie Kiel und so weiter.
Ich könnte Ihnen an dieser Stelle weitere Ideen von uns PIRATEN zu dem Thema mit auf den Weg geben, es wird allerdings noch genug Gelegenheiten geben, hierüber zu sprechen. Jetzt möchte ich zu den anderen Weichenstellungen kommen. Ohne Umschweife kann ich die guten Absichten hinter den von der Regierung geplanten Maßnahmen und Weichenstellungen anerkennen. Hinter fast allen Zielen, sei es die bessere Grundversorgung der Hochschulen, die Qualitätssteigerung der Kitas oder die finanzielle Unterstützung der Kommunen, können wir PIRATEN einen dicken Haken machen. Bei dem vorgelegten Projektpaket von rot-grünblauer Weichenstellung zu sprechen, ist aus unserer Perspektive allerdings ein wenig vermessen. Die selbst proklamierten Weichen für die Zukunft muten eher wie ein versuchter politischer Befreiungsschlag an für eine angeschlagene Sozial- und Hochschulministerin, die von Krise zu Krise eine noch schlechtere Figur macht, und einen Innenminister, der kein Vertrauen bei seinen Leuten genießt.
Die Koalition versucht, mit vorgezogenen Wahlgeschenken und zahlreichen Nebelkerzen verlorenen Boden wettzumachen und verloren gegangenes Vertrauen wiederzuerlangen. Ob ihr das angesichts der Tatsache gelingt, dass es Herr Albig bis heute nicht geschafft hat, die eigenen Leute und Wähler von seinen Führungsfähigkeiten zu überzeugen, ist mehr als fraglich.
vorsieht, ist schlecht. Positiv zu bewerten ist die anvisierte Qualitätssteigerung der Kindertagesstätten. Wir PIRATEN begrüßen die geplante Erhöhung der Pro-Platz-Förderung im U3-Bereich und die damit einhergehende finanzielle Entlastung. Auch mehr Mittel für die Sprachförderung in Kitas halten wir für eine grundlegend gute Sache. Begrüßenswert und zwingend notwendig wäre jedoch, dass die Regierung auch einmal darstellen würde, wie das umgesetzt werden soll. Wer macht die Sprachförderung, und wie ist der inklusive Gedanke in das Konzept integriert? Es gibt zig Fragen, die an dieser Stelle noch offen sind. Applaudieren können wir leider erst, wenn die Regierung endlich ein tragfähiges Konzept vorlegt.
Ähnlich sieht es bei der Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels aus. Auch dieses Ziel unterstützen wir dem Grunde nach. Was wir dringend brauchen, sind vor allem mehr Erzieherinnen und Erzieher und kleinere Gruppen. Allein stellt sich die Frage, woher das Personal kommen soll. Das ist derzeit mitnichten in ausreichendem Maße vorhanden. Vor diesem Hintergrund fällt es uns schwer, diese Ihre Ankündigung nicht als reine Luftnummer zu bezeichnen.
Kommen wir zu dem wohl bemerkenswertesten Vorhaben des Ausgabenpakets, dem Kitageld, für das sich vornehmlich die SPD starkgemacht hat. Ab Januar 2017 will die Regierung für Familien mit Kindern in einer Krippe beziehungsweise Tagespflege pro Kind monatlich ein Kita-Geld in Höhe von 100 € finanzieren. 23 Millionen € werden dafür eingeplant - die größte Entlastung für Familien seit Jahrzehnten, schenkt man Herrn Stegner Glauben. Eine etwas kurzsichtige Sichtweise. Denkt man diese Idee der SPD eine Ecke weiter, wird man schnell darauf kommen, dass die Entlastung durch eine schlichte Gebührenerhöhung wieder aufgefressen werden kann. Dass eine Gebührenerhöhung alles andere als unwahrscheinlich ist, konnte man erst kürzlich aus Richtung der AWO vernehmen. Gemäß Herrn Selck, gegenwärtig AWO-Geschäftsführer, sind Erhöhungen nach den Tarifabschlüssen bereits absehbar. Wie gewonnen, so zerronnen.
Viel spannender bei der Kita-Geldnummer ist jedoch, dass das Geld einkommensunabhängig gezahlt werden soll. Dass ausgerechnet Herr Stegner Millionäre und Geringverdiener in gleicher Weise entlasten will, ist sehr bemerkenswert.
Genau das haben Sie bei der Kindergelderhöhung kritisiert, und jetzt machen Sie es in viel größerem Maße selbst. Sozial gerecht sieht nach meiner Vorstellung anders aus.
Nicht nur dass das verfügbare Einkommen bei dieser Gießkannennummer außer Acht gelassen wird, nein, auch die Tatsache, dass die Gebühren im Land wie im ganzen Bundesgebiet nicht unerheblich schwanken, bleibt unerheblich. Erklären Sie einmal der Familie Hansen, die 400 € für Kitagebühren im Monat zahlt und zu den Geringverdienern gehört, dass es sozial gerecht ist, wenn die wohlhabende Familie Fielmann, die 200 € Kitagebühren im Monat zahlt, genau die gleiche Entlastung bekommt! Investieren Sie diese Mittel lieber in die Versorgung der Kinder in den Kindertagesstätten, in mehr Erzieherinnen und Erzieher, in Qualitätssteigerung! Die größte Entlastung für Eltern ist es doch immer noch, wenn sie ihr Kind gut und sicher aufgehoben wissen.
Halten wir in Sachen Entlastung für Familien fest mal wieder gut gemeint, aber schlecht gemacht und vor allem ein tolles Wahlgeschenk der SPD.