Protocol of the Session on June 18, 2015

Vereinshand. Sie hingegen tragen die Verantwortung für das große Ganze. Damit meine ich, dass die Regierung für den strukturellen Erhalt des Sportes zuständig ist.

Wenn Sie wissen, dass der Sanierungsstau enorm hoch ist, wenn Sie wissen, dass der demografische Wandel in unserem Land stark voranschreitet, wenn Sie wissen, dass die Kommunen allein es nicht mehr schaffen, Strukturen für den Sport erhalten zu können, dann, finde ich, sind Sie und sind wir in der Pflicht. Bei 1,2 Milliarden € Mehreinnahmen in den letzten drei Jahren ist das, was Sie liefern, wahrlich so gut wie nichts.

(Beifall CDU)

Von insgesamt 3.000 öffentlichen beziehungsweise nicht kommerziellen gemeldeten Sportstätten und Schwimmbädern liegen circa 2.500 in kommunaler Trägerschaft. Das ist ein Ergebnis der ersten Großen Anfrage. Hierbei zu unterstützen und Hilfestellung zu leisten, liegt in Ihrer Verantwortung als Sport- und Kommunalminister und fällt eben nicht in den originären Zuständigkeitsbereich des Landessportverbands.

Als Reaktion auf unsere Initiative zum Abbau des Sanierungsstaus bei Anlagen in kommunaler Trägerschaft wurden für 2015 einmalig 2 Millionen € bereitgestellt. Als Reaktion auf das Ergebnis der aktuellen Erhebung hat der Innenminister sofort die Erhöhung der Mittel für die Sportentwicklungsplanung von 5.000 € auf 10.000 € in Aussicht gestellt. Immerhin, der Handlungsbedarf ist erkannt. Das kann ich auch Ihrer Rede entnehmen. Aber „Problem erkannt“ bedeutet eben nicht immer „Problem gelöst“. Einmalig 2 Millionen € bei einem Investitionsstau in Höhe von mindestens 55,2 Millionen € sind nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie haben es gerade gesagt: Wenn sich allenfalls 21 Kommunen mit dem Thema Sportentwicklungsplanung beschäftigt haben oder noch planen, dann sind 10.000 € allenfalls eine gut gemeinte Geste. Hier müssen wir als Land deutlich mehr tun.

(Beifall CDU)

Hier sind wir gefordert, den Prozess der Sportentwicklung flankierend zu begleiten.

Warum wir als Land gefordert sind, will ich Ihnen an drei Gründen deutlich machen. Der Breitensport bildet die Basis für den Leistungs- und Spitzensport. Hier entstehen Talente. Hier werden sie gesichtet und gefördert. Zu Recht heißt es doch: aus der Breite in die Spitze. Auch die Landesregierung kommt zu dem Schluss, dass die Vereine auf ver

lässliche Strukturen in den Kommunen angewiesen sind.

Die Bedeutung des Vereinswesens für die Gesellschaft ist ein weiterer Gesichtspunkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Präsident des Landessportverbands Schleswig-Holstein, Herr Tiessen, bezeichnet unsere Vereine gerne als Kitt unserer Gesellschaft und beschreibt damit bildlich genau das, was unsere überwiegend ehrenamtlich geführten Vereine für unsere Gesellschaft leisten. Die traditionellen Werte unserer Vereine sind Gemeinsinn und Geselligkeit, Orientierung an Gemeinwohl und Fairness und Solidarität. In einem Zeitalter zunehmender Individualisierung und Digitalisierung sind diese Werte nach wie vor hochaktuell und können nicht genügend wertgeschätzt werden.

Aber beide Erhebungen zeigen deutlich, dass dieser Kitt Risse bekommt. Zum einen gefährden marode Sportstätten unsere Vereine, denn wo sollen die Sportlerinnen und Sportler ohne sie trainieren? Aber auch unsere schnelllebige Zeit, die Herausforderungen des demografischen Wandels sowie die Anforderungen in Schule und Beruf lassen diesen Kitt an vielen Stellen spürbar bröckeln. Noch mehr und mehr und mehr Bürokratieaufwand belastet das Ehrenamt, ruft nach mehr Hauptamt und nimmt schlicht den Spaß am Sport.

(Beifall CDU)

Die Schließung von Schulstandorten in ländlichen Bereichen zieht vermehrt die Schließung von Mehrzweckhallen nach sich. Entfernungen zur Wahrnehmung von Sportangeboten gerade im Elementarbereich werden noch zeitaufwendiger. Wo sollen denn Eltern, die beide berufstätig sind, in Zukunft die Zeit hernehmen, um ihre Kinder zum Sport zu bringen oder Schwimmunterricht an Schulen zu gewährleisten? Wie wollen Sie, Herr Innenminister - oder sollen wir das tun? -, das vom Landessportverband zu Recht ausgerufene Motto ,,Kein Kind ohne Sport“ ernsthaft unterstützen, wenn wir unseren Kommunen jetzt keine Hilfestellungen leisten? Hilfestellungen, damit flächendeckend und auf kurzem Wege bedarfsgerechte Sportstätten und Vereinsangebote für unsere Kleinsten erhalten bleiben, das will die CDU.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das Bundesinstitut für Sportwissenschaften kommt zu dem Ergebnis: Sportentwicklungsplanung hat zunehmend einen zentralen Bezug zur Daseinsvorsorgeplanung.

Längst sind die Vereine mit ihren vielfältigen Angeboten in Aufgabenbereiche hineingewachsen, die

(Barbara Ostmeier)

früher allein solche der öffentlichen Hand waren. Gesundheitsund Gewaltprävention, Sport im Ganztag, Inklusion und ganz aktuell Integration, um nur wesentliche Bereiche beispielhaft zu nennen.

(Beifall CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Leistung wird mit großem Engagement überwiegend ehrenamtlich erbracht. Stellen Sie sich nur einmal kurz vor, diese 90.000 Ehrenamtler würden alle streiken.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die CDU-Landtagsfraktion sind drei Bereiche die wichtigsten Kernthemen der Sportpolitik in den nächsten zehn Jahren: erstens den Sport in Vereinen und Verbänden weiterentwickeln auch über die Grenze der einzelnen Kommune hinaus -, zweitens die Sanierung und der Umbau unserer Sportanlagen und -hallen sowie der Schwimmbäder, damit Sport und Bewegung überhaupt stattfinden kann, und drittens die Stärkung des Ehrenamtes im Sport. Über 90 % ehrenamtlicher Tätigkeit managt der organisierte Sport fast von allein. Im Vergleich zu anderen Handlungsfeldern ist dies ein lohnendes Geschäft für Staat und Gesellschaft. Wenn ich bedenke, dass der Sport als Wirtschaftsfaktor rund 90 Milliarden € im Jahr an Wertschöpfung erbringt, dann können sich Bund und Länder nicht beklagen.

Aus unserer Sicht sind die Sportentwicklung, die Sportstättensanierung und das Ehrenamt die zentralen Herausforderungen

(Beifall CDU)

nicht nur für den organisierten Sport, sondern auch für das Land, für die Kommunen und für uns alle gemeinsam. Das haben Sie eben auch betont, und da bin ich weiterhin an Ihrer Seite.

Unsere Vereine brauchen die Unterstützung. Ihnen helfen nicht alleine nur warme Worte, Anstecknadeln oder hübsche Urkunden. Wir als Land brauchen unsere Vereine mit all ihrem ehrenamtlichen Engagement.

Deswegen fordern wir die Landesregierung und die sie tragenden Parteien im Landtag auf, mehr Geld für die Sanierung in die Hand zu nehmen und diese Förderung über einen längeren Zeitraum - das ist mir wichtig - zu verstetigen.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf SPD)

- Das ist kein Mehr, sondern das ist der Antrag, den wir letztes Jahr bereits gestellt haben und den wir dieses Jahr wiederholen werden. Die CDU will

zehn Jahre lang den Kommunen mindestens 4 Millionen € Landesmittel pro Jahr zum Abbau des Sanierungsstaus zur Verfügung stellen.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Sie müssten wenigstens die Mittel, die Sie zur Verfügung gestellt haben, verstetigen, sodass es für die Kommunen planbar ist und diese sich darauf einrichten können. Es darf nicht wieder so sein wie bei diesem Mal, als gerade im März die Förderrichtlinie herauskam und nur die Projekte gefördert wurden, die bis Ende des Jahres auch fertiggestellt sind. Das ist vor allem für Kommunen, die unter Haushaltskonsolidierung stehen, kaum machbar.

(Beifall CDU)

Lassen Sie uns gemeinsam im Ausschuss nach Lösungen suchen, um dem Sport in Schleswig-Holstein für die Jahre 2020 und darüber hinaus eine Perspektive zu geben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Jürgen Weber das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich nur drei, vier Sätze zu Ihnen, Frau Ostmeier, sagen, weil es ja immer dieselben Textbausteine sind, mit denen wir uns austauschen. Ihre Oppositionsanträge zum Thema Sport im aktuellen Haushalt machen einen Unterschied von 2 Millionen € aus, die Sie auf die Summe gepackt haben, die wir als Antrag gestellt und beschlossen haben.

(Zuruf Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Neidisch?)

Sie haben vorhin alle möglichen Dinge erzählt, die das Land unbedingt finanzieren soll. Aber zu all diesen Vorhaben gibt es von Ihnen überhaupt keine Haushaltsanträge. Sie haben 4 Millionen € gefordert - das können Sie als Opposition -, von denen wir 2 Millionen € für ein Programm zur Verfügung stellen. Wie und ob wir das verlängern und dauerhaft gestalten, werden wir bei den Haushaltsberatungen für die kommenden Haushalte erörtern. Die grundlegende Aussage, dass wir hier eine Verstetigung brauchen, kann ich in jedem Fall unterstreichen.

(Barbara Ostmeier)

Herr Abgeordneter Weber, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung der Frau Abgeordneten Ostmeier?

Ja, gerne.

Sehr geehrter Herr Kollege Weber, bei allem Respekt, aber der Haushaltsantrag über 4 Millionen € über zehn Jahre war der Auslöser für die Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss.

(Beifall CDU)

Wir sind mit dem Vorschlag gestartet, 4 Millionen € bereitzustellen, und Sie haben am Ende 2 Millionen € daraus gemacht. Bei allem Respekt, das ist besser als nichts. Aber das jetzt immer wieder so darzustellen, als hätten wir Ihr Angebot von 2 Millionen € auf 4 Millionen € aufgestockt, war schon damals in Ihrer Pressemitteilung falsch, und das ist auch jetzt wieder falsch. Wissen Sie, dass es unser Antrag war, der überhaupt erst zu dieser Anhörung geführt hat?

(Beifall CDU)

- Nein, Frau Kollegin, wir haben Ihre Große Anfrage zum Thema Sportstättensanierung ausführlich debattiert, und am Ende dieser Diskussion haben wir die Haushaltsdiskussion geführt. In diesem Zusammenhang haben Sie einen Antrag gestellt, der um 2 Millionen € höher war als das, was das Parlament letztlich beschlossen hat. Worauf ich hinauswollte, ist das, was Sie vorhin ausführlich dargestellt haben, was alles passieren muss, wofür überall Geld da sein muss, was alles sozusagen auf der Mängelliste der Landesregierung steht. Zu diesen ganzen Bereichen gibt es überhaupt keine Finanzanträge - von niemandem.

Auch wenn dies in der Großen Anfrage steht, Sie dieses nicht explizit formuliert haben und immer darauf hingewiesen wird, dass andere Länder pro Kopf für diesen Bereich mehr Geld aufwenden, kann ich darauf nur entgegnen, dass es in den letzten 20 Jahren keine Fraktion in diesem Hause gab, die den Finanzsprung im Sport nach oben gewagt hat. Insofern muss man da auch gemeinsam ein wenig ehrlich sein.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Aber lassen Sie mich nun zu dem Ergebnis Ihrer Großen Anfrage kommen und drei Vorbemerkungen machen, in der Kürze der Zeit, die mir leider nur zur Verfügung steht. Wenn wir auf das Thema Gestaltung des demografischen Wandels eingehen, müssen wir deutlich machen:

Erstens. Die Lösung hinsichtlich der Entwicklung der Sportvereine muss in erster Linie durch den autonomen Sport selbst kommen. Denn wir sind in der wunderbaren Situation, dass der Sport in dieser Gesellschaft autonom organisiert ist, und das soll auch so bleiben.

Zweitens. Planung, Entwicklung und Strukturentscheidung sind durch die Kommunen in erster Linie zu tätigen und zu fördern. Sie sind das zweite wichtige Standbein. Rahmensetzungen und Unterstützungen bei übergeordneten gesellschaftlichen Aufgaben ist der Punkt, bei dem das Land verstärkt ins Spiel kommt, übrigens auch der Bund. Integration, Inklusion, Gewaltprävention, gesundheitspolitische Impulse, besondere Förderung von Leistungssport und Schule, Sonderprogramme zum Erhalt von Sportstätten, alles das sind Punkte, bei denen wir gefragt sind, wo wir überlegen müssen, wo wir noch besser werden können. Das ist meines Erachtens relativ unstreitig.

Die Fakten über die demografische Entwicklung in diesem Land, die Veränderung der Nachfrage nach den verschiedenen Sportarten in diesem Land kennen wir schon länger, denn der Landessportverband legt ja schon seit 2008 regelmäßige Strukturentwicklungspapiere auf, die in der Großen Anfrage noch einmal zusammengefasst sind.