Protocol of the Session on June 18, 2015

(Burkhard Peters)

hoe oder in einer Gemeinschaftsschule in meinem Wahlkreis in Mölln. Überall schallt es mir entgegen: zu wenig Personal, zu viel Arbeitsverdichtung, zu viele Schülerinnen und Schüler pro Klasse, zu viele Aufgaben. Und diese Menschen haben auch recht. Unser Land hat über Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt und dabei einen Schuldenberg von 27 Milliarden € aufgehäuft. Erzählen Sie den Menschen, wie es dazu gekommen ist, anstatt sich hier lauthals als die Retter von Sicherheit und Ordnung aufzuspielen!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In dieser Lage kann es nicht darum gehen, einen Personalbereich vollständig vom Stellenabbau auszunehmen. Nur weil eine Interessenvertretung es versteht, ihr Anliegen besonders lautstark zu artikulieren, hat sie noch nicht automatisch recht. Hier würde ich mir schon wünschen, dass seitens einer Fachgewerkschaft der Begriff Solidarität auch für die vielen Kolleginnen und Kollegen in den anderen Verwaltungsbereichen des Landes gilt.

Meine Damen und Herren, ich traue unserem Innenminister Stefan Studt in besonderem Maße zu, dass er den schwierigen und unbequemen Prozess des Stellenabbaus bei der Landespolizei weiterhin kompetent gestalten wird. Seine Ausführungen heute waren ein Beleg dafür.

Verehrte Damen und Herren, es ist Zeit, dass wir in diesem Zusammenhang über Aufgabenreduzierung bei der Polizei reden - das wurde mehrfach gesagt -, anstatt hier immer wieder der Märchenstunde der Opposition zuhören zu müssen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Fraktion der PIRATEN hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Dudda das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis gestern hatte ich vor, tatsächlich eine alte Rede aus den anderen Debatten, die wir dazu schon gehalten haben, herauszukramen. Ich bin sicher, es wäre niemandem aufgefallen, genauso wie die Beiträge vorher waren.

Wir haben das genau mit der gleichen inhaltlichen Schwere und mit den gleichen Fakten immer und immer wieder beredet, und es ist im Grunde nichts

anderes als „Ewig grüßt das Murmeltier“, bis ich gestern den Antrag der Koalition gesehen habe, den ich an einer Stelle extrem gut finde, und an der Stelle, wo es um Stelleneinsparungen geht, ablehne.

Gut an dem Antrag ist Folgendes: Er ordnet das demokratische Oben und Unten neu.

(Beifall PIRATEN)

Hier besteht tatsächlich ein erheblicher Ordnungsbedarf. Was die Menschen im Ministerium, was wir als Abgeordnete erleben, wenn wir Anfragen und Nachfragen an das Ministerium haben, was die Gewerkschaften im Polizeibereich seit mehreren Wochen als Dialogunfähigkeit anprangern, will die Koalition mit ihrem Antrag beenden und zu Recht daran erinnern, dass der Innenminister genau wie der Polizeihauptmeister im Streifenfahrzeug im Land Schleswig-Holstein teamorientiert und den bewährten Spielregeln der europäischen Begegnungskultur folgend verpflichtet ist. Mit anderen Worten: Wenn Polizisten im Einsatz ihrem Gegenüber ihre Maßnahmen so schlecht erklären würden, wie es der Innenminister bei seinen Maßnahmen tut, würde jeder Einsatz eskalieren.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt CDU)

Zum Glück gehen unsere Polizistinnen und Polizisten grundsätzlich anders vor. Sie wissen, dass durch kluges Einwirken auf das polizeiliche Gegenüber andere Maßnahmen wie zum Beispiel der unmittelbare Zwang vermeidbar sind. Sie sind übrigens auch bereit, aus Fehlern zu lernen, und diskutieren nach Einsätzen organisiert, was eher gut und was eher schlecht gemacht wurde, damit es beim nächsten Mal besser läuft. Dabei wollen die Polizeiführer gerade von den Kolleginnen und Kollegen der Basis wissen, was sie bewegt. Dieses polizeiliche Handeln ist im Apparat transparent und in dessen Grenzen natürlich auch demokratisch. Im Klartext gesprochen heißt dies: Ein Poltergeist als Polizeiführer, der despotisch und unbelehrbar ist im Stil von „du alles, ich nichts“, widerspricht den Einsatzgrundsätzen moderner Führung.

Nun stellen wir uns vor, wie ein mit modernen Führungsgrundsätzen vertrauter Polizist den Stil unseres Innenministers bewertet, der es nicht schafft, einen kooperativen Führungsstil zu bedienen. Diese Bereitschaft bis hin zur Loyalität wird zum Zerreißen strapaziert, und genau das haben die Gewerkschaften in den letzten Tagen zum Ausdruck gebracht. Deshalb hat die Koalition mit ihrem Antrag nach meinem Eindruck die Reißleine gezogen, und dafür danke ich auch.

(Burkhard Peters)

Nehmen Sie den Antrag der Koalition, Herr Innenminister, zum Anlass für ein Reset, für einen Neustart, vergessen Sie Sätze wie „Wer einen Teich trockenlegen will, sollte besser nicht mit den Fröschen diskutieren“. Das sind Gedanken aus dem vorigen Jahrhundert, die brauchen wir jetzt nicht.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt CDU)

Ich habe die Worte zum Abschluss Ihrer Rede so wahrgenommen, dass Sie tatsächlich selbstkritisch überlegen, Dinge zu ändern. Das fände ich gut. Nach der Neuordnung Ihrer Kommunikation, die Sie angekündigt haben, erreichen Sie auch die Signale der Vernunft, die insbesondere die Aufgabenkritik der Betreffenden sehen. Es gibt nach meiner festen Überzeugung - das wiederhole ich jetzt zum dritten oder vierten Mal - tatsächlich keine Bereiche, in denen wir auf Polizei verzichten können, ganz im Gegenteil. Wenn ich mir überlege, dass am Samstag die SPD die Vorratsdatenspeicherung beschließen will und wir nicht die Kräfte haben, überhaupt Cyber-Kriminalität zu bekämpfen, und überlegen, an Dataport wichtige Dinge von uns auszulagern. Dataport ist eine Firma, bei der wir vor drei Jahren erfahren haben, dass die deutsche Tochterfirma eines amerikanischen Spionagekonzerns bei uns Administratorrechte hatte.

(Beifall PIRATEN)

Bei Dataport hilft es überhaupt nicht, 30 Stellen auszulagern. Wir müssen einmal darüber nachdenken, dass es nach wie vor seit ein, zwei Jahren öffentlich angeprangert so ist, dass Polizisten bei uns tatsächlich bis zu 30 Sekunden warten müssen, dass auf ihrem Monitor das passiert, was sie per Taste eingegeben haben, nämlich ein Komma und ein Buchstabe, weil die Leitungssysteme einfach nicht ausreichend sind. Nachgewiesen ist, dass damit etwa 500 Polizisten an Arbeitskräften generiert werden könnten, wenn die Stunden, die dadurch vertan werden, sinnvoll eingesetzt werden.

Noch einmal: Der Wasserschutzpolizei kann man überhaupt nichts wegnehmen. Wir sind ein Touristenland. Wenn bei uns - auf Hochdeutsch gesprochen - auf dem Wasser die wilde Sau los ist, bleiben die Touristen weg. Wenn ihre Boote beschädigt werden, wenn betrunken gefahren werden kann, wenn niemand mehr die Polizei fürchten muss, bleiben die Touristen weg.

Aufgabenkritik ja, aber vernünftig. Entbehrlich ist derzeit nichts. Die hohe Belastung ist nicht nur auf die großen Einsatzlagen Lübeck, Elmau und Frankfurt zurückzuführen, sondern sie ist ein generelles Problem. Die Überstundenlage ist überdurchschnitt

lich hoch, der Krankenstand ist überdurchschnittlich hoch. Kollege Klug sprach es an.

Vor dem Hintergrund finde ich die Idee von Ihnen, 2016 45 AK zusätzlich zu nehmen, Herr Minister, sehr gut. Das bedient an der Stelle auch den Antrag der CDU, den wir - das heißt die Mehrheit meiner Fraktion - unterstützen. Es ist der richtige Weg.

Herr Abgeordneter Dudda, gestatten Sie eine Bemerkung der Frau Abgeordneten von Kalben?

Ja gern.

Lieber Herr Dudda, ich teile Ihre Einschätzung, dass es eine hohe Belastung bei der Polizei gibt. Gar keine Frage. Aber Ihre Fraktion und Sie haben gestern einen Antrag eingebracht, mit dem Sie uns noch einmal ermahnen wollten, die Schuldenbremse, zu der auch ein Personalabbaupfad gehört, einzuhalten.

An welcher Stelle würden Sie denn die Polizeistellen, von denen Sie sagen, wir könnten an keiner Stelle sparen, kompensieren?

- Da ist das Naheliegendste zum Beispiel der Verzicht auf die Kita-Freistellung, die Sie gerade erst beschlossen haben.

(Zuruf SPD)

- Die freien Kita-Dinge, die Sie beschlossen haben und machen wollen. Da ist schon einmal sehr viel Geld zu finden. Es gibt noch viele andere Ideen.

(Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, es ist eine Frage gestellt, und der Herr Abgeordnete Dudda antwortet. Vielleicht können wir uns darauf verständigen.

Bei den Kitas, bei dem, was der Ministerpräsident angekündigt hat, ist schon einmal Geld zu finden. Es ist zum Beispiel auch Geld zu finden bei dem, was ich Ihnen eben gesagt habe. Wenn man die Datenleitung bei der Polizei vernünftig organisiert, dann sitzen Polizisten nicht minutenlang vor ihrem Rechner und warten, dass dieser reagiert. Dann haben sie Möglichkeiten, besser und schneller zu ar

(Wolfgang Dudda)

beiten, sind effizienter, sind auf der Straße und müssen im Büro nicht lange warten, bis ihr Rechner ihnen antwortet. - Danke schön.

(Beifall PIRATEN und vereinzelt CDU)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte vorab die Gelegenheit nutzen, den Beschäftigten der Landespolizei für ihre wirklich hervorragende Arbeit zu danken, für alles, was sie für uns und für das Land tun.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich werde später noch einmal darauf eingehen, dass wir dies durchaus zu schätzen wissen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Personalplanung. Einige Kollegen haben ja schon darüber gesprochen, dass wir in diesem Bereich nicht so scharf einschneiden, wie es in anderen Bereichen leider Gottes nötig ist.

Ich möchte auch auf einen Umstand hinweisen. Ich bin schon etwas länger in diesem Hohen Hause tätig und kann mich sehr gut daran erinnern, dass wir in den letzten Jahren - ich glaube, wir bekommen schon ein Jahrzehnt voll - über die Neustrukturierung der Arbeit der Landespolizei und auch über Organisationsstrukturen gesprochen haben, Beschlüsse gefasst haben, Ausschusssitzungen abgehalten haben, und dies mit wechselnden Regierungen. Alle haben die Notwendigkeit gesehen - insbesondere auch in der Debatte und der Kommunikation mit den Betroffenen selber und auch mit der Gewerkschaft -, dass man die Landespolizei neu aufstellen muss und dass man vor dem Hintergrund der Schuldenbremse möglicherweise auch bei der Polizei Stelleneinsparungen vornehmen muss. Man hat sich Gedanken darüber gemacht, wie man beides zusammen organisieren kann.

Auch wenn ich immer gern Reformprozesse für unsere eigene Regierung vereinnahme, ist dies hier keinesfalls so. Selbstverständlich haben auch vorherige Regierungen hieran gearbeitet. Die Reform der Landespolizei wurde und wird langfristig geplant. Deshalb betrifft diese Reform nicht nur eine Umstrukturierung der Stellen, sondern vor allen Dingen auch eine Arbeitsreform. Diese neue Arbeitsplanung wurde - das darf man auch nicht vergessen - vor Ort von den jeweiligen Polizeidirektio

nen selbstständig erörtert, mit erarbeitet und jetzt auch mit umgesetzt. Dies ist also kein Prozess, der neu entstanden ist, sondern das war ein Prozess über sehr viele Jahre, der langsam auf die Zielgerade kommt.

An diesem Prozess haben die örtlich verantwortlichen Kräfte mitgearbeitet. Die getroffenen Entscheidungen, die natürlich in der jeweiligen Region - auch in meiner Region - hart diskutiert wurden, wurden von den Bediensteten vor Ort mitgetragen. Diesen Entscheidungen zollen wir großen Respekt.

Die Landesregierung hat dabei keinerlei Vorgaben gemacht - nicht diese Landesregierung, aber auch vorherige Landesregierungen nicht. Wir sollten diesen neuen Strukturen jetzt erst einmal die Möglichkeit geben, sich zu verfestigen und zu bewähren. Der Weg, der hinter den Beteiligten liegt, war lang und hat einiges an Anstrengung gekostet. Jetzt alles auf den Kopf zu stellen, wäre nicht sonderlich zielführend und würde den zeitaufwendigen Ausarbeitungsprozess, auch in den jeweiligen Regionen, zunichtemachen.

Dass die neuen Strukturen Zeit brauchen, leuchtet ein. An dieser Stelle sollten wir der Landespolizei das Vertrauen entgegenbringen, dass sie die anstehenden Aufgaben vernünftig bewerkstelligen wird. Das geschieht Schritt für Schritt, über einen längeren Zeitraum hinweg. Was an dieser Tatsache im besonderen Maße spektakulär sein soll, kann ich im ersten Moment nicht erkennen.

Es ist kein Geheimnis, dass wir uns in SchleswigHolstein seit etwas mehr als einem Jahrzehnt mit der sogenannten Polizeireform beschäftigen, die vor dem Hintergrund der knappen Haushaltskasse natürlich unter anderem auch Stelleneinsparungen beinhaltet. Aber, meine Damen und Herren, die Landespolizei soll von ihren über 8.300 Stellen 122 budgetrelevant abbauen. Das sind etwa 1,4 %. Dieser Abbau soll schrittweise von 2018 bis 2020 erfolgen. Der Personalkörper der Landespolizei hat sich also aktuell noch gar nicht wesentlich verändert. Deswegen sind alle Spekulationen, was denn durch diesen Stellenabbau jetzt gerade in irgendeiner Art und Weise an Unzulänglichkeiten entstanden ist, völlig fehl am Platze, weil wir derzeit noch gar keine Polizeistellen abgebaut haben. Diesbezüglich befinden wir uns auf dem gleichen Stand wie unsere Vorgänger, und wer das inhaltlich kritisiert, kritisiert sich damit selbst.