Protocol of the Session on September 28, 2012

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion der PIRATEN erteile ich Herrn Abgeordneten Torge Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Als Neuling verwundert es mich nicht, dass dieser Antrag gestellt wurde, auch im entsprechenden Ausschuss. Herr Kubicki hat in seiner Rede viele wichtige Punkte angesprochen; ich kann ihm in vielem zustimmen, was er gesagt hat.

Zur Problemanalyse muss ich nicht mehr viel sagen, das haben alle Leute schon getan, daher kann ich diesen Teil meiner Rede wunderbar überspringen.

Wir sind uns hier alle ziemlich einig, wo die Probleme der Bank liegen. Unser aller Ziel sollte definitiv sein, Schaden vom Land abzuwenden. Das ist ein Riesenproblem, das wir gerade haben. Das Problem mit der Eigenkapitalquote ist für SchleswigHolstein eine große Herausforderung. Es darf nicht sein, dass die Zweitverlustgarantie in Anspruch genommen wird. Wir müssen diese Probleme in den Griff bekommen. Die Probleme der Bank können wir nicht leugnen, auch nicht lösen, aber wir müssen vorsorgen. Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Punkt.

(Beifall PIRATEN)

Vor diesem Hintergrund muss ich den Herren Kollegen Koch und Kubicki natürlich recht geben. Wir müssen in einem transparenten Haushalt dafür sorgen, dass wir auch für den Worst Case gewappnet

sind. Das heißt nicht, dass wir der Bank nicht grundsätzlich zutrauen, ihre Probleme alleine ohne staatliche Hilfe in den Griff zu bekommen, aber es ist schlicht und ergreifend verantwortungsbewusst, trotzdem Vorsorge zu treffen.

(Beifall PIRATEN)

Ich glaube, wir sind alle froh, wenn die Vorsorge, die wir jetzt treffen nicht genutzt werden muss. Wir werden dann sehr froh sein.

Abschließend möchte ich meinen Kollegen Herrn Andresen aus einer Pressemitteilung zitieren. Das trifft sich ganz gut.

„Es ist die gemeinsame Aufgabe von Koalition und Opposition, an Lösungen zu arbeiten und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Entscheidungen zu treffen.“

Ich glaube, die richtige Entscheidung sollte auch da sein, Vorsorge zu treffen.

Wir müssen hier eine gemeinsame Lösung finden, und ich denke, das ist zum Wohle unseres Lieblingslandes.

(Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich Herrn Kollegen Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist keineswegs so, dass man die Gefahren, die im Laufe der Zeit auf uns zukamen, am Anfang der Entwicklung nicht kennen konnte oder nicht gekannt hat. Wir haben hier sehr intensive Debatten darüber geführt, wie die Zukunft der HSH Nordbank aussehen soll, wer möglicherweise mit ins Boot genommen werden soll, um die Risiken abzufedern. Ich glaube, wir befinden uns gerade in einer Entwicklung, bei der man sagen muss, dass man natürlich am Anfang viele der Probleme hat gut abbauen können, oft auch besser hat abbauen können, als man es erwartet hat, aber wir natürlich nun in eine Phase kommen, wo wir - um es einmal platt zu sagen - auf den Dingen sitzen bleiben, die uns einfach keiner abnimmt. Das sind die Altprobleme, wenn man so will, die wir jetzt haben.

Ich nenne das Stichwort Schiffsfinanzierung: Einige von diesen alten Engagements konnte man natürlich entsprechend verkaufen. Man ist aber nicht

in der Lage, jedes so schnell, wie man es sich natürlich wünschen würde, wieder an den Mann zu bringen. Das ist auch logisch. Je schlechter das Engagement ist, desto schwieriger wird es, das am Markt zu platzieren. Vor dieser Problematik stehen wir gerade. Wir stehen darüber hinaus auch vor der Problematik, dass wir einen steigenden Dollarkurs haben. Das führt automatisch rechentechnisch dazu, dass man eine höhere Ziehungswahrscheinlichkeit hat. Ich muss sogar sagen: Wenn sie in der letzten Zeit von 38 % auf 41,4 % gestiegen ist, dann ist das etwas, was mich zwar beunruhigt, wo ich aber sage, dass ich mir die Steigerungsrate noch schlimmer hätte vorstellen können, um es einmal so zu formulieren.

(Zurufe)

- Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist einfach wichtig, dieses ganz in Ruhe zu bewerten, weil wir dieses auch im Sinne der Bank zu tun haben.

(Wortmeldung Abgeordneter Tobias Koch [CDU])

- Ich lasse keine Zwischenfragen zu.

Die Zweitverlustgarantie beträgt 3,2 Milliarden €. Derzeit sind 235 Millionen € - wenn man so will in diesem Bereich schon verplant. Das wäre ein Topf, aus dem man zahlen müsste, wo man aber jetzt sieht, dass man noch nicht zahlen muss, weil es eben die Zahlen noch nicht hergeben.

Das Zweite ist: Wenn man Geldzahlungen in einen Haushalt einstellen wollte, könnte man das machen, indem man sagt: Wir planen, die Bank mit einer Eigenkapitalspritze zu unterstützen. Das geht aber auch nicht, weil das eine unerlaubte Beihilfe wäre. Konkrete Zahlungen, die man in den Haushalt einstellt, sind derzeit gar nicht leistbar und auch nicht zwingend notwendig. Insofern hat natürlich auch die Finanzministerin damit recht, dass sie keine Handhabe hätte, irgendwelches Geld in den Haushalt einzustellen. Das ist einfach so.

Welche Maßnahmen gibt es, die man jetzt ergreifen muss? - Das eine ist, dass die Bank natürlich in einer schwierigen Situation selbst Maßnahmen ergreifen muss. Sie muss sich alle Engagements angucken, muss gucken, ob die Bewertungen, die sie jetzt vorgenommen hat, so auch stimmen oder ob man nicht noch umbewerten muss. Es geht aber auch darum, dass man natürlich weiter versuchen muss, die schwierigen Geschäfte entsprechend zu veräußern. Das ist etwas, was die Bank sicherlich auch ständig macht und was sie ständig verfolgt.

(Torge Schmidt)

Wir müssen uns - das ist so -, wenn die Bewertungen schwieriger werden, ernsthaft darüber Gedanken machen, ob wir den Garantierahmen erhöhen, um damit die Eigenkapitalquote zu stärken. Wir wissen: 10 Milliarden € Garantien waren es am Anfang. Jetzt sind es noch 7 Milliarden €, die wir gemeinsam mit den Hamburgern gewähren. Es könnte möglicherweise sein, dass wir in diesem Gap zwischen 7 und 10 Milliarden € tatsächlich wieder aufstocken müssen. Das ist eine politische Entscheidung, vor der wir möglicherweise stehen. Da empfehle ich Ihnen natürlich, dass wir uns jetzt darüber Gedanken machen.

Aber auch diese beiden Maßnahmen - sowohl dass die Bank selbst tätig wird, als auch die Garantiegewährung - haben ebenfalls keine Haushaltsrelevanz. Das sind keine Zahlungen, die wir im Haushalt rückstellen müssen, sondern das sind andere Maßnahmen, die sich auf unseren Haushalt erst einmal noch nicht auswirken. Das heißt, Zahlungen - wenn überhaupt - sind die Ultima Ratio. Das wären dann Zahlungen sowohl an die Bank als auch an den Finanzfonds. Soweit sind wir noch nicht. Deshalb sind wir auch nicht in der Lage - weder technisch noch inhaltlich -, diese Zahlungen irgendwo einzustellen.

Worum geht es eigentlich? - Wir haben möglicherweise von einer Ratingagentur, nämlich Moody’s, eine schlechtere Bewertung zu erwarten. Fitch beispielsweise hat bisher nichts angekündigt und sagt, dass wir irgendwo im Mittelfeld liegen, so wie es auch Moody’s bisher noch bewertet hat.

(Zuruf Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP])

Das heißt, unsere Aufgabe, wenn es darum geht, dass eine Ratingagentur tatsächlich darüber diskutiert, unsere Bank schlechter zu bewerten, ist, dass wir diese Bank nicht noch schlechterreden, als sie ist. Die Bank hat ihre Aufgaben, die hat sie zu erfüllen. Ich glaube auch, dass man das dort vernünftig verfolgt. Ich würde uns wünschen - obwohl die Debatte, in der wir uns darüber austauschen, sehr wichtig und richtig ist -, dass wir sehr vorsichtig sind mit endgültigen Bewertungen, was den Stand der Bank angeht, damit wir hier nicht in eine Spirale kommen, die wir alle nicht haben wollen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Kollege Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob es Naivität oder Unwissenheit ist, was sich hier teilweise verbreitet. Wenn ich die regierungstragenden Fraktionen höre, erinnert mich das fatal an das, was ich auch schon in den Jahren 2006, 2007, 2008 und 2009 gehört habe. Kollege Harms, ich will sagen: Wir haben keine Bank. Die HSH Nordbank ist nicht unsere Bank. Das Land Schleswig-Holstein ist kapitalmäßig an einer Bank beteiligt, die im operativen Geschäft weltweit agiert. Die spannende Frage ist überhaupt, ob wir uns von Verfassungs wegen nicht bereits in der Vergangenheit übernommen haben, eine solche Bank zu finanzieren, ob es nicht notwendig gewesen wäre, da rechtzeitig auszusteigen.

(Beifall FDP, PIRATEN und vereinzelt CDU)

Wir haben die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hier zu vertreten. Wir sind nicht das Land der HSH Nordbank, sondern wir sind das Land Schleswig-Holstein, das sehr sorgfältig darauf achten muss, dass die Kapitalbeteiligung, die wir unternommen haben, ihren Wert behält. Mittlerweile stellen wir fest: Wir sind schon dramatisch abgewertet.

Die Frage ist, was passiert, wenn eine Bank im operativen Geschäft nicht mehr in der Lage ist, so viel zu erwirtschaften, dass sie ihre eigenen Kosten decken kann. Dann kann man sagen: Ihr Geschäftsmodell funktioniert nicht.

(Beifall FDP, PIRATEN und vereinzelt CDU)

Ich sage Ihnen einmal, was uns passieren wird. Wenn die HSH Nordbank bis 2014 nicht nachweist, dass ihr Geschäftsmodell funktioniert, dass sie tatsächlich Neukundengeschäft in Schleswig-Holstein und Hamburg attrahiert, dann wird die Sanierungsbeihilfe, die die EU-Kommission genehmigt hat, schlicht und ergreifend dazu führen, dass sie uns die Auflage erteilen wird - wie dem Land Nordrhein-Westfalen -, die HSH Nordbank abzuwickeln, weil die Sanierungsbeihilfe nach Europarecht nur zulässig ist, wenn sichergestellt ist, dass die Bank irgendwann auf eigenen Füßen stehen kann.

Wenn ich jetzt höre und lese, dass die Bank in dem Kerngeschäft - da, wo sie glaubt, dass sie besonde

(Lars Harms)

re Kompetenz besitzt und Weltmarktführer ist - die nächsten 14, 18 oder 20 Monate mit keinen Erträgen sondern weiteren Verlusten rechnet, wenn ich jetzt lese, dass die Bank selbst davon ausgeht, dass über die Garantie, die sie belegt hat, hinaus unter Umständen von den Anteilseignern Zahlungen fällig werden, dann müssen wir das doch jetzt diskutieren, und zwar nicht politisch, Kollege Harms. Wir reden nicht über 100 Millionen €, um die es nachher geht, sondern wir reden über zehnstellige Beträge, über Milliardenbeträge, die auf das Land Schleswig-Holstein zulaufen können. Die spannende Frage ist doch, was wir jetzt gemeinsam unternehmen können, um dieses Risiko für das Land Schleswig-Holstein zu minimieren.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Wenn ich dann einen Sozialdemokraten höre, der sich hinstellt und sagt: Ich bin hier völlig neu, und weil ich neu bin, interessiert mich nicht, was früher war, ich muss auch keine Lernkonsequenzen ziehen! Die Aussage, dass es alternativlos gewesen ist, was 2009 entschieden worden ist, stimmt schlicht und ergreifend nicht.

(Beifall FDP)

Wir haben lange darüber diskutiert, ob der SoFFin nicht einsteigen soll. Selbst Sozialdemokraten dieses Hauses haben diese Überlegung angestellt. Der künftige Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, weiß bis heute nicht, warum die HSH Nordbank nicht unter den SoFFin geschlüpft ist und damit die Eigenkapitalprobleme gelöst hätte, vor denen wir stehen. Das weiß er nicht.

(Beifall FDP)

Noch einmal: Es geht hier nicht darum, dass wir uns wechselseitig Schuld zuweisen, sondern es geht darum, dass wir ein Risiko analysieren und uns die Frage stellen: Wie können wir dem wirksam begegnen.

Die Behauptung, man könne im Haushalt keine Vorsorge treffen, ist schlicht und ergreifend Unsinn. Ich will das kurz erklären. Wenn die Finanzministerin so etwas sagt, dann - es tut mir leid weiß sie nicht, wovon sie redet. Wir haben im jetzigen Haushalt unter dem Beteiligungsfonds für Seed-and-Start-up-Finanzierungen 570.000 € für mögliche Ausfallrisiken eingestellt, die die IBBank bei der Analysierung der Garantien, die sie herausgegeben hat, berechnet hat. Selbstverständlich kann man Vorsorge treffen. Wir erwarten ja nicht, dass 853 Millionen € eingestellt werden.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wie viel denn?)