Herr Abgeordneter Dr. Garg, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Andresen?
Vorab eine Bemerkung. Ich habe keine Angst vor der Zukunft der politischen Mehrheitsverhältnisse hier im Land. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Grünen noch lange in der Regierung bleiben werden, während die FDP dort erst einmal nicht landen wird. Dies aber nur, weil auch Sie dazu etwas gesagt haben.
Ich möchte gern ein Beispiel nennen. Wir haben in den letzten Jahren immer eine große Debatte über die Grunderwerbsteuer geführt. Sie haben unter Schwarz-Gelb die Grunderwerbsteuer vor einigen Jahren erhöht. Darüber sind wir noch hinausgegangen. Seitdem Sie nicht mehr in der Regierung sitzen, sondern in der Opposition, kritisieren Sie die von uns vorgenommene Erhöhung.
Wenn ich das jetzt auf die Erbschaftsteuerdebatte übertrage, könnten Sie sich dann vorstellen, dass eine Situation wie bei der Grunderwerbsteuer droht, nämlich dass die Länder, die finanzstark sind, zum Beispiel Bayern, mit einem relativ niedrigen Grunderwerbsteuersatz, das heißt hier mit einem niedrigen Erbschaftsteuersatz, auskommen, während andere Länder gezwungen sind, die Erbschaftsteuer weiter anzuheben? Glauben Sie, dass es dann von Vorteil wäre, diese Steuer in die Länderfinanzautonomie zu geben? Könnte es nicht sinnvoller sein, den Steuersatz auf allen Ebenen gleich zu haben und dieses deutschlandweit einheitlich zu regeln?
- Herr Kollege Andresen, erstens stelle ich fest das sage ich zum Schluss dieser Debatte in allem Ernst -, dass Sie entsprechend Ihrem Menschenbild, Ihrer Philosophie, den Menschen so viel wie möglich wegnehmen wollen. Dabei haben wir doch schon die höchste Grenzsteuerbelastung unter allen
Zweitens. Glauben Sie ernsthaft, dass man mit der Erbschaftsteuer unabhängig davon, in welcher Höhe man den tatsächlichen Erbschaftsteuersatz ansetzt, den Haushalt des Landes Schleswig-Holstein dahin gehend beeinflusst, dass Sie damit Ihre haushaltspolitischen Probleme erledigen, selbst wenn wir den Steuersatz in astronomische Höhen schrauben würden? - Wir glauben das nicht.
Wir glauben aber in der Tat: Das ist ein falsches Signal gerade an personengeführte kleine und mittelständische Unternehmen, wenn Sie jetzt in Regierungsverantwortung einen Antrag auf den Weg bringen, in dem Sie fordern, das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer auch noch zu erhöhen, das heißt Betriebsübergänge zu erschweren. Wir glauben, dass das der falsche Weg ist.
Deswegen unterbreiten wir folgenden Vorschlag: Treten wir doch ein in einen Wettbewerb der politischen Ideen. Die einen sagen, das sei das falsche Signal, und Sie finden das richtig. Ich halte das für einen wirtschaftspolitisch gefährlichen Unsinn, den Sie hier vorschlagen.
Okay. Lassen Sie mich aber bitte noch einen Antrag zum Abstimmungsverfahren stellen, Herr Präsident, damit es darüber nachher keinen Zweifel gibt. Weil die Gemengelage eindeutig ist, beantragen wir, über alle drei Anträge in der Sache abzustimmen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort für die SPD-Fraktion hat deren Fraktionsvorsitzender, der Herr Abgeordnete Dr. Ralf Stegner.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einmal mehr ist eine Debatte über die Erbschaftsteuer entbrannt, weil das Bundesverfassungsge
richt Nachbesserungen im Hinblick auf die Privilegierung von Betriebsvermögen gegenüber sonstigen Vermögenswerten eingefordert hat.
Wir finden die Erbschaftsteuer gut und richtig. Laut Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ist die Vermögensungleichheit in Deutschland so hoch wie in keinem anderen Land der Eurogruppe. Das Aufkommen aus vermögensbezogenen Steuern ist in Deutschland dagegen im internationalen Vergleich weit unterdurchschnittlich. Auch die positive konjunkturelle Entwicklung hat daran nichts geändert. Die reichsten 10 % der deutschen Haushalte besitzen in der Bundesrepublik zwei Drittel des Vermögens. Das reichste Prozent der deutschen Haushalte besitzt sogar ein Drittel des Vermögens. Die unteren 50 % besitzen übrigens auch 1 % des Vermögens. Dies sage ich nur, um deutlich zu machen, wie das verteilt ist.
Ich glaube, das Ausmaß von Vermögensungleichheit schadet nachhaltigem Wachstum und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Das wissen wir aus vielen Studien.
Vermögen wird durch Erbschaften in die nächsten Generationen übertragen. Niedrige Erbschaftsbesteuerung führt dazu, dass sich die Vermögensungleichheit erhöht. Das ist in der Tat leistungslos, Herr Kollege Garg, es sei denn, man hat für den „Erbfall“ gesorgt. Dann kommt der Staatsanwalt, und man kriegt es auch nicht. Wenn wir Arbeit besteuern, dann müssen wir doch wohl Vermögenszuwachs besteuern. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass wir Arbeit besteuern, aber Vermögenszuwächse nicht. Das ist unser Verständnis von Gerechtigkeit.
In den Jahren 2009 bis 2013 hatten wir 105 Milliarden € Betriebsvermögen, das steuerfrei übertragen worden ist. Die Einnahmen des Staates an der Erbschaftsteuer betragen 4,7 Milliarden €. Das sind 0,75 % der gesamten Steuereinnahmen, aber nur 0,05 % des privaten Nettovermögens.
Die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer stehen den Ländern zu. Dies macht immerhin 30 % unserer Steuereinnahmen aus. Wenn wir an das denken, was im Bildungssystem nötig ist, was für den sozialen Zusammenhalt nötig ist, was für die Sanierung der Infrastruktur nötig ist, dann geht es um Solidarität, meine Damen und Herren, und nicht um Neid. Es geht um Solidarität in der Gesellschaft; darüber reden wir.
Die FDP fordert in ihrem Antrag die Landesregierung auf, die Erbschaftsteuer in die Finanzautonomie der Länder zu überführen. In der Tat wäre es ehrlicher zu sagen: „Wir wollen sie abschaffen.“ Das würde ja geschehen, wenn man das in einem Standortwettbewerb untereinander macht. Insofern halten wir von diesem Vorschlag überhaupt nichts, können darüber in der Sache abstimmen und ihn mit der Mehrheit in diesem Hause zurückweisen.
Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Kubicki?
Herr Kollege Dr. Stegner, würde Ihnen vielleicht auffallen, dass Sie mit einer Erbschaftsteuer die ungleiche Vermögensverteilung überhaupt nicht beseitigen könnten, sondern allenfalls dadurch, dass Sie bei den unteren Einkommensschichten, den Nichtvermögenden, zur Vermögensbildung beitragen - wie das übrigens in den südeuropäischen Ländern mit erhöhtem Wohnungseigentum geschehen ist?
- Ich habe gerade darauf hingewiesen, lieber Herr Kollege Kubicki, dass die bestehenden großen Vermögensunterschiede, die es in der Gesellschaft gibt, verfestigt werden, wenn man das so macht.
Wir haben ja vor zwei Tagen zusammen im Fernsehen diskutiert. Ich war immer der Meinung, Eigentum verpflichtet. Im Grundgesetzt heißt es, man ist dem Gemeinwesen gegenüber verpflichtet. Ich habe aus der Debatte gelernt: Sie verstehen „Eigentum verpflichtet“ so, dass man der eigenen Familie verpflichtet ist, ihr etwas zu hinterlassen. Das steht im Grundgesetz aber nicht, sondern im Grundgesetz steht und das heißt „Eigentum verpflichtet“ -, dass man Chancen hat.
Wir wollen, dass Menschen durch Arbeit nach oben kommen können und nicht deshalb, weil sie zufällig Sohn oder Tochter von irgendjemanden sind. Das ist nicht die Art und Weise, wie wir heute in der Gesellschaft vorankommen können. Sie haben
Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?
Aber unabhängig von der Frage hat das mit Steuern gar nichts zu tun. Ich fühle mich meiner Familie gegenüber deutlich in einer intensiven Verantwortung. Das kann bei Ihnen, Frau von Kalben, anders sein; aber darum geht es jetzt nicht.
Bevor Sie zu Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes kommen, empfehle ich Ihnen die Lektüre von Artikel 14 Absatz 1. Dort heißt es: Eigentum und Erbrecht werden gewährleistet. Das, was Sie im Moment vorhaben, ist, das Instrument des Erbrechts im Prinzip auszuhebeln.
- Herr Kollege Kubicki, ich will Ihnen eines sagen: Das, was Sie zu Beginn mit Ihrer Eingangsbemerkung gesagt haben, ist eine große Unverschämtheit.
dass ich etwas vererben kann, weil auch ich hart gearbeitet habe. Ich hatte viel Glück in meinem Leben, und das versetzt mich in die Situation, meinen Kindern etwas vererben zu können, übrigens mit Freibeträgen, die für alle gelten, von 500.000 € für die Witwe und von 400.000 € pro Kind. Daran wollen wir übrigens überhaupt nichts ändern.