Protocol of the Session on March 20, 2015

Die Frage, ob eine bestehende Grundschule beziehungsweise Außenstelle einer Grundschule aufgegeben werden muss, greift tief in das Leben der Schüler und ihrer Eltern ein. Entsprechende Planungen müssen daher langfristig und transparent angelegt werden, um den Eltern die Möglichkeit zu geben, sich rechtzeitig darauf einzustellen.

Wenn es im Einvernehmen zwischen Schulträger und Land dabei bleiben soll, sehr kleine Einheiten aufrechtzuerhalten, denen nur eine Lehrkraft zugewiesen werden kann, muss seitens des Schulträgers jederzeit gesichert werden, dass keine Betreuungslücke entsteht, wenn die Lehrkraft ausfällt oder wenn sie sich zum Beispiel um ein erkranktes Kind kümmern muss.

Wir wissen, dass der organisatorische Aufwand für eine Stammschule mit zusätzlichen Außenstellen nicht zu unterschätzen ist. Daher werden den Schulträgern und den Schulen verschiedene Maßnahmen angeboten, damit gemeinsam für den Standort sinnvolle Lösungen erarbeitet werden können. Die Initiativen für den Erhalt kleiner Grundschulen waren hier eine große Hilfe, da sie konstruktiv an einer Lösungsfindung mitgearbeitet haben. Ihnen allen war klar, dass eine kleine Grundschule nur dann Bestand haben wird, wenn alle Beteiligten den Wunsch nach einer gemeinsam getragenen Lösung haben.

Was wir aber nicht mittragen können, ist die Idee, aus dem Gesamtbestand der Lehrerinnen und Lehrer sozusagen einen Vorwegabzug für kleine Grundschulen vorzunehmen, weil das im Endeffekt bedeutet, alle anderen Schulstandorte, die den Vorgaben der Mindestgrößenverordnung entsprechen, zu bestrafen.

Diese Koalition hat zu Beginn der Legislaturperiode eine erhebliche Lücke im Personalbestand zu einer 100-prozentigen Unterrichtsversorgung festgestellt. Wir gehen davon aus, dass wir diese Lücke

von circa 1.600 Stellen im Laufe dieser Legislaturperiode knapp halbieren werden und dass es unsere Aufgabe in der 19. Legislaturperiode sein wird, sie weitgehend zu schließen.

Eine 105-prozentige Unterrichtsversorgung, die faktisch sicherstellen würde, dass es keinen statistisch relevanten Unterrichtsausfall mehr gäbe, werden wir angesichts der Schuldenbremse nicht so schnell realisieren können, umso weniger, als die Schülerzahlen nicht so deutlich absinken, wie dieses noch vor einigen Jahren prognostiziert wurde. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen, die sowohl Tausende von minderjährigen Flüchtlingen einbeziehen als auch den längeren Verbleib vieler junger Menschen im Bildungssystem, zum Beispiel an den Oberstufen.

Ich bitte Sie deshalb, der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses zuzustimmen.

Herr Präsident! Im Gegensatz zu Hauptstandorten gibt es keine Mindestgröße für Außenstellen. Es gibt keine strikte Vorgabe, sondern nur einen Orientierungswert von 44 Schülern, der eine rein rechnerische Größe für zwei Personalstellen ist. So hört es sich zwar nett an, wenn die Ministerin formuliert, die Richtzahl auf 27 senken zu wollen zu, rein praktisch ändert sich aber nichts, wenn nicht zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt wird.

Es überrascht auch niemanden, dass es gerade den größeren Schulen leichter fällt, kleinere Außenstellen zu bedienen. So gibt es zahlreiche Außenstellen - 18 -, die weniger als 44 Schüler haben oder hatten. Die Außenstelle Dersau hatte im Schuljahr 2012/13 einmal 17 Schüler. Das wären - keine Gewähr auf Vollständigkeit: Oldenswort, Seekrug, Panker-Darry, Hüttenwohld, Schipphorst, Stolpe, Neudorf, Weddelbrook, Nützen, Schafstedt, Neuenkirchen, Hetlingen, Struvenhütten, Giekau, Großharrie, Großenbrode, Wulfsdorf und Dersau.

Ob ein Standort bestehen bleibt, darf aber nicht allein davon abhängen, ob eine Hauptschule die Größe hat das, organisatorisch abbilden zu können. Nein, die gesamte regionale Schulstruktur muss eine Rolle spielen. „Kurze Beine, kurze Wege“ muss weiterhin gelten. Wir fordern zusätzliche Planstellenanteile für die Grundschulstandorte, deren Schließung zu unvertretbar langen Schulwegen führen würde. Häufig dreht es sich nur um eine halbe Stelle, die benötigt wird, um den Standort zu halten.

(Kai Vogel)

Das jüngste Beispiel ist die Schließung der Schule in Petersdorf. Im ganzen westlichen Teil der Insel gibt es jetzt keinen Schulstandort mehr. Das heißt, dass kleinen Grundschülerinnen und Grundschülern Schulwege von teilweise über einer Stunde zugemutet werden. Wir Liberale halten das für völlig unverhältnismäßig.

Die von der Koalition so gern angeführte Studie zur „Zukunftsfähigkeit der Grundschulen in den ländlichen Räumen Schleswig-Holsteins“ stützt dabei voll unsere Position. Die Studie spricht davon, die „Landschule der Zukunft“ als standortrelevante Schule im ländlichen Raum einzuführen. Anhand objektivierbarer Kriterien, wie zum Beispiel maximale Distanzen, Schülerfahrtzeiten, zentralörtliche Funktion ist diese zu definieren. Das ist genau das, was wir fordern! Aber ohne gesonderte Personalzuweisung geht das nicht.

Dass nun gerade diese benötigten Sicherstellungszuschläge, die das einzige hilfreiche Instrument sind, durch den Koalitionsantrag explizit ausgeschlossen werden, ist ein Armutszeugnis für die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen. Die Küstenkoalition betont doch ständig, dass Bildung die wichtigste Aufgabe in dieser Legislaturperiode für sie sei. Dann handeln sie doch endlich.

Sie helfen keiner einzigen Schule mit den in ihrem Antrag formulierten Vorschlägen. „Kreative Ideen“, „innovative Konzepte“, „Experimentierklausel“ sind Worthülsen. Auch durch ELER-Mittel können keine zusätzlichen Lehrerstellen geschaffen werden.

Kreative Ideen hatten die Eltern in Petersdorf, und in Schafstedt liegen sogar innovative Konzepte vor. Ministerpräsident Albig fand damals warme Worte, Ministerin Wende zeigte sich als zuständig, eine Nebelkerze nach der anderen wurde gezündet, aber im Ergebnis gab es Schulschließungen.

Meine Damen und Herren, die Regierung und die Regierungsfraktionen machen nichts. Ministerin Ernst führt genau die Politik von Ministerin Wende fort. Es gibt keinen Unterschied zwischen der alten und neueren Ministerin. Das ist Aussitzen in Reinkultur. Fehler der vorherigen Ministerin werden nicht korrigiert. Die Grundschulen werden weiterhin hängengelassen. Die aktuelle Petition zu den kleinen Grundschulen mit fast 5.600 Unterzeichnern belegt das beeindruckend.

Wer kleine Grundschulstandorte schließt, aber gleichzeitig zahlreiche unnötige Oberstufen für fast erwachsene Oberstufenschüler im ganzen Land

schafft, zeigt durch sein eigenes Handeln, welchen Stellenwert kleine Grundschülerinnen und Grundschüler für diese Landesregierung haben.

Ein Wort muss ich dann noch gegenüber den PIRATEN loswerden. Die völlige Kritiklosigkeit, mit der sie den Murks der Regierung in diesem Themenfeld mittragen, überrascht mich wirklich, da sie sonst einen viel kritischeren und auch konstruktiveren Stil pflegen. Ich meine, sie müssen doch auch erkennen, dass ohne weitere Planstellen kleine Standorte nicht zu halten sind.

Herr Präsident! Es ist nicht nur sinnvoll, sondern sogar zwingend notwendig, dass wir uns immer wieder mit dem Thema Grundschulstandorte im ländlichen Raum befassen. Denn es gibt hier keine Patentlösungen. Und man kann nicht einfach die Augen vor den großen Herausforderungen verschließen. Der Geburtenrückgang, die mangelnde Zuwanderung und die in vielen Fällen sogar massive Abwanderung junger Menschen stellen uns nicht nur im Schulbereich - im Übrigen nicht erst seit heute - vor erhebliche Schwierigkeiten. Selbstverständlich wollen auch wir vor diesem Hintergrund möglichst viele kleine Grundschulen und Außenstellen erhalten. Keine Frage. Denn unseren Kleinsten sollen möglichst kurze Wege zur Schule haben. Und die Grundschule ist im Idealfall auch noch kulturelles und soziales Zentrum im ländlichen Raum. Ich denke, hierauf können wir uns alle ganz schnell einigen.

Zugegeben: Auch rot-grün-blau hat hier nicht den einzig wahren Masterplan. Wir haben noch nicht auf alle Fragen die passende Antwort. Doch arbeiten wir gemeinsam mit den Betroffenen an konstruktiven Lösungen - Lösungen, die sich logischerweise im Rahmen des finanziell möglichen bewegen müssen. Das macht weder die Gespräche mit den betroffenen Menschen noch die Ideenfindung insgesamt besonders leicht. Aber davon lassen wir uns natürlich nicht entmutigen.

Andere machen es sich da offensichtlich deutlich einfacher: Während der damals zuständige Minister Klug zum Beispiel noch vor wenigen Jahren bei den Grundschulen spürbar gestrichen hat, fordern Union und FDP heute für diesen Bereich gesonderte Stellenzuweisungen. Man hat hier also vor Kurzem Lehrerstellen gestrichen und fordert nun einige Zeit später allen Ernstes, „Grundschulstandorte in ihrer Existenz zu sichern und zu stärken“. Begründet wird das Ganze dann noch mit Feststellung,

(Anita Klahn)

dass die „Sicherung der Existenz kleiner Grundschulstandorte eine politische Entscheidung“ sei. Na wunderbar. Frei nach dem Motto: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Wer dieser Kehrtwende etwas Positives abgewinnen will, kann höchstens sagen: „Glückwunsch, liebe Kollegen, nun haben auch Sie das Problem endlich erkannt!“

Natürlich bringen uns weder Schuldzuweisungen noch Luftschlösser weiter. Wir alle müssen doch der Realität ins Auge sehen: Unser Land ist schlicht nicht in der Lage, zusätzliche Lehrerstellen in diesem Bereich zu finanzieren. Das sollten auch die Antragsteller wissen. Fakt ist, dass SPD, Grüne und SSW so viel in Bildung investieren wie keiner unserer Vorgänger. Wir erhalten eine Vielzahl von Lehrerstellen, die CDU und FDP der Haushaltskonsolidierung geopfert hätten. Daneben gilt weiterhin, dass wir große Teile der demografischen Rendite im Bildungssystem belassen. Doch gerade mit Blick auf die kleinen Grundschulen und Außenstellen muss eins klar sein: Nach unserem Verständnis zählt nicht der bloße Erhalt um jeden Preis. Uns ist vor allem die Qualität von Bildung wichtig. Gerade weil für uns Unterrichtsqualität im Mittelpunkt steht, werden wir vermutlich kaum um die Schließung mancher Standorte herumkommen.

Statt immer weiter unrealistische Forderungen, wie etwa einen „Dorfschulzuschlag“ bei den Lehrerstellen, zu wiederholen, müssen also konkrete Lösungswege her. Hier haben wir uns längst auf den Weg gemacht und im Schulgesetz entsprechende Möglichkeiten geschaffen. Noch dazu liegt nun mit den Ergebnissen der Studie zur Zukunftsfähigkeit der Grundschulen eine ausgezeichnete Basis vor. Eins ist klar: Wir wollen den Menschen vor Ort die Handlungsspielräume und die Freiheiten geben, die sie brauchen, um überzeugende pädagogische Konzepte zu erarbeiten. Auf diesem Weg können auch die kleinen und kleinsten Standorte eine echte Perspektive bekommen. Ohne Einbußen bei der Unterrichtsqualität. Wenn es uns darüber hinaus noch gelingt, möglichst viele Bildungsangebote im ländlichen Raum aus ELER-Mitteln zu fördern, dann sind wir hier endlich ein echtes Stück weiter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der „demografische Wandel“ war vor vielen Jahren ein neuer Begriff in der politischen Debatte, ein sperriger Begriff. Die Debatte heute zeigt, dass diese Zeit lange vorbei ist. Wir werden nicht nur alle zusammen älter, wir werden auch we

niger. Das bleibt nicht ohne Folgen für unsere Gesellschaft. Eins muss jedoch - jedenfalls denen, die ehrliche politische Auseinandersetzungen führen klar sein, dass nicht die Bevölkerungszahl sinkt und alles bleibt, wie es ist.

Schon jetzt gibt es immer weniger Kinder in den ländlichen Räumen. In einigen Landkreisen werden wir bis 2025 mehr als 25 % Schülerrückgang haben. Diese Landesregierung stellt sich der Herausforderung. Aber auch unsere Kreise und Gemeinden stellen sich der Herausforderung. Wir wollen für alle Kinder gute, hochwertige Schulen. Die Qualität der Schulen darf nicht in der Stadt besser sein, als im ländlichen Raum. Daher hat es viele im Übrigen oft unaufgeregte - Entscheidungen gegeben, Schulen zusammenzulegen. Aber es gibt auch Regionen, für die die Grundschule als unverzichtbar eingestuft wird.

Klar war für uns als Landesregierung immer: Eine personelle Besserstellung von Kleinstschulen auf Kosten der größeren Schulen auf dem Land und in der Stadt wird es mit uns nicht geben.

Wir ringen darum, die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Wir verschlechtern diese nicht, in dem wir Ressourcen abziehen.

Die Forderungen der Opposition gehen doch gar nicht auf: Sie haben zu Ihrer Regierungszeit viele Lehrkräfte abgebaut. Sie haben sogar mit „Effizienzgewinnen“ durch die Schließung kleiner Grundschulen geplant. Und heute fordern Sie zusätzliche Ressourcen genau für diesen Bereich. So kurz ist unser Gedächtnis nicht.

Wenn wir die Qualität von Schule sicherstellen wollen und zugleich auch in der Fläche möglichst wohnortnahe Schule für unsere Kinder erhalten wollen, brauchen wir gute Konzepte. Mit der Studie zur Zukunftsfähigkeit der Grundschulen im ländlichen Raum, die wir gemeinsam mit der Akademie für ländliche Räume und dem MELUR in Auftrag geben haben, liegt uns nun erstmals eine wissenschaftliche Analyse vor, aus der sich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten lassen.

Klar ist: Die Lösung liegt nicht nur in Kiel, bei der Landesregierung. Vor Ort muss ein Konzept entwickelt werden, das die Verlässlichkeit sicherstellt. Der Schulträger stimmt dem Erhalt auf der Grundlage eines Konzeptes, das insbesondere Aussagen zum notwendigen jahrgangsübergreifenden Lernen und zu Vertretungsregelungen trifft. Wir brauchen Lehrkräfte, die bereit sind, jahrgangsübergreifende Lerngruppen zu unterrichten, und dies auch können.

(Jette Waldinger-Thiering)

Die Landesregierung hat zwei zentrale Angebote gemacht:

Erstens: Wir werden die Mindestschülerzahl an Außenstellen von 44 auf 27 ändern. Das wird dazu führen, dass alle Kinder - von Jahrgangsstufe eins bis vier - in sämtlichen Fächern jahrgangsübergreifend unterrichtet werden.

Zweitens: Mittel aus dem MELUR. Für Bildungsmaßnahmen im ländlichen Raum/kleine Grundschulen können aus dem ELER-Programm Projekte und Vorhaben gefördert werden. Für kleine Bildungsinfrastrukturen wie die kleinen Grundschulen stehen 14 Millionen € aus EU-Mitteln für den Zeitraum 2015 bis 2023 zur Verfügung.

Zudem erhalten die 22 AktivRegionen aus dem ELER-Programm für den Zeitraum 2015 bis 2023 ein jährliches Budget von 450.000 €. Daraus können unter anderem Projekte und Vorhaben zur Bildung im ländlichen Raum gefördert werden.

Wir haben dies aus einer ersten Veranstaltung bereits vorgestellt - und Zuspruch erfahren. Wir pla

nen noch weitere Diskussionsveranstaltungen. Und natürlich brauchen wir vor Ort noch Zeit.

Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass dies alles gelingen wird - es braucht nur das Engagement aller Beteiligten. Wir schaffen so gemeinsam die Voraussetzung für eine maximale Planungssicherheit kleiner Grundschulen angesichts des demografischen Wandels und eine maximale Stärkung unserer Bildungsinfrastruktur im ländlichen Raum. Das ist kein Blankoscheck für den dauerhaften Betrieb sehr kleiner Schulen. Aber es ist der Rahmen, der die Sicherung zulässt, wenn vor Ort auch an einer Lösung gearbeitet wird. Wir spielen nicht die kleinen gegen die großen Schulstandorte aus. Wir wollen Bildungsgerechtigkeit - auf dem Land und in den Städten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Ministerin Britta Ernst)