Protocol of the Session on March 20, 2015

Die Initiative „Pro Noten“ ist ja sozusagen Ihr Baby, ganz besonders von Frau Klahn. Ich gebe zu: So war das eigentlich nicht gedacht, dass nun im Parlament vertretene Parteien Volksinitiativen organisieren. Wir dachten dabei mit den Beteiligungsmöglichkeiten an die da oben - Tribüne -, nicht an uns hier unten - Plenarsaal. Egal, Sie dürfen das. Das ist legal - ob es legitim ist, weiß ich nicht so recht. Unser Verständnis von parlamentarischer Arbeit ist das nicht.

Aber zurück zu Ihrem Gesetzentwurf. Ihr Vorschlag ist in Ordnung. Ich rechne allerdings damit, dass im Rahmen der Beratungen im Ausschuss das Volksabstimmungsgesetz auch in anderen Punkten überprüft wird. Die Regierungskoalitionen arbeiten an möglichen sinnvollen Änderungen und Ergänzungen, das will ich hier bereits ankündigen, und soweit ich gehört habe, teilt auch die Regierung die Notwendigkeit, über dieses Gesetz im Sinne einer Evaluation nachzudenken. Das Ergebnis wird uns dann nach gründlicher Beratung hier erneut im Parlament beschäftigen.

(Petra Nicolaisen)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit 16 auch bei Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden abstimmen zu dürfen, das macht Sinn. Das „Wahlalter 16“ bei Wahlen und Abstimmungen gleichzusetzen, ist tatsächlich überfällig. Das zeigen gerade die zwei zurzeit in SchleswigHolstein laufenden Volksinitiativen besonders anschaulich. Den Prozess einer Volksinitiative zu begreifen, die zur Abstimmung gestellte Frage zu verstehen und sich mit Medien wie Fernsehen, Internet oder sogar der guten, alten Zeitung eine Meinung zu bilden - das können auch 16-Jährige.

„Soll ein Gottesbezug in die Landesverfassung?“, ist eine Frage, zu der auch Jugendliche eine Meinung haben. Wer skeptisch ist, dem empfehle ich einen Besuch bei einer Sitzung der grünen Jugend.

Nach dem Gesetz sind Jugendliche bereits ab 14 Jahren in vollem Umfang religionsmündig. Da ist es nur recht und billig, dass sie mit 16 darüber abstimmen dürfen, ob es einen Gottesbezug in der Präambel unserer Verfassung geben sollte. Natürlich sind Präambel und Verfassung abstrakte Konstruktionen - aber es ist unsere Aufgabe, Politik verständlich zu machen.

Ich bin mir sicher, auch zu Schulnoten an Grundschulen haben 16-Jährige eine Meinung.

Wer 16 Jahre alt ist, ist zeitlich noch sehr dicht an dem Alter, in welchem man erstmalig die eventuell bittere, vielleicht aber auch motivierende Erfahrung einer Leistungsbenotung in der Schule gemacht hat.

Völlig unabhängig davon, wie man sich zu den Inhalten und Zielen der beiden laufenden Volksinitiativen persönlich positioniert, ist es daher gut und richtig, dass zukünftig auch junge Menschen ab 16 bei derartigen Initiativen ihre Stimme abgeben können. Es ist kein Geheimnis, dass ich gegen den Gottesbezug bin. Ich bin übrigens auch dafür, dass an den Schulen weniger zensiert werden kann, wenn die Schule dies wünscht.

Ich bin davon überzeugt, dass es unserer Demokratie gut tut, wenn sich junge Menschen bereits ab 16 zu derartigen Fragen auch mit ihrer Stimmabgabe einbringen können.

Wir werden immer älter. Wir sollten in einem Land, in welchem die älteren Menschen aus demographischen Gründen immer stärker das öffentliche Geschehen dominieren, auf die Stimmen der Jugendlichen nicht verzichten. Die Argumente, die unsere Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben in ihrer Rede zur Einführung des Wahlalters 16 im Au

gust 2012 hier im Plenum vorgetragen hat, gelten uneingeschränkt - erst recht für das Wahlalter 16 für Volksinitiativen. Jugendparlament, Schulklassen als Besuchergruppen, Model United Nations oder die Jugendwahl U 18 - alles gute Beispiele dafür, dass man der Jugend von heute durchaus etwas zutrauen kann.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, von uns Grünen aus also ein uneingeschränktes Ja zum „Wahlalter 16“ auch bei Volksinitiativen und Volksabstimmungen.

Wenn wir dann schon mal dabei sind, das Volksabstimmungsgesetz anzufassen, können wir gleich noch andere Punkte zur Verbesserung der direkten Demokratie in Schleswig Holstein im weiteren Verfahren erledigen. Wir haben dazu im Koalitionsvertrag der Küstenkoalition im Mai 2012 vereinbart, die Volksinitiative noch volksnäher zu gestalten. Auch im Rahmen der letzten Verfassungsreform waren wir uns im Sonderausschuss fraktionsübergreifend einig, die Hürden für Volksinitiativen weiter herabzusetzen. Die Zustimmungsquoren haben wir ja bereits in der Verfassung abgesenkt. Zu diskutieren sind nach unserer Ansicht weitere Punkte, zum Beispiel die Verlängerung von Eintragungsfristen, die Erweiterung der Orte, an denen Unterschriften gesammelt werden können - hin auf die Straße, die Erstellung von Alternativvorschlägen im laufenden Verfahren, die Möglichkeit für die Zusammenlegung von Abstimmungstag für den Volksentscheid mit einer Kommunal- oder Parlamentswahl. Es wäre sehr wünschenswert, wenn wir diese Fragen anlässlich des vorliegenden Gesetzentwurfs gleichzeitig erörtern und entscheiden könnten. Ich freue mich auf die Beratungen im Innenund Rechtsausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Anrede! Nach derzeit geltendem Landesrecht ist die Beteiligung an Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksabstimmungen an das Mindestalter von 18 Jahren gebunden, während man als 16-Jähriger bereits den Landtag wählen darf. Für diese Uneinheitlichkeit in den Bestimmungen zum Wahlalter beziehungsweise zur Teilhabe bei den demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der „direkten Demokratie“ gibt es keine Rechtfertigung. Es ist höchste Zeit, dass dies vereinheitlicht wird.

Die FDP-Fraktion schlägt daher im vorliegenden Gesetzentwurf vor, das Wahlalter im Volksabstimmungsgesetz direkt an das Landeswahlgesetz zu

koppeln. Damit dürften sich in Zukunft junge Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, die mindestens 16 Jahre alt sind, an den verschiedenen Instrumentarien zur direkten demokratischen Willensbildung beteiligen.

Ich hoffe, dass diese Initiative im gesamten Hause auf Zustimmung treffen wird und empfehle Ihnen insoweit die Unterstützung unseres Anliegens.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Über diesen Gesetzentwurf der FDP gibt es nicht viel zu sagen. Er ist richtig und korrigiert einen Fakt der schlicht übersehen wurde. Wer in Schleswig-Holstein wählen kann, muss auch an Volksbegehren, -initiativen und -entscheidungen teilnehmen können.

Der Landtag befasst sich derzeit mit dem Problem der Politikmüdigkeit in der Bevölkerung. Die aktive Beteiligung von jungen Menschen am demokratischen Prozess ist ein erster Schritt. Wir PIRATEN begrüßen diesen Antrag und freuen uns auf die schnelle Behandlung im Ausschuss. - Vielen Dank.

Herr Präsident! Ich mache es kurz: Vielen Dank für den Hinweis der antragstellenden Fraktion. Wir haben bei der Debatte um eine neue und zeitgemäße Verfassung für das Land Schleswig-Holstein schon Erleichterungen für Volksbergehren und Volksentscheid geschaffen. Aber einzelgesetzlich haben wir am Punkt Wahlalter noch keine Änderungen vorgenommen.

Das Wahlalter liegt nach dem Landeswahlgesetz bei 16 Jahren. Die Mehrheit des Landtages ist nämlich nach langer Debatte davon überzeugt, dass Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner mit 16 oder 17 Jahren reif genug sind, politisch mitentscheiden zu können. Darum wurde das Wahlalter gesenkt. Ich werde an dieser Stelle nicht noch einmal alle Argumente wiederholen. Tatsache ist allerdings, dass die jungen Menschen in unserem Land unser Vertrauen verdienen. Und darum ist der Gedanke folgerichtig, das Gesetz für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide entsprechend zu ändern.

Eine Änderung des Gesetzes entspricht darüber hinaus der Verfassung, die im Artikel 48 ausdrücklich festlegt: „Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, den Landtag im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der poli

tischen Willensbildung zu befassen.“ Dieses Recht können derzeit junge Menschen ab 16 noch nicht wahrnehmen. Damit sind sie als Wahlberechtigte zwar an der politischen Willensbildung teilweise beteiligt - nämlich bei Landtagswahlen -, aber gegenüber den anderen Wahlberechtigten auch benachteiligt. Dieses Ungleichgewicht müssen wir debattieren und dazu ist der vorliegende Gesetzentwurf eine sehr gute Grundlage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits mit dem Volksabstimmungsgesetz, das vor ziemlich genau 20 Jahren im April 1995 vom Landtag verabschiedet wurde, wollte der Gesetzgeber seinerzeit ausdrücklich das Beteiligungsrecht an den direktdemokratischen Elementen unserer Landesverfassung in Anlehnung an die sachlichen Wahlrechtsvoraussetzungen für die Landtagswahl ausgestalten.

Mit der Senkung der Altersgrenze für das aktive Wahlrecht erweitert sich der Kreis derjenigen, die sich aktiv in den demokratischen Prozess einbringen können. Verbunden ist damit eine bessere Umsetzung des verfassungsrechtlich normierten Grundsatzes einer allgemeinen Wahl.

Selbstverständlich soll die Regelung daher nicht nur für das Beteiligungsrecht an Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auf kommunaler Ebene, sondern auch für die Teilnahme an den plebiszitären Elementen auf Landesebene gelten.

Dieser uns vorliegende Vorschlag findet die volle Unterstützung der Landesregierung. Zur Herabsetzung des Beteiligungsalters an Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden bereitet das Innenministerium derzeit einen umfassenden Gesetzentwurf vor, der das Landtagswahlrecht, das Kommunalwahlrecht und auch das Volksabstimmungsrecht in einer Vielzahl von Punkten ändern und modernisieren wird.

Berücksichtigt werden dabei auch bei Wahlen und Abstimmungen gewonnene Erfahrungen sowie Hinweise der Wahlleitungen und Wahlbehörden auf Landes- und kommunaler Ebene. Sie werden regelmäßig zum Anlass genommen, die wahl- und abstimmungsrechtlichen Vorschriften auf ihre Erforderlichkeit, Zweckmäßigkeit und Handhabbarkeit zu untersuchen. Zudem entspricht es einer guten und ständigen Übung, Änderungen im Bundestagsund im Europawahlrecht im Sinne einer größtmög

(Dr. Ekkehard Klug)

lichen Rechtseinheitlichkeit auf die Übernahme in das Landesrecht hin zu prüfen.

Die Landesregierung wird noch in diesem Frühjahr umfassend über die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigten Regelungen unterrichten sowie die Ausschussberatungen zum vorliegenden Antrag selbstverständlich konstruktiv begleiten. - Ich danke Ihnen.

Gemeinsame Beratung

a) Umsetzung des Arbeitsprogramms 2015 der Europäischen Kommission in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion von CDU, SPD, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/2812 (neu) - 2. Fassung

b) Bericht der Landesregierung zum Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission 2015

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/2750

Herr Präsident! Am Ende eines jeden Jahres legt die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm des Folgejahres vor. Eine lange Liste mit großen und kleinen Projekten. Diese Planungen setzen die Ziele der EU in praktische Objekte um und definieren konkreter die Zielsetzungen. In den vergangenen Jahren wurde dieses Arbeitsprogramm erheblich umfangreicher aber auch insgesamt unstrukturierter. Es wirkte gelegentlich, wie eine Aufzählung aller Punkte ohne Schwerpunktsetzungen, an denen die EU aktuell arbeitete.

Das Arbeitsprogramm 2015 der neuen EU-Kommission unter neuer Führung des Kommissionpräsidenten Jean-Claude Junker kommt anders daher. Es beschreibt klarer die Ziele der EU-Politik. Es greift die drängenden Herausforderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik in Europa auf, ohne die Fragen der Nachhaltigkeit und neuen ökologischen Anforderungen zu vernachlässigen. Nach der Zielbeschreibung werden zunächst im Anhang I 23 neue Initiativen dargestellt. Neu ist die im Anhang III aufgeführte REFIT-Liste. Sie beinhaltet die Überprüfung bestehender Maßnahmen und Verordnungen zur Vereinfachung und Korrektur. Wir begrüßen diese neue Struktur des Arbeitsprogrammes,

auch wenn einige Punkte in der Beschreibung noch ungenau sind.

Meine Damen und Herren, es macht daher Sinn, dass wir vor Ort einen genauen Blick auf dieses Arbeitsprogramm werfen. Was ist für unser Land aktuell relevant? Was kann in Zukunft für uns Bedeutung haben?

Das Hanse-Office nimmt sich zusammen mit den anderen norddeutschen Ländern jedes Jahr das Arbeitsprogramm vor und wertet es mit seinen europapolitischen Wissen und Detailkenntnissen aus. Es listet die Arbeitspunkte auf, die es für den Norden für relevant hält. An dieser Stelle möchte ich den Mitarbeitern für diese Arbeit einmal ein Dankeschön zurufen!

Der Landtag hat mit der Landesregierung 2011 vereinbart, dass in gemeinsamen Sitzungen der zuständigen Vertreter des Europaarbeitsbereiches unter Beteiligung aller Fraktionen zweimal im Jahr wesentliche Punkte des EU-Arbeitsprogrammes besprochen werden und die Regierung den Landtag dazu auf dem Laufenden hält. Ergebnis dieser Abstimmung ist der interfraktionelle Antrag, der uns heute vorliegt. Ich freue mich ausdrücklich, dass dieser Antrag von fast allen Fraktionen einmütig so getragen wird.

Meine Damen und Herren, dagegen kommt der vorgelegte Bericht der Landesregierung zum EU-Arbeitsprogramm mit Schwerpunkten für SchleswigHolstein mehr als dürftig daher. Natürlich verbirgt sich nicht automatisch hinter jeder neuen Initiative mit interessantem Titel der Kommission eine für Schleswig-Holstein relevante Zielsetzung. Der Bericht der Landesregierung ist jedoch offensichtlich ohne größere Abstimmung und Koordination der Häuser erstellt worden:

1. Die Vorarbeit des Hanse Office und der norddeutschen Ländervertretungen in Brüssel - also den Spezialisten in Europafragen - findet faktisch fast keinen Niederschlag.

2. Für Schleswig-Holstein wichtige relevante Punkte der neuen Initiativen werden überhaupt nicht aufgeführt. Diese sind:

a) Die Einrichtung eines neuen Fonds für strategische Investitionen - von denen Schleswig-Holstein profitieren soll.

b) Das Paket für den digitalen Binnenmarkt - ein wichtiges Thema auch für Schleswig-Holstein und

c) die Handels- und Investitionsstrategie - das Freihandelsabkommen betreffend.

(Minister Stefan Studt)

3. Beim Koordinierungstreffen war zwar das zuständige Hanse Office gut vertreten, parallel gab es aber kurzfristig in schriftlicher Form Bewertungen aus einem Ministerium zur Berücksichtigung, Themen anderer Ministerien fanden nicht statt.