Ich wiederhole mich: Gehen die mutlosen Reformen bezüglich der Gesetzesanpassung auf Bundesebene auf Basis nicht gleichheitsgerechter lösbarer Ziele weiter, könnte die Dauerbaustelle Erbschaftsteuer zu einer verfassungsrechtlichen Geduldsprobe werden. Das erscheint uns aus Sicht eines Rechtsstaates unwürdig und dem ehrlichen Steuerbürger gegenüber unangemessen.
Zuletzt noch einige Worte darüber, ob man die Mehreinnahmen einer geplanten zukünftigen Erbschaftsteuer schon verplanen kann. Ich glaube, die Erbschaftsteuer ist als Steuerinstrument, das man langfristig verplanen kann, nicht geeignet. Schließlich können wir im Landtag und aus der Politik heraus nicht bestimmen, wann die Menschen sterben. Das ist die Grundvoraussetzung für die Erbschaftsteuer. Ich glaube, der Tod von Menschen ist nicht wirklich planbar.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So eine Debatte ist in Teilen manchmal lehrreich. Wenn diese Debatte auch nicht in der Sache lehrreich war, so habe ich aus der Rede des Kollegen Callsen zumindest gelernt, dass er meint, dass Minister Schäuble ein mittelstandsfeindlicher Geier sei, der die DDR wiederaufleben lasse.
Vor dem Hintergrund, dass dieser Minister nur ein verfassungsgerichtliches Urteil umsetzen will, ist das schon recht starker Tobak. Das ist vielleicht aber üblich in der CDU.
Die Erbschaftsteuer war in der letzten Zeit tatsächlich medial allgegenwärtig. Schnell wurden erste kleinere und größere Interessensunterschiede zwischen Bund, Ländern und Gewerkschaften vorgetragen. Doch worum geht es eigentlich? Erst einmal
geht es um eine Verfassungswidrigkeit. Thematisch gesehen geht es um einen kleinen Teil der Gesellschaft, nämlich um Firmenerben. Der größere Teil der Gesellschaft bleibt davon gänzlich unberührt, denn dieser wird sein Leben lang weder privat noch gewerblich etwas Nennenswertes erben. Derzeit wird der Großteil der Steuereinnahmen der Erbschaftsteuer zudem durch das Erben von größeren Privatvermögen getragen.
Warum Firmenerben hier teilweise befreit sind, kann man durchaus hinterfragen. Der Bundesverfassungsgerichtshof hat dies auch getan. Daher nun zum eigentlichen Anlass dieser Reform: Aus Karlsruhe hat man eine deutliche Botschaft nach Berlin und in den Rest der Republik geschickt, die da heißt: Die Erbschaftsteuer ist in Teilen verfassungswidrig und muss unbedingt nachgebessert werden. Fest steht nicht nur deshalb, dass Vermögen nicht willkürlich ungleich behandelt werden darf. Der Gesetzgeber hat nun die Pflicht, dieses bis zum 30. Juni 2016 zu begradigen. Die Aufgabe für Bund und Länder ist also klar formuliert. Es geht hier um Verfassungsgemäßheit und um Steuergerechtigkeit, um nichts anderes.
Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen beinhaltet im Kern vor allem eins, nämlich die soziale Gerechtigkeit. Es kann nicht angehen, dass diejenigen, die Betriebe erben, nicht berücksichtigt werden. Genau da wollen wir mit der Erbschaftsteuerreform ansetzen. Konsequenterweise wollen wir die Einnahmen auch dort hinsteuern, wo sie die Wirtschaft wiederum mittelbar stärken. Das ist vor allem der Bildungsbereich. Wir müssen auf unser Humankapital setzen, um auch in Zukunft wirtschaftlich mithalten zu können.
Deswegen, meine Damen und Herren, wollen wir als Küstenkoalition die zukünftigen Mittel aus der Erbschaftsteuer, die zusätzlich entstehen, in das Bildungssystem leiten. Darüber hinaus wollen wir auch Zukunftsinvestitionen für soziale Gerechtigkeit im Allgemeinen sowie für die Sanierung der Infrastruktur leisten. Nicht nur deswegen erteilen wir möglichen Rufen nach einer Abschaffung der Erbschaftssteuer eine klare Absage.
In Bezug auf die Erbschaftsteuer geht es, wie der Name schon sagt, um Vermögen, das in Form eines Erbes von einer Generation zur nächsten weitergereicht wird. Der Erbe bekommt ein Vermögen zugeteilt, was er nicht selbst erwirtschaftet hat. Daher
ist es zumutbar, dass von Generation zu Generation ein Teilbetrag auch wieder an die Allgemeinheit zurückgegeben werden kann, und das ist bei Weitem auch nicht der größte Teilbetrag. Das ist eben ein Kreislauf, der im Übrigen für Privatvermögen schon vollständig gilt, nur für Betriebsvermögen nicht. Dieser Kreislauf kann dazu beitragen, dass die Finanzströme nicht ausschließlich in einen Stausee geleitet werden, sondern sozusagen im Fluss bleiben und so auch der gesamten Gesellschaft dienen können, ohne die Erben zu überfordern.
Herr Kollege Harms, ich wollte nur die Frage stellen: Wenn ich das zu Lebzeiten verschenken würde, soll dann an dem, was ich verschenke, der Staat auch partizipieren?
- Wenn Sie es verschenken können, lieber Herr Kollege Kubicki, Sie haben ja vorhin eine Kontonummer genannt, dann können Sie es dorthin überweisen. Das würde mich freuen. Da hätte der Staat unheimlich viel von.
Meine Damen und Herren, es geht nicht darum, dass das Erben abgeschafft wird, darum ging ja auch mittelbar eben die Diskussion, sondern Erben wird selbstverständlich, so steht es auch in Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes, natürlich nicht abgeschafft, sondern es wird weiter bestehen bleiben. Allerdings sollen alle Erben dann auch gleichbehandelt werden. Hier geht es einfach um den Gleichbehandlungsgrundsatz. Das ist ein Verfassungsauftrag, an den wir uns alle halten sollten. Insofern ist die Regelung, die auf Bundesebene angedacht und von uns unterstützt wird, auch die richtige Regelung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kam nicht überraschend, dass das Bundesverfassungsgericht die Regelung zur Begünstigung von Betriebsvermögen im Erbschaftssteuerrecht in einigen Punkten für verfassungswidrig erklärt hat. Grundsätzlich ist die Begünstigung von Betriebsvermögen gegenüber nicht betrieblichem Vermögen mit dem Grundgesetz vereinbar. Es muss aber stets ein besonderer sachlicher Grund dafür vorliegen. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht, dass eine steuerliche Privilegierung nur zulässig sein kann, um den Bestand des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Die derzeit geltenden Privilegierungen sind jedoch unverhältnismäßig. An verschiedenen Stellen besteht, so das Bundesverfassungsgericht, ein Nachsteuerungsbedarf.
Unverhältnismäßig ist die Begünstigung betrieblicher Vermögen, wenn sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzunehmen. Ebenfalls wurde für verfassungswidrig erklärt, dass Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten von der Lohnsummenklausel befreit sind, also keinen Nachweis über den Erhalt von Arbeitsplätzen erbringen müssen, um steuerlich begünstigt zu werden. Darüber hinaus ist der für eine Verschonung von der Erbschaftsteuer bisher zulässige Verwaltungsvermögensanteil von 50 % laut Bundesverfassungsgericht zu hoch angesetzt, und der Spielraum für ungewollte Steuerentlastungsgestaltungen ist zu groß. Der Gesetzgeber ist jetzt aufgefordert, die betroffene Regelung zu überarbeiten.
Ich begrüße es sehr, meine Damen und Herren, dass Bundesfinanzminister Schäuble bereits ein Eckpunktepapier für die Reform vorgelegt hat. Es ist mir nicht verständlich, warum die CDU den Bundesfinanzminister hier als „geldgierigen Geier“ hinstellt.
Ich sage an dieser Stelle: Herr Schäuble ist ein kluger Mann. Er hat einen Vorschlag vorgelegt, der generationengerecht ist, der Verteilungsgerechtigkeit herstellen will und der das Gesetz vor allem verfassungsfest macht. Vielleicht, wenn Sie sich so aufregen, können Sie ja noch einmal sagen, wieso wir geldgierige Geier sind und Herr Schäuble nicht, wo wir uns doch hinter die Reform von Herrn Schäuble stellen. Das würde dann einiges klären.
Aus meiner Sicht haben wir mit dem Gesetzentwurf des Bundesfinanzministers eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen.
Erstens. Eine Verschonung ohne Bedürfnisprüfung kommt nur noch bei einem Erwerb von betrieblichen Vermögenswerten von bis zu 20 Millionen € infrage.
Zweitens. Entscheidend für den Verzicht auf die Prüfung der Lohnsummenregelung ist nicht mehr die Anzahl der Arbeitnehmer, so schlägt er vor, sondern ein Unternehmenswert von bis zu 1 Million €.
Drittens. Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb nur bis zu 50 % zuzuordnen sind oder die losgelöst vom Betrieb der Vermögensverwaltung dienen, gehören nicht zum begünstigten Vermögen.
Jetzt muss die Bundesregierung und müssen wir, Land und Bund, diese Regelung konkretisieren, sie diskutieren, offene Fragen beantworten und uns dann möglichst darüber verständigen.
Meine Damen und Herren, die von Minister Schäuble vorgeschlagene Grenze von 20 Millionen € bedeutet - das ist von Herrn Stegner auch gesagt worden -, dass circa 98 % der Unternehmen die zusagen, die Arbeitsplätze zu erhalten, von der Erbschaftsteuer verschont werden - 98 %. Nur bei 2 % würde eine besondere Bedürfnisprüfung durchgeführt, an deren Ende auch eine Verschonung stehen könnte. - Worüber reden wir eigentlich? Es wäre daher absurd, die 20-Millionen-€-Grenze noch weiter zu erhöhen. Denn so würden fast alle Unternehmenserben verschont. Das wiederum wollte das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich nicht.
Meine Damen und Herren, die Vorschläge von Herrn Schäuble haben logischerweise Großunternehmer auf den Plan gerufen. Sie fürchten, zukünftig Erbschaftsteuer zahlen zu müssen, und sie protestieren lautstark. Das war zu erwarten. Was mich aber erstaunt, ist die Dynamik, mit der Bundestagsabgeordnete wie auch Landesregierungen in einen Überbietungswettbewerb eingestiegen sind, wer sich am weitesten von Herrn Schäuble distanziert. Die schleswig-holsteinische Landesregierung wird sich daran nicht beteiligen. Ich warne davor, dass sich die Länder das Instrument der Erbschaftsteuer als wichtige Einnahme und als gerechtes Verteilungsinstrument selbst kaputtmachen.
Es wurde gesagt: Wir hatten im letzten Jahr in Schleswig-Holstein überproportional viel an Erbschaftsteuer, nämlich 170 Millionen €. Herr Wiegard, Sie wissen genauso gut wie ich, dass dieses Geld durch den Länderfinanzausgleich geht. Insofern ist die Frage, was wir mit dem Mehr gemacht haben, eine begrenzte Frage.
Der Antrag der FDP schlägt vor, die Erbschaftssteuer in die Länderautonomie zu geben. Wer das vorschlägt, der muss sich natürlich auch die Frage stellen, was das dann heißt - Schweiz/Deutschland hat eine Doppelbesteuerung zur Erbschaftsteuer -: Soll es jetzt auch zwischen den Bundesländern eine Doppelbundesbesteuerung geben, vielleicht 120 Stück, damit jeder Fall geklärt ist? Was passiert denn, wenn ein Hamburger in Schleswig-Holstein erbt oder umgekehrt?
Meine Damen und Herren, als Haushaltskonsolidierungsland steht Schleswig-Holstein vor der großen Herausforderung, die Infrastruktur umfassend zu sanieren, in Bildung zu investieren und gleichzeitig spätestens ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden zu machen. Unser Land ist dabei auch auf die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer angewiesen. Die Erbschaftsteuer ist ein notwendiges Verteilungsinstrument. Es gibt genügend Anlass, diesen Zweck wieder stärker zu betonen. Studien, beispielsweise vom DIW, belegen, dass die Vermögen in Deutschland in hohem Maße ungleich verteilt sind. Daher ist es nur konsequent, wenn wir mit der Neuregelung der Erbschaftsteuer auch auf zusätzliche Einnahmen setzen. Wir müssen verstärkt in Bildung investieren, denn Bildung ist nach wie vor die wichtigste Stellschraube, um jungen Menschen mit schlechteren Startbedingungen soziale Aufstiegschancen zu geben.
Meine Damen und Herren, wir brauchen eine verfassungskonforme Regelung der Erbschaftsteuer, welche den Erhalt von Arbeitsplätzen nicht gefährdet, die gerecht besteuert und die Einnahmen des Staates sichert. Schleswig-Holstein wird sich auf Bundesebene konstruktiv für eine differenzierte und gerechte Lösung einsetzen. Und: Wir scheuen uns auch nicht, dabei ungewöhnliche Bündnisse einzugehen. Wenn etwas richtig ist, wird es von uns unterstützt. Gerade dann, wenn demjenigen, der einen guten Vorschlag macht, die eigenen Freunde abhandenkommen. Sie haben ja heute noch einmal deut
lich gemacht, es sei wichtig, das zu unterstützen, damit gute Vorschläge eine Chance haben umgesetzt zu werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 2 Minuten 30 Sekunden überzogen. Ich sehe aber nicht, dass es weitere Wortmeldungen gibt. Ich schließe also die Beratung. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden.
Erstens: Abstimmung zu a), Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/2781, und Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/2851.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/2851, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW, die Fraktionen von PIRATEN und FDP. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.