Ein Zeichen dieser Humanität ist für die Landesregierung auch der Winterabschiebestopp. Ich betone dabei ausdrücklich: Ziel des Abschiebestopps ist es nicht, keine Abschiebungen mehr durchzuführen. Diese sind und bleiben ein erforderliches Mittel der Aufenthaltsbeendigung für Menschen, denen unter keinen Umständen ein Aufenthaltsrecht zusteht. Aber: Abschiebungen müssen auch menschlich und in Würde erfolgen. Soweit wir dieses nicht gewährleisten können, etwa indem wir Menschen in einer aussichtslose Lage in winterliche Kälte zurückschicken müssten, ist es eine humanitäre Verpflichtung, Abschiebungen auszusetzen. Das haben wir getan, und das werden wir auch in Zukunft tun.
Ab April - auch das gehört zur Klarheit dazu - werden wir wieder entsprechende Rückführungen vornehmen.
Meine Damen und Herren, der Leitsatz dieser Koalition lautet: Migration und Integration sind zusammen zu denken. Für eine erfolgreiche Umsetzung sind erhebliche Anstrengungen notwendig, vom Land, von den Kommunen und natürlich von der Gesellschaft insgesamt. Unser Bericht gibt umfassend Auskunft über die vielen Maßnahmen, die das Land dazu getroffen hat oder derzeit vorbereitet. Gern dürfen diese Berichte, die hier für den Landtag gefertigt worden sind, auch nach Berlin weitergeleitet und dort gelesen werden.
- Besser doch! Lassen Sie mich einige Bereiche des Berichts herausgreifen. Ein ganz wesentlicher Teil des Aufnahmekonzepts ist die Erhöhung der
Erstaufnahmekapazitäten. Bereits im Dezember haben wir die Erstaufnahmeeinrichtung in Neumünster um 200 Plätze erweitert. Die vorbereitenden Bauarbeiten für die Errichtung der vier Modulhäuser mit 400 Plätzen sind bereits angelaufen. In Boostedt werden wir ab dem Beginn des kommenden Monats bis zu 50 Plätze und ab Mai dann 350 Unterbringungsplätze anbieten.
Steigen die Flüchtlingszahlen aber wie prognostiziert, werden wir auch mit dieser Aufstockung an Grenzen stoßen. Eine von uns eingerichtete Taskforce ist daher zurzeit intensiv auf der Suche nach zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten. Die können in Kasernen, sonstigen Gebäude, Wohncontainern oder - das ist meine ganz persönliche Präferenz - in Neubauten mit Nachnutzungsmöglichkeiten auf Campusgeländen entstehen.
Wir haben das Ziel, Schutzsuchende bis zu sechs Wochen in Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes zu betreuen. In dieser Zeit können die ersten Schritte im Asylverfahren absolviert werden. Zudem wird es eine erste Sprachorientierung in der Erstaufnahme geben. Eine solche frühzeitige Sprachförderung wird den Schutzsuchenden die Aufnahme in den Kommunen deutlich erleichtern. Diese Aufnahme soll dann bestenfalls auch so erfolgen, dass wir die Bedarfe und Möglichkeiten der Menschen mit den Angeboten der Kommunen in Übereinstimmung bringen können.
Auch auf anderen Ebenen unterstützen wir die Kommunen. Wir haben zum Jahreswechsel die Betreuungskostenpauschale signifikant angehoben. Das Ehrenamt wird als unverzichtbare Stütze der Flüchtlingshilfe gesondert gefördert. Auch planungsrechtliche Beschränkungen wurden mit der Novelle des Baugesetzbuches zum Ende des vergangenen Jahres deutlich gelockert. In vielen Einzelfällen von bauordnungsrechtlichen Fragen wird vor Ort Hilfestellung geleistet.
Eine sinnvolle Unterstützung der Kommunen erfordert ein konstruktives Zusammenarbeiten mit den Kommunen und anderen gesellschaftlichen Akteuren. Dazu werden der Ministerpräsident und ich am 6. Mai 2015 zu einer Flüchtlingskonferenz neben Politik und Kommunen natürlich auch Vertreter der Wirtschaft, der Kirchen, der Sozial- und Flüchtlingsverbände sowie der Wohnungswirtschaft einladen. Wir werden einen Flüchtlingspakt vorschlagen, dessen Ziel die integrationsorientierte Aufnahme ist. Wir wollen den Asylsuchenden von Anfang an einen guten Start bieten. Ich denke, das ist etwas, was wir alle gemeinsam als unsere humanitäre Grundverpflichtung empfinden.
Nur kurz wiederholen möchte ich an dieser Stelle meine schon mehrfach geäußerten Erwartungen an den Bund.
Lassen Sie uns gemeinsam von realistischen Annahmen für die Flüchtlingszahlen im Jahre 2015 ausgehen. Statten Sie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schnellstmöglich mit hinreichend Personal aus. Zum Teil mehrjährige Wartezeiten sind unerträglich. Übernehmen Sie mehr Verantwortung. Es ist nicht nur eine kommunale oder regionale Verantwortung, es ist eine nationale, eine humanitäre Herausforderung. Gern dürfen an dieser Stelle auch unsere schleswig-holsteinischen Kollegen im Bund unterstützend wirken.
Meine Damen und Herren, in dem entsprechenden Bericht gibt die Landesregierung auch umfangreich Auskunft zur Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Schleswig-Holstein in den vergangenen fünf Jahren. Für die konkreten Zahlen, die auch auf Informationen der kommunalen Landesverbände beruhen, verweise ich auf den Bericht.
Wichtig ist dem Sozialministerium jedoch eine Klarstellung zu den auffallend geringen Fallzahlen des Kreises Flensburg für das Jahr 2012. Diese Zahlen sind nur bedingt aussagekräftig, da sie wohl auf einem Zuordnungsfehler bei der Meldung an das Statistikamt beruhen. Es gibt Anlass zu der Annahme, dass dort zum Teil als Anlass der Inobhutnahme nicht der Grund „unbegleitete Einreise aus dem Ausland“, sondern der Grund „sonstige Probleme“ angegeben wurde.
Im Rahmen der Aufnahme von Flüchtlingen gilt unbegleitet einreisenden minderjährigen Flüchtlingen besondere Aufmerksamkeit. Sie sind von den Jugendämtern in Obhut zu nehmen, die in der Regel bis zur Volljährigkeit - bei weiterem Hilfebedarf auch längstens bis zum 27. Lebensjahr - Jugendhilfe leisten.
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind zwar nach Biografie, Bildungsvoraussetzungen, Herkunft und Fluchtgeschichte eine heterogene Gruppe, sie sind aber zugleich in erster Linie Kinder und Jugendliche, die in ihrer Entwicklung individuell angemessen zu fördern sind, genauso wie deutsche Kinder und Jugendliche. Dies ist der Grund, weshalb es eines speziellen Integrationskonzeptes für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nicht bedarf. Dennoch ist klar, dass die Sprachbarriere und die Ungewissheit über die Aufenthaltsdauer spezifische Herausforderungen bei der angemessenen Betreu
Die frühzeitige Integration minderjähriger Flüchtlinge in das reguläre Bildungssystem ist uns deshalb ein ganz besonderes Anliegen. Schulpflichtige Kinder sollen bereits in einer Erstaufnahme eine schulvorbereitende Förderung erhalten. Ich sagte es bereits. Mit der Erweiterung der Einrichtung in Neumünster werden wir die Schulförderung dort zu einem pädagogischen Zentrum ausbauen.
Nach der Verteilung auf die Kommunen werden die Schulkinder zunächst in sogenannten DaZ-Zentren beschult. Nach dem Übertritt in die Regelschule findet eine weitere Sprachförderung statt. Für dieses Konzept der Sprachförderung stellt die Landesregierung weitere 125 Lehrkraftstellen und zusätzliche Mittel im Umfang von 7,7 Millionen € bereit. Die Themen Bildung und Sprachförderung werden natürlich auch zentrale Handlungsfelder in der Flüchtlingskonferenz und im Flüchtlingspakt sein.
Die Zahl der Inobhutnahmen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Schleswig-Holstein ist von 2013 auf 2014 von 438 auf 830 angestiegen, vorwiegend männliche Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren. Für 2015 ist mit einer weiteren Steigerung zu rechnen, die die Jugendämter zum Teil an die Grenze ihrer Aufnahmekapazität bringt.
Gerade weil bekannt ist, dass die durch die Kinderund Jugendhilfe zu leistende Unterbringung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge die Kommunen aufgrund der immensen Fallzunahme vor eine enorme Aufgabe stellt, werden Betriebserlaubnisanträge für neue Einrichtungen von unserer Heimaufsicht vorrangig bearbeitet. Gemeinsam mit den örtlichen und den freien Trägern der Jugendhilfe werden schnelle, am Kindeswohl orientierte Lösungen geschaffen.
Die Landesregierung begrüßt die Diskussion auf Bund-Länder-Ebene über eine Änderung der Zuweisungs- und insbesondere der Abrechungsmodalitäten in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Das zuständige Bundesressort bereitet derzeit einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Unser zuständiges Fachressort war an der Erarbeitung der Eckpunkte beteiligt. Wir sind über das weitere Verfahren mit allen Beteiligten im Gespräch. Wir haben zudem mehrfach und gemeinsam mit anderen Ländern eine Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Betreuung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gefordert.
reich an der Verwirklichung der umfassenden Integration derjenigen gearbeitet, die bei uns Schutz vor Gewalt und Verfolgung suchen. Aber ich sage auch ganz deutlich: Flüchtlingspolitik und die damit verbundenen Herausforderungen eignen sich nicht für politische Scheingefechte.
Ich bitte daher alle Beteiligten ganz eindringlich, bei jeder Diskussion um die beste Lösung die Menschen im Vordergrund zu sehen und weiterhin gemeinsam an einem Strang zu ziehen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der vergangenen Legislaturperiode haben wir hier in diesem Landtag einige Male über die Einrichtung einer Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge diskutiert und dies damals mehrheitlich verneint, da die Inobhutnahme dieser jungen Menschen von den Kreisen und kreisfreien Städten in eigener Verantwortung wahrgenommen wird. Doch wie die Flüchtlingszahlen steigt auch die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Schleswig-Holstein. Deshalb haben wir diesen Bericht der Landesregierung beantragt. Ich danke an dieser Stelle allen, die an der Erstellung des Berichts beteiligt waren, ganz herzlich. Mir ist sehr bewusst, dass es nicht ganz einfach war, diesen Bericht in der Kürze der Zeit zu erstellen.
Dieser Bericht macht nochmals deutlich, dass die Verteilung dieser jungen Menschen in SchleswigHolstein sehr unterschiedlich ist und besonders die kreisfreien Städte und die Kreise Ostholstein und Schleswig-Flensburg diese Aufgaben wahrnehmen. Die Zahl dieser jungen Menschen hat sich binnen eines Jahres fast verdoppelt. Die Antwort auf die Frage nach dem Bildungsstand dieser Kinder und Jugendlichen bestätigt das, was wir bei Besuchen in den Einrichtungen immer wieder feststellen: Bei allen Unterschieden im Bildungsstand sind diese jungen Leute bildungshungrig, motiviert, zielstrebig und häufig auch sehr selbstständig.
Die großen Herausforderungen sind auch für sie der schnelle Spracherwerb, zunehmend die Behandlung traumatischer Störungen und die Frage, wie es nach der Volljährigkeit weitergeht und wie man den Übergang in die Berufsausbildung organisiert.
Hier ist das Land gefragt. Einiges ist in den letzten Jahren auf den Weg gebracht worden, durchaus auch, nachdem wir dies gefordert hatten. Allerdings berichten die Sozialen Dienste, die Jugendämter und die Vormünder auch von zunehmenden Problemen. Sie weisen auf den häufig schlechten gesundheitlichen Zustand dieser Menschen hin, auf die Sprachbarrieren, auf den Mangel an geeignetem Wohnraum, auf zu geringe Berufsschulkapazitäten und auf unzureichende Beratungskapazitäten für die Zeit nach der Jugendhilfe.
Die Kommunen weisen zunehmend auf stark steigende Personal- und Sachkosten hin. Natürlich stellt auch sie die Planungsunsicherheit bezüglich der steigenden Fallzahlen vor große Probleme.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gerade weil wir wissen, dass diese jungen Menschen in einer ganz besonderen Situation sind, dass sie sich mehrheitlich schnell integrieren möchten und dass sie vermutlich hierbleiben werden, brauchen sie unsere ganz besondere Aufmerksamkeit. Aber auch die sie in Obhut Nehmenden brauchen die Unterstützung des Landes.
Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Zahlen, dieser sehr deutlich benannten Probleme und möglicherweise einer anderen Verteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Bundesgebiet haben wir erfragt, ob die Landesregierung vorhat, ein Konzept zur Integration dieser Jugendlichen zu erarbeiten. Uns wurde mitgeteilt, dass sie ein besonderes Integrationskonzept nicht für sinnvoll hält, da ja die Jugendhilfe - sprich: die kreisfreien Städte und Kreise - zuständig seien. Im Übrigen wird in dem Bericht aufgezählt, welche Leistungen bisher angeboten werden.
Ganz offensichtlich hält die Landesregierung es noch nicht einmal für notwendig, wenigstens gemeinsam mit den Kommunen ein Organisationskonzept zu entwickeln und darüber nachzudenken.
Das, meine Damen und Herren, ist exakt die gleiche Reaktion wie die, die wir Ende 2013 auf unsere Forderung nach einem Konzept zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in SchleswigHolstein erhalten haben. Auch damals haben Sie
Demzufolge hatten Sie damals auch ein Dreivierteljahr lang nichts Konkretes unternommen, und diese verlorene Zeit haben Sie eben bis heute nicht wieder aufholen können. Ausbaden müssen dies vor allem die Kommunen und die Menschen, die bei uns Zuflucht und Schutz suchen. Heute haben wir den dritten Bericht zur Unterbringung der Flüchtlinge und Asylbewerber vorliegen. Ich stelle fest, es gibt nicht wirklich gehaltvoll Neues, außer, dass das Land nur mit 20.000 Flüchtlingen und Asylbewerbern rechnet, 4.000 Plätze für die Erstaufnahme benötigt und dass Boostedt eben nicht, wie angekündigt, 2015 vollständig genutzt werden kann, sondern erst Ende des Jahres. Auch hier kann ich nur wiederholen: Hätten Sie früher angefangen, wären Sie heute schon weiter. Ich kann Ihnen das an der Stelle nicht ersparen.
Dann zählen Sie uns zum wiederholten Male auf, welche finanziellen Mittel Sie im Haushalt 2015 bereitgestellt haben. Auch das ist - so sage ich an dieser Stelle - nicht wirklich neu. Darüber haben wir im Landtag schon mehrfach gesprochen. Sie zählen uns ebenfalls auf vielen Seiten Papier auf, welche Veranstaltungen und Informationen Sie bisher durchgeführt haben, welche Projekte zur Willkommenskultur Sie initiieren und nicht zu vergessen all die Leitfäden, die die Kommunen zur Aufnahme der Flüchtlinge umsetzen müssen. Und dann verkünden Sie uns auch noch die Regionalkonferenzen. Jetzt muss ich Sie wirklich einmal fragen: Wie lange brauchen Sie eigentlich, bis Sie eine Regionalkonferenz organisiert bekommen?
Bereits im Herbst letzten Jahres haben Sie uns dies angekündigt und noch immer, so steht es im Bericht, sind Sie über die Planung nicht hinausgekommen. Wie immer bleibt alles unkonkret, unverbindlich und geht an der Realität vorbei.