Protocol of the Session on March 19, 2015

(Wolfgang Dudda)

Dienstherrn, hier mit in die Verantwortung für einen Bediensteten zu gehen. Schließlich entstand der Schaden nicht aufgrund einer privaten Situation, sondern weil der jeweilige Beamte für den Staat tätig war. In Ausübung seines Dienstes geschädigt zu werden, ist nicht die Privatsache eines jeden Beamten.

Deshalb sollen Polizeibeamte, Justizvollzugsbeamte und auch andere Beamte, zum Beispiel Vollstreckungsbeamte, vom Land nicht alleingelassen werden. Neben dem schon jetzt gewährten Rechtsschutz im Verfahren für unsere Beamten wird auch dafür Sorge getragen, dass die Schäden, die in Ausübung des Dienstes erlitten wurden und die finanziell mangels Liquidität des Schuldigers nicht abgegolten werden, in Zukunft im Rahmen des vorliegenden Gesetzes durch das Land getragen werden. Damit erhalten die Menschen die Sicherheit, die ihnen zusteht.

Das bedeutet allerdings für den Schuldiger nicht, dass er nun fein raus ist. Die Schuld geht auf das Land über, und wir erwarten natürlich, dass das Land alles in die Wege leitet, um die Schuld auch einzutreiben. Ich sage das deshalb, weil mir durchaus wichtig ist, dass hier deutlich wird, dass nicht nur den betroffenen Beamten geholfen wird, sondern dass sich das Land auch Verwaltungsaufgaben aufbürdet, die es sonst nicht hätte. Ganz konkret heißt das, dass wir formal den Arbeitsaufwand der Verwaltung nicht verkleinern, sondern ausweiten. Wir alle werden mit Sicherheit sagen, dass dies für eine so gute Sache geschieht, aber am Ende darf es nicht dazu kommen, dass der Verwaltungsaufwand hierfür kritisiert wird.

Meine Damen und Herren, am Ende muss man ehrlicherweise sagen, dass die körperlichen und psychologischen Schädigungen für unsere Beamten manchmal schlimmer sind als der erlittene finanzielle Schaden. Und trotzdem hilft unsere Regelung, die wir heute beschließen, weiter. Die Betroffenen haben zumindest eine Sorge weniger, wenn ihnen etwas widerfährt, und das beruhigt im Einzelfall. Deshalb ist die neue Regelung richtig, und ich bin sehr dankbar dafür, dass wir diese hier in Einmütigkeit beschließen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen nach den Beiträgen der Fraktionen zu den Dreiminutenbeiträgen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Kai Dolgner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dudda, es tut mir leid, irgendwie habe ich Ihren Beitrag nicht verstanden. Darüber müssen wir vielleicht nachher noch einmal sprechen. Die Frage, ob hier im Parlament eine verständliche oder eine unverständliche Sprache benutzt worden ist, hat doch nichts mit dem Entschädigungsfonds für im Dienst verletzte Beamte und Arbeitnehmer zu tun.

(Beifall SPD)

Sie können doch nicht insinuieren, dass es hier einen Zusammenhang gibt. Ja, Sie haben recht, es gibt Einzelfälle, in denen muss man einzelne Maßnahmen ergreifen. Beide Fälle kenne ich. Ich kenne den richtigen Hintergrund der richtigen Maßnahmen im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Diese kann ich gern nachher mitteilen. Das Finanzamt in Rendsburg war immer so offen, wie Sie und ich uns das vorstellen. Es gab einen vollkommen freien Zugang. Es gab nun eine Person, die in der Gegend bekannt war. Man hätte aber nicht gedacht, dass er zu so etwas neigen würde. Diese Person hat nun leider ein Tötungsdelikt begangen, und die Würdigung obliegt dem Gericht. Das hat nichts damit zu tun, wie wir hier Politik machen und ob wir eine leichte oder eine schwere Sprache haben. Ich verstehe diesen Zusammenhang einfach nicht. Die meisten Polizeibeamten, die im Dienst verletzt werden, werden in Situationen häuslicher Gewalt verletzt. Wir werden es wahrscheinlich auch mit einer noch so guten Maßnahme nicht hinbekommen, dass dies nicht mehr passiert.

Der Kollege Peters hat es ziemlich eindeutig gesagt: Das Problem sind die damit verbundenen Zahlungsausfälle, da wir häufig verursachende Personen haben, die nicht zahlungsfähig sind. Das ist ein Versäumnis von allen Vorangegangenen. Eigentlich hätte der Staat sich schon längst um seine Bediensteten kümmern müssen, und das ist völlig unabhängig von der Quantität, egal, ob ich zehn oder 100 Fälle habe. Selbst wenn die Gesellschaft einmal so friedlich sein sollte, alle sozialen Gegensätze beseitigt sein sollten und wir nur zehn Fälle hätten, dann wäre es für den Einzelnen individuell auch ein Problem, wenn er kein Schmerzensgeld bekäme.

Ich als Sozialdemokrat habe großes Verständnis und Sympathie für Theorien, die Konflikte in der Gesellschaft auf sozioökonomische Widersprüche zurückführen. Aber nicht jeder Konflikt und nicht jede Gewalttat sind auf einen sozioökonomischen

(Lars Harms)

Widerspruch zurückzuführen. An der Stelle ist der Umkehrschluss genauso wenig gestattet.

Deshalb brauchen wir einen solchen Fonds, und deshalb ist er auch richtig. Wir werden aber in keiner Gesellschaftsform ausschließen können, dass diejenigen, die für uns alle und für den Staat tätig werden, auf Menschen treffen, die auch meinem rationalen Erklärungsmuster nicht entsprechen. Aus diesem Grunde gehen alle betroffenen Beamten ein Risiko ein. Deshalb sollten wir das Risiko auch so weit wie möglich abfedern. Ich bin froh darüber, dass am Ende alle dem Gesetzentwurf zustimmen.

Was das mit dem Finanzamt Rendsburg, was das mit der Leichten Sprache oder nicht so Leichten Sprache im Parlament zu tun hat, was das mit dem Kreis Rendsburg zu tun hat, das hat sich mir nicht erschlossen. Ich gehe davon aus, dass Sie insoweit auch keinen Zusammenhang herstellen wollten. Deshalb möchte ich Sie darum bitten, in Ihrer nächsten Rede auch eine leichtere Sprache zu verwenden, damit zumindest ich verstehe, was Sie meinen.

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen aus der Mitte des Parlaments liegen nicht vor. Das Wort für die Landesregierung hat jetzt der Herr Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten, Stefan Studt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ein Vertreter des Dienstherrn Land mit der Zuständigkeit für einen großen Personalkörper bin ich dem Landtag sehr dankbar für die neue Regelung, erst recht - jedenfalls habe ich das so verstanden -, wenn diese Regelung hier einvernehmlich verabschiedet wird.

Dies unterstützt mich in der Erfüllung meiner und unserer Fürsorgepflicht gegenüber unseren Polizistinnen und Polizisten, die im Dienst oder aufgrund ihrer dienstlichen Stellung Opfer von Gewalt werden oder es in letzter Zeit geworden sind.

Richtig ist aber, dass diese Regelung nicht nur auf die Polizei bezogen ist, sondern auf alle Landesbediensteten. An der Stelle gibt es nämlich auch im Bereich Justiz, im Bereich Steuer und in allen sonstigen Verwaltungsbereichen Situationen, die durchaus gleichartig sein können. Es ist richtig, diese Situationen gleich zu behandeln.

Ich freue mich natürlich auch über die Rückkehr unserer Einsatzhundertschaft aus Frankfurt. Die Situation, die wir dort erleben mussten, die Bilder, die wir von dort sehen konnten, sind in der Tat besorgniserregend. Richtig ist, dass wir auch darüber noch einmal in einem anderen Kontext diskutieren müssen.

Ich begrüße aber ganz ausdrücklich die hier zum Ausdruck gekommene Abgrenzung dieses Hauses von den Gewalttätern und den Gewalttaten in Frankfurt. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich lasse über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW in der Drucksache 18/2494 (neu), 2. Fassung, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr, wünsche Ihnen guten Appetit, gute Gespräche und gute Erholung. Bis nachher.

(Unterbrechung von 13:03 Uhr bis 15:03 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung wieder.

Begrüßen Sie mit mir Vertreterinnen und Vertreter des Bürgervereins Heide bei uns im Schleswig-Holsteinischen Landtag. - Seien Sie uns ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12, 39, 40 und 41 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Einrichtung eines Ausschusses für Integrations- und Flüchtlingspolitik

Antrag der Fraktionen von CDU und PIRATEN Drucksache 18/2631

(Dr. Kai Dolgner)

b) Bericht zur Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/2751

c) Humanitäre Flüchtlingspolitik beibehalten!

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/2752

d) Menschenwürdige Unterbringung sichern! Gemeinsames Konzept von Land und Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen im Land Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/2776

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Ich erteile zunächst dem Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten, Stefan Studt, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier werden drei Berichte in einem Tagesordnungspunkt zusammengefasst, die sich in der Zuständigkeit auf verschiedenen Ressorts erstecken. Fragen der sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden wesentlich vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung verantwortet. Sprachausbildung und Beschulung auch und gerade von Flüchtlingen liegen in der Zuständigkeit des Ministeriums für Schule und Berufsbildung. Aus der koordinierenden Gesamtverantwortung heraus für das Thema Flüchtlinge darf ich Ihnen hier heute die drei benannten Berichte vorstellen.

Meine Damen und Herren, nachdem wir bereits im Jahr 2014 einen erheblichen Anstieg der Flüchtlingszahlen erlebt haben, zeigen die ersten Monate dieses Jahres im Vergleich zu den ersten Monaten der Vorjahre eine weitere erhebliche Zunahme. Der vorliegende Bericht der Landesregierung verdeutlicht diesen Sprung mit mehreren Grafiken. Ich möchte Ihnen den schon fast exponentiellen Anstieg mit einigen Zahlen veranschaulichen:

2013 hat Schleswig-Holstein 3.904 Schutzsuchende aufgenommen. 2014 stieg diese Zahl um 95 % auf 7.620 Menschen. Der deutliche Anstieg in den Monaten Januar und Februar dieses Jahres führt uns nunmehr zu der Erwartung, dass wir für das Jahr

2015 mit - das sage ich bewusst - bis zu 20.000 Asylerstantragstellern rechnen. Bis heute - oder Stichtag gestern - sind es 2.942. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es gut 900.

Wir werden die Entwicklung sehr genau weiter verfolgen und versuchen, diese Zahlen, unsere Zahlen, mit den Ländern und mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abzustimmen, sodass wir bestenfalls dann auch schnell eine gemeinsame und belastbare Zahl haben werden.

Zu uns kommen Menschen, die unter höchsten Risiken vor Gewalt, Verfolgung und Terror geflohen sind, Menschen, die bei uns Schutz suchen. Menschen, bei denen es unsere grundgesetzliche und humanitäre Pflicht ist, ihnen einen sicheren und möglichst selbstbestimmten Aufenthalt in unserem Land zu bieten.

Ein Zeichen dieser Humanität ist für die Landesregierung auch der Winterabschiebestopp. Ich betone dabei ausdrücklich: Ziel des Abschiebestopps ist es nicht, keine Abschiebungen mehr durchzuführen. Diese sind und bleiben ein erforderliches Mittel der Aufenthaltsbeendigung für Menschen, denen unter keinen Umständen ein Aufenthaltsrecht zusteht. Aber: Abschiebungen müssen auch menschlich und in Würde erfolgen. Soweit wir dieses nicht gewährleisten können, etwa indem wir Menschen in einer aussichtslose Lage in winterliche Kälte zurückschicken müssten, ist es eine humanitäre Verpflichtung, Abschiebungen auszusetzen. Das haben wir getan, und das werden wir auch in Zukunft tun.