hingewiesen -: Ist Ihnen der Unterschied zwischen Kommunikationsdaten und Ortungsdaten bekannt und dass bei einer Funkzellenabfrage -
Sie unterscheidet sich deshalb trotzdem ziemlich. Herr Dr. Dolgner, wenn Sie jetzt erklären, dass das für Sie gleichbedeutend ist -
- Gut, dann ist es in Ordnung. Ich wollte nur fragen: Der Unterschied zwischen einer Lokalisierung auf eng begrenztem Gebiet und einer massenhaften Speicherung von Kommunikationsdaten ist Ihnen also bekannt? Das macht schon einen großen Unterschied.
Ich bin aber gern willens, Ihre Frage in der Weise zu beantworten, dass ich a) dem Kollegen Dolgner zustimme, was ich fast immer tue, und b) darauf hinweise, dass es vorhin um die Frage ging, die der Kollege Breyer gestellt hat. Er hat nämlich gefragt, was denn eine massenhafte Datenspeicherung sei. Das ist eine Speicherung von Daten, natürlich nicht massenhaft bezogen auf die gesamte Bevölkerung. Aber es kommen doch, wie in dem gezeigten Fall, viele Daten zusammen, die Menschen in ihren Bürgerrechten tangieren. Das ist so. Das ist legitim, wenn man das abwägt. Ich wollte nur sagen: Es ist nicht unmöglich.
Ich bin kein Datenspezialist, aber ich bin durchaus der Meinung, dass es Wege geben wird, dass man geeignete Ermittlungsmethoden findet, die die Grundrechte nicht übertrieben einschränken. Da
für gilt alles, was der Kollege Harms übrigens für die gesamte Koalition und nicht nur für den SSW festgestellt hat. Es ist unsere Haltung, dass wir die Bürgerrechte nicht beseitigen wollen, um Sicherheit zu gewährleisten. Dann verliert am Ende beides. Ich habe darauf hingewiesen.
Herr Abgeordneter Dr. Stegner, erlauben Sie eine weitere Anmerkung des Herrn Abgeordneten Schmidt? - Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Kollege Dr. Stegner, nach Ihren Ausführungen frage ich mich gerade, warum Sie der Presse gegenüber nicht gesagt haben, dass die jetzigen Ermittlungsmethoden ausreichend sind.
Das habe ich deswegen nicht gesagt, weil ich, bezogen auf solche Fälle wie beispielsweise die NSUMordserie oder andere Dinge nicht finden kann, dass wir einfach davor kapitulieren sollten. Ich glaube schon, dass man versuchen muss, Ermittlungsmethoden zu finden, die es uns erleichtern, solche Taten entweder zu verhindern oder, wenn das nicht möglich ist, sie jedenfalls schnell aufzuklären. Dazu möchte ich mich schon bekennen. Man sollte sich immer zur Sicherheit bekennen. Wir haben auch an diejenigen zu denken, die Opfer solcher schrecklichen Verbrechen sind.
Es muss trotzdem möglich sein, ohne die Bürgerrechte in einem Maße einzuschränken, die unserer Verfassung widerspricht. Das ist der Punkt, für den ich eingetreten bin. Ich würde mich aber immer dazu bekennen - das muss man auch -, dass Verbrechensbekämpfung ein Punkt bleibt, um den man sich zu kümmern hat. Das ist für mich kein Widerspruch. Es muss abgewogen werden. Ich wende mich nur dagegen, dass man Methoden verwendet, die unsere Grundrechte verletzen, wie das Bundesverfassungsgericht und der EuGH festgestellt haben.
Herr Stegner, Sie halten bedauerlicherweise daran fest, die NSU-Mordserie heranzuziehen, um nach erweiterten Eingriffsbefugnissen zu fragen. Wenn Sie als Beispiel das Quick-Freeze-Verfahren nennen, frage ich Sie: Wie hätte ein Quick-Freeze-Verfahren besser dazu beigetragen, bis zu 10 Jahre zurückliegende Morde besser aufzuklären?
Lieber Herr Dr. Breyer, ich maße mir nicht an, das beurteilen zu können. Ich bin weder Kriminalpolizist noch Techniker, dass ich das kann. Ich sage nur - das war meine Aussage -: Ich finde nicht, dass man vor einer solchen Mordserie - die ich schrecklich finde -, die über Jahre hinweg unentdeckt geblieben ist - wie diese schrecklichen Mordtaten der Rechtsextremisten oder andere Mordtaten -, nicht kapitulieren darf, sondern wir die Aufgabe haben, immer wieder zu schauen, dass die Ermittlungsmethoden à jour sind, um weitere Taten verhindern zu können oder wie man die Aufklärung von Taten besser befördern kann. Ich habe mich nur insofern festgelegt, als die Ermittlungsmethoden solche sein müssen, die in unserem verfassungsgemäßen Rahmen sind, die die Grundrechte wahren.
Ich finde, beides muss möglich sein. Man kann doch nicht sagen, dass eine gilt nicht und das andere gilt. Ich bin für Sicherheit und für Freiheit. Das ist meine Überzeugung. Das ist übrigens auch die Überzeugung der Sozialdemokratischen Partei.
Vielen Dank. - Jetzt hat das Wort für den nächsten Dreiminutenbeitrag der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer, danach der Abgeordnete Torge Schmidt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, es freut mich sehr, dass Sie auch wieder da sind. Als jemand, der seit Jahren auf der Straße und bis vor Gericht gegen die Vorratsdatenspeicherung kämpft, bin ich entsetzt über die Entwicklung, die die Debatte seit Sonntag genommen hat.
Jeder von ihnen, der meint, die Debatte könnte man einfach für tot erklären, sollte sich einmal die Aktuelle Stunde im Bundestag von gestern dazu anhören. Dort sieht man überhaupt nicht ein, dass sich aus irgendeinem Urteil ergebe, dass es eine Vorratsdatenspeicherung nicht mehr geben dürfe.
Wenn ich den Kollegen Dr. Bernstein höre, stelle ich fest, die Erkenntnis hat sich offensichtlich auch hier im Hause noch nicht durchgesetzt. Herr Dr. Bernstein, wenn Sie beklagen, die Aufklärung von Straftaten hänge im Moment wegen unterschiedlicher Speicherfristen vom Zufall ab, frage ich Sie: Ist das denn nicht bei allen Spuren so, die Sie vielleicht am Tatort finden? Wollen Sie vielleicht in allen Räumen ein sechsmonatiges Putzverbot verhängen, weil vielleicht Fingerabdrücke beseitigt werden könnten? Das ist doch Unsinn.
Auch der Bundesjustizminister Herr Maas überlegt weiterhin - wie ich der Zeitung entnehmen musste -, Herr Dr. Stegner, aus bestimmten Anlässen eine massenhafte Datensammlung ins Werk zu setzen.
Da werden nämlich bestimmte Gefährdungslagen oder bevorstehende Großereignisse genannt. Es ist doch klar, worauf das hinausläuft, nämlich dass man in der Summe so viele Anlässe findet, dass man im Endeffekt doch eine permanente Vorratsdatenspeicherung hat. Die aber darf es nicht geben.
Herr Dr. Stegner, auch Ihre Meinung in dieser Frage hat sich auf Bundesebene noch längst nicht durchgesetzt. Deswegen bin ich als Mitglied der Piratenfraktion enttäuscht, der ja versprochen worden ist, dass sich diese Koalition gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einsetzen würde, aber auch als Bürger, dessen Daten über das Privatleben völlig ohne jeden Anlass gesammelt werden sollen. Da erwarte ich, dass alle Unterzeichner des Koalitionsvertrages - Sie, Herr Dr. Stegner, Herr Ministerpräsident Albig, Frau Spoorendonk und Herr Studt
- wie Löwen aktiv und öffentlich gegen diese Vorratsdatenspeicherung kämpfen, statt sich wie Schildkröten hinter den Koalitionsvertrag zurückzuziehen oder wie Chamäleons eine Vorratsdatenspeicherung unter anderem Anstrich verkaufen zu wollen.
Äußern Sie sich öffentlich eindeutig und ernsthaft. Appellieren Sie an Ihre Genossen. Dafür sind Sie doch hier in Schleswig-Holstein gewählt worden. Es geht darum, dass wir die Finger lassen müssen von einer Datensammlung mit einer Streubreite, wie sie unsere Rechtsordnung nie gekannt hat - so hat es das Verfassungsgericht gesagt - und wie sie in einem Rechtsstaat auch nicht existieren darf.
Dafür brauchen wir Ihre Hilfe. Sie müssen sich in die öffentliche Diskussion einschalten. Ich wünsche mir, Herr Ministerpräsident, dass Sie nach der Aussprache der Abgeordneten hier deutliche Worte dazu finden und auch an die Bundesregierung richten; denn sich gegen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen, ist mehr, als im Bundesrat die Hand zu heben, wenn es schon zu spät ist. - Vielen Dank.
Das Wort für einen weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Torge Schmidt. Danach folgt der Herr Abgeordnete Dr. Kai Dolgner.
Danke, Herr Präsident. - Herr Dr. Stegner, ich kann Ihre Verurteilung und Ihr Bedürfnis danach, Taten wie die Morde des NSU zu verhindern oder aufzuklären, ja nachvollziehen. Ich glaube, wir alle wollen, dass so etwas nicht passiert und dass es, wenn es passiert, auch aufgeklärt wird. Nichtsdestotrotz leben wir in einem Rechtsstaat. Die NSU-Morde haben gezeigt, dass der Fehler nicht darin bestand, dass wir keine Vorratsdatenspeicherung hatten oder dass wir nicht genug Ermittlungsmethoden haben. Im Gegenteil: Der Fehler bestand darin, dass staatliche Einrichtungen an vielen Stellen einfach nicht miteinander vernetzt waren, nicht miteinander gesprochen haben. Die Informationen waren ja beim
Verfassungsschutz vorhanden, und man hätte aktiv eingreifen können, um das zu unterbinden. Da hilft auch keine Vorratsdatenspeicherung, und da helfen auch keine anderen Möglichkeiten der Ermittlungsbehörden.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal festhalten: Ich glaube, der Rechtsstaat ist dafür da, die Abwägung demokratisch zu treffen und der Polizei die Mittel an die Hand zu geben, die im bürgerrechtlichen Kontext vertretbar sind, und dass man nicht alles, was man technisch machen kann, auch machen sollte.