Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bereits seit dem 1. Januar 2014 gilt das sogenannte NotSan-Gesetz des Bundes, ein 25 Jahre altes Gesetz aus dem Jahr 1989, das damals die Ausbildung der Rettungsassistenten regelte und normierte, heute vom Verantwortungsbereich und von den Anforderungen her nicht mehr zeitgemäß ist und aus diesem Grund eigentlich lange überfällig war. Es erfolgt jetzt eine Angleichung an die Ausbildungsstrukturen anderer Gesundheitsberufe, zum Beispiel pflegerische Berufe oder der
Hebammen. Wesentlicher Bestandteil dieses Bundesgesetzes ist die Anhebung der Ausbildungszeit von zwei auf drei Jahre, eine bessere Vernetzung von Theorie und Praxis und eine Ausbildungsvergütung. Zu Zeiten von Schwarz-Gelb wurde dieses Gesetz schon einmal beraten und Ende 2013 durch Herrn Minister Gröhe und vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Diese Ausbildungsvergütung wird uns pro Ausbildungsplatz circa 50.000 € bis 55.000 € kosten. Hier ist eine intensivere Ausbildung geplant, dadurch dass sie um ein Jahr verlängert wurde, und zwar die schulische Ausbildung, die klinische Ausbildung und die Ausbildung im Not- und Rettungsdienst. Das war ein ganz wichtiger Hintergrund, um dieses Gesetz in Berlin auf den Weg zu bringen, nämlich ländliche Räume mit der Besetzung eines Notfahrzeugs besser zu versorgen, da in der Regel eigentlich die Rettungsfahrzeuge eher da sind als der Notarzt. Deshalb brauchen wir bessere Anforderungen an die Auszubildenden.
Mit diesem Berufsbild haben wir den Beruf des Notfallsanitäters deutlich verbessert - durch die Vergütung und die schulische Ausbildung. Das alles, denke ich, macht das Berufsbild attraktiver. Das kriegen wir alles nicht zum Nulltarif. Das Ganze wird geschätzt auf Kosten von 200 Millionen € auf Bundesebene plus die Weiterqualifizierung der Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter. Die Krankenkassen haben alleine für das Land SchleswigHolstein zwischen 13,3 Millionen € und 15 Millionen € geschätzt.
Was war von der Landesregierung geplant? Hier wurde bereits gesagt, man wolle das alles in ein Rettungsdienstgesetz Ende 2014 gießen, und jetzt hat man ein eigenes Gesetz gemacht. Das geplante Rettungsdienstgesetz wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Meine Damen und Herren, dieser Entwurf wurde durch die Verbände und die Krankenkassen regelrecht zerpflückt. Frau Ministerin, ich weiß nicht, ob ich Sie deswegen bewundern soll oder ob es ein Armutszeugnis der Landesregierung ist, wenn der vdek beispielsweise getitelt hat: „Kein großer Wurf. Wer soll das bezahlen?“. Bereits seit 2013 ist das auf Bundesebene bekannt, verabschiedet wurde das Gesetz im Dezember 2013. Hat man hier das Gesetz verschlafen? Was ist eigentlich im Jahr 2014 passiert? Wir haben jetzt das Jahr 2015. Ein Curriculum für die Ausbildung wurde erst im Dezember 2014 erstellt. Warum ist eigentlich unter der Federführung des Ministeriums das Landesamt für soziale Dienste in diesem Bereich nicht eher tätig geworden, um eine gefährliche Ausbildungslücke, die entstehen kann, zu beseitigen? Schon im letzten Jahr habe ich bereits darauf hingewiesen. Im
Ausschuss sollten wir nochmals darüber diskutieren, ob eigentlich die Fahrer von Notarztwagen zwingend Notfallsanitäter sein müssen. Denn der Rettungswagen ist mit dem Notfallsanitäter schon da, und der Fahrer könnte beispielsweise auch ein Rettungssanitäter sein.
Die Besetzung der Einsatzfahrzeuge ist Ländersache, das wurde hier schon angesprochen. Wir sollten dringendst überlegen, welche Qualifikation eigentlich für welches Fahrzeug erforderlich ist.
Im Rahmen dieser Besetzung reden wir natürlich über Geld. Ich möchte auch daran erinnern, dass das ein Punkt der Daseinsfürsorge ist. Wie beteiligt sich eigentlich finanziell das Land daran? Ist es sinnvoll, dass die ganzen Kosten in dieser Höhe über die Besetzung der Fahrzeuge durch eine Überqualifizierung letztlich die Beitragszahler bezahlen, nämlich unter Umständen über erhöhte Gebühren, weil die Krankenkassen die Gebühren anheben? Ist es vielleicht sinnvoll, bestimmte Ausbildungsbudgets vorzugeben, damit nicht über den Durst ausgebildet wird und damit die Beitragszahler nicht unnötig beansprucht werden?
Wir sollten auch die Antwort auf die Große Anfrage, lieber Herr Wolfgang Dudda, intensiv in der Ausschussberatung diskutieren. Deswegen beantrage ich die Ausschussüberweisung. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Entschlossen im Unglück, ist immer der halbe Weg zur Rettung“. Das hat Johann Heinrich Pestalozzi einmal gesagt. Wir wollen, ohne dass wir die Rettungszeiten verändern, vor Ort schneller, entschlossener und besser umfangreich helfen. Das ist der Sinn dieser vorgezogenen Maßnahme, die ursprünglich im Rettungsdienst untergebracht werden soll, aber die dringend ist und jetzt entschieden werden muss. Das heißt zu allererst: eine bessere und kompetentere Ausbildung. Mutlos, finde ich jedenfalls, ist nach wie vor, dass es die Bundesärztekammer geschafft hat, auch hier wieder grundsätzlich einen ärztlichen Vorbehalt in das Notfallsanitätergesetz beizusteuern. Das hätte ich mir unkomplizierter vorgestellt. Drei Jahre bieten jetzt ei
ne gute Grundlage für eine qualifizierte Hilfe, die im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut geht und auch invasive Maßnahmen möglich macht.
Meine Damen und Herren, mit der Ausgestaltung des Gesetzes zur Änderung über die Notfallrettung und den Krankentransport kommen wir in Schleswig-Holstein einen großen Schritt weiter, um dem demografischen Wandel und den Herausforderungen der medizinischen Versorgung angemessen zu begegnen. Die Ausbildung zum Notfallsanitäter und damit die Konsequenzen aus dem Notfallsanitätergesetz des Bundes bringen einige Verbesserungen mit sich, sodass künftig heilkundliche Maßnahmen direkt im Geschehen der Unfallrettung in Angriff genommen werden können, ohne dass ein Notarzt für das ultimative Okay bereitstehen muss. Um beispielsweise auch invasiv tätig werden zu können, wird eine umfassendere und längere Ausbildung notwendig. Es wird sie geben. Am Ende wird es möglich sein, gründlich zu verstehen, was im Notfallgeschehen notwendigerweise zu tun ist.
Auch wenn wir nicht damit zufrieden sind, dass wie gesagt - trotzdem weiterhin der Leitende Notfallarzt oder die Leitende Notfallärztin das letzte Wort hat, wenn es zum Beispiel darum geht, die Handlungsperspektive vor Ort zu bestimmen - das wird in Leitlinien und Regeln vor Ort jeweils kreisweit entschieden -, sind wir dennoch einen großen Schritt weiter. Die kommunalen Rettungsdienste sollen zukünftig für diesen Ausbildungsberuf eine gute Bezahlung leisten, so hoffe ich doch. - 3,60 € aus Hamburg, Herr Dudda, würde ich nicht einmal erwähnen. Das ist keine Grundlage. Ich traue Ihnen nicht zu, dass Sie erwarten, dass wir uns in diese Richtung bewegen.
Wir sagen - vom Mindestlohn einmal abgesehen -: Eine qualifizierte Ausbildungsvergütung ist hier der richtige Weg.
Das wird teuer. Das hat Herr Kollege Jasper gerade eben anhand der Zahlen deutlich gemacht: allein für Schleswig-Holstein 15 Millionen € aus dem Säckel der Versicherten. Die Versicherten sind keine zu melkende Kuh. Wir müssen natürlich schauen, dass wir diese Kosten auch in Relation setzen. Dazu müssen wir uns mit den gesetzlichen Krankenkassen auseinandersetzen.
Das ist nämlich eine Gratwanderung, aber im Moment der notwendige und richtige Schritt, den wir gemeinsam gehen müssen. Wir Sozialdemokraten
sind jedenfalls fest davon überzeugt, dass wir bei den Beratungen und den Anhörungen zu diesem wichtigen Gesetz sorgfältig und zügig die unterschiedlichen Interessen abwägen werden und eine gute - auf jeden Fall eine bessere - Versorgung in den Vordergrund insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmend älteren Bevölkerung und der immobilen Versorgungssystem gerückt wird.
Die Besatzungen der Kranken-, Rettungs- und Intensivtransporte und damit die Perspektive der Heilung oder gar des Überlebens werden sich jedenfalls deutlich verbessern.
Ein starkes Gesundheitssystem benötigt in der Not vor allem schnelle Maßnahmen und schnelle Entscheidungen. Das ist hier möglich. Wie dringend das ist, sehen wir auch an den erheblich steigenden Zahlen der Einsätze, die in dem Bericht zum Rettungsdienstgesetz deutlich werden. Allein 44 % Steigerung in zwölf Jahren zeigen: Hier muss etwas geschehen. Da spielt beispielsweise auch die Zunahme der Ein- und Zweipersonenhaushalte eine Rolle, und die abnehmende Mobilität im höheren Alter trägt ebenfalls dazu bei.
Der Bericht der Landesregierung beleuchtet diese Probleme, und die Antworten auf die Große Anfrage der PIRATEN lässt einige Handlungsfelder deutlich werden. Umso wichtiger ist die Notwendigkeit einer gründlichen Anhörung und Beratung aller Umstände eines deutlich qualifizierteren Rettungsdienstgesetzes. Das ist keine Verzögerung, sondern wir haben diese wichtigen Teile, die schnell entschieden werden müssen, entkoppelt. Das Rettungsdienstgesetz - daran haben wir noch einiges zu tun - müssen wir getrennt davon beraten.
Gemeinsam mit meiner Fachkollegin Beate Raudies haben wir ausführlich mit dem Feuerwehrverband, dem DLRG, dem DRK, der Wasserwacht und anderen Akteuren gesprochen, und wir haben festgestellt: Hier ist wirklich erheblicher Beratungsbedarf. Es gibt gute Lösungsansätze, die auch von den Verbänden selbst vorgetragen werden. An deren Lösungen werden sich alle beteiligen.
Am Schluss bleibt mir heute zunächst, mich für die fachlich sehr gute Vorarbeit zu den beiden Gesetzgebungsverfahren einschließlich des Berichtes und der Antworten auf die Große Anfrage bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Ministerin ganz herzlich zu bedanken.
Herr Dudda, Sie sprechen hier von Todesurteilen an der Westküste oder auf Helgoland und beklagen die Versorgung mit teleneurologischer Kompetenz in Husum. Wenn Sie Verantwortung tragen würden, würden Sie den Hubschrauber von Helgoland also nach Husum schicken, weil Husum vielleicht zuständig ist, und den Maximalversorger Hamburg würden Sie links liegen lassen? - Ein Glück, dass Sie keine Verantwortung tragen. Wir werden weiterhin das Notwendige tun und die Hubschrauber zum Maximalversorger nach Hamburg fliegen lassen, auch wenn dann die Telemedizin in Husum noch nicht ganz so weit ist. Aber das braucht sie dann auch nicht zu sein, weil der Hubschrauber das Ziel findet. Also kein Todesurteil für die Westküste, gute Bezahlung für die Ausbildung, und dann sind wir sicherlich auch mit den PIRATEN auf einem guten Weg. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte die Rede für die erkrankte Kollegin Bohn. Der Rettungsdienst gehört zur elementaren Daseinsvorsorge. Wenn Leben und Gesundheit existentiell bedroht sind, muss schnell gehandelt werden. Um Leben zu retten, steht bei Unfallereignissen und Notfällen der Rettungsdienst bundesweit unter der zentralen Rufnummer 112 zur Verfügung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Rettungsleitstellen schätzen die Situation ein und sorgen dafür, dass schnell Hilfe kommt. Innerhalb von zwölf Minuten soll qualifizierte Hilfe am Unfallort eintreffen. Zuständig für die Sicherstellung des Rettungsdienstes sind Kreise und kreisfreie Städte. Sie können Dritte mit der praktischen Umsetzung beauftragen, zum Beispiel Johanniter, Malteser oder das DRK.
An den Unfallort begibt sich der Rettungstransportwagen. Er ist mit einer Rettungsassistentin oder einem Rettungsassistenten und einem Rettungssanitäter oder einer Rettungssanitäterin, zum Teil auch mit einem Notfallmediziner oder einer Notfallmedizinerin besetzt. Der Notarzt oder die Notärztin kommt in manchen Fällen auch direkt mit
dem Notarzteinsatzfahrzeug zum Unfallort. Man nennt dieses das Rendezvous-Verfahren. Ziel ist, dass schnellstmöglich eine angemessene und fachlich adäquate Notfallversorgung stattfindet.
Etwas anderes ist der Krankentransport. Hier handelt es sich um eine geplante Situation. Eine Patientin oder ein Patient wird zum Beispiel von einer Klinik in eine andere, in eine Pflegeinrichtung oder in die Reha überführt. Mögliche medizinische Risiken werden vorab eingeschätzt, und je nach Bedarf fährt ein Arzt oder eine Ärztin mit oder auch nicht.
Problematischer ist die Verlegung von Intensivpatienten. Hier gibt es keine klare Abgrenzung. Es ist eine Schnittstelle zwischen Krankentransport und Rettungsdienst. Deshalb ist es notwendig, dass die kommunalen Aufgabenträger gemeinsam ein landesweites Konzept für den arztbegleiteten Intensivtransport entwickeln.
Im Jahr 2013 ist im Bundestag das neue Notfallsanitätergesetz verabschiedet worden. Es führt bundesweit einen neuen Ausbildungsgang ein. Der Notfallsanitäter ersetzt den Rettungsassistenten. Es ist konsequent, die Tätigkeit des Rettungsassistenten zu einem eigenständigen Gesundheitsberuf aufzuwerten und die Ausbildungsinhalte deutlich zu erweitern. Der Notfallsanitäter soll dazu befähigen, lebensrettende Sofortmaßnahmen, Basisuntersuchungen und Diagnostik der vitalen Funktionen am Unfallort durchzuführen. Dazu ist eine längere Ausbildungsdauer von drei Jahren nötig. Durch die erweiterten Qualifikationen werden Notärztinnen und Notärzte nicht überflüssig. Aber sie werden deutlich entlastet. Das ist sinnvoll.
Das Rettungsdienstgesetz Schleswig-Holstein regelt unter anderem, wie ein Rettungsdienstfahrzeug personell besetzt sein muss: mit mindestens einem Rettungsassistenten und einem Rettungssanitäter. Was passiert, wenn es in ein paar Jahren diesen Beruf gar nicht mehr geben wird? - Neu ausgebildet werden nur noch Notfallsanitäter. Bisherige Rettungsassistenten können und sollen sich zum Notfallsanitäter weiterbilden lassen. Genau aus diesem Grund wird das Gesetz jetzt novelliert. Es wird geregelt, wer die hierdurch anfallenden Kosten zu tragen hat. Das sind die Krankenkassen. Verständlicherweise löst das keine Begeisterung aus, aber es ist richtig und systemgerecht.
- Genau, wer soll es sonst zahlen? Die geschilderten Punkte sind nicht die einzigen Stellen, an denen das Rettungsdienstgesetz einer Änderung bedarf, aber
es sind die vordringlichsten, und es sind diejenigen, die am einfachsten zu ändern sind. Es gibt natürlich noch weitere Baustellen, die stärker in die Grundstrukturen des Rettungswesens eingreifen. Dazu gehören zum Beispiel die Wasserrettung und die Luftrettung. Aber auch das Thema Intensivtransport und die Frage, ob private Anbieter in einem originären Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge tätig sein sollen - - Was ist das denn jetzt?
All das braucht Zeit, damit am Ende ein gutes Ergebnis auf dem Tisch liegt. Wir beschränken uns heute auf das Vordringliche und bringen die kleine Novelle des Rettungsdienstgesetzes auf den parlamentarischen Weg. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich halte die Rede des Abgeordneten Garg, und ich hoffe, dass ich die auch in die richtige Reihenfolge gebracht habe.
Zunächst einmal zum vorliegenden Gesetzentwurf. Frau Ministerin, das meiste dazu ist von Kollegen gesagt worden. Es ist eine notwendige Anpassung. Ich finde die Frage, die ich gerade Herrn Tietze zugerufen habe, so lustig: Wer soll es denn bezahlen? Ja, wer soll es denn bezahlen? - Selbstverständlich müssen dafür die gesetzlichen Krankenkassen aufkommen, das steht für mich außer Frage.
Der Punkt, den der Kollege Dudda angeschnitten hat, ist im Hinblick auf eine länderübergreifende Zusammenarbeit höchst diskussionswürdig. Ich mag mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass wir eine komplette Disparität der Ausbildungsvergütungen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein haben, wobei ich auch sehr deutlich machen will, dass es allerhöchste Zeit ist, dass eine entsprechende Ausbildungsvergütung gezahlt wird. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit.