Die Belastung für die Bevölkerung sollte so gering wie möglich und der Schutz der Menschen so hoch wie möglich sein. In der Gleichstromtechnik sind Erdverkabelungen heute bereits durchaus technisch umsetzbar. Dort, wo Erdkabel die bessere Alternative darstellen und zugleich technisch und wirtschaftlich umsetzbar sind, muss diese Möglichkeit stärker in Betracht gezogen werden. Daher müssen sachgerechte Kriterien als Voraussetzung für die Teilerdverkabelung erstellt werden. Hierbei hat vor allem der Schutz der Menschen höchste Priorität, insbesondere bei Siedlungsannäherung. Aber auch aus naturschutzfachlichen Gründen muss es Kriterien für eine Teilerdverkabelung geben. Und hier ist die Bundesregierung in der Pflicht und muss liefern.
Aber auch was die Beteiligungsverfahren angeht, sehen wir die Bundesregierung sowie die Bundesnetzagentur in der Verantwortung, öffentliche Konferenzen einzuberufen und ergebnisoffene und transparente Planungsverfahren durchzuführen. Diesen Prozess werden wir als Land aktiv unterstützen; und hier sind wir ja schon sehr aktiv. Dabei profitieren wir aus den bereits gewonnenen guten Erfahrungen zur Westküstentrasse. Wir werden uns als Land einbringen und das Projekt SuedLink voranbringen. - Jo tak!
Vielen Dank. - Für die Landesregierung erteile ich nun das Wort dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Robert Habeck.
Der versöhnliche Verlauf der Debatte zeigt ja, und dafür bedanke ich mich, die letztlich große Bereitschaft, auch das schwierige Projekt Netzausbau der
Energiewende gemeinsam, fraktions- und gesellschaftsübergreifend zu stemmen. Das schließt Streit und Auseinandersetzungen im Einzelfall ausdrücklich mit ein. Wie sollte es sonst eine gute Lösung geben, wenn man nicht verschiedene Meinungen abwägt. Aber der Verzicht auf Populismus an dieser Stelle und nicht aufeinander loszugehen, des billigen Geländegewinns wegen, das zeichnet dieses Land besonders aus. Dafür bedanke ich mich herzlich.
Dass der Antrag der CDU, im Sinne des Einvernehmens dieses Vorgehens nicht ganz klar ist, darauf werde ich gleich noch eingehen. SuedLink ist notwendig. Ob dieser Antrag wirklich notwendig war, das weiß ich nicht, aber gleichwohl bietet er die Gelegenheit, ein paar Themen aufzugreifen, zu diskutieren und die Debatte wiederum um die großen Netzausbauprojekte zu führen. Sie sind in der Tat wichtig und notwendig.
Erlauben Sie mir deswegen, auf drei Punkte einzugehen, die jetzt in der Debatte auch eine Rolle gespielt haben.
Erstens zum Verfahren. Wir, Schleswig-Holstein, haben da einen Tausch vorgenommen, einen Verzicht auf die vorgelagerten formalen Raumordnungsverfahren und dafür Ersatz durch die Dialogprozesse in den verschiedenen Unterformen mit den Bürgermeistergesprächen und den Gesprächen vor Ort. Das ist so lange gut, richtig und sinnvoll, wie das formale Verfahren nicht läuft. Deswegen sind wir an der Westküste voranmarschiert, machen das jetzt auch an der Ostküste und haben es im Übrigen auch bei SuedLink gemacht. Wir haben im September 2014 eine Regionalkonferenz gemacht, in der wir das erläutert haben. In dem Moment, wo das formale Verfahren startet, wo also Unterlagen erstellt werden, wo der Vorhabenträger mit der Behördenstruktur arbeiten würde, würde so ein informelles Verfahren im Grunde genommen nur noch Chaos stiften oder Erwartungen wecken, die dann im formalen Verfahren nicht mehr eingelöst werden können. Das gilt auch für die Projekte in Schleswig-Holstein, Westküste wie Ostküste.
In dem Moment, wo die Antragsunterlagen erstellt und eingereicht werden, endet das informelle Verfahren. Es endet selbstverständlich nicht die Bürgerbeteiligung. Aber dann gibt es eine Taktung, die entlang der Rechtsnorm geht und nicht mehr entlang dessen, was man sich zuruft und was gewünscht wird. Und in diesem Verfahren stehen wir. Die Bundesnetzagentur hat die Antragsunterlagen
von TenneT bereits erhalten und prüft sie gerade auf Vollständigkeit. Damit ist die Bundesbedarfsplanung in der Bearbeitung. Alles, was wir jetzt noch sinnvollerweise leisten können, ohne den ganzen Prozess zu chaotisieren, ist, zu erläutern, was da ist und den Bürgern die Hilfsmittel zu geben, sich im normalen Verfahren zu beteiligen. Aber eine Parallelveranstaltung, die da suggeriert, wir könnten entlang von informellen Verfahren etwas anderes machen, als das, was längst schon formal läuft, nämlich durch die Antragstellung und den Bescheid der Bundesnetzagentur, also durch die Bundesbedarfsplanerstellung, würde im Rahmen des Raumordnungsverfahrens den Leuten nur Sand in die Augen streuen. Wir sind bei SuedLink schon längst weiter.
Zweitens. Wenn ich den Antrag der CDU lese, heißt es im ersten Punkt: Es wird die unvoreingenommene Prüfung gefordert, und in dem Passus dahinter heißt es, dass verstärkt die Prüfung der A-20-Variante ins Auge genommen werden soll. Wie man das liest, vorwärts oder rückwärts, ist eigentlich egal. Logisch ist das nicht. „Unvoreingenommen“ heißt, alle Varianten gleichgewichtet nebeneinander zu stellen. Unvoreingenommen heißt nicht, eine Variante wird verstärkt und ist damit privilegiert zu prüfen. Deswegen macht der Antrag an dieser Stelle wenig Sinn. Aber wie ich gehört habe, gibt es auch eine parlamentarische Entwicklung, und der Antrag der regierungstragenden Fraktion kriegt so ein kleines Pre.
In der Sache selbst geht es darum, und das ist vielleicht auch für die Nicht-Netz- und Energiepolitiker noch einmal interessant, dass wir von Wilster aus starten. Das ist gesetzt, so wie Frau Beer es gesagt hat, und dann nach Süddeutschland müssen. Wie aber die Elbe gequert wird, das ist der Punkt der Auseinandersetzung. Es gibt drei mögliche Varianten, die aus meiner Sicht im Moment im Verfahren noch gleichgewichtig berücksichtigt werden sollen: Eine bei Brokdorf, eine entlang der potenziellen A 20 und eine bei Hetlingen. Wenn man sich anschaut, wie die materielle Logik aussehen könnte, dann ist der Weg nach Brokdorf der kürzeste, denn das sind ungefähr 12 km vom Umspannwerk Wilster aus. Der Weg zur A 20 beträgt 34 km und der nach Hetlingen 48 km entlang der möglichen Freileitungen.
Die Forderung nach Erdkabel oder nach Teilerdverkabelungen haben wir bereits und sehr früh der Bundesregierung mitgeteilt, auch und vor allem weil HGÜ die Technik hergibt. Daraus geworden ist die Zusage, dass die Elbe gedükert werden soll.
Es ist nicht mehr im Topf drin, dass man die Elbe mit einer Freileitung überspannt. Wie auch, bei den Kilometern! Wenn man eine Teilerdverkabelung als relevant ansieht, ist vermutlich der kürzeste Abschnitt der geeignetste, die Teilerdverkabelung zu realisieren.
Deswegen warne ich davor, sich jetzt auf die A 20 festzulegen. 12 km sind ein kleinerer Teil als 34 km. Die Beeinträchtigung der Menschen, der Natur, der Umwelt, der Anwohner durch den Netzausbau zu minimieren, bedeutet möglicherweise auch - jedenfalls in diesem Verfahren -, den kürzesten Weg in einer Strippe unter der Elbe durch zum Umspannwerk zu gehen. Das wäre für Schleswig-Holstein sicherlich das Beste, für die Niedersachsen allerdings ehrlicherweise eher das Kompliziertere, weil auf der anderen Seite das Alte Land liegt, ein natursensibler Raum. Umso wichtiger ist es, dass sich Schleswig-Holstein mit Niedersachsen einigt. Wenn diese Einigung erzielt werden könnte, wären wir guter Hoffnung, dass die Bundesnetzagentur und TenneT sie übernehmen würde.
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass zuerst die Trasse festgelegt und erst dann entschieden wird, wie sie realisiert wird? Wenn das so ist, halten Sie das für befriedigend?
Nein, so ist es nicht. Die jetzt eingereichten Pläne haben wie auch im weiteren Trassenverlauf verschiedene Varianten mit Unterlagen zur Raumbelastung dort. Das heißt, auch in Schleswig-Holstein sind alle drei Varianten quasi gleichberechtigt von TenneT beantragt. Die Bundesregierung klärt das jetzt im Gesetzgebungsverfahren. Wir erwarten in Kürze, in der nächsten Woche, einen materiellen Vorschlag, wie sie die Rechtsform der Erd- oder Teilerdverkabelung regeln will. Im Idealfall hätten
wir zum Sommer eine Lösung und wüssten, welche Rechtsmöglichkeiten der Bundesgesetzgeber TenneT und damit auch den Menschen gibt.
Im weiteren Planungsverfahren, das sicherlich noch eineinhalb bis zwei Jahre dauern wird, würde sich aufsetzend auf dieser Rechtsform ergeben, welche Bauabschnitte man realisiert. Die Varianten, die man hier gemalt hat, laufen entlang der Freileitung. Die Kilometerabstände, die ich genannt habe, beziehungsweise die Trassenführung würden gegebenenfalls verändert werden müssen, wenn man auf ein Erdkabel gehen würde, allerdings würde sich der Abstand zum Umspannwerk nur unverhältnismäßig ändern. Die A 20 ist immer noch weiter als Brokdorf von Wilster weg.
Setzen wir uns als Land im aktuellen Verfahren dafür ein, dass die Erdverkabelung soweit wie möglich ermöglicht wird, und wie sind da die Chancen?
So ist es. Wir haben uns eingesetzt. Wir haben der Bundesregierung geschrieben, wir haben uns in der Kommentierung der Eckwerte entsprechend eingesetzt. Für eine Teilerdverkabelung der HGÜStrecke, eine deutliche Ausweitung der Möglichkeiten, haben wir uns eingesetzt. Auf den letzten Passus des Antrags der regierungstragenden Fraktionen eingehend, haben wir uns auch für eine Erdoder Teilerdverkabelung der 380-kV-Leitung in Ostholstein eingesetzt. Durch eine Ausweitung der Teststrecken bei der dortigen 380-Drehstromtechnik sind die Erfahrungen bei Weitem nicht so ausgereift, und die Anfälligkeiten für Störungen sind mitunter deutlich höher. Gleichwohl unterstützen wir auch dort eine Ausweitung der Teststrecken, halten eine Geeignetheit des Raums Ostholstein für gegeben und haben uns dafür stark eingesetzt.
Letzter Satz Frau Präsidentin. - So einvernehmlich die Diskussion zu den Netzen hier im Haus und in Schleswig-Holstein geführt wird - in Berlin müssen wir noch dicke Bretter bohren. Ich würde mich freuen, wenn unser Einvernehmen gerade bei der Änderung von Bundesgesetzen auch über die Fraktionen, die in Schleswig-Holstein im Moment nicht in der Regierung sind, aber Zugang zur Bundesregierung haben, vorgetragen werden - zum Wohle des Landes. - Danke schön.
Zu einem Dreiminutenbeitrag hat sich die Kollegin Barbara Ostmeier von der CDU-Fraktion gemeldet. Ich erteile ihr hiermit das Wort.
Frau von Kalben, ich habe Ihnen zugehört, und ich bin auch nicht hier, um Krawall zu machen. Ich möchte mich dafür bedanken, dass wir fair miteinander umgegangen sind. Herr Matthiessen hat gesagt, er musste sich das einmal geben. Er meinte das ein bisschen freundschaftlich und lässig.
Es ist ernst gemeint: Wir haben Interesse am Trassenausbau. Ich finde es gut, dass wir heute Missverständnisse ausräumen konnten. Ich freue mich auch, dass uns der Minister noch einmal dargelegt hat, wie das Verfahren ist. So einfach ist es ja nicht. Es liegt in der Natur der Sache, dass die regierungstragenden Fraktionen vielleicht mehr Informationen haben als ich. Das finde ich nicht schlimm, das soll kein Vorwurf sein, bitte verstehen Sie das nicht falsch.
Unser Anliegen ist Folgendes. Sie sagen heute, die Trassen würden gleichberechtigt nebeneinander geprüft. Für mich als Bewohnerin der Haseldorfer Marsch und die Betroffenen dort ist es nicht so eindeutig, dass sie tatsächlich gleichberechtigt nebeneinander geprüft werden, vor dem Hintergrund, dass immer die A-Variante, Bündelung von Gleichem mit Gleichem und die Querung bei Hetlingen als die favorisierte Variante dargestellt wird. Das klingt bei Ihren Worten etwas anders.
Ich möchte das nicht überstrapazieren. Es wäre schön, wenn die heutige Debatte dazu beiträgt, dass wir Sie überreden und einladen können, in den Kreis Pinneberg zu kommen, um den Menschen vor Ort das Verfahren zu erklären und sich wieder dem Dialog zu stellen, gerade in dieser Phase, Herr Ha
beck, wo auf Bundesebene vielleicht eine Vorfestlegung stattfindet. Das möchte ich nicht machen, denn Sie sind da wesentlich kompetenter. Meine Kollegen Herr Hölck, Frau Raudies und Herr Dr. Rossmann waren bei mir vor Ort und haben gesagt, wofür sie stehen und sich einsetzen.
Sie haben eben gesagt, wie wichtig es sei, eine Einigung mit Niedersachsen herbeizuführen. Herr Habeck, ich wünsche mir, dass Sie sich da persönlich etwas mehr einbringen. Wenn Sie in der Antwort auf unsere letzte Kleine Anfrage, welche Gespräche mit den Trägern öffentlicher Belange in Niedersachsen stattgefunden haben, darauf hinweisen, dass es drei Gespräche auf Arbeitsebene gegeben habe und seitdem nichts mehr, habe ich den Wunsch, dass Sie sich da ein bisschen nachhaltiger einsetzen und den Menschen vor Ort erklären, wie Sie das machen. Wenn wir Sie einladen, würde ich mich freuen, wenn Sie tatsächlich kommen, um das Verfahren noch einmal zu erklären, damit wir das einmütig hinbekommen.
Es kann nicht sein, dass sich auf der einen Seite der NABU formiert und sagt: „Wir wollen komplett alles unter die Erde bringen“, was ja nicht funktionieren wird, und sich auf der anderen Seite die Menschen formieren und sagen: „Wir wollen überhaupt nichts mehr“.
Lassen Sie uns den gemeinsamen Mittelweg finden. Da helfen nur der Dialog, Ihre Fachkompetenz, dass Sie mit Ihrem Namen dahinterstehen und sich für Schleswig-Holstein einsetzen. - Danke.
Vielen Dank. - Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Abgeordneten Jens-Christian Magnussen das Wort, ebenfalls von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die Zeit genutzt. Ich habe vorhin beantragt, die Anträge an den Ausschuss zu überweisen, um einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Wir haben uns verständigt, dass wir den CDU-Antrag zurückziehen und den Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen im vierten Absatz mit einer kleinen Einfügung ändern:
„… Er fordert die Landesregierung auf, sich in die Bundesfachplanung, welche unter Federführung der Bundesnetzagentur (BNetzA)
durchgeführt wird, mit weiteren Regionalkonferenzen im Interesse schleswig-holsteinischer Belange aktiv einzubringen und …“