Protocol of the Session on February 19, 2015

(Beifall FDP, CDU und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Herr Abgeordneter König, Sie haben das Wort für eine Zwischenfrage oder -bemerkung.

Herr Kollege Kubicki, wäre es vielleicht ein Indiz, dass es sich nicht um eine private Erklärung dieser Richter gehandelt hat, wenn die E-Mails, die wir jetzt in den „Kieler Nachrichten“ lesen konnten, über die dienstlichen E-Mail-Adressen versendet wurden?

(Zuruf SPD: Oh!)

Ich gehe davon aus, dass sie über die dienstliche EMail-Adresse versandt worden sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Fölster und Herr Dr. Flor dafür ihren privaten Account benutzt haben.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Aber da die Einleitung dieser beabsichtigten Erklärung lautete: „Wir als Gerichtspräsidenten des Landes Schleswig-Holstein“, war der amtliche Bezug damit unmittelbar hergestellt.

Gestatten Sie eine zweite Zwischenbemerkung oder eine Frage der Frau Abgeordneten Lange?

Selbstverständlich.

Ich möchte gar nicht dazu fragen, ob diese Erklärung beabsichtigt war oder wie auch immer. Ich glaube, das ist unstrittig. Ich würde Sie gern fragen, Herr Kubicki, ob Sie sich an der Unterstellung der Opposition beteiligen, dies sei aus dem Ministerium initiiert.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das war keine Un- terstellung! Das war eine Frage, Frau Kolle- gin! - Weitere Zurufe)

- Frau Lange, ich unterstelle nichts, aber dass die Frage: Hat ein Mitarbeiter des Ministeriums daran mitgewirkt oder es initiiert?, eine berechtigte Frage ist, ist, so glaube ich, auch zwischen uns unstreitig.

(Beifall FDP und CDU)

Ich finde, die Frage ist von Anke Spoorendonk beantwortet worden, und ich habe keinen Anlass, an der Wahrhaftigkeit ihrer Aussagen zu zweifeln, wenn das Ihre Frage war. Ich habe keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass Anke Spoorendonk uns immer die Wahrheit zu dem Zeitpunkt sagt, zu dem sie ihre Erkenntnisse hat.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Dafür kennen wir uns lange und gut genug. Das ist auch gar nicht mein Problem.

Mein Problem besteht in Folgendem: Ich bin gestern auf diese - wie ich finde - doch sehr merkwürdigen E-Mails und übrigens auch FacebookEinträge des Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen angesprochen worden, gerichtliche Entscheidungen mit diesem Vorgang in Zusammenhang zu bringen. Ich bin mit der Entscheidung des Landesverfassungsgerichts bei der Frage des SSW nicht einverstanden, aber ich kann die Argumentation nachvollziehen, und sie ist nicht willkürlich. Mehr kann ich nicht sagen. Sie ist nicht willkürlich. Punkt, aus, Ende. Wir müssen im Rechtsstaat akzeptieren, dass es auch unterschiedliche Rechtsauffassungen geben kann, die im Zweifel durch Gerichte - notfalls mit Mehrheit - entschieden werden müssen.

(Beifall FDP und Lars Harms [SSW])

Aber es steht die spannende Frage im Raum - deshalb ist es ein Appell von hier aus an den Landesverfassungsgerichtspräsidenten, sich diese Frage selbst zu stellen -, ob er bei künftigen Verfahren bei den Verfahrensbeteiligten überhaupt noch den Eindruck hinterlassen kann, dass er unparteiisch und unvoreingenommen ist, und zwar deshalb, weil bei Normenkontrollverfahren nicht nur das Parlament, sondern auch das, was die Regierung getan hat, im Fokus steht. Wenn dann eine unkritische Erklärung gegenüber der guten Arbeit der Regierung im Raum steht, würde jeder Anwalt - ich müsste das berufsmäßig auch machen - aufgrund dieses Vorgangs sofort einen Befangenheitsantrag stellen

müssen, was wir uns beim Verfassungsgericht nicht leisten können.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Dass das im Übrigen auch von anderen so gesehen worden ist, liebe Frau Spoorendonk, kann man daran sehen, dass die Präsidentin des OVG die richtige Witterung hatte. Man muss sich wirklich fragen, warum die anderen diese Witterung nicht hatten. Sie hat hier - neben der Aussage, dass sie wegen des Falls Mauruschat möglicherweise auch von Rechts wegen mit dem Vorgang befasst werden müsse und sich deshalb nicht äußern könne und wolle - noch erklärt:

„Vor diesem Hintergrund verhalte ich mich zudem bewusst nicht zu der Frage, ob derartige Präsidentenerklärungen in Bezug auf andere Gerichtsbarkeiten mit dem Präsidentenamt unvereinbar sind. Ganz unabhängig von dem Vorstehenden sehe ich weitere erhebliche Probleme auch im Hinblick auf mein Amt als Landesverfassungsrichterin, halte aber eine Vertiefung an dieser Stelle für fehl am Platz.“

Sie hatte die richtige Witterung. Selbstverständlich ist es mit dem Amt als Verfassungsrichter nicht vereinbar, sich als Präsident uneingeschränkt in dieser Frage öffentlich zu positionieren.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Ich sage das noch einmal: Das Vertrauen der Bevölkerung in die Lauterkeit und Unabhängigkeit der Justiz ist ein hohes Gut, und wir sollten auch im Parlament bei den Debatten aufpassen, dass wir dieses Vertrauen nicht grundlegend beschädigen.

(Zuruf)

- Ja, ja, aber es waren heute auch von dieser Seite einige Töne im Raum zu hören, von denen man sagen muss: Wenn Dritte das in entsprechender Weise wahrnehmen, dann glauben sie nicht mehr daran, dass unsere Justiz wirklich unabhängig ist, was ich immer noch glaube und was sie tatsächlich auch ist. Daran sollten wir auch weiter festhalten.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

- Deshalb brauchen wir Aufklärung. Deshalb bin ich auch so froh, dass sich die beiden Richterverbände in entsprechender Weise geäußert haben. Die können Sie ja nun nicht denunzieren, sie wollten irgendetwas Böses. Sie haben erklärt, es war ein fundamentaler Fehler und schädigt das Ansehen der Justiz.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Punkt, aus, Ende.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Punk, aus, Ende!)

- Ja, nicht: „aus, Ende“. Mein Appell geht an den Präsidenten des Landesverfassungsgerichts - das war schon an dem Tag, an dem ich damit konfrontiert wurde, der Fall -, selbst zu überlegen, ob er dieses Amt noch wirksam ausfüllen kann.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ob der wohl auf Sie hört?)

- Er wäre vielleicht klug beraten, er würde das tun, Herr Kollege Dr. Stegner, es wäre jedenfalls besser, als auf Sie zu hören;

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

denn Ihr Verfassungsverständnis ist schon mehrfach und hinreichend durch negative Entscheidungen des Verfassungsgerichts belegt worden, um das einmal deutlich zu dokumentieren.

(Beifall FDP, PIRATEN und vereinzelt CDU - Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Sie müssen uns nicht in Fragen des Rechtsstaates belehren. Aber auch das sage ich in allem Ernst, Lars, und vielleicht kann man das ein bisschen relativieren: Die Kolleginnen und Kollegen hier zu titulieren, sie hätten nicht alle Tassen im Schrank, weil sie anderer Auffassung sind, auch wenn es vielleicht polemisch gewesen sein mag, zu erklären, man gehöre nicht ins Parlament, sondern in die Psychiatrie - das sind so Äußerungen, die tatsächlich in die Kategorie Diktatur gehören und nicht mehr in die Demokratie; denn das ist eine Art und Weise der Kommunikation, von der ich nicht möchte, dass sie Platz greift. Wenn wir uns wechselseitig immer wieder mit solchen Dingen belegen, wir gehörten eigentlich alle in die Klapsmühle, dann glauben die Menschen möglicherweise irgendwann, das sei tatsächlich der Fall, und dieses Parlament sei eine Klapsmühle.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So etwas haben Sie auch noch nie getan!)

- Von mir haben Sie noch nie gehört, dass ich gesagt hätte, jemand von Ihnen gehörte in die Psychiatrie. Ich habe das noch nicht einmal gedacht, wenn Sie das fragen sollten, obwohl es mir schwerfällt, das manchmal nicht zu tun.

(Wolfgang Kubicki)

Herr Fraktionsvorsitzender, gestatten Sie eine Frage oder Anmerkung des Fraktionsvorsitzenden der SPD?

Selbstverständlich.

Bitte schön.

Herr Kollege Kubicki, ein solcher Satz, wie Sie ihn eben formuliert haben und auf den man sich gut verständigen kann, hätte mehr Gewicht, wenn man nicht selbst vorher in einer Pressemitteilung die Unabhängigkeit der Justiz in Zweifel gezogen und Vergleiche mit anderen Staaten angestellt hätte, die nicht demokratisch sind. Es ist schön, wenn Sie die Wahrhaftigkeit von Anke Spoorendonk hier darstellen. Es freut mich, dass Sie das tun. Aber das Handeln in den letzten Tagen und die Begründung der Anträge waren anders. Es ist immer so mit der Glaubwürdigkeit von Worten hier. Die ist sehr schön. Sie müssen sich aber auch messen lassen an dem, was man vorher getan oder gesagt hat.

Herr Kollege Dr. Stegner, ich lasse mich gern an dem messen, was ich tue. Aber Ihre Verallgemeinerung als „die Opposition“ und uns darin zu vereinnahmen, was andere tun, halte ich mittlerweile auch für unzulässig. Ich mache Sie auch nicht verantwortlich für Dinge, die andere tun. Sie haben von mir keinen negativen Satz zu Anke Spoorendonk gehört, keinen einzigen! Sie haben von mir in dieser Frage keine negative Wertung der Justiz gehört. Ich habe nur erklärt - dabei bleibe ich -: Elogen an die politische Führung durch die Justiz in dieser Form, wie sie geplant war, kenne ich bisher nur aus Diktaturen, und das kann ich belegen. Deshalb sind wir gut beraten, alle gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass sich Vergleichbares nicht wiederholt, nicht einmal im Ansatz, nicht einmal gedacht; denn das - noch einmal - untergräbt das Vertrauen der Menschen in die Unabhängigkeit unserer Justiz. Um nicht mehr und nicht weniger geht es. Es war kein Angriff auf Frau Fölster, es war kein Angriff auf Herrn Dr. Flor. Ich habe an deren verfassungsmäßiger Überzeugung gar keinen Zweifel, weil ich beide ausreichend kenne. Aber die Tat, die sie vor

hatten, war nicht nur dumm im wahrsten Wortsinn, sondern auch schädlich. Das muss gesagt werden können.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Ich warne auch dringend davor - um da keinen falschen Eindruck zu erwecken -, so zu tun, als sei die Vorermittlung, die Vorprüfung des Disziplinarverfahrens, ausschließlich mit dem Ziel der Reinwaschung erfolgt. Dann macht sie keinen Sinn. Selbstverständlich muss geprüft werden, ob die Weiterungen der geplanten Aktion möglicherweise dienstrechtliche Konsequenzen haben müssen. Vielleicht würde eine Ermahnung reichen, wie der Vorgang aus 1987 beweist.