Verehrter Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass sowohl Nutzer von anonymen Internetcafes, die aus diesen Cafes heraus zum Beispiel Erpressungs-E-Mails versandt haben, als auch Terroristen, die offene WLANs genutzt haben, trotz der Anonymität erfolgreich überwacht und ermittelt werden konnten?
Es wäre sicherlich gut, wenn Provider vor dem Gesetz zumindest nicht besser gestellt würden als die privaten WLAN-Anbieter. Wenn die Konsequenz daraus allerdings als Einladung zum Missbrauch missverstanden werden kann, dann kann das nicht die Lösung sein.
„Ziel muss es sein, verlässliche und berechenbare rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die es erlauben, das erhebliche soziale, kulturelle und wirtschaftliche Potenzial des mobilen Internets auszuschöpfen.“
„Dabei muss anerkannt werden, dass die Rechte und Rechtsverfolgungsmöglichkeiten der Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums gewahrt werden.“
Die Justizminister der Länder bitten die Bundesjustizministerin, sich dieser Problematik anzunehmen. Damit haben sie recht, und ich erlaube mir, hinzuzufügen: Es wäre schön, wenn Frau Leutheusser-Schnarrenberger hier ebenso wie beim Urheberrecht noch in dieser Legislaturperiode zu Potte käme.
- Ich habe nicht das Gefühl, dass sie dies an dieser Stelle tut, aber das ist eine andere Diskussion.
Auch der Antrag der PIRATEN enthält durchaus richtige Hinweise, wie beispielsweise Punkt 7 zum Schutz vor Spyware.
Wer aber konsequent für die Freiheit im Internet und die Privatsphäre eintreten will, der ist in meinen Augen nur dann glaubwürdig, wenn er auch deutlich macht, wie er Missbrauch vermeiden möchte. Das bleiben die PIRATEN mit diesem Antrag schuldig. Man könnte sagen, das sei nicht Thema dieses Antrags, aber bedenklich ist, dass die PIRATEN insgesamt dem Eindruck nicht entgegentreten, dass Rechtsverstöße im Internet ein zu vernachlässigendes Randphänomen wären. Schlimmer sogar: Im sogenannten Grundsatzprogramm der PIRATEN heißt es:
„Daher fordern wir, das nicht kommerzielle Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur zu legalisieren, sondern explizit zu fördern.“
Ich sage ganz deutlich: Indem Sie den Eindruck erwecken, Freiheit im Netz gäbe es nur dann, wenn im Netz Dinge erlaubt sind, die Missbrauch Tür und Tor öffnen, erweisen Sie den ehrlichen Nutzern einen Bärendienst.
Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie mir die Gelegenheit geben, diesem Eindruck, den Sie hier angesprochen haben, entgegenzuwirken.
Ist Ihnen bekannt, dass die Aufklärungsquote bei Straftaten im Internet weit über der durchschnittlichen Aufklärungsquote liegt, und dass insbesondere, wenn man zum Beispiel das Phänomen Betrug als den Tatbestand ansieht, der im Internet am häufigsten verwirklich wird, Internetbetrug sehr viel häufiger aufgeklärt wird, als Betrug, der außerhalb des Internets begangen wird und dass
- Das ist mir durchaus bekannt. Aber nur weil eine Aufklärungsrate höher ist, heißt das ja nicht, dass sie uns hoch genug sein müsste.
Deswegen stellt Peter Tauber - diejenigen, die in der Materie drin stecken, wissen etwas mit diesem Namen anzufangen
,,Für uns bedingen Freiheit und Verantwortung einander.... Das ist der wesentliche Unterschied zwischen Netzpolitik, wie die Union sie versteht, und der Freiheit, die eigentlich Beliebigkeit ohne Verantwortung ist, von der manche Piraten, Linke und andere reden.“
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass, obwohl das Internet selbstverständlicher Bestandteil der Lebenswirklichkeit der meisten Menschen ist, diese Verantwortung noch nicht so ausgereift ist, wie es dem digitalen Zeitalter entsprechen würde. Um es einmal ganz platt zu sagen: Die meisten Menschen, die mal einen illegalen Download durchführen, würden nie im Leben ein Buch stehlen. Das hat nichts zu tun mit dem Risiko, erwischt zu werden, sondern das hat etwas mit Verantwortung zu tun. Gerade diese Verantwortung gilt es deswegen zu stärken und nicht zu schwächen.
Deswegen bin ich dafür, dass wir das für den Bürger inzwischen fast unüberschaubare Recht, das für ihn im Netz von Bedeutung ist, systematisieren und lesbar machen. Denn der alte Leitsatz, dass das, was außerhalb des Netzes verboten ist, im Netz auch verboten ist, ist zwar richtig, hilft aber nicht bei jeder Detailfrage.
Vor diesem Hintergrund, so glaube ich, springen die Anträge, die heute vorgelegt worden sind, ein bisschen zu kurz. Sie sind vermutlich gut gemeint, insofern aber nicht gut gemacht. Ich würde mich freuen, wenn wir über beide Anträge im Ausschuss weiter diskutieren könnten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Bernstein, nach Ihrer Logik muss ich Sie eigentlich fragen, warum ein Postdienst nicht den Inhalt von Postsendungen kontrollieren muss. Schließlich wurden und werden mit Hilfe von Postsendungen diverse Straftaten begangen, wie zum Beispiel Urheberrechtsverletzungen, Betrug, Stalking, Versendung illegaler Medikamente, Drogenhandel oder Filme mit Darstellungen der widerlichsten Art.
Das ist auch nicht zum Lachen, vor allem nicht mit Blick auf die Betroffenen. Wir hatten gerade im letzten Jahr wieder eine Bombenserie. Spätestens seit dieser Bombenserie im letzten Jahr oder den Anthraxbriefen sollten nach der Logik doch anonyme Postsendungen endlich verboten werden. Wieso macht man eigentlich die Postdienste nicht wenigstens haftbar für die Schäden, die durch den Transport der entsprechenden Sendungen entstehen? - Ihnen kommt das alles irgendwie absurd vor? Warum eigentlich? Schließlich ließen sich doch so viele Straftaten verhindern, die Täter ermitteln oder zumindest Schadensersatz für die Opfer erwirken.
Früher wurde die Post übrigens tatsächlich in sogenannten Cabinet noir systematisch untersucht. Als das Postgeheimnis 1919 Verfassungsrang bekam, waren die damaligen Verfassungsväter durchaus nicht dumm; sie wussten das. Die ersten Briefbomben waren zu dem Zeitpunkt schon 15 Jahre alt. Sie wussten genau, dass sie damit Strafverfolgung zumindest behindern würden. Aber sie wussten auch, dass die freie, leicht zugängliche, unbeobachtete Kommunikation, unverzichtbar - man kann auch sagen: systemrelevant - für eine freie Gesellschaft ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deshalb kann es nicht Sinn in einer freien Gesellschaft sein, jede Kommunikation so weit zu überwachen, bis die letzte Straftat aufgeklärt ist. Das ist nicht die Logik einer freien Gesellschaft.
Immer mehr Menschen kommunizieren heute nicht mehr über Briefe, sondern über das Internet. Zu Recht fragen diese sich, warum für diese Form der Kommunikation nicht die gleichen Regeln gelten sollten und andere Regeln erfunden werden.
Deshalb ist es nur sachgerecht, dass wir neben einem Post- und Fernmeldegeheimnis auch ein Telemediennutzungsgeheimnis brauchen.