Protocol of the Session on December 12, 2014

Selbstverständlich.

Dem erteile ich jetzt gern

Herr Minister, ich hoffe, Sie stimmen mit mir -

das Wort. - Entschuldigung, aber ich kann nicht schneller reden, ohne undeutlich zu werden. Vielleicht üben wir das irgendwann einmal zusammen.

- Vielen Dank, Frau Präsidentin! - Jetzt meine Frage: Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass es im Fall des genannten Betriebes

Straathof!

- Straathof, der liegt in Sachsen, genau Aufgabe der zu Ihrer vergleichbaren Behörde ist, diesen Menschen dann auch wirklich zur Anklage zu bringen, wenn er gegen tierschutzrechtliche Regelungen verstoßen hat? Genau das haben Sie eben auch in der Debatte zugestanden. Ich würde sagen, das muss aus Ihrem Hause dann auch verschärft werden. Dagegen habe ich überhaupt gar nichts.

(Beifall Barbara Ostmeier [CDU])

Aber die staatliche Kontrolle ist diejenige, die letztendlich auch das Verfahren führt und einen solchen Betrieb dann stilllegt.

(Beifall Daniel Günther [CDU] und Barbara Ostmeier [CDU])

- Selbstverständlich stimme ich Ihnen zu, dass es Aufgabe von Tierschutzbehörden ist, Betriebe zu überwachen und wenn die Betriebe gegen Tierschutzrecht verstoßen, diese zur Anklage zu bringen beziehungsweise vorgeschaltete Maßnahmen einzuleiten. Da haben wir auch Beispiele im Land gehabt.

Aber es ist natürlich genauso Recht der Bevölkerung, sich gegen Behördenakte zu wehren, das Eigentum zu schützen oder - und das ist das fundamental Neue - sich dafür einzusetzen, dass Rechtsakte eingeleitet werden. Wer will denn von uns mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass Behörden immer alles hundertprozentig genauso machen. Natürlich müssen sie es machen, aber es gibt Rechte noch und nöcher, und andere Leute, die Ihnen näher stehen, nutzen auch ihre Rechtstitel, um gegen Entscheidungen vorzugehen. Wenn das, was Sie sagen, ernst gemeint ist, dann dürfte es ja gar keine Klagerechte gegen behördliches Handeln geben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und PIRATEN)

Dann dürfte es keine Klagen gegen die Biotopverordnung, gegen Nationalparkgesetze und gegen Filtererlasse für Schweineställe geben. Das müsste dann ja eingeschränkt werden: Das wird ja behördlich gemacht, ist also immer richtig. - So ist es aber nicht: In einem Rechtsstaat gibt es Rechte, die behördlichen Akte zu überprüfen. Gott sei Dank ist es so. Jetzt gibt es auch Rechte, die nicht behördlichen Akte gegebenenfalls zu erzwingen, nämlich dann, wenn Verbände für die Tiere die Rechte des Tierschutzes einklagen wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, PIRATEN und SSW)

Herr Minister, es gibt eine weitere Zwischenfrage oder -bemerkung der Frau Kollegin Ostmeier. Ich frage Sie, ob Sie diese gestatten.

Gern.

Frau Ostmeier, bitte.

Herr Dr. Habeck, Sie tun gerade so, als wäre der Tierschutz ohne dieses neue Instrument gar nicht durchsetzbar. Können Sie mir erklären, warum gestern und sonst die Presse rauf und runter voll ist mit Verfahren, die wegen des Verdachts der Verletzung des Tierschutzes oder ähnlicher Dinge eingeleitet worden sind?

Selbstverständlich ist der Tierschutz durchsetzbar. Es gibt diverse Beispiele, auch in Schleswig-Holstein, dass die Behörden, aber auch die Zivilgesellschaft versuchen, Umsetzung von Tierschutz zu überprüfen und zu gewährleisten. Aber er ist für die Tiere eben juristisch nicht außerhalb des behördlichen Handelns durchsetzbar. Nur darum geht es. Das Tierschutz-Verbandsklagerecht führt die Möglichkeit der Stellvertretung ein. Da sich Tiere selbstverständlich nicht selbst vor Gericht vertreten können oder Klagen gegen ihre Nutzung erheben können, machen es jetzt eben Dritte für sie, und das sind in der Gesellschaft, in der wir leben, nun ein

mal Menschen. Menschen sind in Vereinen organisiert.

Damit fahre ich in der Rede fort, Frau Präsidentin. Ich komme zu den anderen Punkten, die angesprochen worden sind. Das Tierschutz-Verbandsklagerecht sorgt dafür - Detlef Matthiessen hat es ausgesprochen -, dass die nach Prüfkriterien zugelassenen Tierschutzverbände in Schleswig-Holstein die Klagerechte haben, das heißt, vor die Stufe der Klagemöglichkeit ist die behördliche Prüfung der Sachkunde, der Ansässigkeit in Schleswig-Holstein und so weiter geschaltet. Da bleiben in SchleswigHolstein nicht viele Verbände. Wir werden ja sehen, wer das Recht beantragt, aber eine der Stufen ist die Ethikkommission, die wir haben, die dauernd tagt. Zwei Tierschutzverbände in Schleswig-Holstein sitzen in der Ethikkommission. Ich mag nicht ausschließen, dass es drei oder vier geben wird, die werden dann ihren Antrag stellen. Vielleicht gibt es auch fünf oder sechs, ich weiß es nicht. Aber es sind nicht Hunderte oder Tausende, so ist es nun auch nicht. Es sind ausgewählte, bewusst für den Tierschutzzweck gegründete Verbände, und die werden ihre Aufgabe sehr verantwortlich ausüben.

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Rickers?

Immer.

Herr Rickers, bitte.

Vielen Dank. - Herr Minister, ist es Ihre Behörde, also Ihr Ministerium, das letztendlich die Prüfung durchführt, ob eine Zulassung gegeben wird?

Ja.

- Und ist es Ihre Behörde, die nicht nur die Prüfung durchführt, sondern darüber dann letztendlich auch ein Ergebnis zustande bringt?

- So ist es. Die oberste Tierschutzbehörde wird die Zulassung der Verbände, ob sie als klageberechtigte Verbände für das Verbandsklagerecht gelten kön

(Minister Dr. Robert Habeck)

nen, durchführen. So ist es. Die oberste Tierschutzbehörde macht das, und ich werde mir das dann ansehen - so wie es das Gesetz will.

Der Bestandsschutz wurde angesprochen. Das Gesetz regelt keinen Eingriff in den baulichen Bestandsschutz. Wenn eine Tierhaltungsanlage steht, muss sie da stehen bleiben. Das Gesetz regelt aber selbstverständlich die Überprüfung der Nutzung der Bestände. Anders kann es gar nicht sein. Das Tierschutz-Verbandsklagerecht soll dem Tierschutz dienen. Da kann man nicht sagen: Hinter den hohen Mauern schauen wir nicht nach. Also: kein Eingriff in die bestehenden Bauanlagen, aber sehr wohl in die Haltungsform. Das ist der Sinn und Zweck des Gesetzes.

Datenschutz - da bin ich, wenn ich das einmal sagen darf, ganz bei Patrick Breyer - ist ein grundsätzliches Problem, und zwar immer da, wo die Öffentlichkeit Akteneinsicht und Transparenz haben und Verwaltungsverfahren überprüfen will. Das haben wir all überall. Das beginnt bei der parlamentarischen Befassung, und es endet bei Fracking-Anträgen. Dauernd muss man darauf schauen, wo privater Datenschutz gerechtfertigt ist und wo er nicht gerechtfertigt ist. Das ist aber kein exklusives Problem des Tierschutz-Verbandsklagerechts, sondern das ist ein Problem, bei dem man sich für zwei Wege entscheiden kann, nämlich einzelfallabwägend vorzugehen - das scheint mir einigermaßen vernünftig zu sein -, oder man gibt ganz klare rechtliche Vorgaben oder definiert es bis hinunter zum Einzelfall. Aber warum denn nun ausgerechnet beim Verbandsklagerecht des Tierschutzes damit angefangen werden soll, wo wir es in keinem anderen Verfahren so haben, leuchtet mir auch nicht ein. Das ist kein schlagendes Argument gegen das Gesetz.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und Beifall Angelika Beer [PIRATEN])

Kurz zu Herrn Neve und zu dem Argument, dass Hund und Katz nicht geschützt sind. - Das ist richtig. Das Tierschutz-Verbandsklagerecht regelt, dass bei den baulichen Vorhaben die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen nur auf die Vorhaben zu Erwerbszwecken beschränkt werden und Hobbytierhaltung nicht berücksichtigt wird. Das heißt, wie ich meine Katze halte oder ob der Käfig des Kanarienvogels groß genug ist, wird in der Tat nicht durch das Tierschutz-Verbandsklagerecht überprüft. Das kann man bemängeln, aber dass es von der CDU bemängelt wird, dass also der Eingriff ins Private von der CDU gefordert wird, ist

doch schon eine erstaunliche Volte in dieser Debatte.

Herr Rickers, ein letztes Zitat. Sie sagten: Bauschen Sie nicht alles auf mit diesem Gesetz! - Sie sagten, dieses Gesetz bausche den Tierschutz auf. Dieses Zitat gebe ich Ihnen jetzt zurück: Bauschen Sie nicht alles auf! Sie wissen es, Sie haben auf Ihre Kleine Anfrage verwiesen. Die erste Frage ist: Wie viele Klagen gab es in dem großen Land Nordrhein-Westfalen? - Die Antwort ist: eine Klage. Jetzt wollen Sie hier tatsächlich glaubhaft versichern, dass mit diesem Tierschutz-Verbandsklagerecht, das fünf Länder haben und wo es in Nordrhein-Westfalen eine Klage gibt, die Behörden massenweise überlastet werden? - Das kann ich mir nicht ernsthaft vorstellen.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, PIRATEN und SSW)

Herr Minister, es gibt den Wunsch einer weiteren Bemerkung des Herrn Abgeordneten Rickers. Lassen Sie diese zu?

Ja, selbstverständlich.

Herr Rickers bitte.

Eine Frage, Herr Minister: Wissen Sie, wie lange in Nordrhein-Westfalen dieses Tierschutz-Verbandsklagerecht schon in Kraft ist?

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eineinhalb Jahre!)

Eineinhalb oder zwei Jahre. Ich kann nicht sehen, was es an dem Argument ändert, dass Sie befürchten, jetzt würde das Land mit Klagen überzogen, die Tierschutzverbände würden das gegen ihre Intention verwenden. Sie würden alle verantwortungslos handeln, und es würde jetzt benutzt werden und die Tierhaltung insgesamt zerstören. Was die Jahreszahl an diesem Argument besser macht, weiß ich nicht. Es ist schlechtes und ein falsches Argument.

(Minister Dr. Robert Habeck)

Damit wollte ich eigentlich schon beim Ende sein. Dieses Tierschutz-Verbandsklagerecht ist ein gutes Gesetz. Es ist ein ausgewogenes Gesetz. Es sucht in vielen Fällen den Kompromiss. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben, insbesondere - da schließe ich mich Sandra Redmann an - Detlef Matthiessen. - Detlef, du bist heute wirklich der Weihnachtsmann für die Tiere. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratungen. Ich lasse über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/298, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer diesem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der Piratenfraktion, die Kolleginnen und Kollegen vom SSW, von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD und der Kollege Dr. Garg von der FDP-Fraktion.

(Beifall PIRATEN)

Wer lehnt diesen Gesetzentwurf ab? - Das sind die Abgeordneten von CDU und die übrigen Abgeordneten der FDP. Damit ist dieses Gesetz in der Fassung der Drucksache 18/2430 mehrheitlich angenommen.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, SSW und Angelika Beer [PIRATEN])