Protocol of the Session on September 12, 2014

Wir haben Ihnen mit unserem Änderungsantrag, bei dem wir auf alle anderen Punkte verzichten und nur noch diesen einen Punkt beantragt haben, die Chance gegeben, dieses wirklich gute Gesetz heute gemeinschaftlich zu verabschieden. Ich bitte Sie herzlich, dass Sie über Ihren Schatten springen und auf die Opposition und auf die Uni Lübeck, die das einstimmig verabredet hat, zukommen. Dann stimmen wir dem Gesetz am Ende auch zu. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Martin Habersaat für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Günther, ich bin mir nie ganz sicher, ob Sie den Kompromiss suchen oder nicht eher den starken Auftritt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Kniefall vor ver.di - das ist eine flotte Formulierung! Die SPD hat im Laufe ihrer Geschichte auch gute Erfahrungen mit Kniefällen gemacht.

(Zuruf CDU: Das ist aber verdammt lang her!)

Ich kann Ihnen sagen: Nein, das war kein Kniefall vor ver.di. Das war Respekt vor Mitbestimmung.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Kollege Andresen kann vielleicht noch darauf eingehen. Sie haben ihn noch gar nicht geoutet. Er ist nämlich, soweit ich weiß, sogar ver.di-Mitglied.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es ist fies, dass du ihn jetzt outest!)

Wir haben im Bildungsausschuss angeboten, noch einmal über den strittigen Punkt zu sprechen. Wir sind Ihnen auch entgegengekommen. Beantragt war, zwei Personalratsvertreter beratend in den Stiftungsrat zu entsenden. Wir sind Ihnen entgegengekommen. Jetzt ist es nur noch ein Vertreter.

Das ist jetzt der Streitpunkt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Worum geht es? Es geht darum, dass die SPD bei der Umwandlung einer Universität in eine Stiftung sagt: „Wir wollen den Personalrat gern beratend nur hörend, also nicht abstimmend - mit einem Sitz im Stiftungsrat vertreten haben.“ Diesen einen Sitz aber wollen Sie nicht. Wir können das begründen und sagen, wir sind prinzipiell für Mitbestimmung. Aber wie begründen Sie denn eigentlich Ihre Fundamentalopposition?

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Was sagt eigentlich die CDA dazu? Seit Herr Kalinka nicht mehr da ist, driften Sie in eine Richtung ab, die uns Sorgen bereitet.

(Daniel Günther)

(Lachen CDU und FDP - Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Man muss den gesamten Vorgang ja einmal in der Relation betrachten: 2010 ging es um die Existenz der Universität Lübeck. 2010 hieß es: „Lübeck kämpft für seine Uni.“ 2010 sind bedeutende Leibniz-Preisträger aus Protest gegen die Wissenschaftspolitik in diesem Land nach China gegangen. 2010 haben 14.000 Menschen vor dem Landeshaus gegen diese Landesregierung demonstriert, und 2014 nun stellen die sich hier hin und machen ein Bohei um ein Personalratsmitglied mit beratender Stimme im Stiftungsrat.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In diesem Stiftungsrat sitzen vier interne Mitglieder, vier externe Mitglieder und drei beratende Mitglieder. Das sind der Präsident, die Gleichstellungsbeauftragte, obwohl bei den anderen Mitgliedern auch Frauen dabei sind, sowie ein Personalrat, obwohl bei den anderen Vertretern auch Arbeitnehmer dabei sind. Unter normalen Umständen - das ist für niemanden eine Überraschung - ist nun die Umwandlung von staatlichen Hochschulen in Stiftungsuniversitäten nicht unbedingt Top 1 bei der SPD. Aber die Umstände in Lübeck sind eben nicht normal. Ich habe Ihnen das eben geschildert.

(Zuruf SPD)

- Eigentlich waren die Zustände in Lübeck noch nie normal.

(Heiterkeit SPD)

Besonders anomal sind sie aber seit den Vorgängen im Jahre 2010, die noch immer eine unglaubliche Verunsicherung in der gesamten Hochschullandschaft in der Region zur Folge haben.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

Wir haben von Anfang an gesagt: Wenn wir einer Stiftungshochschule zustimmen, dann tun wir das unter bestimmten Bedingungen. Dann tun wir das nur, wenn vor Ort alle der Umwandlung zustimmen, dann tun wir das nur, wenn die Fachaufsicht beim Land bleibt, dann tun wir das nur, wenn dieses Stiftungsmodell kein Sparmodell ist, dann tun wir das nur, wenn Mitbestimmung für Studierende und Beschäftigte gesichert ist, und dann tun wir das nur, wenn Studiengebühren ausgeschlossen werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nun haben Frau Wende und Herr Fischer einen Gesetzentwurf vorgelegt, der alle diese Bedingungen erfüllt. Beide haben es geschafft, viel von dem verlorenen Vertrauen wieder aufzubauen, noch nicht alles, aber viel, und dafür ein herzliches Dankeschön.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Nun ist allerdings kein Gesetzentwurf auf dieser Welt so gut, dass ihn ein Parlament nicht noch verbessern könnte. Das haben wir getan. Über einen umstrittenen Punkt haben wir gesprochen. Zusätzlich haben wir beispielsweise auch noch die Möglichkeit eingeführt, dass die Stiftung Kredite aufnehmen kann. Unterm Strich liegt uns nun ein Gesetzentwurf vor, mit dem alle zufrieden sein können, auch das Präsidium, auch die Opposition. Die Frage ist nur, ob der Opposition ein Kompromiss wichtiger ist als die Show.

Nun haben wir ein Stiftungsmodell Marke Schleswig-Holstein. Wir werden in absehbarer Zeit wahrscheinlich nicht Verhältnisse wie in Harvard erreichen können, was die Finanzierung aus Stiftungsmitteln angeht. Dennoch gibt es auch in Lübeck eine lange Stiftungskultur, und jetzt soll die alte Hansestadt mal zeigen, was sie kann. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Abgeordnete Rasmus Andresen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist - und das sage ich aus voller Überzeugung - ein guter Tag für die Region Lübeck und ein guter Tag für unsere Hochschullandschaft.

Bevor ich auf den von dem Kollegen angesprochenen Knackpunkt zu sprechen komme, möchte ich auch noch auf andere Aspekte dieser Debatte eingehen; denn man wird der Debatte, lieber Kollege Günther, nicht gerecht, wenn man hier kurz vor der Verabschiedung über die Stiftungsuniversität redet und nur diesen einen Aspekt benennt. Es geht hier nämlich um viel mehr, was ich gleich in meiner Rede noch etwas deutlicher zu machen versuchen werde.

(Martin Habersaat)

Ich finde, dass wir mit der Verabschiedung des Stiftungsuniversitätsgesetzes Pflöcke für unsere Hochschullandschaft und für unsere Universität einschlagen. Wir schaffen nämlich heute ein gutes Stiftungsmodell. Die Universität Lübeck wird Stiftung öffentlichen Rechts. Die Kriterien von uns Grünen, die ich in den letzten Jahren auch hier im Plenum immer wieder genannt habe, sind erfüllt worden:

Erstens. Studiengebühren werden ausgeschlossen.

Zweitens. Die Umwandlung zur Stiftungsuniversität darf nicht mit Mittelkürzung des Landes einhergehen. Die Zuschüsse des Landes an die Universität Lübeck bleiben voll erhalten.

Drittens. Die Mitbestimmung aller Statusgruppen wird gestärkt.

Viertens. Die Freiheit von Forschung und Lehre darf nicht, beispielsweise durch Private, angetastet werden.

Wir haben deshalb in der Anhörung - auch der Kollege Habersaat ist gerade darauf eingegangen - unterschiedliche Anregungen von unterschiedlichen Gruppen der Universität in unserem Koalitionsantrag noch einmal aufgegriffen. Wir geben beispielsweise der Universität etwas mehr Freiheit, als ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehen war. Dies gilt sowohl bei den Stellenplänen als auch bei der Aufnahme von Krediten zur Zwischenfinanzierung. Dies war übrigens eine Anregung des Universitätspräsidiums.

Kontrovers wird hingegen die Besetzung des Stiftungsrats diskutiert. Wir Grüne haben von Anfang an deutlich gemacht, dass wir die externe Mehrheit im Stiftungsrat, wie sie im Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehen war, sehr kritisch sehen, auch weil wir sicherstellen wollen, dass die Unabhängigkeit derer, die an der Universität lehren und forschen, erhalten bleibt. Deswegen haben wir die externe Mehrheit verändert und haben bei der Besetzung im Stiftungsrat nun eine Situation von vier zu vier. Der Extern-Intern-Input bleibt also erhalten, aber es gibt keine Mehrheit gegen die internen Mitglieder.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn wir jetzt zu dem Knackpunkt kommen, um den sich hier vieles dreht und um den sich auch in den letzten Tagen vieles gedreht hat, Herr Kollege Günther, dann muss man Ihnen lassen, dass Storytelling wirklich Ihre Stärke ist.

(Beifall SPD)

Gegenstand der Anhörung war, ob die Personalräte neben der Gleichstellungsbeauftragten und dem Universitätspräsidenten im Stiftungsrat ein nicht stimmberechtigtes Mitglied entsenden können. Soweit besteht hier Einigkeit, dass das Gegenstand der Debatte ist. Wir kommen dem Personalrat noch ein Stück entgegen, weil wir es auch richtig finden, dass gerade die Gruppen an der Universität, die sich aus unterschiedlichen Gründen sehr kritisch in der Debatte zur Stiftungsuniversität geäußert haben, besser und stärker eingebunden werden.

Es ist zwar richtig, dass es zu dieser Frage einen einstimmigen Beschluss gegeben hat. Aber alle Statusgruppen - ich habe das gerade an einem anderen Punkt deutlich gemacht - haben im Anhörungsverfahren Vorschläge eingereicht, die über den Gesetzentwurf hinausgehen. Das Präsidium hat das bei der Personal- und Finanzautonomie getan, die Studierenden beispielsweise bei der Frage der externen Mehrheit im Stiftungsrat, und der Personalrat bei der Fragestellung, ob er ein weiteres nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Stiftungsrat entsenden kann.

Deshalb haben wir nachgebessert. Hier aber zu behaupten, wir prügelten das alles durch, wie es angeblich rot-grün-blaue Tradition in den letzten Jahren gewesen sei, ist schlicht falsch. Wir sind auf Anregungen im Bildungsausschuss eingegangen und haben diesbezügliche Entscheidungen sogar um zwei Wochen verschoben. Wir hatten am Mittwoch eine Sondersitzung des Bildungsausschusses zu dieser Frage durchgeführt, weil wir ernsthaft überlegt haben, wie wir auf Sie zugehen könnten, und weil wir hier natürlich gern auch einen einstimmigen Beschluss haben wollen. Wir haben in dieser Beratung aber eben auch andere Aspekte angesprochen. Deshalb sind wir der Meinung, dass ein weiteres nicht stimmberechtigtes Mitglied im Stiftungsrat der richtige Weg ist. Wir glauben, dass auch Sie das eigentlich ganz gut mittragen können.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)