Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/2213
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Ich bitte um das Handzeichen, wenn Sie der Meinung sind, dass das geschehen soll. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so der Fall.
Ich erteile für die Landesregierung der Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Eine Bemerkung vorweg: Im Koalitionsvertrag der regierungstragenden Parteien kann man nachlesen - ich zitiere -:
„Kulturpolitik in Zeiten von schrumpfenden Gesellschaften und Sparhaushalten heißt, neue Strategien für eine reiche, vielfältige und qualitativ hochwertige Kulturlandschaft zu entwickeln.“
„Wir brauchen endlich eine kulturpolitische Debatte, in deren Verlauf wir Leitlinien im Dialog mit den Kulturschaffenden und den Kommunen erarbeiten.“
Unser Kulturdialog beschreibt genau diesen Prozess. Die Landesregierung hat in einem breit angelegten Dialog mit den Akteuren der Kulturlandschaft die Lage in Schleswig-Holstein erörtert und debattiert, wie wir die Versorgung im Land mit Kultur für jedermann sicherstellen können. Lassen
Sie mich hinzufügen: Wir können stolz sein, sowohl auf den Prozess, als auch auf das Ergebnis; denn erstmalig legt eine Landesregierung ein Kulturkonzept vor.
Ich möchte mich daher bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses sowie bei den Akteuren im Land, aber auch bei unseren Mitstreiterinnen und Mitstreitern in Parlament und Kabinett bedanken, dass wir dieses auf die Beine stellen konnten.
Meine Damen und Herren, die Art und Weise, wie eine Gesellschaft ihre Kultur lebt und fördert, ist ein Ausdruck dafür, wie eine Gesellschaft ihre Demokratie lebt und stärkt. Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik. Deren Ort ist das Parlament, und mit dieser Debatte heute ist die Kulturpolitik im Parlament angekommen. Das ist ein Ergebnis unseres Kulturdialogs.
Mit dem Kulturkonzept haben wir zum ersten Mal grundlegende Leitlinien für die Kultur in Schleswig-Holstein definiert. Wir sind von vier Schwerpunkten ausgegangen, die den Leitlinien zugrunde gelegt waren. Die Landesregierung möchte erstens das kulturelle Erbe des Landes bewahren und vermitteln, zweitens die ästhetische Bildung und kulturelle Teilhabe fördern, drittens den Kulturstandort Schleswig-Holstein stärken und viertens die Kulturförderung sichern. Die Inhalte unseres Kulturkonzeptes können sich sehen lassen.
Sie sind verbindlich genug für die Kulturpolitik und offen genug, gemeinsam mit den Kulturinstitutionen unser Land lebendig zu gestalten. Sie sind ein aktiver Beitrag für die demokratische Entwicklung Schleswig-Holsteins.
Ich will einige Beispiele nennen: Erstens. Das Kulturkonzept legt einen Schwerpunkt auf die Unterstützung einer flächendeckenden Struktur. Das ist eine deutliche politische Ansage. Sie bedeutet, dass wir eine tragfähige kulturelle Infrastruktur brauchen, die für Menschen im ländlichen Raum und für alle sozialen Milieus erreichbar ist. Der Erhalt und die Förderung von Kultureinrichtungen in den Regionen werden zu Errichtung von Kulturknotenpunkten führen, die den Support im ländlichen Raum übernehmen sollen. Sie sollen die Angebotsstrukturen sinnvoll untereinander und mit den großen Zentren vernetzen, sie professionell be
Gleichzeitig sollen die Akteure vor Ort aktiv einbezogen werden. Wir wollen keine Parallelstrukturen schaffen, sondern bestehende Einrichtungen weiterentwickeln. 2015 sollen zwei erste Knotenpunkte eingerichtet werden. Weitere folgen in den nächsten Jahren. Entsprechende Vorkehrungen sind im Haushaltsentwurf für 2015 getroffen.
Zweitens. Schleswig-Holstein ist zu übersichtlich für kleinteilige Konkurrenz. Wir müssen die verschiedenen Anbieter ins Gespräch und so Wissensmanagement befördern. Die Kulturabteilung meines Hauses hat darum das Thema Vernetzungsstrategien neu in ihrem Aufgabengebiet. Wir wollen durch neue Wege die Anbieter von Kulturveranstaltungen und Fortbildungen zusammenbringen, um die attraktiven Angebote noch sichtbarer zu machen. Die Kulturknotenpunkte sind dabei wichtige Bausteine.
Drittens. Die im Jahr der kulturellen Bildung 2014 begonnene Vernetzung zwischen den Akteuren der schulischen und außerschulischen Bildung wird zielgerichtet fortgesetzt. Das unterstreicht, dass das Jahr der kulturellen Bildung keine Eintagsfliege ist, sondern langfristig wirkt. Gemeinsam mit den für Bildung im Land Verantwortlichen wollen wir nach Wegen suchen, wie wir ästhetische Qualifikationen verstärken können. Dazu gehören Bildungs- und Sozialministerium ebenso wie die Einrichtung der kulturellen Kinder- und Jugendbildung oder die Volkshochschulen. Wir wollen die Qualität steigern und für eine breitere Akzeptanz sorgen sowie insbesondere auf neue Vermittlungswege hinweisen, die durch die Digitalisierung entstehen. Das Stichwort heißt Medienkompetenz.
Viertens. Grenzüberschreitend zu denken, gilt ganz wörtlich auch in der Zusammenarbeit mit unserem dänischen Nachbarn. Erste Gespräche hat es bereits gegeben. So kann ich mir vorstellen, dass wir im Bereich Kultur und Kreativwirtschaft zu einer intensiven Zusammenarbeit kommen. Wir sind da schon auf einem guten Weg.
Nordschleswig oder Sønderjylland wollen wir in die Arbeit der Kulturknotenpunkte einbeziehen. Nicht zuletzt erkennen wir die Minderheitenkulturen als originären Teil der Kultur Schleswig-Holsteins an.
Fünftens. Im Förderbereich werden wir projektweise die Idee einer Kontraktförderung umsetzen, die den Empfängern mehr Planungssicherheit und dem Land mehr politische Steuerungsmöglichkeiten gibt. Auch hier sind wir auf einem guten Weg mit guten Gesprächen mit dem Finanzministerium.
Sechstens. Ein neu einzurichtendes Kulturlabor soll als regelmäßig tagende Arbeitsgruppe über Trends und Entwicklungen beraten und der Kultur im Land zusätzliche Impulse geben. Die erhoffe ich mir zum Beispiel auch beim Beschreiten neuer Wege. Digitalisierung, moderne Medien und kreative Ansätze sollen auch in Schleswig-Holstein einen Platz in der Kunst finden. Wir brauchen Platz für Experimente, nicht zuletzt für junge Menschen.
Siebtens. Die Kommunen sind wichtige Partner des Kulturkonzepts. Mit ihnen über die Weiterentwicklung zu sprechen und gemeinsame Wege der Realisierung zu finden, wird unser nächster Schritt sein.
Bei aller Abstraktion spiegelt das Kulturkonzept klar die kulturpolitischen Schwerpunkte des Landes wider. Es fügt sich deswegen nahtlos in unsere anderen kulturpolitischen Aktivitäten ein. Die Sorge um das kulturelle Erbe korrespondiert mit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes. Ebenso gehört hierzu die besondere Pflege unserer Gedenkstättenkultur, die wir im Konzept ebenso zum Erbe und also zur Verantwortung unseres Landes für zukünftige Generationen zählen.
Die Förderung der ästhetischen Bildung passt zum Jahr der kulturellen Bildung. Die Forderung nach kultureller Teilhabe gehört zum sozialpolitischen Handeln dieser Landesregierung dazu. Als konkretes Beispiel mag hierfür gelten, dass die neuen Knotenpunkte auch die Aufgaben von den sogenannten Kulturlogen übernehmen sollen, also die Vermittlung von Restkartenkontingenten an Menschen, die sich sonst den Zutritt zu kulturellen Angeboten unter Umständen nicht leisten könnten.
Wir haben schon viel allein durch den Prozess und unser Kulturkonzept erreicht. Der Weg ist aber noch nicht zu Ende, denn es bleibt dabei: Kulturpolitik gehört ins Zentrum der Politik.
Durch Kultur erfahren wir eine Bereicherung unseres Lebens und neue Denkanstöße. Denkanstöße schaffen Werte. Werte prägen Gesellschaften und stärken das gesellschaftliche Zusammenleben. Daher ist und bleibt und wird Kultur immer ein wichtiger Baustein unserer Gesellschaftspolitik sein.
Meine Damen und Herren, wer die Chance hat, sich kulturell zu betätigen, der geht letztlich auch zur Wahl. Die Landesregierung handelt danach. Wir freuen uns über jede Unterstützung aus dem Parlament. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Das war der geforderte Bericht. Wir kommen jetzt zur Aussprache. Für die SSW-Abgeordneten hat Frau Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In den vergangenen Monaten haben sich die verschiedensten Akteure, darunter viele Ehrenamtliche, sowie Vertreter von Verwaltung, Bildung und Wissenschaft bis hin zu Vertretern der Wirtschaft, zusammengefunden, um im Rahmen des Kulturdialogs Neues zu erarbeiten. Dabei ging und geht es vor allem um die Frage, welche Kultur wir in unserem Land brauchen und auch brauchen wollen. Diese Frage ist natürlich nicht neu, jedoch sollte man sie sich immer wieder neu stellen, damit das Bisherige nicht einstaubt.
Die Herausforderungen sind dabei klar: Menschen, vor allem junge Menschen, vermehrt für Kultur zu begeistern, in Zeiten knapper Haushaltslagen echte Perspektiven für den Kulturbereich zu schaffen. Das ist eine Herausforderung, die zwangsläufig zur Kenntnis genommen werden muss. Aus den aktuellen Haushaltsentwürfen geht hervor, dass man auch für 2015 versucht, Perspektiven zu schaffen.
Der Kulturbetrieb ist ein sensibles Gebilde. Wenn wir ehrlich sind, ist es die Kultur, die sich als Erstes kaputtsparen ließe. Doch nun hat man dem Kaputtsparen einen Riegel vorgeschoben. Das heißt nicht, dass in naher Zukunft im Kulturbereich Milch und Honig fließen werden, jedoch zeigt die Landesregierung, dass sie Kultur nicht mehr als Kürzungsmasse versteht.
Sie versteht es auch nicht als eine Domäne, die sich selbst überlassen werden sollte und die sich ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Denn darum geht es ja: sich zu öffnen, neue Impulse zu entwickeln und anzuwenden.
Wirtschaft und Kultur sind sicherlich zwei Fachbereiche, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Gerade diese Bereiche gilt es auch im Rahmen des Kulturdialogs miteinander zu verknüpfen. In der Frage nach der Nutzung der Kultur als Standortfaktor stehen wir in Schleswig-Holstein noch am Anfang. In Sachen Kulturtourismus im Land ist noch reichlich Luft nach oben. Das Schleswig-Holstein Musik Festival hat auch in diesem Jahr gezeigt, dass durchaus Potenzial vorhanden ist. Man muss eben nur Ideen haben. Genau dort wollen wir ansetzen. Die Landesregierung hat die ersten Schritte in die Wege geleitet. Nun geht es darum, diesen Weg in Zukunft fortzusetzen. Wir als SSW wollen diesen Weg unterstützen.
Das Kulturkonzept fordert eine stärkere Vernetzung ein. Gute Kulturfinanzierung ist das eine, zur Qualitätssicherung gehört aber auch, nach Kompetenzen zu schauen und sie vernetzen. Dabei geht es darum, verschiedene kulturelle Anbieter zusammenzubringen, quasi eine Bündelung der Angebote. Eine solche Maßnahme wirkt sich natürlich auch auf die Außendarstellung aus, wobei wir wieder bei der Nachfrage wären. Ein Kreislauf. Dabei geht es darum, dem Ganzen etwas Schwung zu geben, damit das Ganze nicht zum Stehen kommt. Denn es gibt viel in unserem Land; wir müssen lernen, darüber zu sprechen.
Das ist den Beteiligten des Kulturdialogs durchaus gelungen. Die Kulturknotenpunkte sind ein wichtiger Baustein in dieser Strategie. Besonders begrüßenswert finde ich den Ansatz, die ästhetische Qualifikation zu stärken. Dabei ist es vor allem wichtig, die Bildungsträger in unserem Land einzubeziehen. Dieser Austausch hat stattgefunden und sollte in Zukunft noch ausgeweitet werden, damit auch die Akzeptanz für und mit Kulturschaffenden sowie die kulturelle Teilhabe wachsen kann.
Meine Konklusion zum Konzept des Kulturdialogs und die durchaus angedachten Ziele lassen sich klar und deutlich darstellen. Die Landesregierung sieht Kultur als eine Querschnittsaufgabe an, Kultureinrichtungen im Land als einen öffentlichen Wert, der öffentliche Mittel legitimiert und von besonderer Bedeutung für das Zusammenleben in Schleswig
Holstein ist. Hierzu zählt auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Institutionen und Einrichtungen. Die Minderheiten im Land sind ein wichtiges kulturelles Plus. Kultur bereichert unser Leben und gibt uns die Einsicht und die Toleranz, unsere Mitmenschen über Grenzen hinweg zu verstehen.