Wir müssen gemeinsam die demokratische Kultur stärken. Mit unserer Präventionsarbeit für Demokratie und gegen Rechtsextremismus im Land wirken wir deshalb auch dem Antisemitismus entgegen. Das neue Bundesprogramm zur Demokratiestärkung vom Bundesministerin Manuela Schwesig wird auch in Schleswig-Holstein dazu beitragen, hier noch mehr zu tun. Planungssicherheit und die Verstetigung der Beratung - gerade auch von Opfern rechtsradikaler Übergriffe - ist hier die Zielrichtung. Wir setzen unsere erfolgreiche Arbeit gegen rechts fort. Eine Kürzung wird es hier mit uns nicht geben.
Die Breite des neuen Programms wird uns aber auch dabei helfen, andere Phänomene stärker als bisher zu bearbeiten. Dies sage ich vor allen Dingen in Richtung der CDU. So wird allen demokratiefeindlichen Meinungen in der Gesellschaft angemessen begegnet. Der Schwerpunkt liegt aber weiter ganz bewusst auf der Bekämpfung von Rassismus, Rechtsradikalismus und Antisemitismus. Denn hier sind ganz eindeutig die größten Schatten unserer Gesellschaft.
gende Arbeit. An dieser Stelle einen herzlichen Dank, besonders auch an die Landeskoordinierung unter der Leitung von Frau Petermann.
Sie und alle Beraterinnen und Berater des Landesund Bundesprogramms tragen aktiv dazu bei, Demokratiefeindlichkeit in unserem Land einzudämmen. Antisemitismus darf in Schleswig-Holstein keinen Platz haben. Hier geht heute ein geschlossenes Signal vom Landtag aus. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit muss bekämpft werden - für eine starke Demokratie in Frieden und ohne Hass.
Meine Damen und Herren, es sind weitere Gäste auf der Tribüne eingetroffen. Es handelt sich um Gäste der Kollegin Frau Abgeordneter Nicolaisen, und zwar Mitglieder der CDU aus Schafflund. Herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!
Wir fahren in der Debatte fort. Ich bitte den Herrn Abgeordneten Burkhart Peters, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu sprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer könnte dem Antrag der CDU widersprechen? Die Küstenkoalition unterstützt ihn ausdrücklich und von ganzem Herzen. Wir werden keine antisemitische Hetze auf unseren Straßen und anderswo unwidersprochen hinnehmen!
Erlauben Sie mir dennoch ein paar kritische Anmerkungen. Sie zielen nicht auf den Wortlaut, sondern auf den zeitlichen Kontext und möglicherweise darin enthaltene unausgesprochene Botschaften.
Nur zwei Tage vor Ihrem Antrag vom 25. Juli 2014 hatte bereits Bundeskanzlerin Merkel in einer Presseerklärung vom 23. Juli 2014 erklärt, „antisemitische Hetze“ auf Demonstrationen gegen die militärische Offensive der israelischen Regierung im Gazastreifen nicht hinnehmen zu wollen. Antisemitische Straftaten seien „konsequent und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln“ zu verfolgen.
Tatsächlich wurden auf den Demos üble Parolen skandiert, in denen zum Beispiel „die Juden“ als „feige Schweine“ bezeichnet wurden, als „Mörder unschuldiger Kinder“. Das ist widerliche Hetze und unter keinen Umständen zu dulden.
Frau Merkel hatte aber bereits in einer Rede vor der Knesset 2008 erklärt, die Sicherheit Israels sei „Teil der deutschen Staatsräson“. Hieran knüpft meine erste Anmerkung an: Kritik am Agieren der israelischen Armee im Gazastreifen ist in Deutschland trotzdem vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit gedeckt. - Vielen Dank, Herr Callsen, dass Sie das gerade auch noch einmal so deutlich gesagt haben.
Klar ist aber auch: Jede Volksverhetzung oder Beschimpfung von Bekenntnissen sind eindeutig nicht hinzunehmen. Die Wortwahl einiger Vertreter in der Debatte im Sommer hinterlassen allerdings den Eindruck, dass gelegentlich die Grenze zwischen hinzunehmender Kritik und unzulässiger Hetze nicht ganz klar ist.
Meine Damen und Herren, ganz überwiegend wird gerade in der kritischen Öffentlichkeit äußerst ernst und sachlich darum gerungen, ob und mit welchen Worten Kritik - gerade aus Deutschland - an der israelischen Regierung in der Palästinenserfrage möglich, vielleicht sogar besonders notwendig ist. Ich warne deshalb davor, das Demonstrieren gegen die Gazapolitik Israels unter den Generalverdacht des Antisemitismus zu stellen.
Am 9. August 2014 fand zum Beispiel in Berlin eine große Demonstration statt, bei der jüdische, palästinensische und deutsche Vereine gemeinsam für ein Ende des Gazakrieges demonstrierten und dabei auch harte Kritik an Israels Regierung übten.
Zweite Anmerkung: Anlassbezogen suggeriert der Antrag, Antisemitismus in Deutschland und Schleswig-Holstein sei vor allem das Problem eines erstarkenden Islamismus. Mit dieser Stoßrichtung findet eine Akzentverschiebung statt, die dem Phänomen nicht gerecht wird. In den ersten beiden Quartalen des Jahres gab es nach Polizeiberichten bundesweit 350 antisemitische Straftaten. Über 95 % der festgestellten Täterinnen und Täter kommen aus dem rechtsmotivierten Milieu.
gens auch die vielen anderen Ausprägungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, zum Beispiel Antiziganismus, Homophobie und Islamophobie. Von der gesellschaftlichen Mitte über Rechtspopulistinnen und -populisten bis hin zu den Rechtsradikalen - gerade die Islamfeindlichkeit wird zu einem immer drängenderen Problem auch in Schleswig-Holstein, wie die widerlichen Anschläge auf die Moschee in Mölln in den letzten Wochen gezeigt haben.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat es allein von Januar bis August diesen Jahres zwölf Übergriffe auf Moscheen in Deutschland gegeben. Seit 2001 wurden insgesamt mehr als 300 muslimische Gotteshäuser attackiert. Das Spektrum der Taten reicht von Hakenkreuzschmierereien über Morddrohungen gegen Imame bis hin zur Brandstiftung - wie zuletzt in Berlin. Auch diese Straftaten stammen regelmäßig aus dem rechten Milieu.
Dritte Anmerkung: Letztlich meine ich, aus dem Antrag - Herr Callsen hat das gerade noch einmal akzentuiert - erneut die Kritik herauszuhören, die Landesregierung setze im Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus die falschen Akzente, wenn sie zu stark das rechte Milieu in den Fokus nehme. Der gewaltbereite Islamismus sei mindestens genauso gefährlich. Angesichts der eben dargelegten Zahlen und Zusammenhänge bin ich aber der Überzeugung, dass der Schwerpunkt dieser Landesregierung nach wie vor richtig gewählt ist, nämlich den Kampf gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in allen seinen Facetten schwerpunktmäßig als Kampf gegen rechte Parolen, Ressentiments und Vorurteile zu führen. Das hindert uns natürlich keineswegs daran, üblen Antisemitismus, egal woher er kommt, als solchen zu bezeichnen, zu verurteilen und auch zu verfolgen. Darum unterstützen wir ausdrücklich diesen Antrag. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesem Sommer hat es bei Demonstrationen gegen den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen antisemitische Äußerungen gegeben, wie man sie hier in Deutschland seit 1945 nicht mehr erlebt hat. In Berlin waren - wie die Presse der Bundeshauptstadt berichtete - zum Beispiel „Sieg-heil-Rufe“ und die Parole „Israel vergasen!“ zu hören. Die Berliner Polizei hat dies glasklar als Volksverhetzung eingestuft.
Gegen diesen aggressiven Antisemitismus wollen wir ein klares Zeichen setzen: Solche Entwicklungen werden wir nicht dulden, sondern wir werden konsequent und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorgehen.
Wir werden es nicht zulassen, dass Angehörige von jüdischen Gemeinden in Deutschland durch solche Vorgänge in Angst und Schrecken versetzt werden. Das sind die Lehren, die die deutsche Demokratie nach 1945 aus der Zeit des verbrecherischen Nationalsozialismus gezogen hat - und hier darf es kein Zurückweichen geben.
Gelegentlich stößt man auf die Behauptung, wegen der historischen Belastung aus der Zeit bis 1945 sei in Deutschland Kritik an Israel tabu. Die Berliner TU-Professorin Monika Schwarz-Friesel hat diese vor allem im Stammtischdiskurs beliebte These kürzlich als ein politisches Märchen entlarvt. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Aktueller Antisemitismus in Deutschland: sprachliche und konzeptionelle Charakteristika“ an der Technischen Universität Berlin wurde die Medienberichterstattung über das Ausland, insbesondere im Hinblick auf Menschenrechtsverletzung und Konflikte, vergleichend analysiert. Dabei stellte sich heraus: In deutschen Medien wird kaum ein anderes Land für seine Politik so oft kritisiert wie Israel - etwa im Vergleich zu Russland, China, Saudi Arabien oder Nordkorea.
Auch wenn man sich fragen mag, warum bestimmte politische Kräfte - die gibt es übrigens auch auf der linken Seite; ziemlich weit links - das russische Vorgehen in der Ostukraine nicht mit gleicher Vehemenz kritisieren wie den Einsatz des israelischen Militärs im Gazastreifen, ist doch diese Kritik - sofern sie frei von antisemitischen Klischees bleibt selbstverständlich durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und insoweit überhaupt nicht zu kritisieren.
Die Erfahrung der zurückliegenden Sommermonate hat aber gezeigt, dass sich Kritik an aktuellen Vorgängen in Israel beziehungsweise in den Gebieten der Palästinenser immer öfter - auch in Deutschland - mit klar antisemitischen Äußerungen und Handlungen verbindet. Dies wollen und dürfen wir nicht tolerieren. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Nahostkonflikt und die damit einhergehenden Demonstrationen der letzten Wochen lassen uns aufschrecken - das ist richtig -, lassen uns diese verurteilen - das ist auch richtig. Gleichwohl sage ich: Wir dürfen nicht schwarz-weiß zeichnen. Wir unterstützen den Antrag. Wir sind Mitantragsteller der interfraktionellen Entschließung. Wir glauben, dass das ein wichtiges Signal ist. Wir alle haben den einstimmigen Konsens, dass wir Antisemitismus weder tolerieren noch akzeptieren, sondern ihn mit aller Kraft zurückweisen.
Gleichwohl muss man sehen, dass wir - auch am Rande dieser Demonstrationen - eine andere Entwicklung haben. Deswegen haben wir mit unserem Änderungsantrag das Problem - der Kollege Peters hat es eben schon mit angesprochen - der zunehmenden Islamophobie angesprochen. Wir sollten diesen antimuslimischen Rassismus, der auch immer deutlicher wird, nicht einfach ignorieren. Deswegen freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Artikel 5 Grundgesetz billigt jedem im Rahmen seiner Meinungsfreiheit das Demonstrations- und Versammlungsrecht zu. Das ist richtig. Kritik am Kurs der israelischen Politik - da stimme ich dem Kollegen von Pein zu - im Nahostkonflikt und in Bezug auf eine rücksichtslose Siedlungspolitik werden geäußert. Wenn wir uns als Freunde Israels verstehen, dann ist diese Kritik unter Freunden auch richtig. Ich weiß aber auch von vielen Gesprächen, dass diese Kritik auch von Menschen aus Israel kommt, zum Beispiel vom ehemaligen israelischen Botschafter Avi Primor und sehr dezidiert von der jüdischen Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff. Diese machen das Dilemma sehr viel deutlicher als
Es ist richtig, dass wir sagen, dass Luftschläge mit dieser Anzahl von Opfern in den vergangenen Wochen wie auch die Siedlungspolitik als Bestandteil einer Politik zu kritisieren sind, weil wir einen Weg zu einer friedlichen Lösung unter der Voraussetzung der bedingungslosen Anerkennung der Sicherheit Israels finden müssen. Auch das ist hier, glaube ich, vollkommen unumstritten.
Wenn es zu solchen Aussagen - ich habe mir lange überlegt, ob ich sie zitiere - auf diesen Demonstrationen voller Judenhass, voller Verachtung kommt ich habe mich entschieden, diese Worte nicht zu zitieren; wir alle haben sie gehört -, dann gibt es nur eine gemeinsame demokratische Antwort darauf: Nein, das ist nicht zu ertragen, das wird nicht geduldet, es wird mit allen demokratischen Mitteln zu verhindern versucht.
Es gibt Kritik in Palästina, auch vernehmliche Kritik, wenn auch nicht so laut, an dem Vorgehen der Hamas, weil es auch für die Palästinenser kein Recht gibt, mit Granatwerfern Israelis anzugreifen, zu bedrohen, zu treffen und die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Vielleicht waren mehrere von uns dort und haben es erlebt, wenn Israel unter Warnung eines Luftangriffs vom Gazastreifen ist. Das ist erschreckend. Die Menschen fliehen nicht, wie wir das tun würden. Ich dachte: Jetzt musst du weg, du musst irgendwo in einen Bunker. Es ist eine schreckliche Starre des Gewöhnens des ewigen Angreifens und für jeden Juden in Israel wahnsinnig schwer auszuhalten. Wir können uns nicht vorstellen, dass wir damit leben könnten.
Ich komme zum Schluss und sage auch: Zur gleichen Zeit gab es antipalästinensische Parolen wie: „Araber zu hassen ist kein Rassismus, dahinter stehen Werte“, tausendfach über facebook verbreitet, oder Twitter: „Bringt sie alle um, ich hoffe, es war nur der Anfang“. Auch das muss von uns genauso zurückgewiesen werden wie Antisemitismus, den wir nicht in Schleswig-Holstein, nicht in Deutschland und auch nicht in Europa akzeptieren, sondern grundsätzlich verurteilen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.