Protocol of the Session on September 10, 2014

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, ich habe guten Grund, davon auszugehen, dass sich der amtierende Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz ebenfalls für ein bundesweites Register einsetzen wird, das die Erfahrungen aus Schleswig-Holstein und Hamburg aufgreift.

Das Register wird auf Basis des Beschlusses des Landtags vom letzten Jahr umgesetzt. Eine zentrale Informationsstelle ist im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie eingerichtet. Sie führt das Register zum Schutz des fairen Wettbewerbs und kann notfalls auch Vergabesperren aussprechen. Ich sage „notfalls“ - hier könnten Sie vielleicht auch genauer zuhören -, weil wir uns das nicht wünschen. Wir wollen fairen Wettbewerb und gute Arbeit in Schleswig-Holstein. Wir wollen, dass unsere Unternehmen mit Qualität punkten, nicht mit Dumpingangeboten. Wir wollen, dass der

(Olaf Schulze)

Staat über das Handwerkszeug verfügt, das nötig ist, um notfalls durchgreifen zu können. Es geht nicht um ein Strafregister; das hat mein Fraktionsvorsitzender auch vor fast genau einem Jahr an dieser Stelle ausgeführt. Vielmehr ist unser Register für fairen Wettbewerb ein Instrument für die vergaberechtliche Eignungsprüfung.

Es gibt gute Gründe dafür, Unternehmen nicht erst mit der Eintragung bestandskräftiger Urteile einzutragen, sondern hierfür auch andere belastbare Fakten zu akzeptieren. Der wichtigste Grund ist die möglicherweise jahrelange Verfahrensdauer bei Wirtschaftsstrafsachen. Ich möchte auch deutlich machen: Jeder Auftraggeber, jede Auftraggeberin entscheidet selbst über die Auftragsvergabe.

Dass die Zusammenarbeit im Kampf gegen Korruption nicht auf Schleswig-Holstein und Hamburg beschränkt bleibt, war von Anfang an unser Ziel. Die Kritiker, die seinerzeit die begrenzte Wirksamkeit bemängelt haben, sind im Recht: Je größer der Kreis der Partner bei einem solchen Unterfangen ist, desto fairer wird der Wettbewerb. Deshalb wünschte ich mir, dass auch Sie dies unterstützten. Es muss uns allen darum gehen, dass Unternehmen, die fair arbeiten, gute Qualität abliefern und sich an Recht und Gesetze halten, gegenüber den anderen nicht benachteiligt sind. Deshalb unterstützen wir das Ansinnen der Justizministerkonferenz auch in diesem Punkt.

Hingegen ist mir völlig klar: Was für Sie eine Gängelung von Unternehmen sein mag, ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten soziale Gerechtigkeit und fairer Wettbewerb, und darauf sind wir stolz.

(Christopher Vogt [FDP]: Kommen Sie ein- mal zum Kern der Debatte!)

Da Gesetzentwürfe nach der Geschäftsordnung im Schleswig-Holsteinischen Landtag grundsätzlich in zwei Lesungen zu beraten sind, können wir Ihre populistische und überflüssige Initiative nicht direkt ablehnen. Wir beantragen Überweisung. Aber das kommt ja sowieso.

(Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

- Ja, gern!

Ich deute Ihren Hinweis so, dass Sie den Kollegen Christopher Vogt gern für eine weitere Zwischenbemerkung zu Wort kommen lassen wollen. Das erteile ich ihm hiermit.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Vielleicht reden wir diesmal weniger aneinander vorbei, als es eben der Fall war. Ich wollte Ihnen gern noch etwas Redezeit zugestehen, weil Sie noch gar nichts zum Kern der Debatte gesagt haben. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir ja nicht das Gesetz aufheben, sondern wir haben auf das Problem der Unschuldsvermutung hingewiesen. Sie haben noch nichts dazu ausgeführt, ob Sie das auch problematisch finden und an der Stelle korrigieren wollen. Sie haben nur über das Gesetz an sich gesprochen und nicht über die problematische Stelle, die wir ändern wollen. Sagen Sie dazu noch etwas, oder haben Sie dazu keine Meinung?

Ich habe dazu genau die gleiche Meinung wie im letzten Jahr. Wir haben im letzten Jahr, als das Gesetz eingeführt wurde, wie es bei uns bei Gesetzesberatungen ordnungsgemäß gemacht wird, eine erste Lesung gehabt. Wir haben eine Anhörung durchgeführt, und wir haben eine zweite Lesung gehabt. Wir haben das damals ja auch schon diskutiert. Es ist ja nichts Neues. Deswegen sagte ich ja am Anfang: Täglich grüßt das Murmeltier. In drei Monaten holen Sie wieder ein Gesetz raus, das Ihnen nicht passt. Das wird dann hier wieder diskutiert, weil Sie daran einige Änderungen vornehmen wollen.

Die Änderungen, die Sie hier vorlegen, haben wir damals schon diskutiert. Die Argumente sind eigentlich immer noch die gleichen. Wir werden im Ausschuss sicherlich noch einmal diskutieren. Sie fordern ja, dass § 153 a StPO aus dem Registergesetz gestrichen wird.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Nicht? Dann lesen Sie Ihren Gesetzentwurf. Nach Ihrem Gesetzentwurf soll § 2 Absatz 3 Nummer 3 gestrichen werden:

„nach einer endgültigen Einstellung gemäß § 153 a der Strafprozessordnung (StPO) oder bereits während der Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel am Vorliegen einer schweren Verfehlung verbleibt“

Das wollen Sie streichen. Ich rede jetzt über Ihren Gesetzentwurf.

(Olaf Schulze)

Herr Abgeordneter, ich deute das Verhalten des Kollegen Vogt so, dass er eine weitere Bemerkung machen möchte. Bitte!

Herr Kollege, wir wollen nicht die Strafprozessordnung ändern. Das können wir durch den Gesetzentwurf nicht, und das wollen wir auch gar nicht.

Nein, Sie wollen den § 153 hier heraus nehmen.

- Es geht darum, dass es bei den Punkten drei und vier ausreicht, dass kein vernünftiger Zweifel besteht, was ja eine komische Regelung ist. Bevor also jemand verurteilt ist, kann es ausreichen, dass kein vernünftiger Zweifel an der Schuld besteht. Das wäre natürlich eine Aushebelung der Unschuldsvermutung. Auf den Punkt wollten wir hinweisen; darum geht es. Wir wollen diese beiden schwierigen Punkte herausnehmen, damit das ausgeräumt ist. Darum geht es uns.

- Warum haben Sie, wenn es darum geht, das dann nicht in Ihren Gesetzentwurf hineingeschrieben? In Ihrem Gesetzentwurf haben Sie geschrieben, dass Sie den gesamten Punkt drei streichen wollen.

(Christopher Vogt [FDP]: Ja!)

Wenn Sie es so ändern wollen, wie Sie es jetzt gesagt haben, dann hätten Sie das auch so hineinschreiben können. Wir haben ja noch genügend Zeit, das im Ausschuss zu diskutieren und unsere Meinungen dazu auszutauschen. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Unschuldsvermutung gilt für uns natürlich immer noch. Das wird auch durch dieses Korruptionsregister in keinster Weise eingeschränkt.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man möchte dieses kuschelige Gespräch zwischen den Kollegen Vogt und Schulze eigentlich gar nicht

stören. Trotzdem fahren wir in der Landtagsdebatte fort.

Wie oft wollen Sie eigentlich die Schlachten der Vergangenheit schlagen? Herr Callsen hat schon beim letzten Mal ordentlich Haue gekriegt. Jedenfalls hat er beim Generalangriff auf unser Tariftreuegesetz niemanden vom Hocker gerissen. Sie fordern die Änderungen ja immer wieder. Anscheinend ist dieses Gesetz bei Ihnen ein Pfahl im Fleisch. Anscheinend haben wir etwas auf den Weg gebracht, was Sie fundamental nervt und stört. Aber nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis: Wir haben zu diesem Gesetz ausführlichste Ausschussanhörungen und Debatten gehabt. Es haben sich unterschiedlichste Gruppen dazu geäußert, vom Generalstaatsanwalt bis zur Polizei.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Unterschiedlichste Gruppen haben sich zu diesem Gesetzentwurf in der Anhörung geäußert. Das Gesetz ist gerade einmal ein Jahr in Kraft. Wir haben in das Gesetz eine Evaluierungsklausel aufgenommen, weil wir die Wirkungen des Gesetzes tatsächlich überprüfen wollen. Ich finde, das ist ein sehr moderner Ansatz. Sie haben Ihre Meinung zu diesem Gesetz und haben sie mehrfach in dieser Debatte und in den vorherigen Debatten zum Ausdruck gebracht. Wir haben die unsere dazu.

Wir verstehen diesen Gesetzentwurf jetzt wirklich nur vor dem Hintergrund, dass Sie es total pfiffig und schlau finden, aus aktuellem Anlass die Unschuldsvermutung mit diesem Antrag zu verbinden und die Regierungskoalition damit ein bisschen zu kitzeln. Das kann ich als oppositionelle Neigung verstehen. Ich finde es aber wenig seriös; denn Ihr unausgesprochener Vorwurf lautet: Wir messen bei der Unschuldsvermutung mit zweierlei Maß. Das jedoch ist völlig absurd, lieber Kollege Vogt. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, möchte man hierzu sagen.

Mit unserem Gesetzespassus, den Sie jetzt kritisieren, wollten wir für Unternehmen, die sich um soziale Gerechtigkeit einen feuchten Kehricht kümmern,

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist ja nicht be- wiesen!)

einen Ordnungsrahmen setzen. Die Botschaft dieses Dreiklangs, unseres Tariftreuegesetzes ist ganz klar: Wer Aufträge vom Land haben will, muss sich im Sinne einer Compliance an Rahmenbedingungen guter Arbeit halten. So neu ist das nicht. Corporate Social Responsibility kriegt heute schon die

Wirtschaft hin. Das ist mittlerweile ein internationaler Standard in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihr wiederholter Vorwurf an uns, wir wollten den braven Handwerker vorverurteilen, haben wir schon damals in der Anhörung und in der Parlamentsdebatte mit guten Argumenten abgewehrt. Die wollen Sie nicht hören.

(Zuruf Christopher Vogt [FDP])

- Deshalb wiederholen Sie die Litanei alter Vorwürfe und versuchen, uns mit dieser Debatte zu stellen. Nein, wir setzen als Land Standards. Es ist unser gutes Recht, als Land zu sagen: Wir sind quasi Kunden. Freunde, ihr wollt einen Auftrag von uns haben. Ihr wollt Geld haben. Wer bestellt und bezahlt, der hat bitte auch Einfluss auf die Bestellung. Wir sagen als Kunde: So wollen wir es haben. Soziale Gerechtigkeit soll nicht nur eine Etikette sein, sondern soll auch drin sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe FDP, der Kunde ist nun einmal König. Das sollte auch bei Ihnen gelten.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Jahrelang waren Ihnen, Herr Kubicki, der Mindestlohn, die Tariftreue und die Korruptionsbekämpfung in diesem Haus egal. Sie haben dazu keine Gesetzesvorhaben eingereicht. Sie haben uns in Ihrer Regierungszeit mit der CDU unisono diffamiert. Sie haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir hier die Unternehmen knebeln wollen, dass wir sozusagen gegen die Unternehmen agieren. Wahr ist doch: Sie werfen sich jetzt mit Ihrem Gesetzentwurf schützend vor Unternehmen und Unternehmer, die Menschen bewusst betrügen und Menschen unter erbärmlichen Bedingungen beschäftigen. Das ist doch der Kern Ihres Gesetzentwurfs.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Lieber Herr Kubicki, Sie blinken im Landtag sozialliberal, aber Ihr Gesetzentwurf ist so was von neoliberal, total neoliberal. Das, was Herr Vogt hier anführt, nehme ich ihm einfach nicht ab. Ihre Kernbotschaft ist: Milde mit denen, die die Schwächsten unserer Gesellschaft ausbeuten, Milde mit denen, die sich öffentliche Aufträge erschleichen. Die FDP hat im Bund in den letzten Jahren dazu geneigt, der Wirtschaft Vorfahrt vor gesellschaftspolitischen Themen zu geben. Sie sind damit nicht gut gefahren. Ihre Botschaft ist: Lasst uns in Ruhe mit dem Korruptions- und Tariftreuegesetz. In Wahrheit fordern Sie damit im Kern einen Business-Class-Liberalismus. Das ist nicht liberal, sondern das geht eindeutig in die Zielrichtung, dass Sie diejenigen

schützen, die sich um den Ordnungsrahmen für gute Arbeit einen feuchten Kehricht kümmern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist so was von daneben!)

- Das ist das, was für mich in Ihrem Gesetzentwurf übrig bleibt. Jetzt fordern Sie eine erneute Anhörung.