Deswegen ist es unsere Aufgabe, Ihnen zu erklären, dass diese Ängste nicht berechtigt sind. Ich habe im Rahmen der Aktuellen Stunde bereits darauf hingewiesen, dass die Probleme in Neuenbrook mit dem geltenden Denkmalschutz in Zusammenhang stehen und nicht mit der beabsichtigten Novelle. Das vergessen Sie immer gern.
Wir erwarten nicht, dass die Änderung zu einer riesigen Klagewelle führen wird, durch die die Gerichte blockiert und endgültige Entscheidungen über Denkmale beliebig verzögert werden.
Der neue Gesetzentwurf, der durch die Verbandsanhörung erhebliche Veränderungen erfahren hat, macht im Sinne des Kompromisses auch einen Schritt auf die Eigentümerseite zu, indem nämlich das ursprünglich vorgesehene Verbandsklagerecht fallen gelassen wurde. Ich pflichte Ihnen ausdrücklich bei, Herr Callsen: Da hat die Ministerin schon im Vorwege die richtige Konsequenz gezogen; denn auch das wird die Zahl der möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen deutlich reduzieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das neue Denkmalschutzgesetz enthält in § 1 ein Bekenntnis zum Gedanken der kulturellen und der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit. Das wird in vielen Einzelregelungen deutlich. Bei der Genehmigung von Maß
nahmen sind künftig auch die Ziele der Energiewende und des Klimaschutzes zu berücksichtigen. Deswegen ist es gut, dass das Gesetz wieder den bewährten Begriff des Umgebungsschutzes einführt und sich vom Begriff der Sichtachsen verabschiedet;
denn gerade diese Sichtachsen führten bei der Genehmigung von Windenergieanlagen immer wieder zu Problemen. Auch wichtige Netzausbauvorhaben, deren vordringlicher Bedarf und energiewirtschaftliche Notwendigkeit bei der Netzentwicklungsplanung bereits gesetzlich festgelegt worden sind, können künftig ohne Mehraufwand im Planfeststellungsverfahren genehmigt werden.
Ebenso - das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt sind die Belange von Menschen mit Behinderung, älterer Menschen und von Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen, kurz: die Barrierefreiheit, künftig besonders zu berücksichtigen.
Zukünftig gilt: Denkmale, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen oder für eine öffentliche Nutzung bestimmt sind, sollen barrierefrei zugänglich sein, beispielsweise Behörden, Bildungs-, Kultur- und Sportstätten oder auch Schulen. Das ist ein Riesenschritt in Richtung Teilhabe.
Außerdem wird den Bedenken von Eigentümern Rechnung getragen. Für gutgläubige Eigentümer, die nichts von der Denkmaleigenschaft ihres Objekts wissen und wissen können, gilt ein Bestandsschutz. Niemand wird zum Rückbau gezwungen.
Meine Damen und Herren, die letzte landesweite Erfassung der Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein liegt mehr als 30 Jahre zurück. Darum ist es erforderlich, die Kulturdenkmale hinsichtlich ihres Erhaltungszustands zu überprüfen. Das Kulturministerium hat hier mit der Schaffung einiger weniger befristeter Mitarbeiterstellen für die Schnellerfassung beim Landesamt einen guten Weg gefunden. Kultur gibt es eben nicht umsonst. Nach dieser Erfassung werden wir einen guten Überblick haben, wie viele Kulturdenkmale im Land vorhanden sind. Seien Sie versichert: Eine massenhafte Ausweisung Tausender neuer Denkmale wird es nicht geben. Das ist nicht beabsichtigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten zeitnah die Einladungsschreiben für die schriftliche Anhörung versenden, damit die nötigen Veränderungen und Klarstellungen im Denkmalschutzrecht so bald wie möglich in Kraft treten können.
Ich bitte um Überweisung in den zuständigen Bildungsausschuss, der sich auch mit den Kulturangelegenheiten beschäftigt; diese kommen im Namen leider nicht vor. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass auch der Verbandsvorsitzende von Haus & Grund, Herr Blažek, bei uns ist. - Seien Sie herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es immer wieder erstaunlich, wenn wir über solche Sachen wie Denkmalschutz oder Naturschutz sprechen, wie im Vorfeld Debatten geführt werden mit Halbwahrheiten, Falschbehauptungen und Unterstellungen. Ich finde es besonders dann interessant, wenn wir heute Morgen schöne Worte über wahre Werte verlieren, dann aber keine Taten folgen lassen. Das, meine Damen und Herren, halte ich - mit Verlaub - für scheinheilig.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Dafür hat Ihre Fraktion einen Experten!)
Ich halte es tatsächlich für scheinheilige Debatten, wenn immer wieder gesagt wird: Wir brauchen keine rechtlichen Regelungen, das regelt sich von alleine. Wie wir an den Problemen sehen, regelt sich überhaupt nichts von alleine. Wir leben in einem Rechtsstaat, und da tun rechtliche Regelungen verdammt gut.
Die öffentlichen Debatten - ich sagte es schon - erinnern mich genau an die Debatten, die wir beim Naturschutzgesetz hatten. Wen wundert es, Kollege Callsen, Sie haben gerade einen wunderbaren Ver
sprecher gelandet. Sie sprachen in diesem Fall von Vertragsnaturschutz. Dabei meinten Sie die Vertragsmöglichkeiten, die man im Denkmalschutz jetzt auch einräumen möchte. Sie sehen diese Debatten ganz offensichtlich in einem Zusammenhang. In beiden Gesetzen geht es nämlich um den Schutz von den dem Gemeinwohl zugerechneten Gütern, einer intakten Natur in dem einen Teil und den Erhalt unseres kulturellen Erbes im anderen Teil. Immer da, wo solche Gemeinwohlinteressen gegen individuelle Ansprüche stehen, gibt es Konflikte, die auszutragen - ich sage das deutlich - legitim und notwendig ist. Wir haben sie ausgetragen und werden sie weiterhin austragen.
Sie können sich daran konstruktiv beteiligen, Herr Arp; das bestimmt niemand. Die Frage, wie Sie sich beteiligen, können Sie mit sich selber ausmachen.
Die Auseinandersetzung reicht von „Gesetz überflüssig, das regelt sich von alleine“ - das wird gern auf dem rechten Flügel behauptet - bis zu „totaler Schutz per Ordnungsrecht“, was manche Verbände fordern.
Auffällig ist, meine Damen und Herren, dass etwa in der Bildungs- oder Sozialpolitik nicht über das Ob, also die Notwendigkeit von Regelungen, wohl aber über das Wie, abhängig vom jeweiligen Menschenbild und Staatsverständnis, gestritten wird. Beim Natur- und auch beim Denkmalschutz ist schon das Ob umstritten. Wer hier für Schutz eintritt, muss sich rechtfertigen.
Es geht um nichts weniger als den Erhalt unserer Lebensgrundlagen einerseits und unsere Verankerung in der Geschichte und kulturellen Identität andererseits, also im wahrsten Sinne des Wortes auch für Sie, Herr Arp, um existenzielle Fragen, um die Politik sich kümmern und auf die sie Antworten formulieren muss.
Eine Antwort liegt heute vor. Ich muss sagen - wen wundert es? -: Mir gefällt sie. Mir gefällt sie genau deswegen, weil sie das öffentliche Interesse am Erhalt von Kulturgütern unterstützt und konkretisiert und weil sie sich auf der anderen Seite um einen fairen Interessenausgleich aller Beteiligten kümmert. Dieser Gesetzentwurf ist eben nicht Denkmalschutz light à la FDP, sondern endlich und richtigerweise Denkmalschutz pragmatisch à la Küstenkoalition.
Ich will im Einzelnen an vier Beispielen erläutern, worum es mir geht. Einiges ist angesprochen worden. Wiederholungen - ich sagte schon, es wird viel mit Halbwahrheiten und mit bewussten Unterstellungen gearbeitet - dienen vielleicht der notwendigen und nötigen Vertiefung.
Erstens. Die Umstellung vom konstitutiven auf das deklaratorische Verfahren - dafür war im Übrigen schon einmal die CDU; ich glaube, dieser Fraktion gehörten einige von Ihnen damals schon an folgt den Regelungen in den meisten anderen Bundesländern. Die Unterschutzstellung von Denkmalen wird vereinfacht. So weit vielleicht auch zur Frage der Entbürokratisierung. Der Rechtsweg bleibt selbstverständlich - ja wo leben wir denn hier? - offen. Was ist das für eine Vorstellung zu sagen: Hier wird eingeschränkt? Eigentümerinnen und Eigentümer können jederzeit den gesetzlichen Schutz überprüfen lassen, und zwar auch - die Ministerin hat es gesagt - nach Jahren, was früher nicht möglich war, und auch, liebe IHK, nach einem Verkauf des Objekts. Es kann überprüft werden, es können Einsprüche eingelegt werden. Das war beim konstitutiven Eintragungssystem mit Ablauf der Widerspruchsfrist beendet und damit verkürzt. Dies ist also kein Nachteil, sondern bedeutet eher eine Erweiterung der rechtlichen Möglichkeiten von Eigentümerinnen und Eigentümern.
Zweitens. Wir verlassen mit dem neuen einheitlichen Denkmalbegriff den schleswig-holsteinischen Sonderweg - Sonderwege sind nie glücklich, wie ein Blick in die Geschichte zeigt -, der einfache und besondere Kulturdenkmale unterschied. Bisherige sogenannte einfache Denkmale waren wegen mangelnder sich daraus ergebender Pflichten nicht hinreichend geschützt, zudem wurden sie bei öffentlichen Planverfahren kaum berücksichtigt, weil sie eben denkmalrechtlich nicht relevant waren. Die neue Regelung schafft hier Rechtssicherheit, und zwar für Planer auch von Vorhaben wie zum Bei
Drittens. Die Nutzung von Denkmalen ist nicht nur weiterhin selbstverständlich erlaubt, sie wird sogar ausdrücklich begrüßt. Nur sozusagen im Gebrauch befindliche Denkmale werden auch erhalten. Das neue Gesetz öffnet sich wirtschaftlichen Belangen, etwa der Landwirtschaft und zeitgemäßen Ansprüchen an Wohnqualität wie beispielsweise energetischer Sanierung oder Barrierefreiheit. Darauf ist hingewiesen worden. Herr Kollege Callsen, Sie haben gerade gesagt, das sei alles völlig unzumutbar und nicht tragfähig, die Eigentümer würden über Gebühr belastet. In der Begründung zum Gesetz steht:
„Erhaltungsmaßnahmen oder Kostentragung von Eingriffen können nur im Rahmen des Zumutbaren verlangt werden, d. h. eine Maßnahme oder die Übernahme von Kosten kann nicht verlangt werden, wenn sie den oder die Verpflichtete wirtschaftlich unzumutbar belastet. Unzumutbar ist eine wirtschaftliche Belastung insbesondere, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung eines Baudenkmals nicht durch seine Erträge oder seinen Gebrauchswert aufgewogen werden können.“
Wie Sie da davon sprechen, dass Eigentümerinnen und Eigentümer unzumutbar und überproportional belastet werden können, wo diese Möglichkeiten extra eingeräumt werden - ich sage: zu Recht eingeräumt werden -, halte ich für nicht akzeptabel. Ich verweise das in den Bereich der Märchen.
Was die Energiewende angeht, meine Damen und Herren: Wir haben 1,7 % der Landesfläche als Vorrangfläche für Windenergie ausgewiesen. Die sind noch nicht ausgeschöpft. Davon redet keiner. Selbst wenn wir die verdoppeln würden, würde die Energiewende nicht in Gefahr geraten. Wenn man beispielsweise die Ansicht von Lübeck - in dessen Nähe ich wohne - heute noch quasi genauso erlebt, wenn man von Reinfeld kommt, wie der Ritter im 14. Jahrhundert, dann, finde ich, ist das auch ein Wert an sich, wofür man auf die eine oder andere Windmühle verzichten kann. Genau dafür sind wir da. Sie alle sind verpflichtet, sich dem öffentlichen Interesse nicht zu verschließen.