Protocol of the Session on July 9, 2014

(Beifall SPD und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir Grüne sind grundsätzlich für mehr Parlamentsbeteiligung bei Staatsverträgen. Es ist ein Unding, dass die Parlamente im Grunde nur nachzuvollziehen haben, was die Regierungen ausgehandelt haben. Man könnte fragen, wozu diese den Parlamenten überhaupt vorgelegt werden. Interessant ist aus unserer Sicht, wozu -

Ich unterbreche jetzt für einen kleinen Moment, Ihnen scheint es nicht gut zu gehen.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] verlässt das Rednerpult)

Vielleicht haben wir ein Glas Wasser? - Ich unterbreche die Sitzung für zwei Minuten.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung. Wir setzen die Beratungen mit diesem Tagesordnungspunkt nach der Mittagspause fort. Die Beratungen werden um 15 Uhr fortgesetzt. Guten Appetit!

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:03 bis 15:04 Uhr)

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist wieder eröffnet. Die parlamentarischen Geschäftsführer und der Landtagspräsident haben sich geeinigt, dass zunächst die gesetzten Tagesordnungspunkte 7 und 26 durchgearbeitet werden. Danach wird mit der Rede des Vertreters der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Tagesordnungspunkt Medienänderungsstaatsvertrag fortgesetzt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz der Denkmale (Denkmalschutzgesetz)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/2031

Zu diesem Thema haben auf der Tribüne Platz genommen Mitglieder der Europa-Union, Ortsverband Norderstedt unter der Leitung des ehemaligen Abgeordnetenkollegen Manfred Ritzek. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Weiterhin sind Soldatinnen und Soldaten sowie Mitarbeiter des Lufttransportgeschwaders 63 aus Hohn hier sowie Mitglieder des U-Boot-Stammtisches Kiel. - Seien auch Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Wir kommen jetzt zur Beratung des Gesetzentwurfs Drucksache 18/2031. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Anke Spoorendonk. Bitte schön, Frau Ministerin.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Denkmalschutz verhält es sich wie mit dem Schleswig-Holstein Musik Fe

stival, das am letzten Wochenende feierlich eröffnet wurde. In den nächsten acht Wochen wird es Konzerte aus ganz unterschiedlichen Epochen geben, und Menschen werden immer wieder die Erfahrung machen, dass jahrhundertealte Musikstücke sowohl über die Zeit ihrer Entstehung erzählen als auch modern gewandet, neu interpretiert werden können. Sie bewegen uns heute noch.

Mit dem Denkmalschutz verhält es sich genauso. Alte Gebäude erzählen von ihrer Zeit. Wir können sie entdecken und etwas über die Tradition und die Geschichte unseres Landes lernen. Wir können sie interpretieren. Denkmalgeschützte Gebäude müssen nicht den allgemeinen ästhetischen Kriterien entsprechen. Auch unbequeme Gebäude können und sollen Denkmale sein. Das ist wie mit der Zwölftonmusik: Erst bei näherem Hinhören und vielleicht auch mit einigen Erklärungen erschließt sie sich uns. Genau das wollen wir mit der Novelle des Denkmalschutzgesetzes erreichen, die das kulturelle Erbe unseres Landes bewahrt und sich für heute erschließt.

Nun kann man entgegnen, dass wir auch Fortschritt und Entwicklung brauchen. Auch das haben wir mit der Novelle berücksichtigt. Wir möchten die unterschiedlichen Belange abwägen und interpretieren. Zum Erhalt des kulturellen Erbes gehören ebenso die energetische Sanierung wie auch die wirtschaftliche Zumutbarkeit.

Meine Damen und Herren, ich will keinen aufgezwungenen Denkmalschutz, sondern ein modernes Gesetz, dessen vorderes Interesse der Dialog und der Servicegedanke sind. Ich möchte, dass Denkmalpflege und Eigentümerinnen und Eigentümer über den Dialog zu einer für alle besten Lösung kommen. Wir brauchen ein Gesetz, das Bestand haben kann, aber keine neuen Grabenkämpfe.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist auch der Grund dafür, dass ich nach Vorlage des Referentenentwurfs in den vergangenen Monaten den Dialog mit unterschiedlichen Gruppen gesucht habe. Es gab in den Gesprächen gute und wertvolle Hinweise, sodass wir den Entwurf an einigen Stellen noch angepasst haben. Der Entwurf wurde 98 Verbänden übersandt. 41 von ihnen nahmen im Verfahren Stellung, sechs weitere Verbände beteiligten sich von sich aus, ebenso einzelne Bürger. Ausführliche Gespräche habe ich persönlich mit der Wirtschaft, der Landwirtschaft, auch der Energie- und Wohnungswirtschaft, mit dem Handwerk und mit den Grundbesitzern geführt.

Auch aus diesen Gesprächen flossen Anregungen in die Überarbeitung mit ein.

Die Mehrheit der Stellungnahmen äußerte sich grundsätzlich positiv zu unserem Gesetzentwurf. In der Anhörung wurden viele Anregungen, Bedenken und Hinweise geäußert, die wir alle geprüft haben und die dazu führten, dass mein Haus den Entwurf an einigen Punkten überarbeitet und verbessert hat

Was wurde nun konkret überarbeitet? Der Denkmalbegriff wurde noch klarer gefasst. In dem Entwurf wurde zwar nur ein Wort ergänzt; es heißt dort jetzt, dass Denkmale „besondere“ Eigenschaften haben müssen. Dies macht deutlich, dass sich der neue Denkmalbegriff in Schleswig-Holstein inhaltlich an den bewährten Standards des besonderen Denkmals orientieren soll. Eine massenhafte Ausweisung von 16.000 neuen Denkmalen war, ist und wird nicht beabsichtigt. Der neue Entwurf stellt dies klar.

Damit ist auch den Befürchtungen einiger Verbände, dass eine Vielzahl neuer Denkmale die unteren Denkmalschutzbehörden überlasten und die Verfahren künftig erheblich länger dauern würden, die Grundlage entzogen.

Mehrere Stellungnahmen weisen auf die Vorteile des bisherigen konstitutiven Verfahrens bei der Unterschutzstellung von Denkmalen hin. Insbesondere wurde hier die angebliche Verkürzung des Rechtswegs kritisiert, weil das Widerspruchsverfahren künftig entfällt. Aus Sicht des Ministeriums werden dagegen die Möglichkeiten der Eigentümer erweitert. Diese können sich weiter an das Landesamt wenden und eine Überprüfung der Eintragung veranlassen. Sie können sich aber - anders als jetzt auch sofort an ein Gericht wenden. Oder sie tun es später; denn anders als jetzt sind sie zukünftig nicht mehr an Fristen gebunden. Auf jeden Fall sollen Eigentümer umfangreich informiert werden. Mit dem Benachrichtigungsschreiben wird ihnen auch eine persönliche Beratung angeboten; dies wird natürlich kein Nullachtfünfzehn-Behördenbrief sein.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Die Bedenken der Eigentümer, die Rückbauverfügungen oder ähnliche Maßnahmen für noch nicht in die Liste eingetragene Denkmale befürchten, verstehe ich gut. Daher haben wir eine Regelung in den Entwurf aufgenommen, die gutgläubige Eigentümer, also jene, die nichts von der Denkmaleigenschaft ihres Objektes wissen oder wissen können, vor diesen Folgen schützt. Salopp gesagt: Erst wenn man weiß, dass

(Ministerin Anke Spoorendonk)

man ein Denkmal besitzt, greifen Rechte und Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist es auch, die Belange des gemeinsamen kulturellen Erbes stärker in der Öffentlichkeit zu verankern. Dabei kann die Bedeutung des Ehrenamts aus meiner Sicht nicht hoch genug eingeschätzt werden. Im Gesetz wurde daher die Bedeutung des Denkmalrats gestärkt.

Gleichzeitig müssen das Gesetz und seine Handhabung aber auch einen Interessenausgleich mit anderen Belangen ermöglichen. Denkmalschutz betrifft eben nicht nur das kulturelle Erbe, sondern hat im Einzelfall auch mit Fragen der Energiewende, der Wohnungswirtschaft oder der Landwirtschaft zu tun und berührt Interessen von Industrie, Handwerk und Gewerbe. Neben der Befürchtung, das neue Gesetz werde zu erheblich mehr Denkmalen und entsprechend mehr Verfahren führen, wurde in den Gesprächen, die ich geführt habe, oft das Verbandsklagerecht angesprochen. Die Einführung eines derart umstrittenen Instruments hilft dem Denkmalschutz nicht. Deshalb haben wir das Verbandsklagerecht aus dem Entwurf gestrichen. Angesprochen wurde auch der Wunsch gerade der Wirtschaft nach einem Ansprechpartner in Problemfällen, der vermitteln und helfen kann, eine angemessene Lösung im Einzelfall zu finden. Mein Ministerium plant, in Kürze einen solchen Ansprechpartner, Koordinator oder Kümmerer zu berufen.

Ein weiteres Instrument zum angemessenen Umgang mit dem Denkmalschutz sieht der Entwurf nun auch mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag vor, der im Einzelfall Abweichungen von Genehmigungstatbeständen oder -verfahren zulassen kann. In Klammern füge ich vorsichtshalber hinzu, dass dieser Vertrag dann natürlich mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgeschlossen wird.

Meine Damen und Herren, die Gesetzesbegründung wurde an mehreren Stellen überarbeitet, um die berechtigten Belange von Handwerk, Gewerbe und Landwirtschaft, aber auch der Windenergie besser abzubilden. Daran - auch das möchte ich noch einmal hinzufügen - ändern auch die aktuellen Pressemitteilungen von IHK und Haus & Grund nichts. Ich will auch nicht verhehlen, dass ich über diese Pressemitteilungen enttäuscht gewesen bin, weil sie die Gespräche, die wir geführt haben, nicht widerspiegeln.

Vielleicht sollte ich dann auch noch deutlich machen, dass es bei dem Widerspruchsverfahren, dem konstitutiven Verfahren und wenn man Widerspruch einlegt, nicht so ist, dass dann alles immer

im Sinne der Eigentümerinnen und Eigentümer läuft. Ich habe einmal nachgefragt und habe vom Landesamt für Denkmalpflege zu wissen bekommen: Wenn man die letzten fünf Jahre zusammenzählt, dann hat es 36 Widersprüche gegeben, davon sind zwei erfolgreich im Sinne der Eigentümerinnen und Eigentümer beschieden worden. Es hat 18 Klageverfahren gegeben, und davon waren nur zwei erfolgreich. In Lübeck hat es von 2003 bis 2013 13 Widersprüche gegeben, und kein Widerspruch war erfolgreich. Das hat Gründe. Das lässt sich zum Beispiel so erklären, dass es bei der Unterschutzstellung nicht auf, sage ich einmal, subjektive Einschätzungen ankommt, sondern nur auf objektive Kriterien, auf den Denkmalwert einer Liegenschaft zum Beispiel. Darum führt dieses Verfahren auch zu vielen Frustrationen, und darum sagen wir, wir brauchen ein anderes Verfahren. Im Dialog soll bei Genehmigungsverfahren und bei Nutzung dies alles gestärkt werden. Das ist das, was wir mit unserem Gesetz erreichen wollen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass wir eine weitere Übergangsvorschrift auf Anregung von TenneT aufgenommen haben, die schon begonnenen Planungsvorhaben von überregionaler Bedeutung auch bei einer Umstellung des Denkmalschutzes Rechtssicherheit gibt, füge ich hier und heute eigentlich nur der Vollständigkeit halber hinzu.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, es wird ein gutes Gesetz, das im dialogischen Verfahren auf den Weg gebracht wurde. Der Erhalt des kulturellen Erbes geht uns alle an. Daher werde ich im Herbst mit interessierten Verbänden einen Pakt für Denkmalpflege abschließen, ein Vorschlag, der übrigens von Haus & Grund kam und den ich sehr gern aufgegriffen habe.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gemeinsam wollen wir erreichen, dass SchleswigHolstein ein modernes und innovatives Land bleibt, das sich der Tradition bewusst ist; denn dies zeichnet Schleswig-Holstein aus, übrigens genauso wie das Schleswig-Holstein Musik Festival.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Ministerin Anke Spoorendonk)

Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 5 Minuten und 45 Sekunden überzogen. Das steht jetzt allen Fraktionen zu.

Meine Damen und Herren, zu uns gekommen auf der Tribüne ist unser langjähriger Abgeordnetenkollege Dr. Henning Höppner. - Seien auch Sie im Schleswig-Holsteinischen Landtag willkommen!

(Beifall)