Protocol of the Session on July 9, 2014

Das ist gut so, das halte ich für notwendig. Ich finde es gut, leidenschaftlich zu debattieren und zu versuchen zu überzeugen. Ich finde es problematisch, wenn mit Unterstellungen gearbeitet wird, gerade in einer solchen Debatte, weil das die Gewissensentscheidung entwertet. Denn die Gewissensentscheidung besteht darin, dass wir nicht eine normale Mehrheitsentscheidung herbeiführen.

Ich kann am Ende damit leben, was auch immer herauskommt. Ich glaube, es ist schwieriger geworden, bis zur zweiten Lesung einen Kompromiss zu finden,

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

wenn wir nicht respektieren, dass alle gute Gründe für ihre Auffassung haben. Am Ende werden wir an dem gemessen, was wir tun. Wo wir es herleiten, das tut der eine so und der andere anders, und ich respektiere das ausdrücklich bei jedem Einzelnen.

Deswegen ist mein Apell, die Debatte am Ende nicht so zu verstehen, dass wir Gräben zwischen uns gezogen haben - das wäre kein gutes Ende -, sondern zu akzeptieren, dass unterschiedliche Meinungen mit Leidenschaft ausgetauscht werden, aber keine Meinung höherwertiger ist als die andere,

(Dr. Kai Dolgner)

sondern jeder zu diesem Punkt seine eigene Meinung haben kann.

Wir haben keinen Fraktionsbeschluss dazu. Den wird es auch nicht geben, den kann es in so einer Frage auch gar nicht geben. Manchmal bin ich ganz froh darüber, dass wir an dem gemessen werden, was wir tun, und nicht danach gefragt werden, wie wir dazu kommen, dieses Tun entwickelt zu haben. Es kann dafür sehr, sehr unterschiedliche Gründe geben. Manche gehören auch gar nicht in öffentliche Debatten hinein.

Die Bekenntnisse, gerade im Parlament ausgeübt, sind deswegen manchmal ein bisschen schwierig, weil sie gar nicht in die politische Debatte hineingehören, sondern die Schlussfolgerung gehört in die politische Debatte hinein. Es gab unterschiedliche Verfassungen, die das unterschiedlich geregelt haben. Ich bin sehr froh, dass wir in einem Land leben, in dem wir Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie haben. Dazu tragen ganz viele bei, unabhängig von dem, was wir in die Verfassung hineinschreiben. Lassen Sie uns darüber leidenschaftlich streiten. Ich werbe sehr für die Toleranz, für die jeweils andere Meinung, die nicht per Fraktionsbeschluss, die nicht per Dekret, die nicht per moralischer Einordnung oder sonstwie vorgenommen wird, sondern am Ende hoffentlich zu einem Diskussionsprozess führt, der mit einer großen Mehrheit von deutlich mehr als Zweidrittel diese Verfassung am Ende zu dem macht, was sie ist, nämlich Fundament und Rahmen für unser Tun, nicht nur als Parlament, sondern auch als Regierung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Es war mir wichtig, das am Ende dieser Debatte noch einmal zu sagen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle zunächst fest, dass mit der Vorlage des Abschlussberichts Drucksache 18/2095 der dem Sonderausschuss am 26. April 2013 erteilte Auftrag erledigt ist. Ich schlage weiter vor, die Gesetzentwürfe Drucksachen 18/2115 und 18/2116 sowie den Abschlussbericht des Sonderausschusses dem Innen- und Rechtsausschuss - dabei - den Bericht zur abschließenden Beratung - zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Medienänderungsstaatsvertrag mit Parlamentsbeteiligung

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1961

Parlamentsmitbestimmung bei Staatsverträgen sicherstellen

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/2127

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache.

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Axel Bernstein das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Einstieg meiner Ausführungen werde ich ein Zitat wählen - aber keine Angst, nichts Hochtrabendes. Es geht nur um den Koalitionsvertrag, Seite 57, Zeile 2.439. Dort heißt es:

„Wir wollen eine bessere Beteiligung des Parlaments beim Aushandeln zukünftiger Staatsverträge erreichen.“

Wie, das steht nicht im Koalitionsvertrag. Wie es ganz sicher nicht geht, machen Sie derzeit vor. Eine kurze Chronologie dazu: Im Frühjahr 2013 erreichte eine Ausarbeitung der Staatskanzlei zur Änderung des Medienstaatsvertrags mit Hamburg offenbar ungewollt die Öffentlichkeit. Hierin wurden Regelungen zur Einführung lokalen Hörfunks in Schleswig-Holstein beschrieben. Auf unseren Antrag hin befasste sich dann am 22. Mai 2013 der Innen- und Rechtsausschuss erstmals mit der Thematik. Aussage der Landesregierung zu diesem Zeitpunkt war: Man befinde sich in einer ergebnisoffenen Prüfung.

Auf unseren Antrag hin befasste sich dann am 20. Juni 2013 der Landtag mit dem Thema Lokalradio. Der Ministerpräsident führte hier im Plenum aus - ich zitiere:

„Das heißt, es ist nicht festgelegt und auch nicht absehbar, zu welchem Ergebnis die Prüfung am Ende kommen wird. Am Ende gilt es, die technischen Anforderungen, die

(Dr. Ralf Stegner)

medienpolitischen Ziele und die unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen abzuwägen … Sollten wir zu dem Ergebnis kommen, dass wir am Medienrecht gemeinsam etwas ändern sollten, ist das der richtige Zeitpunkt, um in eine inhaltliche Debatte einzutreten…“

Wohlmeinend hätte man vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags ja nun glauben können, dass es hier doch irgendwie um Dialog geht. Am 11. November 2013 übermittelte der Chef der Staatskanzlei dem Innen- und Rechtsausschuss eine gutachterliche Stellungnahme der Medienanstalt Hamburg/ Schleswig-Holstein zur Einführung von lokalem Hörfunk in Schleswig-Holstein. Übrigens wurde diese Stellungnahme am 17. Juni 2013 abgegeben, am 11. November 2013 haben wir sie bekommen.

Am 13. Januar dieses Jahres verkündete der Ministerpräsident - passenderweise auf dem Neujahrsempfang von RSH -, es sei der politische Wille der Landesregierung, lokales Radio einzuführen. Der Dialog über das Ob war also abgesagt, aber wir durften nach den Aussagen des Ministerpräsidenten hier im Plenum vielleicht noch auf den Dialog über das Wie gespannt sein.

Am 5. Februar 2014 befasste sich der Innen- und Rechtsausschuss mit dem Gutachten der Medienanstalt. Die Landesregierung berichtete in dieser Sitzung unter anderem über den geplanten weiteren Ablauf. Eine Beteiligung des Parlaments war allerdings mit keinem Wort vorgesehen. Immerhin regte der Kollege Peter Eichstädt ebenfalls an, den Entwurf des Medienänderungsstaatsvertrags frühzeitig im Ausschuss zu beraten.

Am 26. März 2014 bekräftigte der Innen- und Rechtsausschuss, sich weiter mit dem Thema befassen zu wollen. Am 6. Mai 2014 erreichte uns dann die Unterrichtung, dass die Staatskanzlei nun einen Entwurf eines Fünften Medienänderungsstaatsvertrags vorliegen habe, der weder Entwurf eines Referenten noch Referentenentwurf, sondern verhandlungsreif sei. Aus dem Anschreiben ging hervor, dass eine Anhörungsfrist der Landesregierung bis zum 17. Juni 2014 vorgesehen war.

Noch einmal zurück zum Koalitionsvertrag mit der Parlamentsbeteiligung. Gestern, 8. Juli 2014 einen Tag vor der heute von uns auf die Tagesordnung gesetzten Parlamentsberatung und fast eine Woche nach der letzten Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses vor der Sommerpause -, um 16:30 Uhr erreichen uns fünf E-Mails mit den Anhörungsergebnissen der Landesregierung. Alles in allem 36 Stellungnahmen auf insgesamt 137 Seiten.

Herr Ministerpräsident, das ist kein Dialog, sondern das ist eine stillose Missachtung des Parlaments.

(Beifall CDU und FDP)

Oder kommt der Dialog dann doch noch? Sie können ja gleich noch etwas zu der Zeitschiene sagen. Aus unserer Staatskanzlei wissen wir nämlich nichts über den weiteren geplanten zeitlichen Ablauf. Doch zum Glück gibt es ja Herrn Staatsrat Dr. Krupp aus Hamburg. Denn bereits am 30. April 2014 hat er die Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft über die geplante Änderung informiert. Er führte aus, dass eine Unterzeichnung des Änderungsstaatsvertrags für Anfang August 2014 in Aussicht genommen werde. Den Landesparlamenten solle der fertige Staatsvertrag nach der Sommerpause zugeleitet werden.

Fazit: Die Landesregierung hat sich um den Koalitionsvertrag nicht nur nicht gekümmert, sie hat ihn bewusst und aktiv hintertrieben und eine Beratung in den Gremien des Landtags durch Zeitablauf zu verhindern versucht.

Es ist nun Ihre Sache, liebe Mehrheitsfraktion, ob Sie sich das gefallen lassen. Mit den 137 Seiten gestern Nachmittag hat die Landesregierung ihre Bedeutungslosigkeit in diesem ganzen Vorhaben für alle Medieninteressierten in Schleswig-Holstein geradezu manifestiert.

(Vereinzelter Beifall CDU und PIRATEN)

Was ist denn nun mit der Forderung des Koalitionsvertrags? Was ist mit Ihren inhaltlichen Bedenken, Kollege Andresen? Was ist mit der Forderung nach inhaltlicher Beratung, Kollege Eichstädt? Es stellen sich noch jede Menge weiterer Fragen. Was machen an den Abgeordneten Andresen adressierte Schreiben in den Unterlagen der Regierungsanhörung? Wie kann es sein, dass eine der wenigen moderaten Stellungnahmen vor Beginn der Anhörungsfrist datiert ist? Gab es überhaupt Änderungen aufgrund der Anhörungsergebnisse? - Fragen zum Verfahren ohne Ende.

Ich fordere die Landesregierung deshalb auf: Machen Sie eine Beratung im zuständigen Innen- und Rechtsausschuss möglich, wie sie im Koalitionsvertrag gefordert wird. Stellen Sie die Kriterien ihrer Entscheidung dar und teilen Sie den Kollegen in Hamburg mit, dass eine Unterzeichnung Anfang August 2014 nicht möglich ist, wenn Sie den Koalitionsvertrag und ein Minimum an parlamentarischen Beratungen ermöglichen wollen. Wir sind gern bereit, einen verbindlichen und straffen Zeitplan für die Ausschussberatung mit Ihnen zu ver

(Dr. Axel Bernstein)

einbaren, wenn die Sorge im Raum steht, dass möglicherweise die Hamburgischen Bürgerschaftswahlen einer Beschlussfassung am Ende entgegenstehen könnten. Ich bin sicher, dass wir bis zu den Herbstferien zu einem Ergebnis kommen können, wenn man es denn will.

Eine solche inhaltliche Befassung des Parlaments ist auch deshalb dringend geboten, weil der vorliegende Staatsvertragsentwurf - gelinde gesagt handwerklich Anlass zur Sorge gebietet. Das macht auch ein erster Blick auf die Anhörungsergebnisse deutlich. Ich sage das mit gewissem Vorbehalt, weil die 137 Seiten mit 90 Minuten Unterbrechung gestern Abend mir noch nicht vollkommen vor Augen stehen. Mit Blick darauf gibt es aber zwei positive Stellungnahmen. Bemerkenswerterweise sind es die Interessenten für die Sylter Frequenz, eine übrigens gleich verbunden mit einer formlosen Bewerbung um diese Frequenz. Zwei Stellungnahmen sagen, es sei ihnen relativ egal, was wir da machen. Das sind der Landkreistag und Deutschlandradio. 33 Stellungnahmen beinhalten zum Teil vernichtende Kritik.

Ein paar Beispiele: Lothar Hay als Vorsitzender des Medienrats schreibt:

„Der vorliegende Entwurf wirft jedoch einige Fragen auf und ist nicht hinreichend eindeutig. Der Medienrat bittet dringend um Klärung dieser Punkte, da auf Grundlage des vorliegenden Entwurfs sinnvolle und rechtssichere Ausschreibungsverfahren nicht sichergestellt werden können.“

Und weiter:

„Die Auswahl und der Zuschnitt der Versorgungsgebiete kann nicht nachvollzogen werden und erscheint willkürlich.“

Die Medienanstalt selbst nimmt den Entwurf auseinander, nicht zuletzt das rechtswidrige Verfahren gegenüber der Bundesnetzagentur.

Weitere Kritikpunkte aus der Anhörung sind: Bis heute wurde die grundlegende Kritik am NDR und an den landesweiten Rundfunkveranstaltern, es gebe Defizite bei lokalen Themen, nicht belegt. Für lokalen, kommerziellen Hörfunk gehen alle Fachleute von einer mindestens erforderlichen technischen Reichweite von 300.000 Zuhörern aus. Das erreicht keine der auserkorenen Frequenzen in Schleswig-Holstein auch nur im Ansatz.

Der in vielen Bundesländern wirtschaftlich gescheiterte kommerzielle Lokalfunk hat erheblichen journalistischen Schaden und Verwerfungen im

Werbemarkt hinterlassen. Sehenden Auges geht die Landesregierung jetzt dennoch diesen Weg.

Eine klare Abgrenzung, was lokal sein soll und was eventuell regional wäre, fehlt im Entwurf vollkommen. Die vorgesehenen Gebiete sind zum Teil vollkommen anders geschnitten als das, was die MA HSH begutachtet hat.