Für eine transparente verbraucherfreundliche Kennzeichnung von Herkunft und Haltungsform bei tierischen Lebensmitteln
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1871
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. - Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Kirsten Eickhoff-Weber das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Immer wenn wir über mehr Tierwohl und Tiergerechtigkeit in der Nutztierhaltung diskutieren, sind wir uns einig, dass eine artgerechte Haltung ausdrücklich wünschenswert ist.
Nach dieser Feststellung kommt dann das Aber. Wenn wir unsere Standards heraufsetzen, dann steigen die Preise, die bäuerliche Landwirtschaft kann im Wettbewerb dann nicht mehr bestehen. In anderen Ländern gelten unsere Standards nicht. Da kann billiger produziert werden. Zunehmend wächst bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Bewusstsein für - auch im Sinne von Tierwohl - gut produzierte Lebensmittel.
um regionale Erzeugnisse aus der konventionellen Landwirtschaft. Um das tun zu können, um mit Gewissheit das Gewünschte kaufen zu können, brauchen die Verbraucherinnen und Verbraucher eine zuverlässige Kennzeichnung der Lebensmittel.
Die Bezeichnungen, die im Lebensmitteleinzelhandel verwendet werden, sind Ergebnisse der Texter aus der Marketingabteilung: Bauernglück, Hofgut, Hühnerspaß oder Schweinelust, all diese Emphasen suggerieren eine heile Welt, haben aber mit der Wirklichkeit der Nutztierhaltung, mit Haltungsbedingungen, nichts zu tun.
Deshalb ist die europaweit verbindliche Kennzeichnung der Herkunft und Haltungsform von tierischen Lebensmitteln der richtige Weg. Die bestehende Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 bietet Ansätze für eine entsprechende Kennzeichnung.
Im Januar hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Herkunftsbezeichnung von Fleisch vorgelegt. Das Europäische Parlament forderte daraufhin, den Vorschlag zurückzuziehen, weil er eben bei Weitem nicht ausreichend war. Denn das Parlament hatte schon während der Verhandlungen zur Verordnung 2010 deutlich gemacht, dass die Kennzeichnung neben dem Ort der Zucht und der Schlachtung auch das Geburtsland enthalten muss.
Hier wäre es auch möglich, durch eine klar erkennbare und handhabbare Kennzeichnung ein verbraucherfreundliches System zu entwickeln, eine Kennzeichnung nach Herkunft und Haltungsform, die Verbraucherinnen und Verbrauchern in ganz Europa die Möglichkeit eröffnet, sich bewusst zu entscheiden.
Wir Verbraucher müssen die Freiheit haben, uns für Tiergerechtigkeit und Tierwohl entscheiden zu können. Nur so haben wir die Möglichkeit und die Kraft, durch unser Einkaufsverhalten Einfluss auf die Haltungsbedingungen unserer Nutztiere zu nehmen.
Für die Schweine, für unsere Schweine, ist die geplante Initiative Tierwohl eine Perspektive - nach den letzten Informationen muss man wohl feststellen: sie war eine Perspektive. Vertreter der Fleischbranche sind sich einig, dass die Verbesserung des Tierwohls aktiv angegangen werden muss. Das geht aber eben nur mit dem Handel. Denn hier wird das Geld verdient.
Die Initiative Tierwohl ist davon abhängig, dass der Lebensmitteleinzelhandel das Projekt mitfinanziert. Wenn aber die in Aussicht gestellten Mittel nicht oder nur in begrenztem Umfang zur Verfügung gestellt werden, können die Bonuszahlungen an die Landwirte zur Finanzierung höherer Haltungsauflagen, besserer Haltungsbedingungen, eben nicht zugesagt werden. Der gute Ansatz droht am Preiskampf des Handels zu scheitern.
Schauen wir ein paar Wochen zurück. Da haben wir erlebt, dass bei den Discountern eine neue Billigpreisrunde beim Fleisch eingeläutet wurde. Mit den
günstigen Lebensmittelangeboten sollten die Kunden gelockt werden. Auf wessen Kosten? Maximal 10 ct verdient ein Mäster am Hähnchen. Das ist unerträglich in den Konsequenzen für das Tierwohl und für die landwirtschaftlichen Betriebe.
Wir müssen unsere Tierhaltungen an die Bedürfnisse der Tiere anpassen. Das hat seinen Preis. Wir wissen, dass viele Menschen bereit sind, dafür mehr Geld auszugeben, aber eben nur dann, wenn sie den Informationen, den Kennzeichnungen, vertrauen können. Es ist jetzt Zeit zu handeln. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schönes Wetter. Aber Ihr Antrag ist aus unserer Sicht - es tut mir leid, das so sagen zu müssen - ein Schönwetterantrag.
- Ja, jetzt kommen die Wolken. - Warum ein Schönwetterantrag? Sie fordern berechtigterweise die Landesregierung auf, sich für die Einführung einer Kennzeichnung der Herkunft und Haltungsformen bei tierischen Lebensmitteln einzusetzen. Frau Eickhoff-Weber, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das „tierisch“ bei Ihrer Einführung weggelassen haben. Damit gälte Ihre Forderung für alle Lebensmittel. Das könnten ich und meine Fraktion grundsätzlich nur begrüßen. Wir begrüßen grundsätzlich auch einen solchen Antrag. Wer will nicht mehr Lebensmittelsicherheit? Wer will nicht eindeutig erkennen und entscheiden, woher ein Produkt stammt egal, ob es sich um ein Lebensmittel mit tierischem Zusatz oder um Gemüse handelt?
mittag. Heute Morgen konnte ich in „NDR Info“ vernehmen - ich weiß nicht, ob der Wirtschaftsminister noch da ist -, dass sich die Verbraucherministerkonferenz auf Bundesebene für eine Kennzeichnung eingesetzt hat - allen vorweg unser Landwirtschaftsminister -, die darauf hinweist, woher das Eirohprodukt in Ihrem Kuchen stammt, sofern Sie vermuten, dass Eiprodukte eingesetzt werden.
Wir haben hier schon mehrmals darüber diskutiert. Sie wissen, Ei wird in großer Menge nicht als Frühstücksei zu sich genommen, sondern in der Regel in verarbeiteten Lebensmitteln. Über 70 % der Eier werden als aufgeschlagenes Rohei verwertet. Auch darüber haben wir hier mehrmals diskutiert. Die Masse wird nicht vornehmlich bei uns hergestellt, weil wir angeblich für den Lebensmitteleinzelhandel nicht konkurrenzfähig sind, sondern dort, wo die Hühner leider noch in Legebatterien, in Käfigen gehalten werden. Das kann nicht sein.
Jetzt kommt die kritische Frage: Wie wollen Sie gewährleisten - auch darüber streiten wir uns im Grundsatz im Parlament immer wieder -, dass Sie nicht genau die damit abstrafen, die wir stützen und politisch für richtig halten? Das sind kleine Unternehmen, die nicht in der Lage sein werden, einen solchen Antrag umzusetzen, weil sie wahrscheinlich in der Umsetzung daran scheitern werden, um rechtsicher nachzuweisen, dass sie die Lebensmittel, die tierische Inhalte haben, so kennzeichnen, dass das in der Praxis laufen wird.
Sie wissen genau: Im Lebensmitteleinzelhandel ist das System so gut organisiert, dass die Kennzeichnung dort wahrscheinlich kein Problem darstellen wird. Hier ist mehrmals angesprochen worden: Wie läuft es mit denen, die in den politisch gewünschten Kleinstrukturen arbeiten? Sind sie in der Lage, diese bürokratischen Anforderungen zu erfüllen? Sind sie in der Lage, ein bearbeitetes Produkt - denken Sie an den Burger, der selbstgemacht wird, an das darin verwendete Hackfleisch - so zu kennzeichnen, dass die Produkthaftung rechtsicher greift und rechtsicher nachgewiesen werden kann, wo das Lebensmittel herkommt? Das wird nicht einfach sein. Diese Betriebe werden Probleme bekommen.
Frau Eickhoff-Weber, Sie haben richtig dargestellt, dass das Tierwohllabel im Ansatz gut gedacht ist, sich im Moment aber in der Warteschleife befindet. Auch da fragt man sich, warum. Ist das der Wille derer, die im großen Stil Fleisch verarbeiten und nicht wollen, dass das ganze System umgesetzt wird? Das bezweifeln wir. Wir wissen, dass die Gesellschaft kritischer geworden ist. Oder liegt es ein
fach daran, dass sich niemand - weil einfach kein Maß besteht - richtig dafür engagiert? Wir fragen uns also: Wie wollen Sie es umsetzen, und - letzter Punkt - wie wollen Sie es kontrollieren?
Auch dazu eine Pressemitteilung von der Verbraucherschutzministerkonferenz in der letzten Woche. Darin wird gesagt, dass selbst eine Hygieneampel, wie wir sie schon mehrfach hier diskutiert und für den Bereich der Gaststätten gefordert haben, im Rahmen eines Kontrollsystems in Schleswig-Holstein absolut nicht umsetzbar sei. Mit dem, was da besprochen worden ist, wird eher Schaden angerichtet. Wer als ein gelber oder roter Betrieb eingestuft wurde, also in irgendeiner Form gegen Hygienemängel verstoßen hat, muss auch rechtzeitig die Chance haben, wieder auf grün zu kommen. Das wäre in einem solchen System - diese Aussage kommt von unserem Wirtschaftsminister Herrn Meyer - ganz schwer umzusetzen. Also würden wir da mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen.
Insofern möchte ich das Ganze im Ausschuss aufgreifen. Ihren Antrag in dieser doch offenen Form aber lehnen wir ab.
Herr Kollege Rickers, die von Ihnen dargestellten Probleme liegen natürlich auf der Hand. Alles muss kontrollierbar und nachvollziehbar sein. Aber beim Rindfleisch ist seit der BSEKrise etwas gelungen, was auch von den Betrieben gemeistert wird, was vom Handel gemeistert wird, was auch von kleinen Betrieben bewältigt wird. Kann das nicht ein Beispiel sein, an dem sich so etwas orientieren könnte?
Ja, könnte. Aber auch da - ich will Sie nicht belehren - muss ich Sie zumindest verbessern. Sie wissen genau, sobald das Rindfleisch verarbeitet ist, also nicht in der Tiefkühltruhe mit einem Strichcode drauf vor Ihnen liegt, über den Sie herausfinden können, von welchem Erzeuger es stammt -, gibt es nach wie vor offene Fragen bei der Nachvollziehbarkeit - es sei denn, Sie geben sich sehr viel Mühe und forschen - und riesige Probleme. Diese werden auch durch den von Ihnen durchaus gut gemeinten Vorschlag nach meiner Meinung nicht gelöst.