Protocol of the Session on May 15, 2014

- Nein, einmal FDP reicht? Das ist ein anderer.

(Johannes Callsen [CDU]: Können sie das bitte noch einmal genau sagen?)

- Sie bekommen es jetzt noch einmal genau: Die Drucksache 18/1854 (neu), Neustart für das Lehrkräftebildungsgesetz, ist ein Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und PIRATEN. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und PIRATEN abgelehnt.

Jetzt kommen wir zum FDP-Antrag Drucksache 18/1862.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Der ist doch durch den neuen Antrag erledigt! Der ist zurückge- zogen worden! - Weitere Zurufe)

- Der hat sich erledigt.

Der letzte Antrag ist der Antrag der PIRATEN. Der ist zurückgezogen worden. Der ist also auch erle

digt. - Damit haben wir den Tagesordnungspunkt abgearbeitet.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 13 auf:

Landesliegenschaften: Parken und Laden für Fahrzeuge mit Elektroantrieb

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1738

Wenn zum Inhalt nichts gesagt wird, eröffne ich die Aussprache. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich vielleicht ein kleines Dankeswort vorwegschicken. Über die Zuwendung und Gratulationen zu meinem 60. Geburtstag habe ich mich sehr gefreut. Ich habe den Tag sehr schön begangen, auch mit Ihrer Hilfe. Als Abgeordnete sollen wir den Präsidenten ja nicht kritisieren, doch er hat den Gesang mit den Worten, es sei ein seltenes Ereignis, dass zwei Abgeordnete am selben Tag Geburtstag haben, eröffnet.

(Vizepräsident Bernd Heinemann: 60. Ge- burtstag!)

- Ja. Ich möchte das gern korrigieren. Sie können es als Geburtstagsparadoxon, als eine Besonderheit der Statistik einmal bei Wikipedia nachlesen: Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Abgeordnete des Hohen Hauses am selben Tag Geburtstag haben, liegt bei über 99 %. So viel zu Stochastik und Statistik.

(Vereinzelter Beifall)

Der Kollege Dr. Garg hat, wenn ich mich nicht irre, am 9. Februar Geburtstag.

(Zuruf)

- Ach guck, so ist die Statistik. Tietze hat am selben Tag Geburtstag. So ist es.

(Zurufe)

Ich bedanke mich jedenfalls für Ihre Freundlichkeiten anlässlich meines Geburtstags und komme jetzt zum Thema E-Mobilität.

(Unruhe)

Wer A, sagt muss auch B sagen.

(Glocke des Präsidenten)

Wer Energiewende sagt, muss auch Verkehrswende sagen. Allein der Straßenverkehr braucht mehr Energie in Form von Öl als alle Sektoren zusammen an elektrischem Strom. Der Verkehrssektor, insbesondere der Straßenverkehr beruht energetisch im Wesentlichen auf Import. Wir erzeugen in Deutschland circa 150 Millionen t Steinkohleäquivalente Energie im Land und importieren 380 Millionen t. Mit anderen Worten: Deutschland hängt am Tropf. Einen gedanklichen Exkurs in Richtung Ukraine-Krise überlasse ich Ihnen.

Der Verkehr schafft es bislang nicht, seinen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu leisten. Er hat aber das Zeug dazu. Die Verlagerung der energetischen Bedarfsabdeckung in den Strombereich gilt als wesentlicher Baustein der erforderlichen Strategie weg vom Öl. Damit werden Ziele des Klimaschutzes und der Versorgungssicherheit adressiert sowie auch der Innovation und Energiepolitik, Decarbonisierung, CO2-arme Wirtschaft, letztlich ja auch außenpolitische Unabhängigkeit. Der E-Mobilität gehört die Zukunft.

Nun ist die Frage, warum der elektrische Antrieb gegenüber dem Verbrennungsmotor als vorteilhaft gilt? Erstens. Der Wirkungsgrad eines Elektromotors liegt mit 90 % weit über dem eines Verbrennungsmotors mit 30 %. Professor Berg in Flensburg hat jetzt sogar einen Motor mit 96-prozentigem Wirkungsgrad entwickelt. Von der 100-prozentigen Kraft, die ich hineinstecke, kriege ich 96 % wieder heraus. Der Elektromeister nickt, Herr Kollege Magnussen, das stimmt.

Zweitens. Vor der Ampel braucht der elektrische Antrieb null Energie, der Verbrennungsmotor läuft weiter. Im Stau verbraucht der Elektromotor nur so viel Strom wie erforderlich.

Drittens. Bei einer sehr erfreulichen Kraftentfaltung ist der Elektromotor in seiner Eigenschaft als Generator in der Lage, Bremsenergie zurückzugewinnen. Das klingt zunächst einmal sehr gut. Ich ersetze 1 l Diesel mit seinem Energiegehalt von 10 kWh durch weniger als 3 kWh Strom. Dabei kommt es aber entscheidend darauf an, wie der Strom erzeugt wurde, wenn man einen korrekten Vergleich ziehen will.

Entscheidend in der Prozesskenketten-Betrachtung sind die spezifischen Emissionen. 1 kWh Braunkohlestrom erzeugt 1,2 kg Kohlendioxid, Windstrom dagegen 30 g pro Kilowattstunde. 1 l Diesel verbrennt im Motor in etwa zu 3 kg CO2 - mit Vorkette gerechnet -, das sind 150 g pro Kilometer bei

einem 5-Liter-Auto. Substituieren wir diesen Liter Diesel durch Elektroantrieb, werden daraus bei Braunkohle 3,6 kg Kohlendioxid, also ein Mehr an CO2-Treibhausgas-Emission um 0,6 kg gegenüber dem Dieselmotor. Bei Windstrom mit seinen 60 g allerdings sparen wir 2,94 kg Kohlendioxid. Damit sparen wir also 1/50 der Emissionen ein. Das ist natürlich ein großer Unterschied.

„Die Elektromobilität kann ihre klima- und energiepolitischen Vorteile nur dann ausspielen, wenn sie mit Strom aus ausschließlich erneuerbaren Energien gespeist wird.“

Diesem Zitat von Herrn Vohrer vom Industrieforum Unendlich Energie ist nichts hinzuzufügen.

Meine Damen und Herren, wir wollen den Antrag in den Wirtschaftsausschuss überweisen. - Ich habe doch zehn Minuten Redezeit, das kann nicht sein.

Ja. Einfach immer weiter reden.

Entschuldigung, ich geriet schon in Panik.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Panik sieht aber an- ders aus!)

Meine Damen und Herren, wer mitgerechnet hat: Beim heutigen Strommix in Deutschland mit einem 0,5 kg CO2-Ausstoß pro kWh würden die Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor halbiert werden können, wenn wir die E-Mobilität denn hätten. Wir haben sie aber nicht.

Wissen sie, wie viele reine Elektro-Pkw in Schleswig-Holstein im letzten Jahr neu zugelassen worden sind?

(Zuruf Peter Lehnert [CDU])

- 219. Einen davon habe ich als energie- und innovationspolitischer Sprecher der Grünen. Es gab im letzten Jahr also 218 neue freiwillige Zulassungen im Norden. Der Pkw-Bereich hinkt also weit hinterher.

Die Bundesregierung will 2020 1 Million E-Mobile auf der Straße laufen lassen. Jetzt sind es 16.000. Frau Merkel erwartet also ab heute 170.000 Zulassungen in jedem Jahr bis 2020. Ich selber bin Optimist und liebe ambitionierte Ziele für die Energiewende. Unser Land Schleswig-Holstein sollte dazu jedenfalls einen Beitrag leisten.

(Detlef Matthiessen)

Die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes differenziert zwischen Hybriden und E-Mobilen. Die Hybride der Zukunft haben in der Regel schon ein Plug-In-System, nehmen also außenbetankt Elektrizität auf und können damit 40 km fahren. Das ist weit über der durchschnittlichen Weglänge eines Pkw. Die Elektroautos bekommen im Gegensatz dazu einen Verbrennungsmotor als Range Extender zur Erweiterung ihrer Reichweite. Diese beiden Entwicklungen laufen aufeinander zu. Es wird also für verschiedene Bedarfe Angebote geben.

Der Verkehr der Zukunft wird sich stark ändern. Es wird weniger Eigentum des Fortbewegungsmittels geben, mehr Angebotssteuerung über eine App im Handy, eine Durchmischung der Verkehrsträger, mehr Durchlässigkeit, einen anderen Modal Split und natürlich mehr Strom im Verkehrssektor. Meine Partei hat dies erkannt und entsprechende Beschlüsse auf dem Parteitag in Brunsbüttel getroffen.

Meine Damen und Herren, die Zulassungszahlen steigen allmählich. Das ist auch gut so. Aber noch haben wir das Kanzlerinnentempo nicht erreicht. Die Nutzung des E-Mobils wird allerdings zum Abenteuer, wenn sich bei begrenzter Reichweite des Fahrzeugs die Auflademöglichkeiten als noch begrenzter erweisen. Damit senkt der Mangel an Lademöglichkeiten den Mut zur Anschaffung eines E-Fahrzeugs. Umgekehrt gibt die geringe Anzahl an E-Mobilen mit 219 Zulassungen natürlich keinen drängenden Grund, Lademöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dieses Problem adressiert unser Antrag.

Die Schaffung von Ladepunkten im Parkraum der Landesliegenschaften soll diesen klassischen EiHuhn-Konflikt entschärfen. Wir wollen den Antrag in den Wirtschaftsausschuss überweisen und dort weiter beraten.

Meine Damen und Herren, es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Probleme. Ich nenne nur einmal als Beispiel: Arbeitgeber sollten die Pedelec-Nutzung ihrer Beschäftigten unterstützen. Landtag und Landesregierung zum Beispiel sollten das Laden von Batterien im Dienst ermöglichen. Die Kosten dafür sind gering. Wir sollten in einem Runderlass gestatten, dass im Dienst Fahrradbatterien - wie Mobiltelefone in der Praxis jetzt auch schon - umsonst geladen werden dürfen. Das dient neben der Gesundheitsförderung auch der Rechtssicherheit gegenüber möglichen Vorwürfen eines Stromdiebstahls.

Ich habe gestern kurz mit den Kollegen Olaf Schulze, Hartmut Hamerich und Jens-Christian Magnus

sen über berufliche Ausbildung gesprochen. Sollten wir nicht Antriebstechniker als Ausbildungsziel statt klassischen Kfz-Techniker, Elektriker und so weiter anstreben? Professor Berg aus Flensburg regt dies an, weil in der Industrie wie im Verkehr dieselben Systeme zur Anwendung kommen.

Strom als Antriebstechnologie im Verkehr hat auch ökonomische Vorteile. Im Bahnbetrieb ist er daher schon seit Langem etabliert. Zudem ist in den letzten Jahren eine starke Zunahme des elektrischen Fahrradverkehrs zu beobachten. Mehr als 2 Millionen verkaufte sogenannte Pedelecs im Fahrradverkehr sind eine deutliche - im doppelten Sinne des Wortes - Abstimmung mit den Füßen.