Protocol of the Session on May 15, 2014

Da brauchen Sie gar nicht so zu gucken! Wer an dem Tag NDR-Fernsehen gesehen hat, hat gesehen, mit wem Frau Wende hinausgegangen ist. Es war nicht Herr Stegner, den sie an der Leine hinausgeführt hat.

(Beifall und Heiterkeit CDU, FDP und PI- RATEN)

Eine gehässige Bemerkung muss ich noch hinterhersetzen. Nicht dass Frau von Kalben nachher wieder sagt, diese Szenen hätte der NDR herausgeschnitten, wie sie es gestern gesagt hat.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: War das jetzt Ihr fachlicher Beitrag?)

- Nein, wir reden die ganze Zeit über die Sache. Ich fand all das peinlich, was ich dort sehen musste, meine Damen und Herren, und was Sie da angerichtet haben.

(Beifall CDU und FDP)

Herr Abgeordneter Günther, der Abgeordnete Andresen möchte eine weitere Bemerkung machen.

Machen Sie ruhig.

Vielen Dank. - Als Mitglied einer Partei, für die Tierschutz sehr wichtig ist, weise ich natürlich die Äußerung zu Wara Wendes Hund zurück.

Davon abgesehen möchte ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir über zwei Dinge reden. Wir reden zum einen über den Gesetzentwurf, den wir beim letzten Mal sehr ausführlich besprochen und ins parlamentarische Verfahren gegeben haben. Er befindet sich bereits in der Anhörung mit viel Dialog. Zum anderen reden wir über die konkrete Ausgestaltung, wozu auch weitere Gespräche der Landesregierung stattfinden müssen, weil es sich um die untergesetzliche Ebene handelt. So steht zum Beispiel die Fächerfrage, worin sich die Hochschulen, wie wir Grünen finden, sehr gut geeinigt haben, gar nicht im Gesetzentwurf, sondern ist untergesetzlich geregelt. Aus unserer Sicht ist es das Normalste von der Welt und sehr verantwortungsbewusst, dass das Wissenschaftsministerium in diesem Bereich Gespräche geführt hat. Hätten sie das nicht getan, und hätten sie

(Daniel Günther)

keine Einigung gefunden, hätten Sie ihnen genau das heute zum Vorwurf gemacht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Un- ruhe)

Wollen wir uns darauf verständigen, dass jetzt der Abgeordnete Günther dazu Stellung nimmt!

Das ist sehr lieb. - Herr Kollege Andresen, bei Ihnen höre ich immer wieder die Formulierung „im Dialog“.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen Sie nicht!)

- Nein, das kennen Sie mittlerweile nicht mehr. Hier findet nämlich nichts im Dialog statt. Als letztens die Heiligen in der Katholischen Kirche präsentiert wurden, habe ich mir gedacht, Herr Albig hätte eigentlich auch mit dabei sein müssen; denn Wunder hat der Mann wirklich vollbracht. Hier in Schleswig-Holstein gilt ja bereits ein Selbstgespräch des Ministerpräsidenten als Dialog, wie Sie es immer definieren.

(Beifall und Heiterkeit CDU, FDP und PI- RATEN)

Herr Kollege Andresen, ich lasse es Ihnen wirklich nicht durchgehen, dass Sie so tun, als müsste der Gesetzentwurf, den Sie beschlossen haben, nicht mehr überarbeitet werden. Im Gesetzentwurf steht der Ausbau der Labore. Das steht im Gesetzentwurf. Im Gesetzentwurf steht auch, dass alle Fächer in Flensburg auf Sek.-II-Niveau angehoben werden und nur für eine Übergangszeit auf Sek.-I-Niveau unterrichtet wird. Da können Sie mir doch nicht erzählen, dass der Gesetzentwurf nicht verändert wird.

Damit Sie nicht immer nur auf mich schimpfen, dürfen Sie jetzt einmal auf den Landeselternbeirat der Grundschulen und Förderzentren schimpfen. Er sagt nämlich in seiner Stellungnahme, die allen vorliegt - ich darf zitieren -:

„Der Landeselternbeirat Grundschulen und Förderzentren sieht sich zum jetzigen Zeitpunkt außerstande, eine Stellungnahme zum Lehrerbildungsgesetz abzugeben.

Wir halten es nicht für sinnvoll, eine Stellungnahme abzugeben, bevor … eine neue beratungsfähige Vorlage existiert.

Ferner benötigen wir für das Erstellen einer Stellungnahme auch ein vorliegendes Finanzierungskonzept.“

Ich denke, besser als der Elternbeirat könnte es kein Oppositionspolitiker formulieren.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Im Übrigen kann ich keinen Grund erkennen - wir werden es nachher in der Abstimmung sehen -, warum Sie dem gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und PIRATEN nicht einfach Ihre Zustimmung geben können. Selbst Herr Stegner hat ja öffentlich erklärt, eine Verabschiedung vor der Sommerpause sei gar nicht wichtig, sondern wir könnten das auch erst im September zusammen verabschieden. Ich finde, so lange der Gesetzentwurf nicht konkret umschreibt, was Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in Schleswig-Holstein wollen, solange darf ein solches Gesetzgebungsverfahren nicht einfach weitergeführt werden. Wir veräppeln mit diesem weiteren Verfahren doch die Anzuhörenden!

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Konkret machen das auch die Ergebnisse Ihres dritten Krisengipfels nicht besser. Ohnehin ist es aus meiner Sicht nur eine Frage der Zeit, wann dieser dritte ausgehandelte Kompromiss mit den Universitäten wieder Makulatur sein wird. Im Moment ist es doch nur eine Zeitfrage, wann die Landesregierung plötzlich merkt, dass der Kompromiss sich überhaupt nicht umsetzen lässt. Ich könnte Ihnen jetzt schon ganz genau mit Ihren eigenen Begründungen erklären, warum Sie 13 Fächer dorthin legen wollten, warum Sie die Naturwissenschaften nach Flensburg legen wollten. Das war die Begründung dafür, dass die Studiengänge in anderen Bundesländern überhaupt anerkannt werden. Jetzt soll das an dieser Stelle plötzlich alles Geschichte sein.

Nun fragen Sie sich doch einmal: Sie selbst würden studieren und wollten eventuell Naturwissenschaften auf Sek.-II-Niveau studieren - wer soll denn so blöd sein und sich noch in Flensburg anmelden? Ich weiß ja, dass der Regelfall bedeutet - der Ministerpräsident kann ja nachher erläutern, was der Regelfall ist -,

(Heiterkeit CDU, FDP und PIRATEN)

dass man auf jeden Fall noch ein Aufbausemester hinten dranhängen und zwei Semester länger studieren muss. Das ist wirklich eine abstruse Idee, um irgendwie das Gesicht zu wahren und zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Das macht das doch mehr als deutlich.

(Daniel Günther)

Ich frage mich, ehrlich gesagt, was eigentlich gegen unseren Vorschlag spricht, das Superniveau in Flensburg auf Sek.-I-Niveau einfach weiter fortzusetzen. Was spricht dagegen, die Sek.-II-Ausbildung, die in Kiel hervorragend aufgestellt ist, so auch weiter fortzusetzen?

Warum sind eigentlich die Grünen und die SPD in Baden-Württemberg so viel klüger als Sie hier in Schleswig-Holstein? Sie können das gleiche Verfahren in Baden-Württemberg beobachten. Sie haben dort auch die Idee gehabt, den Einheitslehrer einzuführen. Nachher haben sie gemerkt, dass es überhaupt keinen Sinn macht, wenn an den Hochschulen, die sich so genau auf die konkrete Lehrerausbildung spezialisiert haben, mit viel Geld solch teure Doppelstrukturen aufgebaut werden. Wenn das selbst im reichen Baden-Württemberg dazu führt, dass sie dort zur Vernunft kommen, dann muss es doch erst recht im klammen Schleswig-Holstein irgendwann einmal einen Denkprozess bei Ihnen geben, der dazu führt, das sinnvolle Modell in Schleswig-Holstein weiter fortzusetzen.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Ich frage als Letztes, wenn wir in der Sache hierüber eine Auseinandersetzung führen: Warum beenden Sie eigentlich die schulartbezogene Ausbildung in Schleswig-Holstein? Sie werfen uns ja immer vor, hier werde für Schulen ausgebildet, die es überhaupt nicht mehr gibt. Die Ministerin musste sich im Ausschuss darüber belehren lassen, dass in Flensburg schon Gemeinschaftsschullehrer ausgebildet werden, was sie augenscheinlich nicht gewusst hat.

(Zuruf Heike Franzen [CDU])

Wir haben die Ausbildung an die Schulstrukturen in Schleswig-Holstein angepasst. Wir haben zukünftig in Schleswig-Holstein 170 Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe. Warum zwingen Sie angehende Lehrerinnen und Lehrer, die nur an dieser Gemeinschaftsschule unterrichten wollen, die bewusst sagen: „Diese fachlichen Ansprüche an eine Oberstufe will ich nicht erfüllen, sondern ich will mich um Pädagogik kümmern, ich will mich um Inklusion kümmern“, dazu, das Bundesland zu verlassen und in anderen Bundesländern zu studieren, weil Sie diese Einheitslehrerausbildung hier in SchleswigHolstein machen? Warum zwingen Sie die dazu?

(Beifall CDU und FDP)

Sie werden außer ideologiegesteuerten Antworten keine vernünftige Antwort darauf finden, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und SSW.

Deswegen appelliere ich an Ihre Einsichtsfähigkeit. Wir haben Ihnen jetzt noch einmal die Chance gegeben, miteinander ein vernünftiges Gesetzgebungsverfahren zu diskutieren. Die FDP hat einen Gegenentwurf vorgelegt. Beteiligen Sie sich an den Debatten. Machen Sie einen vernünftigen Dialog mit den Betroffenen und auch mit den Oppositionsfraktionen.

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Setzen Sie sich mal hin und ma- chen etwas!)

Dann können wir uns einmal ernsthaft darüber unterhalten, was eine wirklich gute Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein bedeutet. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Trotz der unterschiedlichen Meinungen und der turbulenten Diskussionen ist doch völlig unumstritten, dass die Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein reformiert werden muss. Sie muss an das bestehende Schulsystem mit den veränderten Gegebenheiten und Herausforderungen angepasst werden. Sie darf jedoch nicht dazu genutzt werden, um durch die Hintertür Schulstrukturpolitik oder auch Regionalpolitik zu betreiben. Leider versucht diese Landesregierung genau dies.

Meine Damen und Herren, der designierte Präsident der Kieler Christian-Albrechts-Universität, Herr Professor Kipp, hat sich vor Kurzem in einem Zeitungsinterview zu den bisherigen Plänen der Landesregierung zur Neuordnung der Lehrerausbildung geäußert. Für einen Physiker wenig überraschend analysierte er nüchtern und glasklar, welche Bedeutung die Lehrerbildung für unser Bildungssystem hat. Er wurde zitiert mit den Worten:

„Die Lehrerbildung ist … das Schlüsselelement in unserem Bildungssystem. Wenn die Lehrerbildung nicht funktioniert, würde das ganze Bildungssystem zusammenbrechen: Schlecht ausgebildete Lehrer würden Schüler schlecht ausbilden, die wieder schlecht ausgebildet an die Hochschulen beziehungsweise in die Berufsausbildung kommen. Würde

(Daniel Günther)

man jetzt an irgendeiner Stelle versagen, würde dies zu einer Katastrophe führen.“

Meine Damen und Herren, leider hat die Landesregierung nicht nur an einer Stelle in ihrem Gesetzentwurf versagt, sondern nahezu auf ganzer Linie. Nicht nur Ministerin Wende, auch der Ministerpräsident und die Finanzministerin tragen die Verantwortung für diesen Scherbenhaufen. Das bisherige Verfahren hat nicht nur dem Hochschulstandort Schleswig-Holstein geschadet. Es ist eine Zumutung für die angehenden Lehramtsstudenten und ein Affront gegenüber dem Parlament und den bereits angeschriebenen Anzuhörenden. Herr Kollege Günther hat ja uns völlig zu Recht schon vorgetragen, dass es Stellungnahmen gab, die sagten: „Wir wissen gar nicht, wozu wir uns eigentlich äußern sollen, was jetzt eigentlich Faktenlage ist.“ Es ändert sich ja nahezu jeden Tag. Insofern ist diese Anhörung völliger Unsinn gewesen, die Sie auf den Weg gebracht haben, nachdem Sie ja schon - auch ein Novum im Parlament - vorher, bevor die Gesetzentwürfe im Parlament gelandet sind, eine Anhörung beschlossen haben. Das ist schon wirklich ein bemerkenswertes Verfahren. Wenn es auch angesichts dieser Umstände nicht ganz leichtfällt, hier heute über die Inhalte zu debattieren, sollten wir es im Sinne der wichtigen Sache dennoch versuchen. Ich kann die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen an dieser Stelle nur noch einmal vor Schnellschüssen warnen. Ermöglichen Sie endlich einen Neustart, und lassen Sie uns zu einem geordneten parlamentarischen Verfahren zurückkehren.