Warten Sie noch darauf, dass auch der Seegerichtshof in Hamburg so entscheidet oder das Amtsgericht Rendsburg vielleicht?
Da hilft nur eines: Herr Ministerpräsident, machen Sie die Verhinderung der Vorratsdatenspeicherung zur Chefsache! Entziehen Sie Ihrem Innenminister die Zuständigkeit dafür, und nehmen Sie selbst das Ruder in die Hand!
Jetzt, wo die Grundlage für den Koalitionsvertrag auf Bundesebene entfallen ist, weil darin steht, man wolle eine Richtlinie umsetzen, die es nicht mehr gibt, jetzt, wo in der SPD ganz neu über die Frage diskutiert wird, ob wir eine Vorratsspeicherung brauchen, jetzt stehen Sie in der Verantwortung, Herr Ministerpräsident, Ihrem Auftrag aus dem schleswig-holsteinischen Koalitionsvertrag und aus diesem Haus nachzukommen, sich im Bund gegen jede Form der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Fordern Sie noch heute in diesem Haus die Bundesregierung und Ihre Parteifreunde in Berlin auf, sich endgültig von allen Überlegungen einer wahllosen Informationssammlung der gesamten Bevölkerung zu verabschieden, Herr Ministerpräsident!
Dieser Landtag, vor allem aber die vielen Menschen in Schleswig-Holstein erwarten von Ihnen, dass Sie sich jetzt ernsthaft und leidenschaftlich gegen eine Totalprotokollierung unserer Telekommunikation einsetzen.
(Uli König [PIRATEN]: Der hört dir nicht einmal zu! - Martin Habersaat [SPD]: Das wird ja aufgezeichnet! Das kann man später nachlesen! - Unruhe)
- Ich warte einen Moment, bis der Herr Ministerpräsident mir etwas Gehör schenkt. - Danke schön. - Herr Ministerpräsident, dieser Landtag, aber vor allem die Menschen in Schleswig-Holstein erwarten von Ihnen, dass Sie sich jetzt ernsthaft für die Verhinderung einer Totalprotokollierung unserer Telekommunikation einsetzen, und zwar aus eigener Überzeugung, wie Sie es in Ihrer Antrittsrede hier getan haben, weil es der Wille und das Interesse unseres Landes und seiner Bürger ist. Wir wollen keine Vorratsdatenspeicherung. Lassen Sie sie uns gemeinsam stoppen! - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem engagierten Vortrag des Kollegen Breyer, der sich einmal mehr um den Vorsitz im
- Richtig, genau. Ich empfehle denjenigen, die das Urteil in der Lesart, wie es Herr Breyer hier vorgetragen hat, interpretiert haben, insbesondere die Randpunkte 38 bis 43 zur genaueren Lektüre, in denen es um eine sehr gründliche Abwägung des Europäischen Gerichtshofs zwischen der Schwere des Grundrechtseingriffs auf der einen Seite und der Nützlichkeit der Vorratsdatenspeicherung für die Erreichung der Ziele der Europäischen Union bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität auf der anderen Seite geht. Im Zuge dieser Abwägung ist der Europäische Gerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass die Richtlinie so, wie sie bestand, nicht geeignet ist, den Grundrechtsanforderungen zu entsprechen.
Er hat aber ganz klare Kriterien definiert, wie man es richtig machen kann - im Übrigen genauso wie auch das Bundesverfassungsgericht.
Herr Breyer, wenn Sie in diesem Zusammenhang das Stichwort NSA fallenlassen - nach der Sitzung, die der Innen- und Rechtsausschuss im Landeskriminalamt durchgeführt hat -, geht es Ihnen an dieser Stelle nicht um eine sachliche Debatte. Es geht Ihnen nicht darum abzuwägen, welche Instrumente wir den Sicherheitsorganen in Deutschland und in Schleswig-Holstein an die Hand geben, sondern es geht Ihnen darum, Sorgen in der Bevölkerung zu schüren und ein Misstrauen gegenüber Sicherheitsbehörden zu schüren, das weder gerechtfertigt ist noch der Arbeit gerecht wird, die in Schleswig-Holstein geleistet wird.
Es gehört auch dazu, darauf hinzuweisen, dass die Argumente, die das Gericht in seiner Abwägung vorgetragen hat, im Endergebnis zu der Formulierung im Urteil führen - die muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wenn man hier solche Kritik übt -, dass die Vorratsdatenspeicherung per se weder dem Grundrecht auf Achtung der Pri
vatsphäre noch dem Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten widerspricht, wenn man sie denn richtig umsetzt.
Da es sich um einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff handelt - das ist ja unbestritten -, der in der Konsequenz zunächst einmal alle Unionsbürger betrifft, formuliert das Gericht sehr deutlich: Es müssen Speicherfristen definiert werden, es müssen Sicherheitsanforderungen für die gespeicherten Daten definiert werden, es muss der Personenkreis klar definiert werden, der Zugriff auf die Daten nehmen darf, und es muss die rechtliche Hürde definiert werden, unter der ein solcher Zugriff da geschieht.
Vielleicht komme ich ja zufällig auf den Punkt, den Sie gern gewusst hätten. - Wenn man das Urteil ein bisschen kürzer gefasst hätte, hätte man es so eins zu eins in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene einheften können. Denn genau die Punkte, die der Europäische Gerichtshof hier definiert, sind Grundlage der Verhandlungen, die CDU/CSU und SPD geführt haben.
Umso unverständlicher ist es, wenn Bundesjustizminister Maas jetzt im Gegensatz zu dem, was er noch am Montag verkündet hat, der Auffassung ist, wir könnten uns jetzt Zeit bei der nationalen Umsetzung lassen. Wer als jemand, der Verantwortung für Sicherheit in Deutschland trägt, ein wichtiges Instrument zur Aufklärung schwerer Straftaten nur unter Zwangsgeldandrohung durchführen möchte, wird seiner Verantwortung an dieser Stelle nicht gerecht.
Man kann ja schon ahnen, wie das auf Bundesebene am Ende weitergeht: Ein Kuhhandel auf Kosten der Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern, der so ausgeht: „Du kriegst die Vorratsdatenspeicherung, und ich kriege die Rente mit 63“. Das darf es nicht geben.
Wie sieht es im Land aus? Der Innenminister hält verbal das Fähnchen der inneren Sicherheit hoch, die Koalitionäre halten an den falschen Verabredungen des Koalitionsvertrags fest, und der Ministerpräsident schweigt - wie immer, wenn es Konflikte auf Landesebene gibt.
Ich bin mir sicher, dass sich auch Herr Albig über die Ausschusssitzung im Landeskriminalamt hat berichten lassen, in der ja einiges deutlich wurde, nämlich dass wir hohe Hürden für einen Zugriff auf gespeicherte Daten in Deutschland haben, dass ein solcher Zugriff nur zur Aufklärung schwerer und schwerster Straftaten stattfinden darf, dass es sich auch um einen ausgesprochen hohen Aufwand handelt, solche Daten überhaupt auszuwerten, und allein deshalb schon ein erhebliches Hemmnis besteht, an dieser Stelle tätig zu werden.
Der entscheidende Punkt ist - wer das anders sieht, soll das hier sagen - in meinen Augen das hohe Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landeskriminalamts, das an dieser Stelle deutlich wurde. Da gibt es niemanden, der aus Neugierde die Nase in Daten steckt, sondern da ist ein ganz hohes Bewusstsein für die Sensibilität der Tätigkeit an dieser Stelle vorhanden.
Deshalb abschließend der Hinweis: Wir sollen doch nicht so tun, als ob es heute keine Auswertung von Vorratsdaten gebe. Es ist ein unerträglicher Zustand, dass Daten, die heute aufgrund der sonstigen Bestimmungen im Telekommunikationsgesetz für Abrechnungszwecke gespeichert werden, zufällig ausgewertet werden können, wenn sie vorhanden sind, und zufällig nicht ausgewertet werden können, wenn sie schon gelöscht worden sind. Das ist insbesondere im Sinne einer vernünftigen Aufklärung von Straftaten, aber auch im Sinne des Opferschutzes ein unerträglicher Zustand.
Herr Präsident, ich formuliere meinen letzten Satz. - Deswegen sind wir als CDU-Landtagsfraktion nach wie vor der Auffassung, dass wir eine sauber umgesetzte Vorratsdatenspeicherung mit Augen
maß brauchen. Herr Innenminister, nach den vielen markigen Worten an dieser Stelle wäre eine markige Tat jetzt auch einmal angebracht.