Protocol of the Session on April 9, 2014

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 20. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 6, 11, 16, 24, 36, 37 sowie 39 bis 42 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 26, 27, 30, 33 und 38.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 4 und 25, Anerkennungsgesetz und Anerkennungsfonds, sowie 12 und 31, Methodik und Festlegung des Trendsteuerpfades, 14, 15, 18, 19, 28, 29, 43, Anträge zur Rader Hochbrücke, zum Weiterbau der A 20, zur festen Fehmarnbelt-Querung, zum Schienenverkehr sowie zum Nahverkehrsplan der Landesregierung.

Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor. Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 20. Tagung. Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist keine Mittagspause vorgesehen. Erlauben Sie mir noch den Hinweis, dass der Ältestenrat heute Mittag Gäste aus Frankreich empfängt. - Zu dem Verfahren höre ich keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir gemeinsam auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Kronshagen und der Lilli-Martius-Schule Elmschenhagen sowie unseren ehemaligen Kollegen Poppendiecker. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde Teil 1: Einigung bei der EEG-Reform, Perspektiven für den Norden

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Energiewende geht es um richtigen Wind und um das, was für das Land gut ist. Es geht nicht um den Wind, der teilweise hier in diesem Haus künstlich erzeugt wird. Es geht vor allem darum, die Energiewende zu einem Erfolg zu machen.

(Zurufe CDU)

- Regen Sie sich doch nicht schon so früh auf. Sie brauchen Ihren Bluthochdruck noch den ganzen Tag lang. - Es geht vor allem darum, die Energiewende zu einem Erfolg zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass beim Energiekonzept und bei der Energiewende Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und ökologische Vernunft zusammenkommen. Das ist nämlich notwendig. Ich beglückwünsche den Herrn Ministerpräsidenten zu seinem Verhandlungserfolg im Bund.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zurufe CDU: Oh!)

Als jemand, der eher in den leiseren Tönen zu Hause ist, muss ich sagen: Ich habe Respekt davor, was mit lauten Tönen erzeugt werden kann.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Im Ernst: Man kann sehen, dass es einen Unterschied macht, wenn für die Landesregierung Schleswig-Holstein in Berlin jemand verhandelt, der die Energiewende wirklich will. Daher ist herausgekommen, was herauskommen musste und was für das Land Schleswig-Holstein eine einzigartige Wertschöpfungschance bedeutet. Dies ist im Übrigen auch für die von mir genannten Kriterien der Versorgungssicherheit, der Bezahlbarkeit und der ökologischen Vernunft unabdingbar notwendig.

Diese Energiewende muss widerspruchsfrei geplant werden. Deshalb musste das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das bei seiner Einführung ein großartiger Systemumschwung war, geändert werden, weil wir natürlich darauf achten müssen, dass das, was da geschieht, für die normalen Bürger bezahlbar ist. Gleichzeitig dürfen die erneuerbaren Energien nicht abgebremst werden. Logischerweise bestehen Verhandlungen aus Kompromissen zwischen Regionen und auch aus schwierigen Kompromissen zwischen Deutschland und der Europäischen Union. Hier gibt es sicher noch das eine oder andere, worüber zu reden ist: Die Direktvermarktung muss so gestaltet

sein, dass auch Bürgerwindparks bestehen können. Altanlagen müssen Bestandsschutz genießen, und wir brauchen - was Investitionen angeht - Vertrauensschutz. Bei den Ausschreibungsmodellen muss ein Pilotprojekt durchgeführt und evaluiert werden, und wir werden im Bundesrat noch ein Verfahren haben, bei dem - was die Fristen angeht - noch das eine oder andere thematisiert wird.

Schleswig-Holstein ist und bleibt Motor der Energiewende, und das wird auch nicht geändert. Das hat Bestand, und das ist sehr wichtig für unser Land, für die Menschen hier und die Chancen, die damit verbunden sind.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir wollen bis 2020 in Schleswig-Holstein 300 % des theoretischen Verbrauchs aus erneuerbarem Strom produzieren. Der Ministerpräsident hat das erreicht, was die „Nörgel-Opposition“ hier im Haus bezweifelt hat. Sie hat bezweifelt, dass uns dies gelingen wird.

Ich habe viele Kassandra-Rufe darüber gelesen, was dabei herauskommt. Herausgekommen ist etwas ganz anderes: Die Onshore-Windenergie ist nach wie vor die günstigste erneuerbare Energieform. Davon profitiert nicht nur der Norden, sondern die ganze Republik. Deshalb wollten wir keine Deckelung der Windkraft durch den Bund, die wir nicht tragen können. Daher ist es wichtig, dass das Repowering nicht wie bisher geplant eingerechnet wird, sondern dass dieser Bereich außen vor bleibt. Das ist ein gutes Ergebnis. Das heißt: Dort, wo der Austausch älterer Windkraftanlagen durch neuere und leistungsstärkere Anlagen erfolgt, kann Schleswig-Holstein seine Ausbauziele im Bereich der Windenergie vorantreiben.

Man sieht noch etwas anderes: Es macht Sinn, mit der Europäischen Union zu verhandeln. Wir sind ein Industrieland. Daher müssen wir darauf achten, dass unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb bestehen können. Das, was Schwarz-Gelb gemacht hatte, nämlich die Ausnahmen so weit nach oben zu treiben, konnte in Europa jedoch nicht gut gehen. Es werden jetzt 400 bis 500 Unternehmen weniger sein, die betroffen sind.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ah!)

Insgesamt wird es so sein, dass wir mit den Ausnahmen, so wie sie jetzt bestehen, werden leben können. Die Einigung mit der Europäischen Union ist sehr wichtig, weil ich glaube, dass man in Europa auf die stärkste Volkswirtschaft guckt. Man

schaut auf die 82 Millionen Einwohner in Deutschland und darauf, ob wir die Energiewende schaffen. Daher glaube ich, dass es gut gewesen ist, dass der Energieminister dies durchgesetzt hat. Er konnte dies auch deshalb durchsetzen, weil die Einigung, die wir im Koalitionsvertrag zwischen den Regionen, dem Industrierevier in Nordrhein-Westfalen und den nord- und süddeutschen Ländern erzielt haben, nicht zu Kompromissen geführt hat, die man nicht tragen kann.

Alles in allem ist das, was wir wollten, gut gegangen. Der erste Schritt ist getan. - Ihnen fällt vor Schreck die Kamera runter, aber die Energiewende klappt trotzdem. Ich kann nur sagen: SchleswigHolstein ist auf einem guten Weg. Wir haben eine gute Landesregierung. Wir haben ein gutes Energiekonzept. Alles gut. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende und Oppositionsführer, der Abgeordnete Johannes Callsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Windenergie macht in der Tat den Löwenanteil an der erneuerbaren Energieversorgung aus. Sie ist der Motor der Energiewende, insbesondere in Schleswig-Holstein, aber auch in Deutschland insgesamt.

Deshalb ist es richtig, dass wir eine Reform des EEG brauchen, die genau diesen Tatsachen Rechnung trägt. Wir brauchen eine Reform, die den Ausbau der Windenergie im Norden fördert, anstatt ihn zu bremsen. Wir brauchen eine Reform, die auf Potenziale und unsere ganz spezifischen Standortvorteile bei der Windenergie setzt. Wir brauchen eine EEG-Reform, die niedrige Produktionskosten fördert und damit die Kosten für die Verbraucher niedrig hält und begrenzt.

Deswegen sind die Eckpunkte, die Bundeswirtschaftsminister Gabriel im Januar vorgestellt hat, für uns nicht tragbar. Wir haben schon damals klar gesagt: Windenergie muss dort gefördert werden, wo sie kostengünstig produziert wird. Das ist nun einmal dort der Fall, wo der Wind stark weht, und das ist hier in Schleswig-Holstein. Deshalb hat die CDU bereits im Januar Nachbesserungen bei der anstehenden EEG-Novelle gefordert.

(Dr. Ralf Stegner)

Selbst Ministerpräsident Albig - Kollege Stegner hat es angesprochen - hat erkannt, welche Bedeutung die EEG-Reform für Schleswig-Holstein hat. Die jetzt erzielte Einigung zwischen Bund und Ländern ist deswegen ein wichtiges Signal für die Energiewende. Es ist gut, dass alle zusammenarbeiten und alle gemeinsam die Energiewende für unser Land voranbringen wollen.

Ein Grund für Jubelausbrüche, wie sie der Ministerpräsident in seiner Pressemitteilung am 2. April 2014 zum Ausdruck gebracht hat, ist diese Einigung aber nicht. Diese Einigung bedeutet nämlich für Schleswig-Holstein Licht und Schatten.

Licht gibt es bei der geplanten Obergrenze für den Windkraftausbau. Es ist ein Erfolg für unser Land, dass das Repowering beim Ausbau der Windkraft nicht auf diese Obergrenze angerechnet werden soll. Dafür haben sich auch unsere CDUBundestagsabgeordneten in Berlin eingesetzt.

(Beifall CDU)

Herr Ministerpräsident, wenn Sie Ihre Erwartungen in fast allen Punkten erfüllt sehen, dann ist das eine etwas vernebelte Sichtweise; denn die Einigung sieht auch vor, dass schlechte Windstandorte außerhalb des Nordens künftig mehr Geld erhalten, um dort teurere Windkraft zu produzieren. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Dafür werden am Ende die Verbraucher in ganz Deutschland über die Strompreise die Zeche zahlen. Darüber muss gesprochen werden.

Meine Damen und Herren, große Schatten sind insbesondere bei der Frage der Stichtagsregelung zu sehen. Auch dieser Punkt muss im weiteren parlamentarischen Verfahren besprochen werden.

In Schleswig-Holstein gab es zum Jahreswechsel 457 nicht entschiedene Genehmigungsverfahren für die Errichtung von Windkraftanlagen. 457 Anträge liegen seit Monaten auf den Schreibtischen der Genehmigungsbehörden des Landes und warten darauf, bearbeitet zu werden.

Herr Ministerpräsident Albig, das ist Ihre Verantwortung im Land. Sie sind nicht nur mit Ihrer Forderung nach einem anderen Stichtag gescheitert. Sie sind auch gescheitert bei der Frage der schnellen Genehmigung von Anträgen durch Ihre eigenen Behörden in Schleswig-Holstein.

(Beifall CDU)

Die meisten Windmüller können nun einmal nichts dafür, dass die Behörden, für die insbesondere Minister Habeck zuständig ist, so lange für die Be

arbeitung von Anträgen brauchen. Weil Herr Habeck und seine zuständigen Behörden nicht in die Puschen kommen, drohen Windenergieinvestoren den wichtigen Vertrauensschutz für ihre Objekte zu verlieren.

Herr Albig, Ihre Landesregierung muss ihre Hausaufgaben machen. Windkraftinvestoren brauchen Planungssicherheit. Ihr Investitionswille darf nicht am Bürokratiedschungel des Landes scheitern. Die Landesregierung ist schon jetzt nicht in der Lage, die Anträge auf Errichtung von Windkraftanlagen abzuarbeiten.

Mit dem neuen Denkmalschutzgesetz schaffen Sie noch einmal zusätzliche Bürokratie, die es der Energiewende in Schleswig-Holstein schwer machen wird. Auch deswegen sollten Sie das neue Denkmalschutzgesetz sofort stoppen.

(Beifall CDU)

Damit werden Verfahren verlängert und Investoren verunsichert. Zudem werden damit Windeignungsflächen, die längst genehmigt sind, wieder infrage gestellt.

Herr Albig, machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben hier im Land! Sorgen Sie dafür, dass Ihre Minister dies auch tun! Sorgen Sie dafür, dass Investoren in Schleswig-Holstein investieren können! Es liegt in Ihrer Verantwortung, dass die Energiewende in diesem Bundesland zum Erfolg wird. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)