Protocol of the Session on February 21, 2014

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wer mit der Übernahme der Empfehlungen entsprechend der Sammeldrucksache 18/1589 einschließlich der eben bekannt gemachten Änderung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dann ist auch dies einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende dieser Tagung. Ich gebe Ihnen bekannt, dass wir uns am 19. März 2014, um 10 Uhr, zur 19. Tagung im Plenarsaal wiedersehen. Ich wünsche Ihnen allen bis dahin eine gute Zeit.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 12:13 Uhr

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenografischer Dienst

Anhang Reden zu Protokoll

Recht auf anonymes Fernsehen - Massenüberwachung von Zuschauern verhindern

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/1566

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für viele Menschen hat TV-Schauen eine Abschaltfunktion. Man lässt die Seele baumeln und will für sich oder mit anderen abschalten oder einen netten Abend verbringen.

Doch auch dieser Moment der scheinbaren Intimität wird zunehmend digital erfasst und ausgewertet. Wer in den Genuss kommt, sich ein Smart-TV leisten zu können, wird von den Herstellern gleich doppelt abkassiert - zum einen für den Fernseher und zum anderen für die Datensätze, die der Hersteller für gezielte Werbung nutzen kann.

Smart-TVs sind mit den herkömmlichen Röhrenfernsehren in etwa so vergleichbar, wie die ersten Mobiltelefone vor 25 Jahren mit modernen Smartphones. Ein kleiner Computer im Fernseher ermöglicht unter anderem den Zugriff auf das Internet und somit auf diverse, oft sinnvolle Dienste.

Auch zunehmende Online-TV-Angebote wie beispielsweise über den amerikanischen Streamingdienst Netflix und der dort laufenden amerikanischen Politserie House of Cards, die übrigens in der Grünen-Fraktion viele Anhänger hat, verschärfen die Problematik.

Die Grenzen zwischen Fernsehen und Internet verschwimmen. Deshalb holen uns die Diskussionen, die wir in den letzten Jahren bei Smartphones und Tablets hatten, auch im TV Bereich ein.

Der britische Blogger DoctorBeet analysierte ein Smart-TV des südkoreanischen Herstellers LG. Er kommt zu dem Schluss, dass es LG möglich ist, beliebte Programme, Onlineverhalten und Suchkennwörter der Nutzerinnen und Nutzer auszuwerten. Auch die TU Darmstadt hat dies für diverse andere Smart-TVs festgestellt. Jeder Senderwechsel, jede heruntergeladene oder verwendete App, sogar das Anschließen eines privaten USB-Sticks wird vom Hersteller erfasst, ausgewertet und verwendet. So wird also gespeichert, ob wir gerade Handballbundesliga, Tagesthemen oder das Dschungel Camp

geguckt haben - Dinge, über die wir selber entscheiden müssen, ob sie erfasst werden.

Besonders brisant ist, dass diese Informationen meist unverschlüsselt an den Hersteller übermittelt werden. Das bedeutet, jeder auf der Leitung, sei es der Serviceprovider, der Gebührendienstleister oder seien es sonstige daran interessierte Akteure, können all dies mitlesen. In der Regel sollte sich dieses Überwachen des Nutzerinnen- und Nutzerverhaltens mit dem wegnehmen einiger Häkchen verhindern lassen. Der eben angesprochene Blogger DoctorBeet jedoch kommt bei dem LG-Modell zu der Erkenntnis, dass die Daten erfasst und verschickt werden - egal, welches Häkchen man angeklickt hat.

Das mag vielleicht ein Fehler im System sein, doch stellt sich da generell die Frage, warum sich eigentlich standardmäßig die Einstellungen im datenschutzrechtlich kritischen Bereich befinden. Warum sollte nicht ein gewisses Maß an Anonynimität und Autonomität eingehalten werden? Wäre es nach dem Vorbild der informationellen Selbstbestimmung nicht viel sinnvoller, die Einstellungen im Auslieferungszustand so zu gestalten, dass keine Daten erhoben, ausgewertet und verwendet werden? Nutzerinnen und Nutzer, die sich dann bewusst für gezielte Werbung entscheiden möchten, können dies durch die nötigen Häkchen an richtiger Stelle tun. Das wäre Privacy by default - also datenschutzfreundliche Voreinstellungen. Dies sollte Standard moderner Unterhaltungs- und Informationstechnologie sein!

Wir stimmen dem Antrag der PIRATEN zu. Denn es darf nicht sein, dass Empfänger zu Sendern werden. Die im Hintergrund erfassten Daten lassen ein ziemlich genaues Profil der Zuschauerinnen und Zuschauer zu und greift damit sehr gravierend und unbewusst in unsere Privatsphäre ein. Das ist nicht akzeptabel. Die eigene Wohnzimmercouch muss ein privater Rückzugsort bleiben.

Allen Herstellern elektronischer Geräte sitzt die Konkurrenz im Nacken, sodass die Entwicklungsprozesse immer weiter gekürzt werden. Das Hauptziel ist die Präsentation immer neuer Gerätedesigns in immer kürzeren Perioden. Das ist mit den TVGeräten neuester Generation sicherlich als gelungen zu betrachten. Das sind nicht nur platzsparende

Flachbildfernseher mit brillanter Bildqualität, sondern das sind wahre Multitalente und heißen darum auch folgerichtig Smart-Fernseher. Diese bieten viele Zusatzdienste, die den Kunden auf die Idee bringen, ihren alten Fernseher zu ersetzen. Die schnelle Modellfolge klappt allerdings nicht immer reibungslos. Schnelligkeit in der Produktentwicklung geht oft vor Sorgfalt.

Wir Verbraucher sind es inzwischen gewohnt, dass neue Geräte erst mit diversen Zusatzprogrammen bestückt werden müssen, bevor sie in Gang kommen. Die Hersteller sparen eben, wo sie können. Das gilt leider auch bei den Themen Sicherheit und Privatsphäre. Wer sich einen so genannten SmartFernseher kauft, kauft damit die Funktion Hybrid Broadcast Broadband. Interaktion heißt das Zauberwort. Für die meisten Nutzer ist damit vor allem ein moderner Videotext gemeint. Der Datenverkehr ist allerdings keine Einbahnstraße, sondern funktioniert in beide Richtungen. HbbTV erlaubt auf diese Weise den Fernsehsendern die Auswertung des Fernsehkonsums. Fernseher der Marke LG übertragen unverschlüsselt alle Daten, wenn ein USBStick an den Fernseher angeschlossen ist.

Nach Recherchen des NDR Magazins „ZAPP“ hat man diese Lücke wohl bei neuen Geräten geschlossen. Aber die Hersteller bewegen sich nur, wenn ihnen tatsächlich Lücken nachgewiesen werden. Möglich wäre sogar das Ausspähen der Wohnung, wenn an den Smart-Fernseher eine Webcam angeschlossen ist. Das sind keine Hirngespinste, sondern belegte Fakten. Herausgefunden haben das Informatiker der TU in Darmstadt, die ihre Forschungen beim Deutschen IT-Sicherheitskongress des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik vorgestellt haben. Demonstriert haben Hacker das vor wenigen Monaten an Samsung-Geräten: Wer mit dem Fernseher skypt, öffnet sein Wohnzimmer. Das ist eine schreckliche Vorstellung und beileibe kein Randproblem.

Die Zahl der Hbb-fähigen Fernseher ist enorm gewachsen. Inzwischen geht man davon aus, dass jeder dritte Haushalt in zwei Jahren über einen Hbbfähigen Fernseher verfügen wird. 20 Millionen Haushalte haben also in naher Zukunft ein Sicherheitsproblem.

Dabei gibt es konkrete Datenschutzmaßnahmen. Die allereinfachste vorweg: Erst wenn man die HbbTV-Funktion aktiviert, darf es überhaupt zur Datenübertragung kommen können. Diese Aktivierungsmöglichkeit haben die Hersteller aber gespart. Mehrmals in der Minute überprüft der Sender, welches Programm auf dem Fernseher läuft und nutzt

dabei Fremdanbieter wie Google Analytics. Der Nutzer bekommt davon gar nichts mit. Der schaut fern und weiß nicht, dass ihm dabei virtuell über die Schulter geschaut wird. Viele Nutzer gegen davon aus, dass der Datenverkehr erst beginnt, wenn sie den Roten Knopf in der Fußzeile ihres Bildschirms aktivieren. Da liegen sie aber falsch. Sogar den Darmstädter Informatikern war nicht ganz klar, was da technisch abläuft; ob und wie Cookies zum Einsatz kommen; schließlich haben die Smart-Fernseher nur minimale Browser, bei denen ausgerechnet am Datenschutz gespart wurde.

Tatsache ist, dass einige Sender Tracker einsetzen und die Sendegewohnheiten ihrer Nutzer bis hin zu IP-Adresse kennen, ohne dass dieser das verhindern kann. Der Fernsehhersteller LG verkauft diese Informationen an seine Werbekunden, die fernsehgenau ihre Banner schalten können.

Die Sender wiegeln ab, schließlich sei bislang noch kein Fall bekannt, dass Hbb-Fernsehen für kriminelle Zwecke verwendet wurde, indem beispielsweise der Fernseher gekapert wird, um ihn für sich arbeiten zu lassen. Das bedeutet aber nicht, dass das nicht technisch möglich ist.

Was tun? Am besten wäre es natürlich, die Datendienste so lange abzuschalten, bis alle datenschutzrelevanten Maßnahmen installiert wurden. Zunächst müssen aber vor allem die Hersteller dringend technische Lösungen nachliefern; übrigens auch für Altgeräte. Das Mindestmaß wäre es, wenn man diese Dienste auf jeden Fall einfach abschalten könnte. Das hilft ja ohnehin manchmal beim Fernsehen.