Protocol of the Session on February 21, 2014

(Beifall SSW und PIRATEN)

Ich glaube, niemand wird sich diesem Ziel entgegenstellen. Das ist nämlich in unser aller Interesse. Die Frage ist jedoch, ob der von den PIRATEN vorgeschlagene Weg realisierbar ist. Hier sehe ich in der Tat einige Schwierigkeiten. Aber wir werden den Gesetzentwurf dem parlamentarischen Verfahren zuführen und uns im Ausschuss ausführlich damit befassen. Das heißt, wir werden hierzu eine Anhörung durchführen und diese auswerten. Dann werden wir sehen, ob der Gesetzentwurf ausreichend ist oder Teile des Entwurfs ausreichend sind, um das Grundwasser und die Trinkwasserversorgung vor möglichen Risiken durch Fracking zu schützen.

Grundsätzlich ändert das jedoch nichts daran, dass wir alles dafür tun müssen, das Bergrecht zu ändern. Das muss erste Priorität haben. Ich begrüße allerdings alle Vorschläge, die geeignet sind, eine zweite Deichlinie zu ziehen. Diese müssen aber Hand und Fuß haben und rechtlich standhalten können. Ansonsten schaden wir der Sache mehr, als wir ihr dienen. - Danke.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Das Wort für die Piratenfraktion hat die Frau Abgeordnete Angelika Beer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich als Erstes für den Beitrag des Kollegen Meyer bedanken. Eine sachorientierte Debatte, die zu einem gemeinsamen Ziel führt, ist das, was wir wollen.

Lieber Kollege Kumbartzky, Sie können die Initiativen der PIRATEN kritisieren, wie Sie es eben getan haben.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Ich habe sie nicht kritisiert!)

Es ist nur so: Die PIRATEN stellen - genauso wie die Bürgerinnen und Bürger - Fragen. Wenn die Landesregierung keine Antwort geben kann oder geben will, wie es der Herr Umweltminister in der letzten Ausschusssitzung zu der Frage getan hat, warum der Widerspruch zwischen den Aussagen von Ministerpräsident Albig und ihm nicht aufgelöst wird, dann stellen wir allerdings auch Anträge und reichen Gesetzentwürfe ein, um diese Widersprüche aufzulösen.

(Beifall PIRATEN)

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, um was es geht - wir haben es Anfang dieser Woche schon diskutiert -: Die Europäische Kommission ist einen anderen Weg gegangen. Sie hat die Initiativen zum Verbot von Fracking nicht weiterverfolgt, sondern im Programm der Kommission wird Fracking als handhabbar angesehen. Das gilt es zu verhindern, gerade im Hinblick auf die neue Kommission, die in diesem Jahr eingesetzt wird.

(Beifall PIRATEN)

Wir wollen alle Möglichkeiten nutzen; das habe ich hier immer wieder betont. Deswegen werden wir dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zustimmen, auch wenn er uns nicht weit genug geht. Wir wollen den Konsens hier festhalten.

(Beifall PIRATEN)

Aber wir wollen, dass wir die Spielräume, die wir in Schleswig-Holstein haben, ausnutzen. Genau das ist Ziel unseres Gesetzentwurfs.

(Beifall PIRATEN)

Es gibt noch einen weiteren Punkt, den wir in den Ausschussberatungen klären müssen; auch darauf ist keine Antwort gekommen. Es geht nicht nur um das toxische Fracking. Auch Fracking ohne das Einführen von toxischen Mitteln kann zur Gefährdung des Wassers führen. Deswegen heißt es bei uns: hundertprozentig gegen Fracking.

(Beifall PIRATEN)

Ich möchte, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal das Wort Transparenz aufgreifen. Diesmal hat es der Kollege Meyer vom SSW angesprochen. Es ist doch absurd, dass, obwohl die Bürgerinnen und Bürger immer wieder zusammenkommen und obwohl sich die Gemeinden immer wieder neu gegen jede Art von Fracking in ihren Gemeinden positionieren, hier im Dialogverfahren die Transparenz weiter abgelehnt wird.

(Flemming Meyer)

Wir wissen nun und dürfen es zumindest sagen: Es gibt zwei weitere Anträge auf Erlaubnis und einen weiteren Antrag auf Bewilligung. Aber die Menschen vor Ort werden nicht informiert. Das geht nicht mehr. Wir haben hier eine absolute Mehrheit gegen Fracking in Schleswig-Holstein.

(Beifall PIRATEN)

Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, informiert zu werden, um sich im Widerstand, den wir hier gemeinsam haben, zu engagieren und die Politik zu unterstützen, damit es endlich zu einem eindeutigen Verbot kommt. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Weitere Wortmeldungen seitens der Fraktionen sehe ich nicht. Dann hat jetzt die Landesregierung das Wort. Es spricht der Minister für Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft und ländliche Räume, Dr. Robert Habeck.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich dem Lob für die Gemeinsamkeit, die wir hier hergestellt haben, anschließen. Ich finde, es ist schon etwas Besonderes, dass wir letztlich nicht nur partei- und fraktionsübergreifend als Land der Energiewende, also der positiven Gestaltung der Energieinfrastruktur der Zukunft wahrnehmbar sind, sondern auch geschlossen im Kampf gegen die Verlängerung von sterbenden Technologien wie CCS und Fracking agieren. Das ist etwas Besonderes in Schleswig-Holstein, und diese Besonderheit macht uns stark.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, PIRATEN und SSW)

Ich möchte auch sagen, dass ich es anerkenne, dass die PIRATEN einen Entwurf für ein Artikelgesetz mit drei Vorschlägen vorgelegt haben. Es ist ein anspruchsvolles Unterfangen, aus der Opposition heraus solche Gesetze zu schreiben. Dass Sie sich dieser Mühe unterzogen haben, ist aller Ehren wert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Aber lassen Sie mich auch sagen, dass der Vorwurf, die Landesregierung führe einen Schlingerkurs, aus meiner Sicht nicht richtig ist. Von Anfang an haben wir eine klare Linie. Das heißt, dass wir alles unter

nehmen, was nach Recht und Gesetz möglich ist, und dass wir Recht und Gesetz da, wo es uns diese Möglichkeiten nicht gibt, ändern werden. Das haben wir von Anfang an so getan, und so werden wir es auch weiterhin machen. Das Hauptrecht, das geändert werden muss, ist das Bergrecht.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN und Beifall Oliver Kumbartzky [FDP])

Das Bergrecht beruht auf einem schlechten Gesetz. Es stammt aus dem vorigen Jahrhundert. So, wie es im vorigen Jahrhundert gelungen ist, die Ausbeutung der Menschen durch das Bergrecht zu verhindern und zu ändern, so muss es in diesem Jahrhundert endlich gelingen, die Ausbeutung der Natur und der Umwelt durch das Bergrecht zu verhindern. Deswegen muss das Bergrecht geändert werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, PIRATEN und SSW)

Entsprechend habe ich - das wurde gesagt - an meine Länderkollegen einen Brief geschickt - den Fraktionen müsste er vorliegen; ich hoffe, dass das geklappt hat - mit 14 Vorschlägen dazu, wie das Bergrecht geändert werden soll. Sie betreffen alle die Punkte, die wir seit anderthalb Jahren diskutieren. Sie betreffen Transparenz. Sie betreffen Mitbestimmung. Sie betreffen die Umkehr des Vorsorgeprinzips, dass also die Unternehmen und Firmen die Beweislast dafür haben, dass sie keine Schuld auf sich geladen haben, wenn Einflüsse bei Gebäuden oder in der Umwelt zu beklagen sind. Sie betreffen die Möglichkeit der unterirdischen Raumordnung. Sie betreffen einmal mehr das Verbot von Fracking, für das wir uns vor anderthalb Jahren im Bundesrat eingesetzt haben, für das wir dort aber keine Mehrheit bekommen haben.

Ich bin gespannt darauf, wie die Länderkollegen darauf reagieren. Ich hoffe, dass sich mit diesem Vorstoß einmal mehr die Tradition des Landes Schleswig-Holstein bewahrheitet, dass wir das Land sind, über die Energiepolitik eine moderne transparente Bundesrepublik herzustellen. Das ist eine gute Geschichte, die von diesem Parlament und von diesem Land ausgehen kann.

Gestatten Sie mir ein paar Anmerkungen zu dem Antrag der PIRATEN. In der Tat wird uns das Thema im Ausschuss noch mehrfach beschäftigen. Es wird Anhörungen geben. Wir werden es sicherlich hier in einer zweiten Lesung noch einmal besprechen. Zunächst scheint mir der Antrag nicht komplett dem Gesetzentwurf die Hand zu reichen. Zum einen, liebe PIRATEN, fordern Sie die Veröffentli

(Angelika Beer)

chung der Aufsuchungsanträge, und in dem Gesetzentwurf wollen Sie die gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass die Anträge veröffentlicht werden dürfen. Beides ist nicht unmittelbar kongruent. Zum einen wollen Sie in dem Moratoriumsantrag das Verbot von Fracking erreichen, zum anderen schlagen Sie in dem Gesetzgebungsantrag vor, Grundlagen für das Verbot von Fracking zu schaffen. Das ist - so meine ich - nicht völlig widerspruchsfrei.

In der Tat ist dies eine unübersichtliche Rechtsmaterie, und man lernt das Laufen wahrscheinlich beim Gehen. So geht es mir auch. Insofern finde ich es richtig, dass man versucht, voranzukommen und neue Ideen zu erproben oder auf ihre Rechtswirksamkeit hin zu überprüfen.

Deshalb gestatten Sie mir drei Anmerkungen zu den Ideen des Artikelgesetzes, die ich nicht abschließend verstanden wissen möchte, sondern vielmehr als Anmerkungen, über die wir uns wahrscheinlich im Ausschuss und später im Landtag auseinanderzusetzen haben. Ich selbst unterstütze den Vorstoß, § 88 a des Landesverwaltungsgesetzes zu ändern,

(Vereinzelter Beifall PIRATEN)

sodass wir die Veröffentlichung der Ausführungserlaubnis schon bei Antragseingang vornehmen können. Detlef Matthiessen hat jedoch recht: Man muss ehrlicherweise sagen, dass Gesetze keine Einzelfalllösung auslösen. Dies würde für alle Verfahren im Land gelten können.

(Beifall PIRATEN)

Immer dann, wenn ein öffentliches Interesse angemeldet wird, müssten alle Anträge veröffentlicht werden, was zu Recht auf juristische Bedenken stößt. Es ist zu fragen, ob dies dem Schutz von geistigen oder Firmengeheimnissen noch genügt. Das wird genau zu überprüfen sein.

Zweitens fordern Sie eine Landesumweltverträglichkeitsprüfung. Einen Umstand, den ich über das Bergrecht ändern möchte, ist, dass das bundeseinheitlich geregelt wird, weil das Bundesbergrecht dem Landesgesetzgeber die Umweltverträglichkeitsprüfung eben nicht zugesteht. Insofern wäre zu prüfen, ob es verfassungskonform wäre, ein Landesgesetz einzuführen, das dem Bundesgesetzgebungswillen, der falsch ist, widerspricht.

Der dritte Punkt betrifft den Kern des Gesetzes, nämlich das Wasserrecht. Das Landeswasserrecht ist schon heute das schärfste Schwert, das wir haben, wenn es darum geht, Realanträge, die auf Ein

griffe in das Erdreich durch Betriebspläne gestellt werden, zu untersagen. Die Frage ist, ob Ihre Vorschläge dieses Schwert schärfen. Zumindest in zwei Punkten melde ich Bedenken an. In § 7 Abs. 2 Satz 1 führen Sie eine Positivliste auf. Sie sagen, eine Erlaubnis der Wasserbehörde sei dann erforderlich, wenn für Aufsuchungen oder die Gewinnung von Erdgas, Erdöl, Erdwärme, Gesteinen unter hydraulischem Druck aufgebrochen werden sollen. Dies verkehrt ein Stück weit die bisherige Rechtssystematik. Bisher argumentieren wir ausgehend von den Schutzgütern, also dem Wasser. Um es klar zu sagen: Was geschieht, wenn diese Liste, die nie vollständig sein kann, auf das Problem trifft, dass ein Antrag gestellt wird, der diesen genannten Kriterien nicht entspricht? Beispiele dafür wären wissenschaftliche Forschung oder Verfahren, die es heute noch nicht gibt. Wären diese ohne Genehmigung der Wasserbehörden zu genehmigen? - Ich glaube, das ist eine spannende rechtspolitische Frage. Entsprechend ist die Formulierung, die die Logis Ihres Gesetzesvorstoßes trägt, zu hinterfragen.

Sie schreiben:

„Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn eine Verunreinigung oder nachteilige quantitative Veränderung von Gewässern nicht auszuschließen ist.“

Dieses nicht auszuschließen, ist jedoch kein politischer Wille; die Begründung müsste real belegt werden.