Protocol of the Session on August 23, 2012

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Nach Meinung des SSW ist das hier ein bildungspolitisches Thema.

(Zuruf Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP] - Weitere Zurufe)

Jetzt redet die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering, und ich bitte alle anderen Abgeordneten, ihre bilateralen -

(Zuruf Abgeordneter Lars Harms [SSW])

- Herr Kollege Harms, Ihre Kollegin hat das Wort und niemand anders. Ich bitte alle, sich jetzt zu mäßigen.

Nach Meinung des SSW wird hier endlich konkret im Sinne unserer Kinder gehandelt, anstatt in dieser wichtigen Sache finanzpolitische Erbsenzählerei zu betreiben.

(Lachen Abgeordneter Johannes Callsen [CDU])

Auch wenn wir uns sicher alle ein wirksames Gesamtkonzept zur Bekämpfung des Unterrichtsausfalls wünschen, begrüßen wir es, dass das Problem jetzt endlich aktiv angegangen wird. Doch 300 zusätzliche Lehrerstellen vermindern nicht nur den Vertretungsbedarf. Sie sind auch deshalb eine sehr sinnvolle Investition, weil wir viele junge, gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer im Land behalten können. So wird viel mehr Absolventen eine Perspektive aufgezeigt und zusätzliche Motivation gegeben.

Wir denken, dass auf diesem Weg zumindest noch ein kleiner Beitrag für die Qualität der Bildung geleistet wird, auch wenn uns an diesem Punkt durchaus klar ist, dass wir für eine nachhaltige Qualitätssteigerung zusätzliche Stellen im System belassen müssen. Aus diesem Grund halten wir selbstverständlich am Ziel, langfristig zumindest die Hälfte der rechnerisch freiwerdenden Stellen zu erhalten, fest. Genauso klar ist aber auch, dass die andere Hälfte in die Haushaltskonsolidierung fließen wird; denn wir wollen Chancengerechtigkeit für alle Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft, herstellen und den Konsolidierungspfad einhalten.

Wir sind fest davon überzeugt, dass diese Ziele vereinbar sind, auch ohne einen Nachtragshaushalt zu erstellen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki zu einem Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich jetzt nicht gemeldet, um mich mit der Frage zu beschäftigen, wann und wie 300 Lehrerstellen geschaffen werden müssen, sondern ich finde, dass das Verfahren, das hier eingeschlagen wird, Kollege Dr. Stegner, für einen Parlamentarier wirklich unzumutbar ist.

Ich bin 22 Jahre in Parlamenten, aber ich habe noch nicht erlebt, dass sich eine Regierung oder regierungstragende Fraktionen anmaßend das Recht herausgenommen hätte, zu bestimmen, wie lange ein Haushalt beraten werden darf. Vor allen Dingen ist festgelegt worden, dass wir nicht mehr als 14 Tage Zeit haben.

Es ist der erste Haushalt der neuen Regierung, der einer sorgfältigen Analyse, einer sorgfältigen Beratung und auch der Mitwirkung bedarf; denn Sie wollen einen Dialog führen und hier auch Anregungen aufnehmen. Ich frage mich wirklich, Frau Erdmann und Frau Heinold, wie Sie reagiert hätten, wenn - wann auch immer beziehungsweise bei welcher Konstellation auch immer; von mir aus bei der Großen Koalition - wir als Parlament gezwungen worden wären - bei der Großen Koalition hätten man es locker machen können -, innerhalb von 14 Tagen mit den Entwürfen umzugehen. Parlamentarisch ist das nicht hinnehmbar. Ich kündige an, -

(Zuruf Abgeordneter Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Kollege Dr. Stegner, ich weiß ja, dass Sie mir als Jurist nicht viel zutrauen; aber darüber sollten Sie vielleicht nachdenken: Auch die parlamentarische Mitwirkung bei der Haushaltsaufstellung und -beratung hat Verfassungsrang. Wenn die Beratungszeit unzureichend ist - es gibt dazu bereits Entscheidungen -, kann es dazu kommen, dass Ihr Haushalt unter Umständen, wenn Sie ihn in der kurzen Frist verabschieden wollen, vor Gericht keinen Bestand haben wird. Dass Sie dieses Risiko eingehen wollen, wage ich zu bezweifeln. Das, was Sie heute vorgestellt haben, ist das Gegenteil von neuer politischer Kultur und das Gegenteil von Dialog.

(Beifall FDP und CDU)

(Jette Waldinger-Thiering)

Da wir das Problem gesehen haben - das ist ja kein Showantrag -, haben wir gesagt: Wenn die Begründung ist, dass wir diese 300 Lehrerstellen brauchen - das kann man nachvollziehen -, dann lasst uns doch bitte ganz schnell über einen Nachtragshaushalt reden. Dann ist das Begründungselement, dass wir den Rest des Haushalts - das ist ja die überwiegende Masse - nicht angemessen beraten können, weg.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich werde für meine Fraktion beantragen - ich hoffe auf Unterstützung der Union und der PIRATEN, weil das wirklich auch für Sie unzumutbar ist; das werden Sie sehen -, dass wir über diesen Antrag -

(Zuruf Abgeordneter Lars Harms [SSW])

- Die Begründung, Kollege Harms, ist relativ eindeutig. Es geht nicht um 300 Lehrerstellen, sondern um die Frage einer ausreichenden Beratungszeit. Ich werde beantragen, dass wir hierüber namentlich abstimmen. Das ist für mich eine Frage der Dokumentation, wie ernst es diese Koalition mit ihrem Ansinnen meint, eine neue politische Kultur im Lande einzuführen. Wenn das die neue politische Kultur ist, dann wird es in diesem Parlament demnächst ziemlich kalt. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Stegner von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im letzten Jahr beziehungsweise zu Beginn dieses Jahres ist in der Tat zweimal ein Nachtragshaushalt beantragt worden. Das geschah, weil das die einzige Möglichkeit war, zum 1. August den Schaden zu verhindern, den Sie angerichtet haben. Deswegen gab es zweimal einen Nachtragshaushalt. Sie haben das beide Male abgelehnt.

Sie hätten früher wählen lassen können, dann wäre der Haushalt entsprechend gekommen. Dann sagen Sie auch: Wir hätten sogar noch später wählen können. Abgesehen davon, dass wir wählen mussten, weil das Verfassungsgericht die Mehrheit für illegitim erklärt hat, wären in diesem Ihrem Haushalt die 300 Stellen gar nicht drin gewesen. Insofern hätte das in der Sache gar nichts genutzt. Sie haben den Antrag abgelehnt, der in dem Papier von Herrn Klug enthalten war.

Wir hatten 2009 eine Einigung in der Großen Koalition. Erst dann ist die CDU auf Druck der FDP von der Fahne gegangen. Jetzt hat sich die FDP davon verabschiedet, und die CDU ist nicht mehr dabei. Das ist das Einzige, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Wir haben immer gesagt: Die Hälfte muss zur Verbesserung der Qualität im System bleiben, und die anderen Hälfte brauchen wir zur Haushaltskonsolidierung.

Es gibt auch noch einen anderen Unterschied. Eine abgewählte Regierung, oder eine Regierung, die in Abwicklung ist, kann nur noch einen Nachtragshaushalt machen. Eine neue Regierung macht einen ordentlichen Haushalt. Das geschieht, indem wir die Dinge miteinander beraten und auf den Weg bringen, die für den Politikwechsel notwendig sind.

Sich hier mit tränenerstickter Stimme hinzustellen und über Parlamentsrechte zu reden, ist deswegen ein bisschen schwierig, weil Sie uns gerade im Haushaltsverfahren zugemutet haben, fast alles in Ihrer Haushaltsstrukturkommission zu beraten und das Parlament komplett außen vor zu lassen. Deswegen waren die Dinge in den Nachschiebelisten auch so ausführlich.

Sie haben es sogar fertiggebracht, gravierende Gesetze - wie zum Beispiel in Bezug auf die Kita-Gebühren - in zwei Lesungen in einer Landtagstagung sozusagen durchzupauken. Dabei haben Sie das Parlament außen vor gelassen.

(Widerspruch FDP)

Also entdecken Sie nicht jetzt plötzlich Ihre parlamentarischen Rechte wo Sie in der Opposition sind, wenn Sie sie vorher mit Füßen getreten haben.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Garg?

Sehr gern.

Herr Kollege Dr. Stegner, erinnern Sie sich daran, wann der Doppelhaushalt 2011/12 durch die vergangene Landesregierung eingebracht und wann er in zweiter Lesung verabschiedet wurde? Da Sie ja ein ganz cleverer Kopf sind, können Sie den Kolleginnen und Kollegen dann sicherlich auch sagen, wie viel Beratungszeit dazwischen für die einzelnen

(Wolfgang Kubicki)

Fraktionen - also auch für die SPD-Fraktion lag?

- Ich erinnere mich sehr genau daran. Herr Kollege Dr. Garg, ich darf Sie in meiner Antwort daran erinnern, dass wir deswegen am 6. Mai haben wählen müssen, weil das Landesverfassungsgericht die Wahl aufgehoben hatte. Deswegen konnte die neue Regierung natürlich erst zu einem Zeitpunkt gebildet werden, der unmittelbar vor der Sommerpause lag. Sie können also nicht erwarten, -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie müssen auf die Frage antworten!)

- Ich beantworte die Frage. Wenn Sie einen Moment zuhören, statt sich aufzuregen, kapieren Sie das vielleicht sogar, Herr Kollege Kubicki. Ich versuche es bei Herrn Garg, vielleicht kapiert er das.

Die neue Regierung konnte logischerweise erst kurz vor der Sommerpause gebildet werden. Insofern ist der Haushalt, den die neue Regierung einbringen kann, natürlich nicht im gleichen Zeitplan zu leisten, wie es bei Ihrer Regierung der Fall war, die immerhin schon ein paar Monate oder sogar ein Jahr länger im Amt gewesen ist. Das kann ja wohl nicht miteinander verglichen werden. Hätten wir einen anderen Wahltermin gehabt, wäre der Haushaltsentwurf zu einem anderen Zeitpunkt gekommen. Wir hatten sie am 6. Mai.

(Zurufe FDP)

- Entschuldigen Sie! Wir machen Haushaltsentwürfe sorgfältig. Wenn Sie das anders handhaben, dann ist das Ihr Bier. Aber wir machen das so. Die Wahl hat dazu geführt, dass diese neue Regierung den Politikwechsel mit einem ordentlichen Haushalt durchsetzen kann.

Im Übrigen will ich Ihnen eines sagen: Wir sind ja schon auf das Parlament in der Form zugegangen, dass wir gesagt haben: Wir machen nur einen Einjahreshaushalt für 2013. In dem finden sich im Wesentlichen -

(Zurufe)

- Ich verstehe die Aufregung der Kollegen, aber es wäre schön, wenn Sie mir einen Moment zuhören könnten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich höre Ihnen zu!)

In ihm finden sich im Wesentlichen die Dinge wieder, die wir Ihnen und der Öffentlichkeit als Ergebnis der Koalitionsverhandlungen mitgeteilt haben. Dann wird es den Doppelhaushalt für die Jahre danach im Rahmen eines ordentlichen und normalen

Verfahrens geben. So erfahrene Parlamentarier wie die Kollegen Dr. Garg und Herr Kubicki werden ganz bestimmt in der Lage sein, an diesem Haushaltsverfahren ordentlich teilzunehmen.