Protocol of the Session on February 20, 2014

(Beifall FDP und PIRATEN)

Meine Damen und Herren, seit diesem Monat nun haben die Verbraucherberatungsstellen im Land ihre Öffnungszeiten reduziert. Das war landesweit zu lesen. Die Reduzierung der Öffnungszeiten war abzusehen. Schließlich sind bis 2014 allein die Lohnkosten um 22 % gestiegen. Das lässt sich durch Beratungsgebühren und Drittmittel nicht ohne Weiteres kompensieren. Deswegen wurden die Öffnungszeiten verkürzt. Erschreckend ist auch, dass aufgrund der dünnen Personaldecke jeder dritte Anruf nicht entgegengenommen werden kann und die Tendenz dabei deutlich steigt.

Meine Damen und Herren, es ist äußert fragwürdig, warum das im November 2012 angekündigte Stra

(Bernd Voß)

tegiepapier für die Verbraucherberatungsstelle in Heide immer noch nicht vorgelegt wurde, vor allem auch vor dem Hintergrund der großen Ankündigung im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und SSW, in dem es heißt, ich zitiere:

„Wir wollen das bestehende Beratungsangebot der Verbraucherzentralen im Land … erhalten und optimieren.“

Aber was ist seitdem geschehen? - Nichts.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Besuch von Staatssekretär Müller-Beck in Heide und das Foto, auf dem er grinsend und mit Facebook-Daumen nach oben abgebildet ist. Die Botschaft war: Die Verbraucherzentrale bleibt erhalten. - Doch seitdem wurde es still um den Staatssekretär, und er ward in Heide nicht mehr gesehen.

Es wurde zugesagt, ein Strategiepapier vorzulegen. Das war, wie gesagt, im November 2012. Zehn Monate später kam die Antwort auf die Kleine Anfrage, wie es um das Strategiepapier steht. Sie war schlicht und einfach: „Die strategischen Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen.“

Es ist jetzt wirklich an der Zeit, dass die Landesregierung bei diesem Thema endlich in die Puschen kommt und das zugesagte Konzept vorlegt.

(Beifall FDP und CDU)

Die Chance, schon mit dem Landeshaushalt die Weichen zu stellen, haben Sie leider verpasst. Auch der Änderungsantrag, den Sie uns vorgelegt haben, ist - um es freundlich auszudrücken - nicht der große Wurf. Die Verbraucherzentrale braucht Verlässlichkeit. Ich finde es auch nicht optimal, alles immer nur über Projekte zwischenzufinanzieren.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Verbraucherschutz ist kein Projekt. Wir brauchen eine dauerhafte Sicherung.

Für uns hat die Verbraucherzentrale mit all ihren Beratungsstellen im Land gerade in Zeiten eines gewünschten kritischen Verbraucherverhaltens eine herausragende, unverzichtbare Bedeutung. Die Unterstützung der Verbraucherzentrale durch Bund und Land muss daher auch künftig verlässlich gesichert werden. Wir werden dem Antrag der CDU zustimmen und auch dem Änderungsantrag der PIRATEN. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelter Beifall FDP, CDU und PIRA- TEN)

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Uli König das Wort.

(Zurufe)

Der Abgeordnete Hartmut Hamerich hat sich krankgemeldet. Wir wünschen ihm gute Genesung.

(Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Hintz, Herr Bock!

„Unser Ziel ist eine Stärkung des Verbraucherschutzes. Dazu werden wir uns auf Landes- wie auf Bundesebene für neue Finanzierungsmöglichkeiten einsetzen.“

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Sehr gut erkannt, Herr Stegner.

„Wir stellen uns der Herausforderung, Verbraucherinformation und Verbraucherschutz trotz angespannter Haushaltslage finanziell ausreichend abzusichern… Wir wollen das bestehende Beratungsangebot der Verbraucherzentralen im Land und des Europäischen Verbraucherzentrums in Kiel erhalten und optimieren. Wir wollen den steigenden Beratungsbedarfen bei der Insolvenzberatung und Finanzprodukten, Finanzdienstleistungen sowie bei Internet- und Telefondienstleistungen Rechnung tragen.“

Herr Stegner hat es schon erkannt: Das war ein Zitat aus Ihrem Koalitionsvertrag. Ich finde, der Text klingt prima, und würde es toll finden, wenn Sie das auch umsetzen würden.

(Beifall PIRATEN - Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, wenn Sie damit warten, bis die Legislaturperiode vorbei ist, ist auch irgendwann die Verbraucherzentrale vorbei.

(Beifall PIRATEN - Zurufe)

Aufklärung und Transparenz sind für uns PIRATEN Kernbestandteil einer modernen Wissensgesellschaft. Die Verbraucherzentralen tragen einen großen Anteil dazu bei. Bei Bedarf beantworten sie Fragen aus den verschiedensten Bereichen. Sie beraten uns zu Energiefragen, zum Thema Wohnen und Bauen, im komplexen Finanzbereich, zum Schutz unserer Daten in sozialen Netzwerken, bei Vorbeugung von Überschuldung von Schülern, und

(Oliver Kumbartzky)

sie warnen Senioren vor unseriösen Gewinnspielen und Kaffeefahrten.

Leider ist die Landesregierung ihrem eigenen Anspruch bislang nicht wirklich gerecht geworden. Bislang haben wir primär Lippenbekenntnisse gehört. Die Lage ist seit Beginn Ihrer Amtszeit nicht nennenswert besser geworden. Sie führen das bislang so fort, wie es Ihre Vorgängerregierung angefangen hat. Ich frage mich schon wieder: Können Sie nicht, oder wollen Sie nicht?

(Beifall PIRATEN - Angelika Beer [PIRA- TEN]: Die wollen nicht!)

Die Damen und Herren von der CDU und FDP waren ja ursprünglich die, die die Verringerung der institutionellen Fördermittel für die Verbraucherzentrale auf den Weg gebracht haben.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: So ist es!)

Unter Ihrer Führung wurden die Mittel im Doppelhaushalt 2011/12 um 66.000 € gekürzt. Und jetzt will sich ausgerechnet die CDU mit ihrem Antrag als Schutzpatron der Verbraucherzentrale aufschwingen? Da will sich doch jemand vom Saulus zum Paulus wandeln!

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Wir erinnern uns an die Begründung, dass diese Einsparung der Einhaltung des Konsultierungspfads geschuldet sei. Ob die Einsparungen jedoch an dieser Stelle in dieser Höhe sinnvoll und zweckmäßig waren, steht auf einem ganz anderen Blatt.

In den beiden Folgejahren unter Rot-Grün-Blau sah es finanziell allerdings nicht viel besser aus. Zwar wurden für die Jahre 2013 und 2014 auf unsere ständigen Haushaltsanträge hin zusätzliche Mittel in Höhe von kümmerlichen 40.000 € und 20.000 € bewilligt, nur sind diese Mittel genau wie die 273.500 € zweckgebunden für befristete Projekte.

Welche Folgen haben die Fördermittelkürzungen mit sich gebracht? Konsequenz des Ganzen waren ein Personalstellenabbau in den Beratungsstellen Anfang 2014 und Einschränkungen der Öffnungszeiten der Beratungsstellen in Kiel, Lübeck, Norderstedt, Heide und Flensburg. Dabei konnte schon 2013 jeder dritte Anruf wegen des fehlenden Personals nicht mehr angenommen werden. Die Verbraucherzentrale selbst findet diesen Zustand „besorgniserregend“.

Wir PIRATEN sagen: Noch nie hat es um die Verbraucherzentralen in Schleswig-Holstein so schlecht gestanden wir unter Rot-Grün-Blau.

(Beifall PIRATEN)

Dem Personalabbau gegenüber steht wachsender Beratungsbedarf.

Meine Damen und Herren von der Koalition, verbraucherorientierte Politik sieht anders aus. In den vergangenen Jahren haben sich die Verbraucherthemen in ihrer Tiefe und Breite stark ausgeweitet: Lebensmittelskandale, Deregulierung ehemals staatlicher Monopole von Post, Telefon und Bahn, Gebietskartelle beim Strom, neue Vertragsformen wie bei Mobilfunkverträgen stellen neue Herausforderungen für den Verbraucher dar und führen zu erweitertem Beratungsbedarf.

Diese steigende Komplexität in Bezug auf die Beratungsleistungen verbunden mit personellen Entlassungen werden über kurz oder lang konsequenterweise zu einer verminderten Beratungsleistung führen. Diese wird sich in geringeren Einnahmen der Verbraucherzentrale niederschlagen. Kurz gesagt: Es droht eine Abwärtsspirale.

Unser Antrag zielt darauf ab, endlich das Versprechen im Koalitionsvertrag einzulösen, das vorhandene Beratungsangebot zu erhalten und anzupassen.

(Beifall PIRATEN)

Um die Frage nach der Finanzierung vorwegzunehmen: Die Finanzierung könnte aus dem Etat der Wirtschaftsförderung erfolgen. Projektmittel sind aus unserer Sicht nicht geeignet, die Kapazitäten der Beratungsstellen zu erhalten. Meine Damen und Herren, Verbraucherschutz ist kein Projekt, es ist eine Daueraufgabe.

(Beifall PIRATEN und Oliver Kumbartzky [FDP])

Genauso wenig geeignet erscheint uns eine verursacherorientierte Beteiligung der Wirtschaft zur Absicherung der Finanzierung einer unabhängigen Verbraucherarbeit wie im Koalitionsvertrag beschrieben.