Protocol of the Session on February 20, 2014

(Johannes Callsen)

kredite. Diese belaufen sich per 31. Dezember 2011 auf mehr als 1,2 Milliarden €. Von diesen 1,2 Milliarden € entfielen allein rund 721 Millionen € oder rund 60 % auf die vier kreisfreien Städte, etwa 286 Millionen € auf 48 kreisangehörige Gemeinden sowie circa 202 Millionen € auf die elf Kreise.

Das liegt nicht daran, dass die Entscheidungsträger in Kreisen, Städten und Gemeinden nicht mit Geld umgehen könnten. Nein, das Hauptproblem liegt in der unterschiedlichen Steuerkraft der verschiedenen Kommunen, verbunden mit den vielen Aufgaben, besonders den Belastungen im Sozialbereich.

Meine Damen und Herren, Land und Kommunen bilden hinsichtlich des kommunalen Finanzausgleichs eine Schicksalsgemeinschaft. Es ist die Aufgabe des Landes, die Kommunen mit Finanzmitteln in angemessener Höhe auszustatten, die sie in die Lage versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Es ist aber auch Aufgabe des Landes, die Unterschiede in der Finanzkraft und bei den Belastungen auszugleichen, sodass keine Region auf der Strecke, sondern lebensfähig bleibt.

Es ist wichtig, dass die Kommunen die anfallenden Soziallasten schultern können. Hierbei muss es einen fairen Ausgleich geben, der darüber entscheidet, ob unsere Kommunen handlungsfähig und sozial aufgestellt bleiben. Dabei ist es auch eine Frage der interkommunalen Solidarität, dass nicht so leistungsstarke Kommunen an der Finanzkraft starker Kommunen teilhaben.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Dazu dient - nomen est omen - der kommunale Finanzausgleich.

Meine Damen und Herren, niemand hat behauptet, dass die Reform des kommunalen Finanzausgleichs eine leichte Aufgabe sei. Trotzdem muss sie erledigt werden.

Im vergangenen Herbst hat der Innenminister nach einer fast einjährigen Vorbereitungszeit einen ersten Referentenentwurf vorgelegt. Im Anhörungsverfahren hat er sich der Diskussion gestellt, Kritik aufgenommen und - sofern nötig - auch Korrekturen eingeleitet. Sorgfalt geht vor Schnelligkeit.

Dieses Aufnehmen von Kritik ist von der Opposition zunächst einmal kritisiert worden mit den Worten, man wisse nicht, wohin man wolle. Heute haben wir Kritik daran gehört, dass nachgebessert worden sei. Entscheiden Sie sich also bitte einmal, was Sie kritisieren. Kritisieren Sie den Prozess, den Inhalt oder was auch immer?

(Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer mitdiskutiert und sich einbringt, kann auch etwas umsetzen. Das ist kein Zeichen von Schwäche. Auch wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, es nicht mehr hören mögen: Das Verfahren zeigt, dass diese Landesregierung es mit dem Dialog mit den Kommunen ernst meint.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Dabei war im Vorfeld allen Dialogpartnern natürlich bewusst, dass bei den meisten zu erörternden Themen wohl kein breites Einvernehmen erzielt werden könnte; denn zu unterschiedlich sind die Interessen bereits innerhalb der kommunalen Familie.

Wer dagegen, wie die Opposition, nie den Mut dazu hatte, diese Reform anzugehen, und wer auch heute noch ohne konkrete Änderungsvorschläge dasteht, der muss sich den auch in den Medien zu Recht erhobenen Vorwurf der Einfallslosigkeit gefallen lassen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Jetzt gar das Ende des Reformprojektes beziehungsweise einen Neustart zu fordern, hilft den Kommunen kein Stück weiter.

(Wortmeldung Dr. Heiner Garg [FDP])

Frau Kollegin.

Herr Callsen hat eine angemessene Ausstattung gefordert. Wie sieht es denn jetzt aus? Ich glaube, die Zahlen, die ich vorhin genannt habe, beweisen, dass die Ausstattung nicht angemessen ist.

Frau Kollegin.

Nein, ich würde gern meine Rede fortsetzen.

Die Drohung der Steuererhöhung, die hier im Raum schwebt, mit der Sie den Bürgerinnen und Bürgern suggerieren wollen, unsere FAG-Reform würde zu massiven Einnahmeerhöhungen bei den Kommunen führen, bringt mich dazu, Sie auf die Stellungnahme des Landesrechnungshofs hinzuweisen, der

(Beate Raudies)

auf Folgendes aufmerksam gemacht hat: Wenn alle Kommunen in Schleswig-Holstein die Hebesätze an den Bundesdurchschnitt anpassen würden, würden Mehreinnahmen in Höhe von 120 Millionen € erzielt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, im nächsten Monat soll der Entwurf nun endlich in den Landtag eingebracht werden. Auch hier gilt unsere Zusage: Der Dialog wird nicht mit der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag enden. Wir setzen ihn fort, damit am Ende eine gute Reform umgesetzt werden kann. Alle Fraktionen sind herzlich eingeladen, daran mitzuwirken, Herr Koch. Wir rechnen Ihnen dann gerne auch noch einmal vor, wie das mit den 120 Millionen € geht.

(Heiterkeit und Beifall SPD)

80 Millionen € werden wir bis 2017 in die U-3-Betreuung investieren.

(Zuruf CDU)

- Herr Callsen hat diesen Zusammenhang eben hergestellt. - Dafür hat sich die CDU/FDP-Koalition noch von den Kommunen vor Gericht verklagen lassen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

15 Millionen € kommen aus der Erhöhung der Grunderwerbsteuer, die Sie bei den Haushaltsberatungen auch energisch bekämpft haben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Den Rest erfahren Sie dann in den Ausschussberatungen hier in diesem Haus. Die Reform ist auf einem guten Weg. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Kollegin Ines Strehlau.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP] - Weitere Zu- rufe - Unruhe)

- Herr Garg, bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn gleich eine Klarstellung: Wir werden die Landesregierung nicht bitten, den Gesetzentwurf für ein neues Finanzausgleichsgesetz in die Mülltonne zu tun.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Im Gegenteil: Wir begrüßen es, dass das Innenministerium es nach mehr als 40 Jahren erstmals schafft, das Finanzausgleichsgesetz umfassend zu reformieren. Das Innenministerium hat einen bedarfsorientierten verfassungskonformen Gesetzentwurf erarbeitet, der sich - so wie es die CDU fordert - an den Grundsätzen der Transparenz und der gerechten Verteilung der Finanzausgleichsmittel ausrichtet und unsinnige Altlasten - wie die Zonenrandförderung - beseitigt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das FAG wird von einem Labyrinth zu einem strukturierten System. Es ist immer noch komplex, aber nicht mehr undurchschaubar. Der Gesetzentwurf ist in einem sehr ausführlichen Prozess mit den kommunalen Landesverbänden ein Jahr lang erarbeitet worden. Die kommunalen Landesverbände haben sich intensiv in den Prozess eingebracht und gemeinsam das Gerüst gebaut, ein Jahr lang ohne einen Aufschrei der Empörung seitens der Beteiligten. Stattdessen gab es Lob für die konstruktive Zusammenarbeit. So schlecht kann das Konzept also nicht sein.

Der Aufschrei kam, als konkrete Zahlen in der Welt waren. Das war der Startschuss zum Verteilungswettlauf, und das ist nicht verwunderlich. Auf den Zug springt die CDU ja jetzt auch auf. Nun wurde die Systematik infrage gestellt. Vor allem die Kreise und die abundanten, also reichen Kommunen wollten es nicht hinnehmen, dass sie weniger Mittel bekommen. Eines der neuen Hauptargumente war, dass nicht die Aufgaben und die dafür notwendigen Mittel definiert worden seien, sondern die Ausgaben. Richtig ist aber, dass die Gutachter die Haushalte der Kommunen gründlich durchforstet haben. Sie haben die Ausgaben für die dort aufgeführten Aufgaben zusammengerechnet und so ermittelt, wie viel Geld die Kommunen für welche Aufgabe ausgeben. Daraufhin haben sie die einzelnen Töpfe für Kreisaufgaben, übergemeindliche Aufgaben und Gemeindeaufgaben berechnet. Wir haben immer gefordert, dass das Geld den Aufga

(Beate Raudies)

ben folgen soll. Genauso wird es im neuen FAG umgesetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Aus grüner Sicht wäre es sinnvoll und besser gewesen, vor einem neuen FAG eine Verwaltungsstrukturreform mit einer Aufgabenanalyse durchzuführen. Aber dazu fehlen in diesem Haus im Moment leider die Mehrheiten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Die Aufgabenanaly- se hätten Sie trotzdem machen können!)

So wird die Chance vertan, eine zukunftsweisende Finanzausgleichsstruktur mit einer zukunftsfähigen Verwaltungsstruktur zu verbinden. Trotzdem ist es richtig und mutig, den kommunalen Finanzausgleich jetzt auf neue, stabile Füße zu stellen. Nicht alle können gleichzeitig vom neuen FAG profitieren. Deshalb wird es Streit geben, egal, wie ein neuer Ausgleich aussieht. Doch es ist ja gerade das Wesen eines Finanzausgleichs, dass das Geld da ankommt, wo es am meisten gebraucht wird. Da hat es deutliche Verbesserungen gegeben.