So wird die Chance vertan, eine zukunftsweisende Finanzausgleichsstruktur mit einer zukunftsfähigen Verwaltungsstruktur zu verbinden. Trotzdem ist es richtig und mutig, den kommunalen Finanzausgleich jetzt auf neue, stabile Füße zu stellen. Nicht alle können gleichzeitig vom neuen FAG profitieren. Deshalb wird es Streit geben, egal, wie ein neuer Ausgleich aussieht. Doch es ist ja gerade das Wesen eines Finanzausgleichs, dass das Geld da ankommt, wo es am meisten gebraucht wird. Da hat es deutliche Verbesserungen gegeben.
Gemeindliche und übergemeindliche Aufgaben wurden bisher unterschätzt. Das zeigt das Gutachten, und das bildet sich auch in der zukünftigen Verteilung der Finanzausgleichsmasse ab. Bildungsangebote, Sportstätten und Büchereien werden auch von den Menschen aus dem jeweiligen Umland genutzt. Das ist die Versorgungsfunktion der zentralen Orte, die dafür auch angemessene finanzielle Mittel erhalten müssen.
Ein Grundstein der Reform ist der Ausgleich nach sozialen Leistungen. Es ist richtig, die Kommunen zu unterstützen, die hier die größten Lasten zu tragen haben. Dadurch wird mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung erreicht.
Auch die demografische Entwicklung berührt den kommunalen Finanzausgleich; denn die Einwohnerzahl ist maßgeblich für die Berechnung der Schlüsselzuweisungen. Die Gemeinden, die vom demografischen Wandel besonders betroffen sind und die damit ohnehin vor großen Herausforderungen stehen, werden durch einen Demografiefaktor entlastet, der den Einwohnerrückgang abgemildert einfließen lässt. Wichtig ist hier: Der ländliche Raum wird gestärkt.
danten Gemeinden auf der horizontalen Finanzausgleichsebene auch etwas abgeben. Hier das richtige Maß zu finden, ist schwierig.
Der erste Entwurf ist vielleicht etwas über das Ziel hinausgeschossen. Das Innenministerium hat reagiert und nachgebessert, um keine Kommune zu überfordern. Trotzdem wird es weiterhin Geberkommunen geben. Kampen auf Sylt zum Beispiel muss zwar nach dem neuen FAG 260.000 € weniger in den Topf geben, aber immer noch fast 2 Millionen € einzahlen. Das ist das Wesen des Ausgleichs.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD und SSW - Zurufe Dr. Ralf Stegner [SPD] und Tobias Koch CDU)
- Lassen Sie sich vom Innenministerium beraten, Herr Koch. Dann können Sie die Rechnung auch nachvollziehen.
Meine Damen und Herren, ich will die Steuerkompetenz der Kommunen nicht infrage stellen. Doch wenn eine Gemeinde die Hebesätze bewusst niedrig hält, um sich damit vermeintlich einen Steuervorteil zu verschaffen, und sich gleichzeitig darüber beschwert, dass Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich zu gering ausfallen, dann muss diese Gemeinde auch die eigenen Einnahmen verbessern.
Beate Raudies hat auf die 120 Millionen € hingewiesen, die unsere Kommunen allein dadurch erwirtschaften könnten, dass sie ihre Hebesätze an den bundesdurchschnittlichen Hebesatz angleichen würden. Es ist auch richtig, dass bei der Ermittlung der Steuerkraftmesszahl zukünftig 92 statt 90 % des gewogenen Durchschnitts der Hebesätze angenommen wird. Niemand hat etwas davon, wenn die Gemeinden künstlich arm gerechnet werden und die eigene Einnahmeseite nicht ausgeschöpft wird.
Schleswig-Holstein ist immer noch ein Konsolidierungsland, auch wenn das Jahresergebnis für 2013 positiv war. Die Haushaltsplanung für 2014 basiert auf einem strukturellen Defizit von 580 Millionen €. Dennoch haben wir die Finanzausgleichsmasse erhöht, und es fließen 13,5 Millionen € mehr für die Schulsozialarbeit in das System.
Zusätzlich zu der Entlastung der Kommunen durch die Übernahme der Kosten für die U-3-Betreuung und um weitere 15 Millionen € durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer bedeutet das ein finanzielles Durchatmen für alle, und das finden wir gut.
Wir finden es richtig, dass der Vorwegabzug für Straßenbaulasten zukünftig für verschiedene Infrastrukturmaßnahmen verwendet werden kann, und können uns hier gut eine Aufstockung der Mittel für den Betrieb von ÖPNV oder für den Breitbandausbau vorstellen.
In den kommunalen Finanzausgleich sind 2014 etwa 200 Millionen € mehr geflossen als im Jahr 2013. Die Lage wird sich 2015 für die Kommunen noch weiter entspannen, sodass im nächsten Jahr wahrscheinlich alle Kommunen mehr Geld vom Land bekommen werden. Dies gilt übrigens auch für die Kreise, die profitieren und meist sogar mit einem Überschuss abschließen, wenn die Entlastungen der Kommunen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - die GruSi-Entlastungen - gegengerechnet werden. Es ist richtig, diese Entlastung in die Berechnung einzubeziehen. Wenn der Bund eine Aufgabe zu 100 % finanziert, dann kann das Land dafür nicht auch noch Mittel einbringen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Was sagen Sie zu der Argumentation, dass bei der Entlastung durch die Übernahme der Grundsicherungskosten durch den Bund, die 2014 zu 100 %, 2013 zu 75 % und 2012 zu 45 % erfolgt ist, im Betrachtungszeitraum des Gutachters ein Zeitraum von 2009 bis 2011 angesetzt wurde? Das ist ein Zeitraum, in dem diese Entlastung noch gar nicht stattgefunden hat und deshalb auch nicht gegengerechnet werden dürfte.
Grundsicherungsentlastungen herauszurechnen, weil dies eine feste Größe ist, mit der man rechnen konnte. Es ist richtig, dass man dann, wenn man eine Entlastung voraussehen kann, die aktuellen Zahlen einbringt.
Ich glaube, die Antwort war ausreichend. - Das Finanzausgleichsgesetz ist, wenn es demnächst den Landtag erreicht, nicht in Stein gemeißelt. Wir werden einen ausführlichen Anhörungsprozess durchführen. Gerade weil es so viele Stellschrauben gibt, die untereinander zu Wechselwirkungen führen, ist es wichtig, dass das Gesetz regelmäßig auf den Prüfstand kommt. Daher ist geplant, schon im Jahr 2015 die erste Evaluierung durchzuführen. Wenn mehr als 600 Kommunen profitieren und wenn mit Ausnahme von Stormarn - alle Kommunen inklusive GruSi-Entlastung und Zuwendungen für Infrastruktur- und Schulsozialarbeit ein Einnahmeplus verzeichnen, dann ist der Entwurf deutlich besser, als es uns die CDU und die PIRATEN glauben machen wollen.
Es ist mitnichten ein Werk für die Tonne. Schleswig-Holstein hat sich in den letzten 40 Jahren verändert. Ich nenne nur die Arbeitswelt, die Sozialstruktur, den Kita-Bedarf, Ganztagsschulen und vieles mehr. Darauf müssen wir in unseren Finanzierungssystemen reagieren und unsere Systeme anpassen. Ziel muss es sein, dass die kommunale Solidarität tatsächlich greift und dass es insgesamt zu einem gerechten Ausgleich kommt. Der kommende Gesetzentwurf bietet dafür eine gute Basis. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Raudies, ich finde es vor dem Hintergrund, dass die SPD von 1988 bis 2009 den oder die Kommunalminister gestellt hat, bemerkenswert, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, hier sei seit 40 Jahren nichts passiert. Nun regiert endlich die SPD, und nach 40 Jahren wird nun endlich das FAG novelliert. Ich kann die Motivationsapplause an dieser Stelle durchaus verstehen. Sie sollten sich schämen für so eine Aussage.
Sie fordern, in den letzten zweieinhalb Jahren hätte die garstige schwarz-gelbe Koalition der letzten Legislaturperiode etwas tun sollen, was Sie 20 Jahre lang nicht hinbekommen haben. Das ist bemerkenswert.
Selbstverständlich bezweifelt niemand hier im Haus die Notwendigkeit einer FAG-Novelle. Sie ist nicht nur notwendig, sie ist auch richtig.
- Das hat bisher niemand bezweifelt. Auch die Kollegen von der Union haben dies bisher nicht bezweifelt.
- Herr Kollege Stegner, wir haben bereits beim ersten Entwurf sehr deutlich gemacht, dass wir es für richtig halten würden, dass in einem Flächenland, das Schleswig-Holstein ist, und in einer älter werdenden Gesellschaft die Faktoren Demografieausgleich und Fläche bei einer Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs sehr wohl eine Rolle spielen müssten. Diese Faktoren haben in Ihrem ersten Entwurf keine Rolle gespielt. Sie haben so getan, als lebten wir weder in einem Flächenland noch gäbe es den Umstand, dass die Bevölkerung älter wird und dass damit andere Bedürfnisse einhergehen.
Frau Kollegin Strehlau, es mag richtig sein, dass es in diesem Landtag keine Mehrheit für eine Gebietsreform gibt, aber es gibt mit Sicherheit die Bereitschaft, eine ordentliche Aufgabenanalyse durchzuführen. Diese Aufgabenanalyse hätte am Anfang des Reformprozesses stehen müssen. Sie versuchen jetzt, an einzelnen Stellschrauben zu drehen, nachdem man einen völlig verunglückten ersten Entwurf in die Öffentlichkeit gebracht hat.
Wenn ich mich nach 40 Jahren an ein solches Projekt wage, dann muss ich die Frage stellen: Welche Aufgaben können und sollen in Zukunft von welcher Ebene übernommen werden? Das hat nichts damit zu tun, irgendjemandem irgendetwas überstülpen zu wollen. Wenn Sie den Dialog schon pflegen, dann pflegen Sie den Dialog doch mit der kommunalen Ebene, mit den kreisfreien Städten und mit den Landkreisen in der Frage, welche Aufgaben in Zukunft durch wen und durch welche Ebene erfüllt werden.
- Nein, das wird eben nicht gemacht. Diese Diskussion findet nicht statt. Das erleben Sie doch gerade in Ihrem Dialog. Es fällt Ihnen im Moment auf die Füße, dass die Frage nach der Aufgabenwahrnehmung und den damit verbundenen Kosten einschließlich der Frage, ob die dafür zur Verfügung stehenden Mittel ausreichend sind, nicht einbezogen wird. Herr Kollege Peters, genau das findet bisher nicht statt.
Die Herausforderungen sind groß. Sie führen die Sozialkosten an. Der Innenminister verweist bei den Sozialkosten insbesondere auf die Belastungen nach dem SGB II. Richtig, hier zählen Sie Bedarfsgemeinschaften. Herr Innenminister, ich frage Sie aber: Was ist mit den Belastungen nach dem SGB XII? Die Hilfen für Menschen mit Behinderung machen einen ganz erheblichen Anteil aus. Hier nutzt es gar nichts, Bedarfsgemeinschaften zu zählen. Daher gucken die meisten Kreise bei Ihren Reformvorhaben in die Röhre. Sie dürfen sich daher nicht wundern, dass Sie wenig Applaus dafür bekommen. Allein die Tatsache, dass niemand von dem Gesetzentwurf angetan ist, ist noch kein Beweis dafür, dass der Gesetzentwurf gelungen ist.