Protocol of the Session on February 20, 2014

dass sich wirklich überhaupt nichts von selbst verkauft. Zum Jahresanfang konnte man lesen, dass die Übernachtungszahlen auf Sylt seit 2009 um mehr als 3 % gesunken sind. Der Insel der Reichen und Schönen, die sich bislang fast von selbst vermietete, bleiben die Gäste weg. Der Grund ist ganz einfach: Die Gäste vermuten andernorts bessere Angebote, weil diese besser vermarktet wurden. Dort allerdings, wo auf der Insel ordentlich die Werbetrommel gerührt wird, wie im neuen Arosa-Hotel in List, steigen die Zahlen. Das heißt, dass dort, wo Standortmarketing betrieben wird, sich das in höheren Übernachtungszahlen niederschlägt und damit ganz klar auszahlt.

Diese Beispiele zeigen: Wer das Standortmarketing einstellt, schneidet sich ins eigene Fleisch.

(Beifall SSW und Regina Poersch [SPD])

Schleswig-Holstein ist ein attraktives Ferienziel, das mit abwechslungsreichen Angeboten unterschiedliche Zielgruppen anspricht. Das muss kommuniziert werden, und das heißt nichts anderes als aktive Vermarktung und Standortmarketing mit einer Standortkampagne.

Man kann sicherlich über den Slogan des Standortmarketings streiten. Aber genauso gut kann man sich über den Geschmack von Brokkoli streiten. Einige können ihn nicht ausstehen,

(Heiterkeit und Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

aber ohne Zweifel ist Brokkoli gesund, weil es unter anderem Kalium, Kalzium und Eisen enthält.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Brokkoli ist gesund, schmeckt aber nicht.

(Heiterkeit - Beifall Christopher Vogt [FDP])

Genauso verhält es sich mit dem Slogan. Der Slogan mag nicht jedermann gefallen, aber unbestritten macht er Schleswig-Holstein bekannt.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das stellt auch die antragstellende Fraktion nicht in Abrede. Genau das ist doch auch Ziel eines effektiven Standortmarketings. Das richtet sich übrigens nicht nur an Touristen, sondern auch an qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Christopher Vogt [FDP]: Wir sind Brokko- li!)

Ob ein Ingenieur nach Schleswig-Holstein kommt oder eine Familie hier ihr Häuschen baut, hängt auch mit dem Image unseres Landes zusammen. Darum ist Standortmarketing einfach geboten.

Sicherlich sollten wir in absehbarer Zeit die Wirksamkeit der Kampagne überprüfen und fragen, ob sich der Einsatz denn gelohnt hat. Bis dahin sollten wir uns allerdings davor hüten, unsere eigene Kampagne schlechtzureden. Damit arbeiten wir letztlich nur anderen Regionen in die Hände. Ebenso kommt es nicht infrage, die Kampagne einzustellen und gar nicht mehr für Schleswig-Holstein zu werben.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat Frau Abgeordnete Angelika Beer von der Fraktion der PIRATEN.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zwei Aspekte ansprechen. Das eine sind Umfragen, die schon erwähnt worden sind. Ich will noch einmal ganz konkret die der „Lübecker Nachrichten“ ansprechen, wo sie wissen wollten, wie „Der echte Norden“ ankommt. Es ist

(Flemming Meyer)

nun wirklich nicht der Sturm der Begeisterung losgebrochen. Vielleicht kennen Sie die Zahlen auch. Lediglich 20 % der Befragten sagen, sie finden das gut. 44 % sagten, sie finden es blöd, und der Rest hatte keine Meinung.

Ich glaube, das zeigt, dass es kein Erfolgskonzept ist, wie dieses Marketing bisher in Gang gesetzt worden ist.

(Beifall PIRATEN)

Ich schlage Ihnen vor, nicht nur als PIRAT, sondern weil die wirkliche Identifizierung unserer Bürger und natürlich auch der Urlauber mit einem solchen Logo - das Land der Horizonte ist mir dort immer noch sehr viel lieber - da sein muss: Warum machen Sie nicht einfach eine Bürgerbefragung dazu?

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] - Zu- ruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Warum lassen Sie nicht einfach mal die Leute entscheiden, wie sie den Norden wollen?

Was ich eher kritisch anmerken möchte: Die Diskussion läuft auch im Hinblick auf andere Gütesiegel. Im Rahmen der Grünen Woche sind wir über das Gütesiegel der geprüften Qualität informiert worden, und es ist eine Diskussion entstanden aufgrund der Pressestatements unseres Umwelt- und Agrarministers, der zur Grünen Woche gesagt hat: „Der echte Norden“ muss auf die Grüne Woche. Seitdem wird diskutiert, ob es irgendeinen Druck oder Zwang seitens des Ministeriums geben wird, dass die Aussteller gezwungen werden, dieses ungeliebte Siegel „Der echte Norden“ bei sich mit draufzusetzen, zum Beispiel auf das Gütesiegel.

(Unruhe)

Die Sorge ist groß oder zumindest vorhanden, dass die Bedeutung der geprüften Qualität in SchleswigHolstein dadurch abnehmen würde. Das sind Fragen, zu denen wir Antworten von Ihnen erwarten; denn wenn Ihre Vorstellung der Umgestaltung der Grünen Woche und von Schleswig-Holstein die ist, dass alle gezwungen werden, dieses „Der echte Norden“ mit aufzunehmen, ist das aus meiner Sicht ein Qualitätsverlust. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN, Tobias Koch [CDU] und Peter Lehnert [CDU])

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky von der FDP-Fraktion.

(Christopher Vogt [FDP]: Der brokkoli-poli- tische Sprecher!)

Ich mache es echt kurz. Herr Tietze, ich möchte nur kurz etwas an Sie richten. Ich finde es relativ hohl, ein teures Standortmarketing zu etablieren, ohne vorher die eigenen Hausaufgaben gemacht zu haben. Wie sieht es in der Praxis aus? Da kommen Touristen oder Leute, die Unternehmen ansiedeln wollen, über die Autobahn angefahren, über die A 7 aus Niedersachsen oder die A 20 aus MecklenburgVorpommern, sie kommen über die Landesgrenze und sehen das Schild, auf dem steht: „Willkommen im echten Norden“, und schon stehen sie im Stau.

(Beifall Wolfgang Kubicki [FDP] und Dr. Heiner Garg [FDP] - Zurufe SPD)

Wenn ich ein Standortmarketing mache, muss ich doch vorher dafür sorgen, dass eben auch die Infrastruktur dafür bereitsteht.

(Zurufe SPD)

- Sie können meinetwegen den Ordner des Schlaglochkatasters mit dem Slogan „Der echte Norden“ bedrucken und dann in die Löcher legen. Das ist nicht das Ding.

(Zurufe - Unruhe)

Meine Damen und Herren, bei allem Enthusiasmus an dieser Stelle lassen wir doch bitte den Redner zu Wort kommen.

Vielleicht noch ein Satz zu Herrn Kollegen Schulze: Ich finde es schon bemerkenswert, dass Redner der eigenen Koalition die Kampagne mit Brokkoli vergleichen, um etwas hinzukriegen. Der Vergleich war gar nicht mal so schlecht. Herr Schulze, Ihr Vergleich hinkt, weil der NDR zwar die Worte „Das Beste am Norden“ verwendet, doch wo sendet er? Sendet er nur in Schleswig-Holstein? Nein, er sendet in Gesamtnorddeutschland.

(Zuruf Birgit Herdejürgen [SPD])

Deswegen muss man aufpassen, was man sagt.

(Zuruf SPD)

- In Niedersachsen sind wir das und in Hamburg auch. In anderen bald wieder.

(Angelika Beer)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wovon träumt ihr denn? - Zuruf SPD)

Um die Stimmung noch etwas aufzuhellen, möchte ich abschließend sagen: Worauf wir alle stolz sein können, ist der Gewinner bei der Wahl eines Clips vom NDR zum Thema „Das Beste am Norden“. Gewonnen hat dabei der Clip „Das Beste am Norden ist unser Sport“. Da wurde die Wattolümpiade abgebildet. Ich habe dabei mitgespielt.

(Beifall FDP, CDU und SPD)

Trotzdem hat der Clip gewonnen. Die Wattolümpiade steht unter der Schirmherrschaft des Landtagspräsidenten. Damit möchte ich meine Rede gern schließen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und Hans-Jörn Arp [CDU] - Zuruf Jürgen Weber [SPD])

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Herrn Reinhard Meyer, das Wort.