Die Wirtschaftsförderung erfolgt ausreichend durch die Wirtschaftsförderer vor Ort. Bis 2012 ist die schleswig-holsteinische Wirtschaft auch ohne Marketing seitens des Landes sehr gut gefahren.
Umgekehrt stößt die geplante Dachmarke „Der echte Norden“ in der Öffentlichkeit auf massive Kritik und Ablehnung, sowohl innerhalb von SchleswigHolstein wie auch in den anderen nördlichen Bundesländern. Bei uns im Land zeigen Meinungsumfragen, dass zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger mit dieser Kampagne überhaupt nichts anfan
gen können. In anderen Bundesländern gibt es scharfe Kritik. In Niedersachsen ist sogar eine öffentliche Petition gestartet worden, die sagt: Wenn Schleswig-Holstein „der echte Norden“ sein will, dann fordern wir eine Angliederung SchleswigHolsteins an Dänemark.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie planen mit Hunderttausenden von Euro, nicht nur einen Slogan zu entwickeln, mit dem sich die Menschen überhaupt nicht identifizieren können, Sie wollen damit auch noch Werbeträger bepflastern, Züge besprühen, und auch das für Hunderttausende von Euro.
Dabei sind die Kritikpunkte bekannt: Der Slogan ist missverständlich, das Logo, das Sie benutzen wollen, ist missverständlich.
Herr Ministerpräsident, wir PIRATEN stehen für Transparenz und Mitbestimmung. Auch Ihre Landesregierung schreibt sich immer die Dialogkultur auf die Fahnen. Aber was hat das Verfahren, in dem dieser Slogan festgelegt worden ist, mit Dialogkultur zu tun?
Es ist ja bekannt, dass die Dialogkultur im Ressort des Herrn Wirtschaftsministers noch nicht richtig angekommen ist.
Das läuft höchstens einmal darauf hinaus, dass Sie zu Veranstaltungen, die von anderen organisiert werden, einen Staatssekretär hinschicken.
(Birgit Herdejürgen [SPD]: Das ist ja uner- hört! - Olaf Schulze [SPD]: Dafür sind Staatssekretäre wirklich nicht da!)
Bei dem Slogan „Der echte Norden“, mit dem sich unser Land nach außen präsentieren soll, geht es doch um eine Identitätsfrage. Die Menschen beschäftigt das. Wir sehen doch in den Medien, wie wichtig das ist.
Sie können doch nicht einfach über die Köpfe der Menschen hinweg bestimmen, wie sich unser Land nach außen präsentieren soll. Wenn Dialogkultur, dann doch hier.
Bei diesem Slogan sollten Sie sich anhören, was die Bürgerinnen und Bürger davon halten, und dem Rechnung tragen.
Herr Abgeordneter Dr. Breyer, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt?
Wie passt es zusammen, dass Sie auf der einen Seite sagen, Sie wollten die Mittel für derartige Kampagnen im Ministerium komplett streichen, und auf der anderen Seite für die Schaffung solcher identitätsstiftenden Maßnahmen eine Identitätskultur organisieren?
- Das kann ich Ihnen gern erklären, Herr Kollege Eichstädt: Aus unserer Sicht ist das ganze Standortmarketing sinnlos und Geldverschwendung. Wenn man es aber schon macht, dann doch bitte zusammen mit den Menschen in diesem Land.
Dann erteile ich Ihnen gern das Wort, sie zu stellen. Das haben Sie gemacht. - Dann können Sie jetzt die Antwort geben, Herr Dr. Breyer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden den Antrag auf Einstellung dieser Dachmarke unterstützen. Er geht uns aber nicht weit genug. Wir sollten die gesamte verfehlte und bis heute nicht ordentlich konzeptionierte Marketingkampagne streichen und die Mittel für dringend anderweitig anstehende Aufgaben in unserem Land ausgeben. - Besten Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP möchte das Standortmarketing des Landes Schleswig-Holstein einstellen. Sie beantragt das Ende der derzeitigen Standortkampagne, ohne eine echte Alternative zu nennen. Das wäre das Ende für den „echten Norden“. Über die Gründe schweigt der Antrag. Dazu konnte man aber genug in der Presse lesen.
Viele gerade private Anbieter im Tourismusbereich sind sich mit der antragstellenden Fraktion sehr einig: Auch sie meinen, dass sie Werbung gar nicht nötig hätten. Schließlich würden ihre Stammgäste jedes Jahr wiederkommen und gleich wieder für das nächste Jahr buchen.
Investitionen in moderne Ausstattung oder der Eintrag ins Gastgeberverzeichnis sind für sie nur herausgeschmissenes Geld.
Genau diese Anbieter verschwinden aber vom Markt. Da mag man noch so viele Jahrzehnte Stammgäste haben, einmal werden diese nicht mehr kommen, wenn die sanitären Anlagen zu eng für Stock und Rollstuhl sind. Nibelungentreue im Tourismus gibt es nicht. Die Tendenz geht zu Kurzurlauben, die oft sehr spontan, manchmal von einem Tag zum nächsten, gebucht werden. Das läuft in der Regel via Internet. Dort punkten Anbieter, die ins Marketing investiert haben und deren Pensionen auf den entsprechenden Seiten zu finden sind.
Die Fakten gerade im Tourismusbereich sprechen Bände. Ohne Standortmarketing geht es nicht. Insgesamt wetteifern alle Regionen mit einfallsreichem und professionellem Marketing für sich. Nicht zuletzt deswegen steigen die Buchungszahlen in Deutschland nach einer langen Durststrecke endlich wieder an. Das gilt allerdings nicht überall. Destinationen wie die erfolgsverwöhnte Insel Sylt müssen erkennen,
dass sich wirklich überhaupt nichts von selbst verkauft. Zum Jahresanfang konnte man lesen, dass die Übernachtungszahlen auf Sylt seit 2009 um mehr als 3 % gesunken sind. Der Insel der Reichen und Schönen, die sich bislang fast von selbst vermietete, bleiben die Gäste weg. Der Grund ist ganz einfach: Die Gäste vermuten andernorts bessere Angebote, weil diese besser vermarktet wurden. Dort allerdings, wo auf der Insel ordentlich die Werbetrommel gerührt wird, wie im neuen Arosa-Hotel in List, steigen die Zahlen. Das heißt, dass dort, wo Standortmarketing betrieben wird, sich das in höheren Übernachtungszahlen niederschlägt und damit ganz klar auszahlt.