Protocol of the Session on February 19, 2014

(Beifall PIRATEN)

Ich fasse zusammen: Der Landtag hat 1988 einstimmig unter Führung der SPD beschlossen, eine Wiederwahlsperre einzuführen. Dies war eine weise Entscheidung und hat sich seitdem bewährt. Die Koalition aus SPD, Grünen und SSW möchte diese Entscheidung rückgängig machen und ein Gesetz ändern, um in diesem Einzelfall den Landesbeauftragten für den Datenschutz, Thilo Weichert, wiederzuwählen.

So sehr wir PIRATEN die Arbeit von Thilo Weichert schätzen, so sehr lehnen wir Änderungen des Landesdatenschutzgesetzes, diese Lex Weichert, ab.

(Uli König)

(Beifall PIRATEN, vereinzelt CDU und FDP)

Lassen Sie uns stattdessen ein offenes Verfahren für die Auswahl der Bewerber schaffen, wie PIRATEN und Teile der Koalition es fordern. Lassen Sie uns den Datenschutz in großen Schritten voranbringen, statt einen großen Schritt zurückzugehen. Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN)

Vielen Dank. - Bevor ich dem Kollegen Lars Harms das Wort erteile, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam Mitglieder des Handwerks SchleswigHolstein e. V. aus Kiel sowie des Bildungszentrums am Nord-Ostsee-Kanal Rendsburg auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Das Wort hat der Abgeordnete Lars Harms von

(Lars Harms [SSW]: Von den anderen PIRA- TEN! - Heiterkeit)

der Gruppe des SSW. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Unabhängigkeit im Kopf folgt der Unabhängigkeit im Amt. Dieser Zusammenhang ist zwar eine Binsenweisheit, nichtsdestotrotz hat er eine Berechtigung, gerade und im besonderen Maße für die Beauftragten. Ihre Unabhängigkeit nutzt unserer Arbeit, weil nur unabhängige Berater den demokratischen Beratungsprozess befördern können. Abhängige Berater, die von einer Partei oder einer Lobby finanziert oder anderweitig abhängig sind, sind in ihrem Denken und in ihren Urteilen unfrei. Sie sind einseitig. Unabhängigkeit ist das A und O eines Beauftragten. Darum setzt sich der SSW vehement und seit Jahren für die Unabhängigkeit der Beauftragten ein.

Bei der Einrichtung des Datenschutzbeauftragten in Schleswig-Holstein hatte sich wohl niemand vorstellen können, dass bereits zehn Jahre später die mobile Nutzung des Internets zum Leben dazugehört. Elektronische Daten bestimmen unseren Alltag und unsere Kommunikation in ungeheurem Ausmaß. Je mehr aber die elektronische Datenerfassung und Datenspeicherung vordringen, also zur Normalität werden, desto wichtiger ist die Unab

hängigkeit derjenigen Institutionen, die für den Datenschutz zuständig sind.

Tatsächlich halten die Gesetzgeber mit den neuen technischen Möglichkeiten kaum Schritt. Die politischen Beratungszyklen sind länger als manche Netzphänomene. Gerade wegen dieser Schnelllebigkeit müssen die Nutzer auf einen weitgehend sicheren Umgang mit ihren Daten vertrauen können. Ob Rathaus oder Kfz-Zulassungsbehörde; inzwischen können Bürgerinnen und Bürger viele Anfragen per Mail stellen, in Datenbanken die Entscheidungen der Gemeindevertretungen in den entsprechenden Protokollen nachschlagen oder sich barrierefrei informieren.

Der elektronische Datenaustausch erleichtert und beschleunigt den Austausch zwischen Behörden und Bürgerinnen und Bürgern, jedoch immer unter Einhaltung des modernen Datenschutzes. Das ist ein Vorbild auch für kommerzielle Anbieter. Auf diese Weise sichert der Datenschutz letztlich die demokratischen Rechte unserer Gesellschaft. Dabei bedient er sich der Expertise des Beauftragten für den Datenschutz, der völlig unabhängig von politischen Mehrheitsverhältnissen und politischen Opportunitäten berät.

Der Landesdatenschutzbeauftragte muss seine Unabhängigkeit wirklich niemandem unter Beweis stellen. Seine Einsprüche unter anderem gegen die Sammelwut von Facebook haben ihm und seiner Behörde nicht nur bundesweit, sondern - man kann es ruhig sagen - europaweit Anerkennung gebracht.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Die Folgen dieser Unabhängigkeit sind unumstritten, aber politisch genau so gewollt und gesetzlich festgelegt. Der Datenschutz ist in Schleswig-Holstein durch das Landesdatenschutzgesetz geregelt. Wir haben zuletzt im Sommer 2011 hier im Landtag über dieses Gesetz beraten und es zur Abwendung einer europäischen Klage geändert. Die Berücksichtigung der Expertenmeinungen im Zuge der Anhörung hat uns seinerzeit ein modernes Datenschutzgesetz beschert, mit einer kleinen Einschränkung: Schon damals hat der SSW darauf hingewiesen, dass im Zuge der Neufassung und Reform die Ungleichheit gegenüber den anderen Beauftragten behoben werden sollte. Der SSW hat schon damals 2011 hier im Plenum darauf hingewiesen, dass bei der Beauftragten für soziale Angelegenheiten und dem Flüchtlingsbeauftragten eine Wiederwahl mehrmals zulässig sein kann. Das sollte nach unserer Auffassung damals schon auch für den Landesbeauftragten für Datenschutz gelten,

(Uli König)

der bei der damaligen Regierung wohl wegen seiner Unbotmäßigkeit in Ungnade gefallen war.

Was damals keine Mehrheit fand, soll heute nachgeholt werden. Wir ermöglichen die mehrmalige Wiederwahl des Beauftragten, harmonisieren in diesem Sinne das Beauftragtenwesen des Landes Schleswig-Holstein und stärken die Unabhängigkeit der Institution Landesbeauftragter für Datenschutz. Das ist das eigentliche Ziel unserer Initiative, und zwar ohne das Ansehen etwaiger Bewerber für diese Position. Wir haben diese Haltung schon immer vertreten, und wir sind froh, dass wir diese jetzt hoffentlich umsetzen können. Wenn wir dann ein Bewerbungsverfahren haben, dann können sich auch andere bewerben. Wir werden dann sehen, wen wir nehmen werden. Das ist keine Lex Weichert,

(Vereinzelter Beifall SSW und SPD)

aber dieses Gesetz passt sich nicht nur an den Beauftragten an, den wir jetzt haben, sondern auch an bundesdeutsche und europäische Gesetzgebung. Wir werden später entscheiden, wer es in Zukunft sein wird. Erst einmal schaffen wir die rechtlichen Grundlagen, damit Unabhängigkeit herrschen kann.

(Beifall SSW)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung oder Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten König?

Aber immer doch, dann muss man mich länger ertragen.

Lieber Kollege Harms, um was möchten Sie denn wetten, dass es Thilo Weichert wird? Ich würde die Wette des Herrn Kollegen Kubicki mit Ihnen gern mit eingehen.

- Die Wette des Herrn Kollegen Kubicki ist natürlich sehr durchschaubar. Er möchte irgendjemanden aus der Koalition ausbrechen lassen, weil er meint, es sei schon etwas vorher beschlossen.

(Lachen CDU)

Lieber Herr Kollege Kubicki, wegen einer Flasche Wein wird das wahrscheinlich keiner machen. Es ist tatsächlich so: Erst einmal wird das Gesetz beschlossen. Dann wird aus dem Kreis derjenigen, die sich für diese Position bewerben werden oder dafür vorgeschlagen werden, eine Auswahl getroffen.

(Lachen CDU)

Ich kann heute noch nicht sagen, wer das sein wird. Vor diesem Hintergrund kann ich Ihre Frage also nicht beantworten. Ich kann auch nicht wetten. Ich warte ab, was kommen mag.

(Zurufe CDU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten König?

Ich habe vorhin versprochen, dass wir das ein bisschen sachlicher besprechen. Wenn Sie ernsthaft alle Bewerber prüfen wollen, dann frage ich Sie: Warum hören Sie nicht erst die Bewerber an? - Wenn es dann am Ende Thilo Weichert werden sollte, dann können wir das Gesetz ja immer noch ändern.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] und Dr. Heiner Garg [FDP] - Lachen Peter Eich- städt [SPD])

- Herr König, das kann ich Ihnen sagen. Der Grund ist, dass wir gesetzestreu sind. Wenn im Gesetzestext nicht steht, dass sich eine Person wie Herr Weichert, die schon zwei Amtsperioden hinter sich hat, bewerben kann, dann kann ich diese Person in der Bewerbungsphase nicht anhören. Dann würde ich mich nicht nach Recht und Gesetz verhalten. Wir ändern dieses Gesetz, damit man Herrn Weichert und alle anderen anhören kann, Herr Kollege König. Hier kommen wir also noch zusammen.

(Beifall FDP)

Ich freue mich, dass Sie demnächst einer Gesetzesänderung zustimmen werden. Zumindest Sie als einzelnes Mitglied der Piratenfraktion können sich das ja erlauben, denn bei Ihnen gilt kein Fraktionszwang.

(Beifall Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Das ist wunderbar. Stimmen Sie zu, dann haben Sie das, was Sie sich gerade eben in Ihrer Frage gewünscht haben!

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Stegner?

(Lars Harms)

Es gibt nahezu nichts, was ich lieber zulassen würde.

Lieber Herr Kollege Harms, man muss zugeben: Der Kollege König war intellektuell auf einem anderen Niveau unterwegs als Herr Kubicki. Obwohl Herr Kubicki in seiner Gehaltsklasse in der Lage wäre, um Weinflaschen zu wetten, die einen in Versuchung führen könnten, will ich sagen: Wenn man die Dialektik zu Ende führt, dann kann man seine Wette nur so verstehen, dass er fragen wollte, ob die Tatsache, dass wir eine Wiederwahl ermöglichen, automatisch dazu führt, dass Herr Weichert wiedergewählt wird. Diese Wette nehme ich gern an, denn die Antwort lautet nein. Dass ist in der Tat eine Wette, die wir annehmen könnten, denn automatisch führt dies zu nichts. Es führt nur dazu, dass wir ein Bewerberfeld haben, zu dem auch Herr Weichert gehören kann.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

So geschickt war das mit der Dialektik natürlich auch nicht, weil man durchschauen kann, dass er eigentlich meinte, dass wir sagen wollten, Herr Weichert wäre möglicherweise nicht geeignet. Das wollten wir aber nicht sagen.

- Lieber Herr Kollege Stegner, ich kann Ihnen voll und ganz recht geben. Es handelt sich hierbei um ein Wahlverfahren. Wahlen machen immer dann besonders viel Spaß, wenn es mehrere Bewerber gibt. Wahlen zeichnen sich auch dadurch aus, dass man nicht weiß, wer gewählt werden wird, da man sich zunächst einigen muss.