Herr Kollege Peters, stellen Sie sich das doch einmal umgekehrt vor: Es wäre noch eine schwarz-gelbe Regierung, der Landesdatenschutzbeauftragte hätte das Parteibuch der FDP, und wir hätten einen solchen Gesetzesentwurf eingebracht. Sie hätten doch auf dem Tisch gestanden und gesagt: fail, verfassungswidrig. Sie hätten doch auf dem Tisch gestanden. Und nun kommen Sie mit einer solchen Aktion.
Wenn es denn stimmen sollte, was Sie sagen, nämlich dass die Angleichung an die Amtszeiten der anderen Beauftragtenstellen im Land für Sie der Maßstab gewesen sein sollte, dann müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, warum Sie sich fast zwei Jahre Zeit gelassen haben, um diese Änderung jetzt so eilig anzugehen. Hat das vielleicht etwas damit zu tun, dass auch Sie, wie wir alle, mit Mails von Herrn Weichert zugeschüttet werden, warum es notwendig sei, ihm eine weitere Amtszeit zu gönnen, warum er denn so hervorragend für das Land gearbeitet habe, warum es auf ihn ankomme und nicht auf das Amt des Datenschutzbeauftragten?
Sie sollten ehrlich damit umgehen. Es geht hier nicht darum, eine inhaltlich notwendig gewordene rechtliche Angleichung vorzunehmen, um einen Mangel zu heilen, es geht Ihnen lediglich darum, mit einer Gesetzesänderung Herrn Weichert persönlich im Amt zu behalten.
Ihnen muss klar sein, dass Sie damit die Person Weichert über das Amt des Landesdatenschutzbeauftragten stellen. Das ist weder sachgerecht, Herr Peters, noch hilft es dem Datenschutz in SchleswigHolstein. Es hilft ausschließlich Herrn Weichert. Dass Sie das legitimieren wollen, ist ein politisches und moralisches Armutszeugnis. Gerade die Grünen mit dem hohen moralischen Anspruch, den sie vor allem gegen andere richten, müssen sich fragen lassen, inwieweit das grüne Parteibuch ausschlaggebend war, um eine solche Gesetzesänderung anzugehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um es deutlich zu machen, wir reden hier nicht über eine Petitesse. Wir reden über die Änderung eines Landesgesetzes, die mit der Mehrheit dieses Hohen Hauses einem ehemaligen grünen Landtagsabgeordneten eine Verlängerung der Amtszeit ermöglichen soll. Wer
da im Brustton der grünen Überzeugung und mit größtmöglicher Empörung eine Vetternwirtschaft verneint, der streut den Menschen bewusst Sand in die Augen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird immer schöner: Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Dr. Ralf Stegner, sagt im Interview mit RTL Nord am 12. Februar 2014 Folgendes - und es ist mir nicht klar, warum ich heute so häufig mit Herrn Stegner übereinstimme -: Ich bin nicht dafür, Gesetze zu machen für Personen. Es ist ein Gesetz, wonach sich der Amtsinhaber bewerben kann. Aber wer es wird, entscheidet das Auswahlverfahren. Dabei sollte es bleiben.
Herr Dr. Stegner, ich wette mit Ihnen und mit allen Mitgliedern der regierungstragenden Fraktionen, mit jedem Einzelnen, um eine Flasche Amarone, anderthalb Liter, dass, wenn Sie das Gesetz jetzt ändern, Herr Dr. Weichert der nächste Landesdatenschutzbeauftragte wird; egal, wer sich sonst noch bewirbt. Ich bin gespannt, ob Sie bereit sind, diese Wette anzunehmen. - Herzlichen Dank.
(Jürgen Weber [SPD]: Sie sind schon mal ein größeres Risiko eingegangen, Herr Kollege! - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP] - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Können wir das mit den sechs verrechnen? Aber nicht aus Fraktions- mitteln bezahlen! - Heiterkeit)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde verbal ein bisschen auf die Bremse drücken, um das Ganze ein bisschen sachlicher zu betrachten.
Thilo Weichert ist der wohl profilierteste Datenschützer Deutschlands. Er hat viel für den Datenschutz getan und macht eine gute Öffentlichkeitsar
beit. Bei der Kontrolle und Unterstützung von Behörden und Unternehmen hält er eine gute Balance. Einige von Ihnen wissen auch, dass er mein Chef war. Ich sage Ihnen: Ich habe ihn auch als Vorgesetzten immer geschätzt. Dafür danke ich ihm hier und heute aus ganzem Herzen.
Trotz alldem widerspricht der Gesetzentwurf der Koalition, das Landesdatenschutzgesetz genau so zu ändern, dass Thilo Weichert wiedergewählt werden kann, meiner Überzeugung als PIRAT. Wir wollen keine Gesetze für einzelne Personen ändern. Wir wollen keine Lex Weichert.
Die Wiederwahlsperre wurde primär zur Sicherung der Innovationsfähigkeit des Amtes und der Verhinderung von Betriebsblindheit und Routine eingeführt, welche die Ausübung des Amtes beeinträchtigen könnten. Derartige Entwicklungen lassen sich auch bei genauem Hinsehen nur im Einzelfall belegen, weshalb sie strukturell verhindert werden müssen.
Die SPD hat sowohl die Wiederwahlsperre als auch das ULD verankert und Schleswig-Holstein zu einem Vorreiter in Sachen Datenschutz gemacht. Mit dem aktuellen Gesetzesvorschlag gehen Sie einen großen Schritt zurück.
„Umfragen bei Datenschutzbeauftragten in anderen Bundesländern und bei unserem Datenschutzbeauftragten haben ergeben, dass es von der Praxis her geboten ist, eine einmalige Wiederwahl zuzulassen.
Mehr als andere Personen in vergleichbaren Positionen muss der Datenschutzbeauftragte stets neue Entwicklungen beobachten und vorantreiben; es wird ein unvergleichbar hohes Maß an Kreativität verlangt, die irgendwo endlich ist.“
„Datenschutzbeauftragter ist kein Lebensberuf. Nach längerer Zeit ist es gut, dieser Institution neue Impulse zu verleihen.“
Das eine Zitat haben wir gerade schon gehört. Es war Hans Peter Bull, unser ehemaliger Innenminister, das andere war Rolf Selzer. Ihn hat Herr Bernstein auch schon zitiert. Beides sind SPD-Mitglieder. Die Zitate stammen aus dem Jahr 1988. Damals ging es um die erste Lesung zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes, in dem die Wiederwahlsperre eingeführt wurde. Ich fand die beiden
Argumente gut. Ich habe die beiden Herren zwar nie persönlich getroffen, ziehe aber meinen Hut vor ihnen. Sie waren damals visionär. Leider ist die SPD jetzt zusammen mit dem Rest der Koalition dabei, diese Fortschrittlichkeit wieder zurückzudrehen. Das finde ich schade.
„Einigkeit bestand schließlich auch, dass das Amt des Datenschutzbeauftragten niemals in das politische Ränkespiel und in Machtfragen einbezogen werden darf. Durch den Wahlmodus und die Amtszeit sowie die nur einmalige Wiederwahl und die mit Zweidrittelmehrheit mögliche Abwahl ist auf der einen Seite ein Weg gefunden, der eine weitestgehende Selbstständigkeit des Datenschutzbeauftragten sichert. Auf der anderen Seite sind dadurch Verlockungen unattraktiv gemacht worden, die darauf hinauslaufen, eine Persönlichkeit der Konfrontation zur Wahl zu stellen.“
Meine Damen und Herren, das Gesetz wurde damals einstimmig geändert. Es ist eine verdammt schlechte Idee, dieses Gesetz in diesem Einzelfall für diese einzelne Person wieder zu ändern.
Auch wird das von den PIRATEN geforderte Bewerbungsverfahren, das die Grünen unterstützen, zu einer Farce, wenn man schon vorher weiß, wer am Ende gewählt wird.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Eichstädt?
Herr Kollege, wir haben in zwei Reden schon gehört, dass diese Regelung in vielen anderen Bundesländern, unter anderem im europäischen Bereich, so besteht, wie wir sie jetzt herstellen wollen. Würden Sie im Kontext Ihrer Ausführungen auch sagen, dass in all diesen Ländern die Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten nicht gewährleistet ist?
Ich sage es einmal so: Der Datenschutz hier in Schleswig-Holstein ist führend in Deutschland. Das hat einen Grund. Wenn man eins und eins zusammenzählt, haben Sie die Antwort.
Ich würde dann gern nachfragen und wissen, worin dieser Grund besteht, ob der Grund aus Ihrer Sicht darin zu sehen ist, dass die Wiederwahl nur einmal möglich ist, oder gibt es möglicherweise andere Gründe dafür?
Es gibt viele Gründe. Einer der Gründe ist, dass wir nur für höchstens zwei Amtszeiten einen Landesdatenschutzbeauftragten haben und dann einen Wechsel. Ich habe vorhin die wunderbaren Zitate Ihrer Kollegen vorgelesen. Sie stärken die Innovationsfähigkeit, wenn Sie regelmäßig eine neue Person in der Führung haben.