Protocol of the Session on January 24, 2014

Es hat bereits mehrere Verhandlungsrunden gegeben, immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein solches Vorgehen ist nicht akzeptabel.

(Uli König)

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Unruhe)

Immer wieder wird von Transparenz und Beteiligung in der EU gesprochen. Wenn es aber um weitreichende Beschlüsse und Eingriffe wie beim Freihandelsabkommen geht, finden Beteiligungsrechte und Transparenz nicht mehr statt. Das kann es doch nicht sein! Die Bevölkerung hat ein Recht zu erfahren, welchen Verlauf die Verhandlungen nehmen.

Die demokratisch gewählten Parlamente in der EU sind ebenso zu informieren. Es reicht nicht, dass den Parlamenten am Ende ein Vertrag vorgelegt wird, über den sie dann zu befinden haben. Auch hier gilt: Wir wollen Transparenz und Beteiligung für das gesamte Verfahren. - Danke.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner.

(Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: In vino veritas! - Weitere Zurufe)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu diesen Weingeschichten - ich glaube, ich würde merken, wenn 35 % Zuckerwasser darin ist. Das braucht man wirklich nicht zu deklarieren. Herr König, Sie sollten die Sorten wechseln. Dann haben Sie zumindest die Gefahr nicht. Kleiner Tipp.

(Zuruf Uli König [PIRATEN])

- Sozialdemokraten haben immer Schwierigkeiten, wenn sie Empfehlungen zu gewissen Weinsorten machen. Das sollten wir hier lassen.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich bin aber nach wie vor der Auffassung, dass Sozialdemokratie nicht Genussfeindlichkeit bedeutet.

(Beifall und Zurufe)

Um zum eigentlichen Thema zu kommen, weshalb ich mich gemeldet habe: Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der Spähaffäre und dem Freihandelsabkommen, sogar mehrere Zusammenhänge. Die haben übrigens alle Unionspolitiker gesehen. An der Stelle muss man schon einmal etwas merken.

Elmar Brok hat vor ein paar Tagen in WDR 5 geäußert, er sehe zurzeit keine Chance für die Ratifizie

rung des Freihandelsabkommens. Das hat nämlich auch etwas mit der Verlässlichkeit von Vertragspartnern zu tun.

(Beifall PIRATEN und Regina Poersch [SPD])

- Sie können mir gern eine Frage stellen, Herr Rother.

(Heiterkeit)

Wenn selbst ein CSU-Innenexperte - das muss man sich einmal vorstellen!

(Wolfgang Dudda [PIRATEN]: Gibt es so et- was?)

den mangelnden Datenschutz beklagt - Stephan Mayer -, dann ist Alarmismus nicht zu gering zu schätzen; denn bisher waren die CSU-Experten dafür nicht bekannt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN und SSW)

Da uns die USA mehr oder weniger erklärt haben, dass sie sich an das Datenschutzabkommen nicht halten wollen, ist das schon eine Frage der Seriosität von Verhandlungspartnern, nach dem Motto: Wir halten uns nicht daran, was wollt ihr tun? So ähnlich wurde das im Senat der USA gesagt.

Wenn im Geschäftsleben - wie überall - ein Vertragspartner vorher sagt: „Wir halten uns nicht an die Verträge, die ihr geschlossen habt“, muss man schon die Frage stellen, warum man mit dem dann überhaupt verhandelt.

(Beifall PIRATEN und Regina Poersch [SPD])

- Du kannst mir gleich eine Frage stellen; ich habe nämlich nicht so viel Zeit. - Insofern glaube ich, dass da ein elementarer Zusammenhang besteht. Auch in einem Freihandelsabkommen spielt Datenschutz eine Rolle. Datenschutz spielt sich nämlich nicht nur auf staatlicher Ebene ab, sondern auch auf wirtschaftlicher Ebene. Wenn man sich einmal anguckt, welche geringen Datenschutzstandards es in den USA gibt, gerade bei Social-Media-Anbietern, können wir kein Interesse daran haben, uns auch da noch anzugleichen. Das ist das Einfallstor, das wir eh schon haben, dass wir über das Internet nicht daran kommen. Herr Weichert hat da schon einige Schwierigkeiten gehabt.

Ich versuche, in den letzten zehn Sekunden zu der anderen Frage des PIRATEN-Antrags zu kommen. Liebe PIRATEN, wenn alle Punkte des Antrags von der Regierungskoalition erfüllt würden - das

(Flemming Meyer)

sind alles Ihre Kritikpunkte -, könnten Sie unserem Antrag eigentlich zustimmen, außer man möchte die Figur machen: Mensch, da haben Leute, mit denen wir uns im Wettbewerb befinden, einen guten Antrag gestellt, wir wollen allerdings ein bisschen radikaler sein, um an der Stelle eigenes Profil zu zeigen.

Herr Abgeordneter, die Zeit ist um. Jetzt haben Sie das Glück, dass der Abgeordnete Dr. Breyer bereit ist, eine Frage zu stellen.

(Heiterkeit)

Ich habe ihn lange genug angeguckt. - Ja.

Herr Kollege, halten Sie es in Anbetracht all der richtigen Argumente, die Sie genannt haben, wirklich für sinnvoll, weiter zu verhandeln und darauf zu hoffen, dass sich an den grundlegenden Fehlern des Verhandlungsprozesses irgendetwas ändern wird? Oder muss nicht die ganz klare Ansage sein: Solange ihr diese Punkte nicht ändert und erfüllt, legen wir die Verhandlungen auf Eis?

(Sandra Redmann [SPD]: Das sagen wir doch auch!)

- Wir haben in 150 Jahren Sozialdemokratie gelernt: Man soll die Hoffnung nie aufgeben. Das gilt auch heute. Wir sind immer noch der Auffassung deshalb sind wir auch eine böse reformistische und keine revolutionäre Partei -, dass man so lange an einem Tisch sitzen muss, solange es noch Hoffnung gibt, ein besseres Ergebnis zu erzielen. Gerade das Freihandelsabkommen ist ein ziemliches Druckmittel, um bessere Ergebnisse in anderen Bereichen zu bekommen.

Auch das hat ein Unionsmensch ziemlich gut erkannt. Ich glaube, es war Philipp Mißfelder, der gesagt hat: Die Sprache der Wirtschaft versteht die USA, wenn man etwas will. Wenn man über das Freihandelsabkommen gar nicht mehr verhandelt, können wir auch weitere Nachverhandlungen zu den Themen SWIFT und Datenschutzabkommen vergessen. Man kann von einem Verhandlungspartner, von dem man etwas möchte, nur etwas bekommen, wenn man sich mit ihm an einen Tisch setzt.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Die offizielle Redezeit war lange abgelaufen. Meine Damen und Herren, begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Besuchertribüne unseren ehemaligen Kollegen Peter Jensen-Nissen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die Landesregierung hat jetzt der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Dr. Robert Habeck.

Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vieles ist ja gesagt, gestatten Sie mir, systematisch zusammenzufassen, wo ich die neuralgischen Punkte sehe, und anzudeuten, wie ich mir die weitere politische Gestaltung vorstellen kann.

Worum geht es? - Herr Klug hat es gesagt: Es ist die Hoffnung, dass sich das Bruttoinlandsprodukt in Europa durch das Freihandelsabkommen um 0,5 % anhebt. Die EU rechnet mit Zahlen, die heruntergebrochen auf Deutschland 190.000 Arbeitsplätze bringen würden, in Schleswig-Holstein nach dem Königsteiner Schlüssel - grob auf den Taschenrechner gedrückt - 7.000 Arbeitsplätze, vor allem in kleinen und mittleren Betrieben in den Bereichen Innovationstechnologie oder erneuerbare Energien. Das kann so sein, es kann aber auch anders kommen. Es lohnt sich, sich daran festzubeißen und darüber nachzudenken. Das ist auf der positiven Seite zu vermerken.

Allerdings - das hat Bernd Voß gesagt - sind die Zollbedingungen schon so weit abgesenkt, dass durch die Aufhebung von Zöllen kaum ein Impuls zu erwarten ist. Das kann nur gelingen, wenn umweltschädliche Subventionen abgebaut werden. Was wir - darauf werde ich gleich eingehen - auf der Lebensmittel-, Gesundheits- und Verbraucherschutzseite befürchten, könnte bei der Aufhebung von umweltschädlichen Subventionen für die Branchen der Innovations- und Energieeffizienztechnologien einen Vorteil bedeuten.

Gleichwohl gibt es kritische Studien, die mit 0,06 % BIP-Wachstum ab 2029 rechnen. Das kann man mit dem Taschenrechner nicht mehr ausrechnen; das ist statistisch nicht mehr nachweisbar.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

(Dr. Kai Dolgner)

Man weiß es also nicht genau. Das ist der erste Punkt, auf den ich hinweisen möchte, der systematisch herausgearbeitet wurde. Wir sind daran nicht beteiligt.

Herr Rickers, ich bin sehr dafür - im Moment auch qua Amt -, Mandate zu vergeben, nicht nur Demokratie zu leben, sondern auch die Republik zu leben und zu sagen: Du bist dafür gewählt, verhandele das jetzt einmal. Aber dieses Mandat geht im Moment ja ausschließlich an Firmen. 600 Firmen verhandeln ohne demokratisches Mandat.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und PIRATEN)