Protocol of the Session on January 23, 2014

(Lachen CDU und FDP - Glocke des Präsi- denten)

Ich komme zu der Angstschürerei von wegen Zwangsmitgliedschaft und Beiträgen, all diese Dinge, wie eine Kammer aufgebaut werden soll, wer Präsident ist, wie das eben gefragt worden ist. Überlassen Sie diese ganzen Dinge doch bitte lieber der Pflege selber.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

Die sind sehr wohl in der Lage, all diese Dinge selber zu organisieren.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Da brauchen Sie keine weitere Fremdbestimmung.

(Vereinzelter Beifall SPD - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Das können Sie gar nicht! Sie müssen eine Gesetzesgrundlage schaffen!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt noch einmal die Frau Abgeordnete Dr. Marret Bohn das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den lauten, rhetorisch sehr eindrucksvollen Beiträgen - das meine ich ernst möchte ich auf einen fachlichen Punkt hinweisen. Wir alle haben, als wir angefangen haben, über die Pflegekammer zu sprechen, in den Diskussionen gesagt: Wir stehen vor einem großen Pflegemangel. Wir wollen aber doch auch nicht im Nebel herumstochern und fragen: Wie viel Pflegekräfte haben wir eigentlich in Schleswig-Holstein, welche Qualifikation haben wir, welche Altersstruktur?

In den ganzen Debatten habe ich Sie immer wieder angesprochen, weil wir uns kritisch mit der Frage auseinandergesetzt haben, ob eine Kammer der richtige Weg ist. Sie haben keine andere Möglichkeit vorgeschlagen. Es kann doch nicht sein, dass wir sagen: Wir lassen alles, wie es ist. Wir haben einen Weg. Diese Kammer - ich sage es noch einmal - ist kein Allheilmittel. Das wissen wir doch alle - von dem gesamten rhetorischen Drumherum einmal abgesehen.

Wir wissen, dass wir wissen müssen, welche Altersstruktur, wie viele Pflegefachkräfte wir haben, wie viele eine Ausbildung haben, wie viele Pflegewissenschaften studiert haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dafür brauchen Sie eine Kammer?)

Es gibt auch eine Fluktuation zwischen den Bundesländern. Wir müssen wissen, woran wir sind, damit wir für die nächsten Jahre planen können. Darauf ist keiner von Ihnen eingegangen. Bezüglich der der Qualität, der ethischen Standards und der Berufsordnung bin ich ganz bei Flemming Meyer. Das sind Punkte, um die wir uns dringend im Interesse der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte kümmern müssen. - Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Johannes Callsen [CDU]: Ist doch alles da!)

Es gibt eine weitere Wortmeldung der Piratenfraktion. Das Wort hat der Herr Abgeordnet Wolfgang Dudda.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das Internet ist eine wunderbare Sache. Es vergisst nichts. Das ist auch gut so. Ich erlaube mir, etwas aus einer Presseerklärung des SSW aus dem Dezember 2001 vorzutragen, das sich dem Thema der Kammer widmet. Das möchte ich eigentlich in unser Parteiprogramm einarbeiten, weil das großartig ist und die Kammern so würdigt, wie sie es verdienen. Ich zitiere:

„Grundsätzlich ist es gut, eine Instanz für die Psychotherapeutinnen und die -therapeuten einzurichten.“

Jetzt kommt es:

„Wir lehnen das Gesetz aber trotzdem ab. Der SSW ist nach wie vor gegen das System der Kammern. Das aus der alten berufsständischen Ordnung abgeleitete Kammerwesen“

(Beifall CDU und FDP)

„ist kein geeignetes und zeitgemäßes Instrumentarium zur Vertretung berufsmäßiger Interessen und Überwachung ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung. Dieses System zementiert althergebrachte Strukturen und verhindert die zukunftsweisende, flexible Weiterund Neuentwicklung von Berufsbildern. Die Aufgabenwahrnehmung durch die Kammern wird sehr unterschiedlich gesehen und reicht über die Vertretung berufsspezifischer Interessen hinaus.“

Das ist alles, was man zu einer Kammer sagen muss. Damit lösen wir die Probleme der Pflege garantiert nicht. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Dieser Beitrag hat einen weiteren Dreiminutenbeitrag ausgelöst. Die SSW-Abgeordneten möchten durch ihren Abgeordneten Lars Harms etwas dazu beitragen. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Kollegen Dudda

kann ich mich noch sehr genau an 2001 erinnern, weil ich selbst hier im Parlament war.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Dann hast du dich gut gehalten!)

- Ich habe mich gut gehalten; wohl wahr.

Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern. Selbstverständlich ist das, was Sie gerade vorgelesen haben - das hat der Kollege Meyer eben auch gesagt - die grundsätzliche Haltung des SSW. Wir lehnen das Kammersystem auf allen Ebenen eigentlich ab. Das ist richtig. 2001 hatten wir in der Debatte die Hoffnung, dass endlich etwas geschieht.

(Serpil Midyatli [SPD]: Genau!)

Wir haben jetzt 2014. Es ist nichts geschehen. Wenn nichts geschieht, muss eine Partei flexibel sein und über grundsätzliche Haltungen hinwegsehen und zusehen, dass man in der Lage ist, denjenigen, die Hilfe benötigen, Hilfe zukommen zu lassen. Unser Wunsch ist, dass, wenn wir die Pflegekammer einrichten, die Pflegenden eine Vertretung haben und sich deren Situation verbessert. Die Situation dieser Menschen zu verbessern, ist unsere Aufgabe. Ich habe kein Problem, als Politiker über grundsätzliche Haltungen hinwegzusehen, wenn man jetzt, nach zwölf Jahren, nach dieser Aussage, den Versuch startet, etwas auf die Reihe zu bringen. Deshalb bin ich froh, dass wir als SSW in der Regierung in diesem Bereich Hilfestellung leisten können, dass eine Vertretung für die Pflegenden geschaffen wird.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Harms, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dudda?

Sehr gern.

Bitte schön, Herr Dudda.

Ich bin in allen Punkten bei Ihnen. Können Sie mir aber folgende Frage beantworten? Sie haben den langen Zeitraum, in dem nichts geschehen ist, genannt. Empfinden Sie den Zeitraum

von Herbst 2013 bis jetzt, innerhalb dessen wir nur eine Umfrage und eine Pflegekonferenz hatten, als ausreichend?

(Olaf Schulze [SPD]: Soll das auch noch ein- mal zwölf Jahre dauern?)

Die erste Gegenfrage ist, was für Sie ein ausreichender Zeitraum ist, die Leute immer noch im Regen stehen zu lassen und nichts zu tun. Sie haben eben selber gesagt, dass wir eine solche Diskussion schon in 2001 gehabt haben. Seit 2001 hat sich die Welt weiterentwickelt. Seit 2001 wird über dieses Thema diskutiert. Seit ein paar Monaten aber wird ernsthaft darüber diskutiert, etwas zu tun. Man hat jetzt ein Meinungsbild eingeholt. Man hat festgestellt, dass es bei den Pflegenden durchaus die Meinung gibt, etwas tun zu müssen, eine Pflegekammer zu errichten. Das setzen wir um. Das ist vernünftig. Ich bin nach fünf oder zehn Jahren gern bereit, einmal zu gucken, wie sich das ganze bewährt hat und möglicherweise neue Strukturen zu schaffen. Jetzt müssen wir aber erst einmal etwas für die Leute tun, damit sie überhaupt in die Lage versetzt werden, ihre eigenen Interessen zu vertreten. Das ist wichtig für die Beschäftigten, aber insbesondere auch für diejenigen, die gepflegt werden. Da müssen wir etwas tun. Das ist unsere Verpflichtung. Deswegen sehen wir gern über unsere grundsätzliche Haltung hinweg.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen - - Ein Dreiminutenbeitrag von der Abgeordneten Heike Franzen von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Lars Harms, Sie haben gerade den Eindruck erweckt, als diskutierten wir seit über zwölf Jahren über die Einrichtung einer Pflegekammer hier im Land.

(Olaf Schulze [SPD]: Nein!)

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass das bei Weitem nicht der Fall ist.

Wenn Sie sich wirklich dafür einsetzen wollen, dass es eine Interessenvertretung der Pflegenden gibt, gibt es viele Möglichkeiten, beispielsweise

(Lars Harms)

auch die Gründung eines Verbandes. Sie wissen ganz genau, dass wir hier im Landtag mit vielen Interessenvertretungen sprechen. Dieser Verband könnte übrigens aus freiwilligen Mitgliedern bestehen.

Alles, was Sie angesprochen haben, Frau Bohn, ob es um die Qualität in der Pflege, um Ausbildungsplätze, Arbeitsplätze oder Tarifverhandlungen geht, alles das wird eine Pflegekammer nicht lösen können. Das heißt, das Einzige, was Sie tatsächlich machen, ist, dass Sie anordnen, dass man zwanghaft Verbandsmitglied wird, und Sie greifen damit in die Tasche derjenigen, die pflegen. Ob Sie das wollen oder nicht, ich glaube, das ist nicht der richtige Weg in der Diskussion darüber, die Pflege zu verbessern. Das wird die Pflegekammer nicht leisten können. Sie wird sogar eine zusätzliche Belastung für diejenigen werden, die in der Pflege beschäftigt sind. Denn diejenigen müssen das Ganze finanzieren.

Wenn wir über Finanzen reden, wissen Sie, Frau Bohn, und Sie, Frau Pauls - Sie sind doch selber in der Pflege tätig gewesen -, viel besser als alle anderen hier im Parlament, dass wir gerade bei der Bezahlung von Pflegekräften ein erhebliches Problem haben. Sie greifen denen noch zusätzlich in die Tasche für einen Verband, für eine Kammer, die im Prinzip gar keiner haben möchte.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Das ist nicht in Ordnung, und gerade bei Ihnen, wo Sie doch die Sozialpolitik so vor sich hertragen, finde ich das ganz schwierig.