Eine Teilzeitausbildung ist in allen Berufen des dualen Systems möglich, allerdings nicht allen Arbeitgebern bekannt. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass Teilzeitausbildungen vor allem für Büroberufe im Bereich der IHK angeboten wird. Diese Beschränkung ist überhaupt nicht nachvollziehbar, und ich bin davon überzeugt, dass bei weiterer Verknappung von Fachkräften mehr Betriebe über diese Ausbildungsform nachdenken werden.
Ehrlicherweise muss man sagen, dass sich nicht alle Wohnorte für eine Teilzeitausbildung eignen. Die Vorteile einer reduzierten Wochenausbildungszeit werden nämlich durch die Wegezeit zur Berufsschule aufgefressen. Ist die Berufsschule vom Wohnort des Auszubildenden weit entfernt oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Ausbildung abgebrochen wird, weil sich damit die Abwesenheit von zu Hause verlängert und sich das nicht mit den Betreuungszeiten der Kinder vereinbaren lässt. Hier ist eine solide und fundierte Beratung besonders angezeigt, weil damit unnötiger Frust vermieden wird.
Das Lübecker Modellprojekt zeichnete sich dadurch aus, dass solche Faktoren frühzeitig berücksichtigt wurden. Es wurden darüber hinaus Betriebe auf die neue Möglichkeit der Teilzeitausbildung gezielt hingewiesen, die sich noch nicht überall herumgesprochen hat. Junge Eltern unter 25 Jahren trafen damit auf einen Arbeitgeber, dem sie nicht noch einmal die Vorteile dieser Ausbildungsform erklären mussten, sondern der genau wusste, auf was er sich einlässt. Dies bot natürlich enorme Vorteile, weil damit die Hemmschwelle erheblich herabgesetzt wurde.
Für den Arbeitgeber hat die Teilzeitausbildung Vorteile, weil er einen motivierten Auszubildenden gewinnt und als attraktiver, flexibler Arbeitgeber punktet. Einzelne Betriebe, wie beispielsweise Krankenhäuser, machen darum schon von sich aus auf diese Ausbildungsform aufmerksam. Die Gewerkschaften weisen aber auf einen Pferdefuß bei der Teilzeitausbildung hin. Dies ist die geringere Vergütung bei der Teilzeitarbeit.
den neben der Berufsausbildungsbeihilfe der Agentur für Arbeit ergänzendem Arbeitslosengeld II, Wohngeld und Kindergeld noch fünf weitere ergänzende Finanzierungsmöglichkeiten aufgeführt, die allerdings alle erst auf Antrag bewilligt werden. Dieses Verfahren ist sehr abschreckend. Eine staatliche Förderung der Teilzeitausbildung würde diesen Missstand beseitigen. Erst dadurch würde die Teilzeitausbildung die von der antragstellenden Fraktion formulierten „echte Chancen“ in der Berufsausbildung bedeuten. Teilzeitausbildung für junge Mütter und Väter ist ein guter Weg, den beruflichen Anschluss nicht zu verlieren. Ich bin davon überzeugt, dass sie damit dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel effektiv begegnen kann.
Die Kammern sind jetzt am Zug, über das bestehende Angebot hinaus, das jedermann auf den jeweiligen Internetseiten einsehen kann, die Betriebe über die Teilzeitbeschäftigung zu informieren. Das Gleiche gilt für alle anderen beruflichen Beratungseinrichtungen in Schleswig-Holstein, die dementsprechend befähigt werden sollten. Letztlich kommt es aber auf die Betriebe an: Wenn die Teilzeitausbildungen beispielsweise regelmäßig in Stellenausschreibungen angeboten würden, erschlösse sich den Betrieben ein neuer Bewerberpool. Das ist schließlich gut für beide Seiten. - Vielen Dank.
Nun erteile ich für die Landesregierung dem Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Reinhard Meyer, das Wort. Er wird den erbetenen Bericht für die Landesregierung geben. - Bitte schön.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Projekt Ausbildung in Teilzeit, in dessen Rahmen 4,5 Personalstellen zur Beratung an einer Teilzeitausbildung Interessierter und zur Akquisition zusätzlicher Ausbildungsstellen in Teilzeit in Betrieben gefördert wurden, war ein gutes, erfolgreiches Projekt.
Die Zahlen sind genannt worden. Seit 2006 gab es 6.214 junge Mütter und Väter, die individuell beraten und betreut wurden. 1.741 Teilzeitausbildungs
plätze wurden akquiriert. Es ist uns gelungen, Teilzeitausbildung in Schleswig-Holstein als Regelausbildung zu etablieren und Betriebe und junge Eltern für die diversen Möglichkeiten, die sie bietet, zu sensibilisieren. Man kann also mit Fug und Recht feststellen - und das tun wir auch -: Der Zweck der Förderung ist erreicht. Die Teilzeitausbildung ist bekannt gemacht und in Schleswig-Holstein etabliert. Aber vor allen Dingen - und jetzt kommen wir zum ersten wichtigen Punkt - haben die Kammern, die gefördert wurden, das Knowhow zur Teilzeitausbildung aufgebaut, und dieses Wissen wird bleiben, meine Damen und Herren.
Jetzt wird es spannend. Wir sind der Auffassung, dass es originäre Aufgabe der Wirtschaftskammern ist, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Dazu gehört auch das Instrument der Teilzeitausbildung und darüber entsprechend zu beraten. Deshalb ist es richtig, nach sieben Jahren der Förderung von Wissensaufbau gegenüber den Kammern zu sagen, nun könnt ihr im eigenen Interesse die Beratung auch ohne Landeszuschuss durchführen. Wir haben gesagt, wir machen eine zeitlich befristete Förderung. Ich muss mich schon sehr wundern, dass hier gerade vonseiten der FDP den Dauersubventionen das Wort geredet wird.
Meine Damen und Herren, das ist natürlich für die Kammern nicht überraschend gekommen. Wir haben bereits im Sommer letzten Jahres begonnen, mit ihnen darüber zu reden. Wir haben in der Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“ genau über diese Projekte gesprochen, darüber, wie wir sie in Zukunft organisieren. Hier zu behaupten, das laufe auf einmal ganz überraschend zum 31. Dezember 2013 aus, ist schlicht falsch.
Ich sage auch, was wir gemeinsam mit den Partnern in der Fachkräfteinitiative wollen, ist die Fachkräftesicherung für die Zukunft. Herr Vogt, das ist der Kern der Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung. Das ist unsre zentrale Zukunftsaufgabe, und darauf wollen wir alle Förderungen ausrichten.
Wir haben das Defizit bei den Fachkräften in der Zukunft. Die Zahlen sind genannt worden. Deshalb haben wir das Thema Fachkräftesicherung zum zentralen Thema gemacht. Dort sind wir Partner. Wir reden mit den jeweiligen Partnern, also auch mit den Wirtschaftskammern, darüber, welches die sinnvollsten Projekte sind. Es kann nicht immer sein, auch nicht in einer Fachkräfteinitiative, dass
alle Beteiligten auf das Land zeigen und sagen, wir haben hier tolle Maßnahmen definiert, ihr müsst das jetzt finanzieren und fördern, sondern diejenigen, die originäre Interessen haben, müssen auch für ihre Maßnahmen etwas tun, gerade wenn das im Interesse der Wirtschaft ist.
Ich sage Ihnen ganz deutlich, es gibt ein Eigeninteresse der Wirtschaft, die Akquise von Teilzeitausbildungsstellen auch ohne Förderung des Landes durchzuführen. Das Wissen ist in den Kammern vorhanden, das ist aufgebaut worden.
Vor diesem Hintergrund zieht sich das Land an dieser Stelle aus der Förderung zurück. Es gibt übrigens andere Projekte, wie zum Beispiel das Projekt „Handwerk ist mehr!“, wo wir genauso verfahren sind: Wissensaufbau - die Kampagne läuft - wir ziehen uns aus der Förderung zurück. Ich glaube, das ist vernünftige Politik, die mit den wenigen Mitteln haushält.
Es wurde hier gerade noch eine Legende aufgetischt. Wir haben in der letzten Förderperiode der EU über sieben Jahre, vom Jahr 2006 bis zum Jahr 2013, ungefähr 100 Millionen € für Schleswig-Holstein aus ESF-Mitteln gehabt. Wir werden in der kommenden Förderperiode nur noch knapp 80 Millionen € haben. Meine Damen und Herren, auch das müssen wir kompensieren.
Besonders wichtig ist für uns aber - das sage ich ganz deutlich -, das Wissen, die Akquise und die Beratung in der Teilzeitausbildung zu verbreitern, mehr Akteure ins Spiel zu bringen. Deshalb werden wir mit der Förderung eines Beratungsnetzwerkes zur Fachkräftesicherung, wo in die Unternehmen hineingegangen wird, sicherstellen, dass neben vielen anderen Themen, vor allen Dingen auch dem Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das Instrument und die Angebote zur Ausbildung in Teilzeit Beratungsgegenstand werden. Das Gleiche gilt für - wie schon gesagt worden ist - die Beratungsstellen FRAU & BERUF. Auch hier werden wir den Wissenstransfer absichern. Wir werden in den Aufgabenkatalog für die Beratungsstellen FRAU & BERUF die Beratung für die Teilzeitausbildung hineinpacken, weil wir der Auffassung sind, dass das geeignete Stellen sind, um darüber zu beraten und insgesamt die Beratung über Teilzeitangebote im Land zu verbreitern.
Meine Damen und Herren, die Maßnahmen, die ich gerade genannt habe, werden das Instrument der Teilzeitausbildung in Schleswig-Holstein weiter stärken. - Vielen Dank.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung der Frau Abgeordneten Katja Rathje-Hoffmann?
Herr Minister, es ist eine Frage. Sie erwähnten eben, dass die Beratungsstellen FRAU & BERUF die Aufgabe Beratung über Teilzeitausbildungen mit übernehmen soll. Plant die Landesregierung, dieses auch mit finanziellen Mitteln zu untermauern?
- Wir reden zurzeit mit den Anbietern über die zukünftige Struktur. Wir wollen eine flächendeckende Beratung für Schleswig-Holstein sicherstellen. Und wir reden auch über die Aufgaben der Beratungsstellen FRAU & BERUF, über was in Zukunft beraten werden soll, welche die Schwerpunkte sein sollen. Die Teilzeitausbildung wird zum Beratungskanon dazugehören.
Vielen Dank. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und schließe daher die Beratung. Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag, Drucksache 18/1508 Abs. 1, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.
Wenn ich die Debatte richtig verfolgt habe, hat zumindest der Kollege Dudda für die Fraktion der PIRATEN die Überweisung in den Ausschuss beantragt, zumindest aber haben Sie darüber gesprochen, dass dieses im Ausschuss weiter zu beraten
Okay. Dann möchte ich darüber abstimmen lassen. Wer den Antrag, Drucksache 18/1473, sowie den Änderungsantrag, Drucksache 18/1508 Abs. 2 und 3, als selbstständigen Antrag dem Wirtschaftsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Kolleginnen und Kollegen von FDP, CDU, PIRATEN, SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Wer ist dagegen? Wer enthält sich? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir fortfahren, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft 60plus und Seniorinnen und Senioren des DGB aus Neumünster auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!