Protocol of the Session on January 23, 2014

Herr Präsident! Vielen Dank, dass ich zur Geschäftsordnung vielleicht Aufklärung leisten kann. Meine Fraktion - und ich denke auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU - haben dagegen gestimmt, weil die Koalitionsfraktionen einen Berichtsantrag mit dem inhaltlichen Antrag verbunden haben. Deswegen haben wir dagegen gestimmt. Das hätte man vorher vielleicht trennen müssen. Deswegen haben wir dagegen gestimmt.

Herr Abgeordneter Arp.

Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn ich mich recht erinnere, war es so abgemacht, dass unser Antrag als Erstes kam. Dann kam der mündliche Berichtsantrag der Regierungskoalition, und wir haben gesagt, wir bleiben bei dem Verfahren, wie es in der Vergangenheit war: wer zuerst kommt. Nach diesem Verfahren wird erst über unseren Antrag und dann über den Berichtsantrag entschieden. Also redet der Minister als Letztes.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Ja, aber ihr habt gegen den Bericht gestimmt!)

Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Wenn es darüber Einmütigkeit gibt, dass wir in der wie eben vom Abgeordneten Arp vorgesehenen Reihenfolge die Beratung stattfinden lassen, bin ich bereit, die Abstimmung über die Frage, ob der Bericht heute gegeben werden soll, zu wiederholen.

Ich glaube, das war etwas unklar. Deswegen schlage ich vor, dass ich jetzt noch einmal darüber ab

stimmen lasse, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll, und zwar aufgrund der Bemerkung des Abgeordneten Arp - da scheint Übereinstimmung zu bestehen - in der Reihenfolge, dass die CDU zuerst zu diesem Tagesordnungspunkt redet. Können wir auf dieser Grundlage abstimmen? Das ist der Fall. Dann frage ich: Wer stimmt zu, dass der Bericht heute gegeben werden soll? - Das ist einstimmig so beschlossen. Vielen Dank.

(Unruhe)

Es wäre übrigens einfacher gewesen, wenn wir es so hätten machen können. Dann hätte ich das anschließend so vorschlagen können. Aber wir sind ja jetzt so weit, dass ich die Aussprache eröffnen kann. Zuerst hat für die CDU-Fraktion die Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Seit 2005 gibt es das Projekt „Teilzeitausbildung“ im Rahmen des Jobstarter-Programms in Schleswig-Holstein. Damit waren wir eines der ersten Bundesländer, die diese Art der Ausbildung ins Leben gerufen und gefördert haben. Im Jahr 2006 wurde es in das Zukunftsprogramm Arbeit übernommen und flächendeckend landesweit eingeführt.

Teilzeitausbildung führt zu einer klassischen WinWin-Situation für alle Beteiligten. Junge Eltern bisher waren es fast immer alleinerziehende junge Frauen - erhalten die große Chance auf eine qualifizierte Berufsausbildung und damit die Chance auf Erfolg auf dem Arbeitsmarkt als Fachkraft.

Im Gegenzug haben Unternehmen die Möglichkeit auf eine motivierte und sozial kompetente Frau, die erfolgreich eine Berufsausbildung absolviert hat und somit den großen und dringend benötigten Fachkräftebedarf decken kann. Und das alles zumeist im normalen Ausbildungszeitraum von drei Jahren.

Das Projekt ist so gut, dass die Landesregierung in ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage

(Martin Habersaat [SPD]: Große Antwort auf Kleine Anfrage!)

- danke schön für diese Belehrung, Herr Habersaat -, Drucksache 18/209, im September 2012 schrieb:

„Nach Auffassung der Landesregierung kann die Teilzeitausbildung künftig noch größere Bedeutung gewinnen, weil die Pflege der äl

(Präsident Klaus Schlie)

teren Generation junge Menschen immer umfangreicher beanspruchen dürfte.“

Dieses Erfolgsmodell der IHK Lübeck, Kiel und Flensburg und der Handwerkskammern Flensburg und Lübeck überzeugt durch seine Erfolge, die sich anhand von Zahlen ganz einfach verdeutlichen lassen: Es wurden circa 800 junge Mütter erfolgreich in Teilzeit ausgebildet. Allein 2012 absolvierten die Mitarbeiterinnen des Projekts über 800 Betriebskontakte und akquirierten damit 267 Ausbildungsstellen und vermittelten 117 Bewerberinnen in die Teilzeitausbildung. Die erfolgreichen Netzwerke der Mitarbeiterinnen sind für die erfolgreiche Ausbildung unerlässlich.

Ein weiterer Beweis für den besonderen Erfolg des Projekts zeigt sich darin, dass in Schleswig-Holstein der Anteil der Ausbildungsplätze in Teilzeit bei 1 % liegt, weit über dem Bundesdurchschnitt von 0,2 %. Die Fachleute der IHK und Handwerkskammern kennen sich aus, sind erwiesenermaßen erfolgreich und erfahren und genießen bundesweit sehr hohe Anerkennung.

Dieses erfolgreiche Leuchtturm-Projekt soll in dieser Form nicht fortgesetzt werden. Es zerbricht eine Erfolgsstruktur, und die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse in Teilzeit wird wahrscheinlich auf Bundesniveau zurückgehen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist ja unglaub- lich!)

Diese Entwicklung können und dürfen wir nicht zulassen. Unser Ziel muss bleiben, möglichst viele Schulabgängerinnen in eine qualifizierte Berufsausbildung zu bringen. So schaffen wir die elementarste Voraussetzung für junge Mütter zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

(Beifall CDU und Wolfgang Dudda [PIRA- TEN])

Gerade diese jungen Mütter brauchen Unterstützung durch das Projekt Teilzeitausbildung zur langfristigen Sicherung ihres Lebensunterhalts und finanziellen Unabhängigkeit ihrer kleinen Familien. Gerade hier sind die Vernetzung und Erfahrung der geschulten Mitarbeiterinnen der Kammern für eine erfolgreiche Berufsausbildung unerlässlich. Doch damit ist nun Schluss.

Die Förderung durch das Land Schleswig-Holstein wurde überraschend eingestellt. Die Kosten von rund 270.000 € im Jahr wurden nicht mehr übernommen. 80 % davon waren ESF-Mittel, und 20 %,

rund 55.000 €, kamen vom Land. Die IHK und die Handwerkskammern waren schockiert, wie viele andere auch. Die IHK signalisierte dem Land gegenüber, dass sie bereit wäre, den Eigenanteil deutlich zu erhöhen, bis hin zur Höhe des Landesanteils. Doch unverständlicherweise fand dieses Angebot überhaupt kein Interesse im Wirtschaftsministerium.

Wir fordern die Landesregierung daher auf, das Projekt unverzüglich mit den bisherigen Trägern weiterzuführen und für eine langfristige und dauerhafte Lösung zu sorgen.

(Beifall CDU und FDP)

Die Kosten sind eine hervorragende Investition in die Zukunft junger Frauen und gegen den von allen Seiten beklagten Fachkräftemangel jetzt und in Zukunft und zudem eine gute Vorbeugung gegen Armut und Chancenlosigkeit.

Es ist schon seltsam, dass sich Ministerpräsident Albig bei der IHK in Lübeck für mehr Familienfreundlichkeit in Betrieben und Behörden einsetzt und gleichzeitig das Projekt Teilzeitausbildung der IHK und der Handwerkskammern beerdigt. Schade! - Danke schön.

(Beifall CDU, FDP und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Tobias von Pein das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Zunächst einmal müssen wir feststellen: Die Teilzeitausbildung wird auch in Zukunft in Schleswig-Holstein möglich sein, und es wird hierfür auch weiter eine Beratung geben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich finde es wenig hilfreich, wenn die Opposition so tut, als wenn die Ausbildung in dieser Form vor dem Aus stehen würde; das Gegenteil ist der Fall.

Wir hatten in den letzten Jahren um die 270 Teilzeitausbildungsplätze im Land, übrigens verteilt auf die unterschiedlichsten Berufe. Insgesamt wurden 2013 in Schleswig-Holstein rund 20.000 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das weist die jährliche Statistik aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung aus. Übrigens hat sich diese Zahl in den letz

(Katja Rathje-Hoffmann)

ten 20 Jahren nur geringfügig verändert. Für junge Eltern und andere Menschen, die aus welchen Gründen auch immer keine Ausbildung in Vollzeit absolvieren, ist die Teilzeitausbildung eine gute Alternative.

Was in Zukunft tatsächlich nicht mehr in gleicher Weise erfolgen wird, ist die Förderung der Beratung. Seit 2006 haben wir die Beratung für Teilzeitausbildung gezielt gefördert, und zwar mit dem positiven Ergebnis, dass die Akzeptanz deutlich gestiegen ist. Davon werden wir auch künftig profitieren, denn die Verhältnisse haben sich etwas geändert, was ja gut ist. Als die Teilzeitausbildung von den Akteuren, damals von Betrieben, Auszubildenden, Kammern, vorsichtig ausprobiert wurde, waren die Ausbildungsstellen noch Mangelware. Trotzdem hat sich die Teilzeitausbildung einen Platz erobert. Betriebe und Kammern wissen jetzt dank der gezielten jahrelangen Förderung, wie es geht. Jetzt, in Zeiten von erhöhtem Fachkräftebedarf und demografischem Wandel auf dem Land, kommt ihnen dieses Wissen sehr entgegen.

Junge Eltern oder Menschen mit Pflegeerfahrung werden künftig stärker in den Fokus der schleswigholsteinischen Unternehmen rücken, ja sogar rücken müssen, wenn es darum geht, motivierte Azubis zu finden. Darüber hinaus wird die Beratung junger Frauen und Männer, für die eine Teilzeitausbildung infrage kommt, weiter stattfinden. Ein Teil der Beratung wird nämlich von den Beratungsstellen FRAU & BERUF übernommen, deren Arbeit so wichtig ist und die wir als rot-grün-blaue Koalition finanziell nachhaltig abgesichert haben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Darüber hinaus wird auch die neue Beratungsstruktur für Weiterbildung und Fachkräftesicherung in der Lage sein, die Möglichkeit der Teilzeitausbildung zu verkaufen. Deshalb muss auch der Wissenstransfer von den bisherigen Beratungsstellen zu den neuen Beratungsstellen sichergestellt werden, wie wir es in unserem Antrag formuliert haben. Denn das Ziel muss sein, Teilzeitausbildung zum selbstverständlichen Teil der Arbeitswelt zu machen.

Alle vom Land geförderten Beratungsangebote für Ausbildung und Weiterbildung in Schleswig-Holstein müssen in der Lage sein, über die Möglichkeit der Teilzeitausbildung zu informieren. So kommen dann auch mehrere gute Situationen zusammen. Erstens: Der Ausbildungsmarkt wird künftig vielfältiger, weil die Fachkräftesicherung stärker in den

Fokus der Unternehmen rückt. Zweitens: Nach jahrelanger direkter Förderung sind die Sensibilität und Akzeptanz in Sachen Teilzeitausbildung deutlich gestiegen. Man kann auch sagen: Teilzeitausbildung wird langsam, aber sicher zum Mainstream. Drittens: Mit dem Umbau der Beratung zur Weiterbildung und Fachkräftesicherung kann das Thema Teilzeitausbildung in Schleswig-Holstein flächendeckend verankert werden.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin zuversichtlich, dass uns das Thema weiter begleiten wird. Das ist auch richtig so. Die Zielgruppe für Teilzeitausbildung ist uns wichtig. SchleswigHolstein will und wird einen Beitrag leisten. Die Bekämpfung des künftigen Fachkräftemangels, der auf uns zukommen kann, wird ebenso wie die Förderung der Berufstätigkeit von Frauen und Männern, was ja auch eine Gleichstellungsfrage ist, weiter auf der Tagesordnung stehen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Ines Strehlau.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Rathje-Hoffmann, im Ziel sind wir uns einig, und wir meinen auch, dass wir das Ziel erreichen werden, nur auf anderen Wegen. Wir wissen, wir steuern auf einen Fachkräftemangel zu. Bereits heute können nicht alle Ausbildungsplätze besetzt werden. Die Situation wird sich weiter verschärfen. 2030 rechnen wir mit einer Fachkräftelücke von 85.000 Personen. In Schleswig-Holstein hatten im Jahr 2013 53 % der jüngeren Arbeitslosen zwischen 25 und 35 Jahren keine Berufsausbildung. Das sind etwa 6.000 Personen oder jeder zweite jüngere Arbeitslose, der keine Berufsausbildung hat. Um jedem Jugendlichen eine Chance zu geben, eine Ausbildung zu machen, sind Teilzeitausbildungen ein wichtiger Baustein.