Protocol of the Session on January 22, 2014

(Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Für den richtigen Weg halten wir eine stufenweise Reduzierung der durch das EEG garantierten Zulage.

Zweitens. Das Industrieprivileg - so hören wir soll um rund ein Fünftel reduziert werden. Das halten wir für deutlich zu wenig. Es geht auch in die falsche Richtung. Sinnvoller wäre, festzulegen, welche Betriebe verbindlich von der EEG-Umlage befreit werden und welche nicht.

(Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Aus unserer Sicht darf nicht sein, dass Unternehmen deshalb entlastet werden, weil sie international aufgestellt sind. Denn damit benachteiligen wir am Binnenmarkt orientierte Unternehmen der gleichen Branche.

Drittens. Wir als Politiker müssen die Kraft haben, den Menschen zu sagen, dass Energie teurer wird. Dies gilt für alle Energieträger, auch für Kohle und Öl. Langfristig sind also nur die erneuerbaren Energien dazu geeignet, den Energiepreis zu stabilisieren und, wenn es nach uns geht, auch zu senken.

(Wolfgang Kubicki)

Die Verantwortung für die zukünftigen Generationen wird hier heute diskutiert. Deswegen beantragen wir formal, Fakten auf den Tisch zu bekommen und schnellstmöglich in die Beratungen in die Fachausschüsse zu gehen.

Viertens. Das ist mir ein besonders wichtiger Punkt. In dieser ganzen Debatte ist bisher der soziale Aspekt stiefmütterlich behandelt worden. Nicht alle Menschen in unserem Land oder in der Republik haben die gleiche Menge an Geld im Portemonnaie. Wir müssen die einkommensschwachen Menschen gezielt entlasten, ohne dabei den Anreiz zum Energiesparen aufzuheben.

(Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Dazu gibt es Modelle. Sie liegen vor. Sie werden hier einfach ignoriert. Ich gebe ein kurzes Beispiel: Es geht um einen Freibetrag, etwa für die ersten 1.000 kW/h von der Stromsteuer. Es gibt verschiedene Vorschläge unserer Bürgerbeauftragten, die Menschen hier in Schleswig-Holstein, die das Geld nicht haben, zu entlasten. Das möchten wir zusammen mit dieser Frage diskutieren.

Herr Stegner, wir haben Ihre Rede schon gestern im „NDR-Magazin“ gehört. Sie haben gesagt, sie wollten das Gerechtigkeitsprofil der SPD bundesweit schärfen. Schärfen Sie! Spitzen Sie an! Bisher spielt es keine Rolle - auch in Ihrer Rede nicht. Sagen Sie den Menschen, auf was sie sich bei uns verlassen können, den schleswig-holsteinischen Koalitionsvertrag oder den in Berlin.

Herr Ministerpräsident, ich muss schon sagen: Ich bin echt gespannt, wie Sie da wieder herauskommen wollen. Wahrscheinlich wissen Sie nicht, was Sie selbst in Berlin mitverhandelt haben. Anders kann ich mir nicht erklären, dass Herr Gabriel Sie hier so überrascht. Das ist in jedem Fall das Gegenteil von dem, was Sie bisher zur GroKo kundgetan haben. - Vielen Dank.

Das Wort für den SSW hat Abgeordneter Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was derzeit von der Bundesregierung vorliegt, ist erst einmal ein Eckpunktepapier von Minister Gabriel und noch keine Gesetzesvorlage. Insofern hat der Kollege Stegner natürlich recht: Selbst wenn das jetzt in Meseberg mit den Zielsetzungen beschlossen wird, die man gehen will, heißt

das noch lange nicht, dass alles das, was dort drinsteht, eines Tages auch das Tageslicht erblicken wird. Es wird sicherlich so sein, dass sowohl die Gesetzesvorlage im Bundestag in erster, in zweiter und in dritter Lesung beraten wird. Schauen wir einmal, was am Ende drinstehen wird.

Ich finde es zunächst einmal wichtig, dass sich der Ministerpräsident schnell, sozusagen zur ersten Stunde, für die Landesinteressen eingesetzt und sich eingeschaltet hat. Das kann man von einem Ministerpräsidenten erwarten.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Wir wissen, dass unser Ministerpräsident dies tut. Wenn man ein solches Eckpunktepapier betrachtet, muss man auch sehen, in welchem Kontext das ganze steht und welche Zielrichtung wir haben wollen. Das vergisst man in der Diskussion, wenn man über einzelne Papiere redet. Es geht darum, welches die Grundlagen der Energiewende sind, die durch das EEG nur zu einem Teil umgesetzt werden.

Die Grundlage ist die Versorgungssicherheit. Die Leute sollen sicher sein können, dass sie Strom erhalten. Es geht selbstverständlich auch um preiswerte Energie; das ist es, um was es geht. Ein bisschen unterschlagen wird immer, dass es auch um eine saubere Energie geht. Es geht auch darum, saubere Energie möglich zu machen, das heißt also, Kohlekraftwerke so gut wie möglich abzuwickeln, der Lobby nicht nachzugeben, Gas nur zu Spitzenzeiten zur Stromgewinnung zu nutzen, Kernkraft abzuwickeln und die erneuerbaren Energien zu fördern. Das muss das politische Ziel sein. Dann kommt man möglicherweise auf einzelne Ideen, die im Eckpunktepapier niedergelegt sind, gar nicht erst.

Das Zweite ist die Versorgungssicherheit. Wir brauchen einen Energiemix. Wir brauchen Offshore-Windenergie zur Sicherheit, damit man grundlastfähige erneuerbare Energien hat.

Wir brauchen aber auch die Zusammenarbeit mit anderen Ländern, insbesondere was die Nutzung von Wasserkraft angeht. Auch das darf man nicht unterschlagen. Man muss so ehrlich sein zu sagen, dass man zum Beispiel mit den Norwegern zusammenarbeiten muss, was das angeht.

Wir brauchen eine preiswerte Energie. Meine Damen und Herren, Onshore-Windkraft ist preiswert. Sie ist von den erneuerbaren Energien die preiswerteste Energieform, die wir bisher haben. Die Förderung dieser Energieform zu deckeln, ist

(Angelika Beer)

das ökonomisch sinnloseste, was man sich überhaupt nur denken kann.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man es macht, muss man diese Energieform weiter unterstützen. Dann muss man natürlich auch sehen, dass man die Energieformen, die noch nicht so weit sind, entsprechend unterstützt, mit staatlicher Unterstützung, mit Förderprogrammen, mit Ideen, die es dazu gibt. Wir kommen nicht darum herum, die erneuerbaren Energien, insbesondere die Onshore-Windkraft, weiterhin so zu unterstützen, wie wir es bisher getan haben. Anderenfalls würden wir Investitionen behindern, was für den Wirtschaftsstandort Deutschland, aber auch SchleswigHolstein, eine Katastrophe wäre.

Insofern hat der Ministerpräsident recht: Mengensteuerung ist in der Geschichte bisher immer gescheitert. Der Wirtschaftsminister hat eben Karl Marx zitiert. Lassen Sie mich daran erinnern, dass sozialistische Staaten an dieser Form des Wirtschaftens zugrunde gegangen sind, nämlich das man immer über Menge und nicht über Preis gegangen ist. Man hat dann Dinge zu einem Preis bezahlen müssen, der auf dem Markt nicht darstellbar war. Das ist ein gutes Beispiel, wie ganze Staaten zugrunde gegangen sind.

Wer ein bisschen älter ist, kann sich auch noch an Butterberge erinnern. Es war eine völlig sinnlose Geschichte, dass die EU Butter gebunkert hat, um sie später zu einem billigeren Preis zu verkaufen. Ein weiteres Beispiel - wenn man einmal ganz genau hinguckt - ist die Agrarförderung, die es heute noch gibt. Wer eine Stunde Sozialismus machen will, muss sich nur einmal angucken, wie Agrarförderung funktioniert. Das ist eine Katastrophe. Würde man das bei Energiepolitik so einführen, würde man Fehler machen, die andere schon in der Vergangenheit gemacht haben. Das sollte man nicht tun.

(Beifall Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb ist das EEG auch in der Struktur, in der wir es jetzt haben, wichtig. Man kann gern dran drehen, auch die Zahlen verändern, die jetzt drinstehen. Aber die Struktur ist richtig. Wir brauchen den dazugehörigen Netzausbau. Es war gut, dass sich der Ministerpräsident sehr schnell zu Wort gemeldet hatte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dranbleiben werden und dass wir als Koalition Schleswig-Holsteins Interessen vertreten. Wir werden einmal sehen, was im Gesetzgebungsverfahren heraus

kommt und was im Bundesrat möglicherweise von unserer Seite noch angeregt werden kann. Das ist ein Prozess, der sich wahrscheinlich über das gesamte Jahre erstrecken wird.

Ich bin mir ziemlich sicher: Wenn wir mit breiter Brust in diesen Prozess gehen, dann werden wir noch viel für einen zukünftigen Gesetzentwurf erreichen können.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Torsten Albig das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Reden wir über Schleswig-Holstein, oder geht es bei der Debatte darüber, wie es mit dem EEG weitergeht, um mehr? - Natürlich reden wir auch über Schleswig-Holstein, denn Onshore-Windenergie ist für uns eines der großen Investitionsthemen. Wir haben im letzten Jahr in SchleswigHolstein allein 740 Millionen € an Investitionen für den Onshore-Bereich gehabt. Es wäre aber zu kurz gesprungen und würde zu Recht Kritik auf sich ziehen, wenn dies unser einziges Argument wäre.

Heute - Stand 2012 - haben wir in Deutschland 100 GW Atomstrom. Gemeinsam haben wir bis 2020 ein CO2-Ziel vereinbart, nämlich die Reduktion der Treibhausgase um 40 %. Von der Europäischen Kommission haben wir eine Herausforderung bekommen: Können wir das, was wir in Deutschland als Weg aus dem Strom aus Atomkraftwerken heraus verfolgen, in Europa nachstellen? Diese Frage müssen wir als Land Deutschland beantworten können. Schleswig-Holstein will sich mit ganzer Kraft hinter das Ziel der Bundesregierung stellen, dazu beizutragen, dass dies funktioniert, und vor den Verbraucherinnen und Verbrauchern sagen zu können: Wir kriegen das hin, ohne dass die Preisspirale immer weiter läuft, was scheinbar durch die erneuerbaren Energien verursacht wird.

Wir wollen das Ziel erreichen, gemäß unserer politischen Vereinbarung bis 2022 Atomstrom auf null zurückgefahren zu haben, wobei wir - wohl gemerkt - in 2012 100 GW Atomstrom hatten, der bis 2022 vollkommen ersetzt sein muss. Wenn wir also 2020 das CO2-Ziel erreicht haben wollen, dann frage ich: Wie kann das gehen, wenn ich für die günstigste Form der erneuerbaren Energien, die auch

(Lars Harms)

die technisch am weitesten beherrschte Form der erneuerbaren Energien ist und bei der wir im Leitungsbereich bei allen Planungsständen am weitesten sind, sagen muss: „Ich deckele diese Art der Energieerzeugung bürokratisch auf bestimmte Werte. Wenn diese überschritten werden, dann hat man Pech gehabt.“?

So wird das deutsche Ziel scheitern, den Weg raus aus dem Atomstrom zu gehen. Wenn wir eins zu eins das übersetzen, was wir im Koalitionsvertrag als Korridor und offen formuliert haben, was bei solchen Verträgen der Fall ist, und sagten, dies sei ein als Deckel zu beschreibendes Ziel, dann werden wir 100 GW nicht erreichen. Dann haben wir hier auf einmal ein Delta von fast 20 GW, die nicht produziert werden. Wie wollen wir diese Lücke füllen?

In dieser Debatte geht es darum: Wir in SchleswigHolstein können einen Beitrag zur Erreichung des deutschen Ziels leisten. Wenn wir sagen: Lasst uns in dem Tempo, das wir heute haben, in Deutschland onshore die Produktion um weitere 3 GW ausbauen, dann sage ich: Lasst uns dies nicht gegen einen Markt deckeln. Das, was gesagt wurde, ist völlig richtig. Wir haben heute eine völlig andere Situation als bei der Einführung dieser Technologie. Die Entwicklung der erneuerbaren Energien ist bald so, dass dieser Bereich keine staatliche Unterstützung mehr braucht.

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Heiner Rickers?

Gern.

Werter Herr Ministerpräsident, Sie sprachen mehrfach von 100 GW. Ich kann es nicht bestätigen, aber aus der Erinnerung heraus kann ich es auch nicht einhundertprozentig verneinen: Ich meine, aktuell hatten wir noch 17 Werke am Netz. Jetzt sind es angeblich nur noch elf. Brokdorf ist eines der größten Werke mit einer Leistung von 1,4 GW. Wenn ich dies zugrunde lege, dann komme ich nicht auf den Wert 100 GW.

- Herr Abgeordneter, ich habe das nicht nachgezählt. Meine Mitarbeiter schreiben mir auf, dass wir 2012 99,5 TWh Atomstrom erzeugt haben. Wir müssen im Jahr 2022 den Wert null erreicht haben.

Wir werden dieses Ziel, das erreicht werden muss, nicht erreichen, wenn wir glauben, dass wir bei der günstigsten, bei der wirtschaftlichsten und bei der erfolgreichsten Form der erneuerbaren Energien deckeln können. Darum geht es in dieser Diskussion. Ja, es muss gesagt werden dürfen, dass dies volkswirtschaftlich ohne Sinn ist.

(Beifall Wolfgang Kubicki [FDP])

Es geht nicht darum, dass dies für Schleswig-Holstein ökonomisch schädlich sei. Es ist vielmehr volkswirtschaftlich für die Bundesrepublik ohne Sinn, dies zu tun. Wir wollen etwas Sinnhaftes. Wir wollen, dass diese Energiewende erfolgreich ist. Bis dahin ist es in den nächsten Jahren noch ein weiter Weg, das wissen wir.

Der Energiewendeminister Robert Habeck hat es bereits in der letzten Legislaturperiode gegenüber Herrn Altmaier vorgeschlagen und gesagt: Lasst uns doch über Preisszenarien und darüber reden, wie wir den Fortschritt bei den erneuerbaren Energien im Bereich Onshore-Wind anpassen und darauf reagieren können, dass wir in diesem Bereich weiter sind. Ich sage: Lasst uns doch so steuern. Dann werden wir Mengensteuerungen erfahren, die über den Preis geregelt sind. Das ist ganz automatisch. Diese Steuerungen sind aber klüger. Sie werden durch den Markt vorgenommen. Sie sind eine Folge aus dem Verhalten der Investoren und werden nicht von der Bürokratie vorgegeben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)