Protocol of the Session on January 22, 2014

(Heiner Rickers)

mehr nach vorn stellen. Denn Leistungselektronik ist ein Bereich, der heute in der Forschung und in vielen anderen Bereichen eine ganz große Rolle spielt. Es gibt hier viele Unternehmen in Schleswig-Holstein, die man stärker miteinander verzahnen kann. Natürlich gibt es mittelständische Unternehmen am Standort Itzehoe und in der Nähe - bei Sterling SIHI angefangen bis zu Pohl Boskamp. Natürlich gibt es - das ist hier viel zu kurz gekommen - den industriellen Kern der sogenannten ChemCoast: von Holcim in Lägerdorf bis zur Raffinerie in Heide mit dem Standort Brunsbüttel/Itzehoe mittendrin mit über 4.000 Arbeitsplätzen, vor allem in der chemischen Industrie. Diesen industriellen Kern wird die Landesregierung stärken.

(Beifall Birgit Herdejürgen [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD] - Hans-Jörn Arp [CDU]: Und die Anbindung!)

Natürlich gehört dazu, dass wir Standortbekenntnisse haben. Wenn ein Unternehmen wie Sasol, um zu erweitern, 100 Millionen € am Standort Brunsbüttel investieren will, dann ist das ein Standortbekenntnis für die Westküste. Das hat natürlich damit zu tun, was wir als Landesregierung tun.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Infrastruktur: Ganz klar sind wir dabei, die A 23 auszubauen. Wir befinden uns in der Planung und im weiteren Vollzug des Ausbaus der B 5 zwischen Itzehoe über Wilster nach Brunsbüttel. Natürlich wollen wir die westliche Elbquerung, natürlich wollen wir die A 20.

(Beifall SSW - Oliver Kumbartzky [FDP]: Wer ist wir?)

Aber Herr Vogt, wenn Sie von Rücksichtnahme sprechen, dann sage ich Ihnen einmal, was ich bei der A 20 vorgefunden habe,

(Christopher Vogt [FDP]: Das weiß ich!)

dass man nämlich eine Philosophie bei der Planung ohne Rücksicht auf irgendwelchen Naturschutz, Umweltverbände oder Bürgerbeteiligung hatte, um das Ganze voranzubringen. Das ist schiefgegangen.

(Christopher Vogt [FDP]: Ich habe das leider nicht geplant!)

Das werden wir jetzt heilen, und zwar so gut es geht.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, wir werden mit der Westküsteninitiative zeigen, dass es geht, dass man „Regionalpolitik in der Regionalpolitik“ machen kann. So hat das die Europäische Kommission ausgedrückt. Wir werden übrigens die einzige Regierung in Deutschland sein, die das macht. Wir werden an der Westküste Modellregion für dieses neue Förderprogramm über 30 Millionen € sein. Das werden wir gemeinsam mit den Akteuren in der Region gestalten, damit wir Zukunft an der Westküste schaffen.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das verstehen wir als Landesregierung darunter, Regionen und Unternehmen zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Ich werde mir angewöhnen - weil immer Kritik und Zweifel kommt - ein ganz altes Zitat aus Rom abzuwandeln und zu sagen: Und im Übrigen bin ich der Auffassung, dass die A 20 kommen muss. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, SSW und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Martin Habersaat [SPD]: Das war am Ende auch er- folgreich!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP])

- Wenn der Bedarf an Diskussion über die interessanten Zitate gestillt ist, würde ich gern fortfahren.

Damit ist der erste Teil der Aktuellen Stunde beendet.

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne die Vorsitzende der Gettorfer Tafel, Frau Barbara Neusüß. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe den zweiten Teil der Aktuellen Stunde auf:

Aktuelle Stunde Teil 2 Erfolgreiche Energiewende nur mit dem Norden - Zu den Eckpunkten der EEG-Reform

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner, der Fraktionsvorsitzende der SPD.

(Minister Reinhard Meyer)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dachten, am Mittwoch wäre eine sinnvolle Aktuelle Stunde auch ganz schön. Deswegen reden wir hier über die Energiewende. Die Energiewende ist die größte Herausforderung für die Politik in Deutschland seit der deutschen Einheit. Sie ist eine große Herausforderung, sie ist insbesondere aber auch eine große Chance, gerade für den Norden, weil wir zur Wertschöpfung und Sicherung einer Energie, die sowohl Versorgungssicherheit als auch ökologische Vernunft und Bezahlbarkeit verbindet, beitragen können. Das sind die drei Kriterien, die wir an die Energiewende anlegen müssen. Darauf legen wir ganz großen Wert.

Dazu gehört ein Fahrplan weg vom Zick-Zack der vergangenen Legislaturperiode - rein in die Atomenergie, raus aus der Atomenergie - und weg von all den Dingen, die uns aufgehalten haben - wie zum Beispiel die Streitigkeiten zwischen sieben verschiedenen Ressorts. Das muss alles anders werden, weil wir Planbarkeit brauchen, weil wir verlässliche Rahmenbedingungen brauchen, und weil wir es natürlich auch mit einem schwierigen Geflecht an Herausforderungen von europäischer Seite zu tun haben, die natürlich Druck macht, und wo wir Schwierigkeiten haben werden, bis hin zu den Interessen des Industriereviers in Nordrhein-Westfalen und den Interessen des Nordens.

Klar ist für mich, dass man die drei folgenden Kriterien zusammenbringen muss: Versorgungssicherheit heißt, dass die Industrienation Deutschland sicher sein muss, dass man unter verlässlichen Rahmenbedingungen eine Energieversorgung hat. Ökologische Vernunft muss heißen, so viel erneuerbare Energien wie möglich und nicht so wenig wie möglich. Und Bezahlbarkeit muss heißen, dass wir darauf achten müssen, dass es nicht nur den Besitzer des schicken Lofts gibt, der sich eine Solaranlage leisten kann, sondern dass die normalen Mieter und die normalen Menschen bezahlen können, was wir an Energiewende voranbringen und übrigens die Unternehmen auch. Deswegen ist es natürlich auch richtig, dass, wenn sich die Windenergie rechnet, dann auch die Förderung reduziert wird. Das muss man akzeptieren.

Was meiner Meinung nach aber falsch ist, ist das einzuschränken, was am billigsten und am vernünftigsten ist, wovon wir am meisten haben und was erneuerbar ist, was die Menge angeht. Das ist falsch. Deswegen müssen wir darüber auch reden. Ich finde es übrigens auch falsch, wenn wir Punkte wie Direktvermarktung haben, die Bürgerwind

parks am Ende unmöglich machen. Das kann nicht unser Ziel sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Deshalb gilt natürlich, was wir als Koalition hier immer gesagt haben: Die Landesinteressen kommen zuerst. Das gilt für die rot-grün-blaue Koalition: Die Landesinteressen kommen zuerst. Deswegen werden wir uns auch einbringen. Sigmar Gabriel ist Norddeutscher, deswegen versteht er durchaus, was in Norddeutschland gesagt werden muss, so wie der Ministerpräsident das getan hat fortiter in re, suaviter in modo -, klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen, was unsere Interessen sind.

(Martin Habersaat [SPD]: Das hast du so ge- sagt, Torsten? - Weitere Zurufe - Heiterkeit und Beifall)

Das heißt auf Deutsch: hart in der Sache, moderat im Ton. Das ist mein Lieblingszitat.

(Heiterkeit und Beifall)

Das ist eine gute Art und Weise, um Dinge voranzubringen.

Nun hat Sigmar Gabriel sehr schnell einen Vorschlag gemacht. Es ist übrigens auch gut so, dass der Vorschlag so schnell kommt, denn wir müssen auch wegen Europa handlungsfähig sein und bis zum Sommer zu einem Entschluss kommen. Aber jeder weiß - nicht nur vom struck’schen Gesetz, was ein sehr kluges Gesetz ist, sondern auch von den Abläufen, die nötig sind -, dass man sich verständigen muss. Die Große Koalition hat keine Mehrheit im Bundesrat. Sie braucht die Unterstützung von Ländern, auch von so wichtigen Ländern wie dem Land Schleswig-Holstein, das in der Frage der Energiewende natürlich ein Schlüsselspieler ist. Deswegen werden wir uns mit der Bereitschaft zum Kompromiss einbringen - ganz eindeutig.

Ich sage aber auch: Es ist ein vitales Landesinteresse, dass die Energiewende funktioniert. Sie wird nur funktionieren, wenn wir da, wo der Wind am kräftigsten weht - das tut er nicht in Süddeutschland, wo manche Anlage geradezu angepustet werden muss -, im Land zwischen den Meeren, das tun, was wir tun können, um die Energiewende zum Erfolg zu führen.

Sie werden erleben, dass diese Energiewende nicht nur eine Herausforderung ist, sondern etwas, was wir so mit Leben erfüllen müssen, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, dass wir den Wohlstand

in der Zukunft sichern und dass wir in der Tat auch diesen Dreiklang buchstabieren. Manch einer hat immer nur das eine oder das andere im Sinn. Ich sage aber noch einmal: Es müssen Versorgungssicherheit, ökologische Vernunft und Bezahlbarkeit zusammenkommen. Dafür werden wir sorgen.

Daran werden wir arbeiten, und Sie werden erleben, dass wir einen guten Kompromiss finden werden. Wir werden uns nicht hundertprozentig durchsetzen, denn wir sind nicht allein auf der Welt, aber es werden die entscheidenden Dinge passieren, die notwendig sind. Ich bin sehr froh darüber, dass wir in den letzten Tagen hören durften, dass uns auch die Opposition dieses Hauses in dieser Frage unterstützt. Dann muss das ja klappen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Johannes Callsen, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es mag dieses Hohe Haus etwas irritieren, aber mein Einstiegssatz in die Rede ist fast so ähnlich, wie die des Kollegen Dr. Stegner,

(Zuruf SPD: Oh!)

nämlich der, dass die Energiewende für SchleswigHolstein in der Tat nicht nur eine Herausforderung ist, sondern auch eine große Chance.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Land hat sich in den letzten Jahren zu einem führenden Windkraftstandort entwickelt. Wir wollen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Wir wollen nach dem Ausstieg aus der Kernenergie Stromexportland bleiben. Das haben wir schon in der vergangenen Legislaturperiode festgelegt. Wir wollen hier im Land Arbeitsplätze schaffen und halten, und wir wollen vor allem auch die Wertschöpfung aus der Energie für Schleswig-Holstein gewinnen. Dafür war im Übrigen die Ausweisung neuer Windeignungsflächen durch die CDU/FDPLandesregierung eine ganz entscheidende Voraussetzung. Denn nur damit sind wir jetzt gut gerüstet, um von den Ausbauzielen auf Bundesebene zu profitieren.