Protocol of the Session on December 13, 2013

(Heiner Rickers)

Die Bedeutung der Sojabohne hat in den letzten 40 Jahren deutlich zugenommen. Der Kollege Voß hat es ausgeführt: Einen rasanten Schub erhielt sie durch die gentechnischen Veränderungen in den 90er-Jahren. Heute sind mehr als 70 % der globalen Anbaufläche mit transgenem Saatgut besetzt.

Sojafelder in Nord- und Südamerika und in Asien werden nicht nur auf klassischen Ackerbaustandorten angelegt. Dafür wird oftmals rücksichtslose Landgewinnung betrieben, indem wertvolle Wälder abgeholzt oder Savannen umgepflügt werden. Es entstehen agrarindustrielle Monokulturen, der Krankheits- und Unkrautdruck wird durch immer mehr Pestizide bekämpft. Es kommt zu Bodendegeneration und Gewässerverschmutzung. Konflikte um Landnutzungsrechte sind eine weitere Begleiterscheinung mit verheerenden Auswirkungen für Natur und Umwelt. Unter all diesem leidet die Bevölkerung vor Ort. Ihr fehlt oftmals der Boden, um sich selbst zu versorgen. Hier geht es nicht um Ideologien, hier geht es um Tatsachen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es geht um Tatsachen, die wir auch im neuesten „Bauernblatt“ nachlesen können. Die Ernährung der Welt wird von einer starken Landwirtschaft vor Ort, auch von einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft, getragen.

Was hat das alles mit Schleswig-Holstein zu tun? In den letzten Jahrzehnten ist der Anbau der heimischen Eiweißpflanzen in Schleswig-Holstein stark zurückgegangen. Lassen Sie mich diese Pflanzen einmal nennen: Es gibt zum Beispiel Lupinen, Erbsen, Luzerne, Ackerbohnen und Klee. Futterleguminosen waren fester Bestandteil unserer Landwirtschaft. Sie wurden durch immer größere Sojaanteile immer weiter verdrängt. Wir haben die heimischen gentechnikfreien Eiweißlieferanten verloren, und zwar nicht nur im biologischen Landbau, sondern auch in der ganz klassischen Landwirtschaft.

Bei uns konzentriert sich der Ackerbau auf wenige, intensive Kulturen. Sehen wir uns dazu den letzten Artenschutzbericht an: Das führt zu einer schwindenden biologischen Vielfalt. Der Widerspruch zwischen steigender Produktion und dauerhafter Erhaltung der natürlichen Ressourcen erfordert anspruchsvolle Stratgien.

Ein Beitrag kann der verstärkte Anbau von Eiweißpflanzen sein. So haben die Länderagrarminister auf ihrer Konferenz im August eine umfassende Eiweißfuttermittelstrategie auf europäischer Ebene

gefordert. Dabei geht es auch darum, sich von der zunehmenden Importabhängigkeit zu befreien.

Die Eiweißpflanzen in Schleswig-Holstein werden auch für die Ölgewinnung gewonnen. Herr Rickers hat bereits das Beispiel des Raps genannt. Aber gerade da liegt eine Chance, nämlich Rapsöl direkt in landwirtschaftlichen Motoren zu verwenden. Hier sind sicherlich noch weitere Entwicklungen nötig, aber es sind auch deutsche Landmaschinenhersteller, die an diesem Weg größtes Interesse haben.

Wir müssen zusehen, dass wir regionale Wirtschaftskreisläufe erhalten und fördern. Das beinhaltet auch eine ressourcenschonende Herstellung und nachhaltige Produktion von Lebensmitteln und verantwortungsvolle Wirtschaftsweisen, die auch von der Bevölkerung akzeptiert werden.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dies erhält die bäuerliche Landwirtschaft, und so können die Arbeitsplätze im ländlichen Raum gesichert werden.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, damit wir, lieber Herr Kollege Rickers, auf einer fundierten Grundlage mit ersten strategischen Ansätzen im Umweltausschuss weiter diskutieren können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky.

Herr Präsident! Hohes Präsidium! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Liberaler hätte ich natürlich lieber über das Eigelb gesprochen als über das Eiweiß.

(Heiterkeit)

Aber man kann sich das nicht immer aussuchen.

(Zurufe)

- Ja, aber das ist doch kein Wunder, oder?

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Antrag wollen die Fraktionen von SPD, Grünen und SSW ihre Landesregierung freundlich, aber bestimmt an den Koalitionsvertrag erinnern. Schließlich handelt es sich hier um ein Thema, das im Koalitionsvertrag auf Seite 42 geschrieben steht.

(Kirsten Eickhoff-Weber)

Der Begriff „Eiweißstrategie“ klingt dabei auch nicht neu, er ist ja auch nicht neu; schließlich gibt es schon auf Bundesebene eine Eiweißstrategie, die im letzten Jahr vorgestellt worden ist. Laut dieser Studie lag der Anteil importierter eiweißhaltiger Kraftfutterkomponenten in den vergangenen Jahren zwischen 35 und 45 %. Das verdeutlicht, dass knapp die Hälfte des in Deutschland verwendeten Kraftfutters aus Importen stammt.

Nicht nur deshalb ist es verständlich, dass die Forderung nach einem verstärkten Eiweißanbau in Deutschland aufkommt, vor allem wenn man weiß, dass der größte Teil der importierten Eiweißpflanzen Sojabohnen sind.

Doch wenn man sich dann bewusst macht, dass man, um vergleichbare Mengen in Deutschland zu produzieren, knapp 2,5 Millionen ha, also knapp 20 % der deutschen Ackerfläche, benötigen würde, wird einem klar, wie schnell solche Forderungen an ihre Grenzen stoßen.

Dennoch halte ich es für richtig und wichtig, dass wir über das Thema diskutieren und debattieren. Vor diesem Hintergrund danke ich auch für den Antrag. Das ist ein Thema, das in aller Munde ist. Frau Eickhoff-Weber hat ja auch das „Bauernblatt“ erwähnt, obwohl ich ehrlich zugeben muss: Wenn ich das „Bauernblatt“ aufschlage, dann fallen mir zuerst immer die Bilder von Hauke Göttsch auf und erst danach die Fachartikel.

(Zuruf SPD)

- Ja, gut. Schauen Sie sich das einmal an.

Meine Damen und Herren, eine der Gründe für das Thema Eiweißstrategie - das hat Herr Voß auch erwähnt - ist darauf zurückzuführen, dass wir in Deutschland einen Stickstoffüberschuss haben und unsere Böden und Gewässer immer stärker belastet werden. Leguminosen können da gegensteuernd wirken; denn sie binden Stickstoff im Boden, von denen dann andere im Fruchtwechsel angebaute Pflanzen profitieren können. Ein geringerer Einsatz von Mineral- und Wirtschaftsdünger wäre dann die positive Folge.

Man muss sich natürlich auch die Frage stellen: Warum ist in den vergangenen Jahren der Anbau von Leguminosen und Eiweißpflanzen weiter zurückgegangen? Dafür gibt es einen ganz klaren Grund. Die Landwirtschaft in Deutschland steht nämlich unter einem enormen wirtschaftlichen Druck, und aufgrund der geringeren Wettbewerbsfähigkeit dieser Pflanzen werden diese Pflanzen immer seltener angebaut.

Daher geht die Forderung der Koalition nach einer Intensivierung der Forschungs- und Beratungsaktivitäten in diesem Bereich auch ganz klar in die richtige Richtung. - An dieser Stelle hätte ich Applaus erwartet.

(Heiterkeit - Beifall CDU und SPD)

- Ah, ich muss es wohl immer sagen.

Meine Damen und Herren, über einen Punkt in Ihrem Antrag müssen wir aber doch noch einmal etwas intensiver sprechen. Sie wollen, dass in der Eiweißstrategie eine konzeptionelle Darstellung möglicher Fördermaßnahmen abgebildet wird. Eine Förderung ist zwar grundsätzlich richtig, aber wir sollten uns auch wirklich einig sein, was genau der Begriff „Förderung“ in diesem Fall meinen soll. Produktspezifische Zahlungen beispielsweise wären ja nicht mit den Regeln der WTO vereinbar. Also kann eine Förderung nur durch Anreize möglich sein. Ich stelle mir darunter eine Förderung von Züchtungsfortschritten oder die Weiterbildung von Landwirten vor.

Ich möchte auch noch einmal eines klarstellen: Fördermaßnahmen und Konzepte dürfen meiner Meinung nach auf keinen Fall dazu führen, dass quasi durch die Hintertür verbindliche Verordnungen geschaffen werden. Eine wie auch immer geartete Verpflichtung zu Eiweißfutteranbau ist eine Form der Marktplanung, die nicht den Zielen einer marktorientierten Landwirtschaft entspricht. Darauf sollten wir wirklich achten.

Meine Damen und Herren, eine Eiweißstrategie als freiwilliges Programm im Rahmen der zweiten Säule wäre zweifelsohne sinnvoll, so wie generell der Anbau von Eiweißpflanzen positiv zu bewerten ist.

Abschließend möchte ich auch auf die Begründung Ihres Antrags eingehen. Ihre Rede, Herr Voß, hat mir gut gefallen, aber in der Begründung war wieder dieser Zungenschlag mit den GVOs enthalten. Insoweit sind wir nicht einer Meinung, und das wird sich in nächster Zeit wohl auch nicht ändern. Dasselbe gilt auch für das Thema „Import“, den Sie allgemein sehr kritisieren. Sie dürfen nicht vergessen, dass Importe immer auch ein Sinnbild für einen funktionierenden Weltmarkt sind. Wie ich schon eingangs erwähnte, wird die deutsche Landwirtschaft auch in Zukunft auf Importe angewiesen sein.

Ich würde mich freuen, wenn wir darüber im Ausschuss noch einmal diskutieren könnten mit dem Ziel, etwas Gemeinsames hinzubekommen. Anson

(Oliver Kumbartzky)

sten, weil Weihnachten bevorsteht, möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir Ihren Antrag nicht ablehnen, sondern dass wir uns der Stimme enthalten würden.

Abschließend möchte ich Ihnen noch sagen, meine Damen und Herren, was Weihnachten auch immer auf Ihrem Teller sein wird, lassen Sie es sich schmecken. Frohes Fest!

(Beifall FDP und vereinzelt SPD)

Sie merken, wir kommen dem Ende der Tagung näher. - Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat die Abgeordnete Angelika Beer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einer Grundsatzdebatte und dem Highlight des Tages kann man sich aus unterschiedlicher Perspektive nähern. Ich will das für uns als Piratenfraktion gern tun.

Die auch eben noch einmal angesprochene bundesweite Strategie für wettbewerbsfähige einheimische Eiweißpflanzen brauche ich hier nicht näher zu erläutern. Ich will uns Wiederholungen ersparen.

Festhalten möchte ich aber, dass es aus unserer Sicht dringend notwendig ist, zu prüfen, warum die einheimische Anbaufläche für Eiweißpflanzen seit 1998 um zwei Drittel zurückgegangen ist - das ist ja eine ganze Menge - und wie wir unsere Eiweißlücke eigentlich schließen könnten.

Dass wir den Anbau von Eiweißpflanzen erhöhen müssen, steht für uns außer Frage. Wir müssen uns allerdings auch fragen: Inwieweit wollen und vor allem inwieweit können wir uns von Sojaimporten, also auch von genetisch veränderten Sorten insbesondere - da sind wir durchaus bei dem Antrag der Koalition - unabhängig machen?

(Beifall PIRATEN)

Der Gedanke, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Anbau von Soja in Deutschland und Europa weiter zu erproben und wieder vermehrt Ackerbohnen und Lupinen anzubauen, ist zunächst naheliegend. Verlockend ist auch die Überlegung, die landwirtschaftlichen Fuhrparks mit Rapsöl zu betreiben und den nach dem Auspressen übrig bleibenden Rapskuchen für die Tiermast zu verwenden.

In Erinnerung an das Debakel bei den Biogasanlagen und der viel gescholtenen Vermaisung unserer Landschaft müssen wir allerdings die natürlichen